Alle Beiträge von Andreas Hansen

Pfarrer in Kenzingen seit Mai 2012, vorher als Pfarrer in Waldshut (1997-2012) und Riegel (1990-1997), verheiratet, drei erwachsene Kinder, Jahrgang 1960

2.Mose/ Exodus 16,2+3+11-18

Predigt am 2.8.15 von Andreas Hansen über 2.Mose 16,2+3.11-18

Gottesdienst auf dem Bombacher Weinfest, katholischer Gottesdienst mit evangelischer Predigt

Wir feiern Weinfest. Es gibt von allem genug: Wein und Saft, Fleisch, Pommes und Salat, alles, was das Herz begehrt.
Und wir leben in Frieden! Wunderbar!
Dann hören wir ausgerechnet hier die Lesung dieses Sonntags: Israel in der Wüste.
Ein langer schwerer Weg liegt vor ihnen,
voll Entbehrungen, Gefahren und Prüfungen.
Israel erinnert sich immer wieder an den Weg durch die Wüste. Und auch wir denken an Wüstenerfahrungen für andere und für uns.
Umso mehr schätzen und feiern wir den Frieden. Wir feiern Weinfest. Und wir feiern auch das Fest des Glaubens. Schalom, das hebräische Wort für Frieden bedeutet „genug haben“. Allen wünschen wir Gottes Frieden.

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Mt 5,13-16

Predigt am 26.7. 17 von Andreas Hansen über Mt 5,13-16

Bei Waldshut fließen der Rhein und die Aare zusammen. Handel prägte und prägt die Stadt bis heute. Sie war früher ein wichtiger Umschlagplatz für den Salzhandel. Mit Salz aus Hall bei Innsbruck wurde ganz Vorder-österreich bis Straßburg versorgt. Salz, das „weiße Gold“. Wer mit Salz handeln durfte, wurde reich, wie die Tröndlins, Schlossherren in Waldshut. Zum Dank für ihren Erfolg stiftete die Familie eine schöne Kapelle in Waldshut. Sie steht neben der evangelischen Kirche und manchmal feiert die evangelische Gemeinde dort auch Gottesdienste.
Salz war kostbar.

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Joh 6,1-15

Predigt am 19.7.15 von Andreas Hansen über Joh 6,1-15

Joh 6,1-15
Danach ging Jesus ans andere Ufer des Sees von Tiberias in Galiläa. Viel Volk aber folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus aber stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. Das Passa war nahe, das Fest der Juden. Als nun Jesus seine Augen aufhebt und sieht, dass so viel Volk zu ihm kommt, sagt er zu Philippus: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese zu essen haben? Dies sagte er aber, um ihn zu prüfen; er selbst wusste ja, was er tun wollte. Philippus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denar reicht nicht aus für sie, wenn jeder auch nur ein wenig bekommen soll.
Einer von seinen Jüngern, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagt zu ihm: Ein Kind ist hier, das fünf Gerstenbrote und zwei Fische hat, aber was ist das für so viele? Jesus sprach: Lasst die Menschen sich setzen! An dem Ort war viel Gras. Da setzten sich die Männer, etwa fünftausend an der Zahl. Jesus nahm nun die Brote, sprach das Dankgebet und teilte davon allen, die dasaßen, aus, so viel sie wollten, ebenso von den Fischen. Als sie aber satt waren, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brocken, damit nichts verloren geht. Sie sammelten sie und füllten zwölf Körbe mit den Brocken, die von den fünf Gerstenbroten übrig blieben, nachdem sie gegessen hatten. Als nun die Leute das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Als Jesus nun erkannte, dass sie kommen und ihn in ihre Gewalt bringen wollten, um ihn zum König zu machen, zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.

„Wo sollen wir Brot kaufen?“ Philippus sieht die Leute an. So viele! Er kann ihre Zahl nur schätzen. „Brot für sie alle? Wieviel Geld werden wir haben, naja, höchstens 200. Aber das reicht nicht aus! Auch wenn jeder nur ein wenig bekommt, reicht es nicht.“
Andreas leistet sich einen müden Scherz: „Schaut, das Kind mit seinen fünf Broten! Zwei Fische hat es auch noch. Aber was ist das für so viele? – Jesus, versteh doch! Es reicht nicht. Wir können ihnen kein Brot geben.“
Aber Jesus bittet zu Tisch, d.h. zu einem Picknick. „Setzt euch ins Gras! Macht es
euch bequem!“ Dann nimmt er die Brote,
dankt Gott und teilt aus.
Jeder bekommt, soviel er will.
Es reicht. Alle werden satt.
Es reicht, und mehr als das.
Zwölf Körbe Brot bleiben übrig.
Was Jesus austeilt, stillt den Hunger
und genügt für alle.
Verstehen Sie das?

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Mt 28,16-20

Predigt am 12.7.15 von Andreas Hansen über Mt 28,16-20

vor der Predigt wurden zwei Kinder getauft und wir sangen das Taizélied Christus, dein Licht

„Christus, dein Licht verklärt unsre Schatten, lasse nicht zu, dass das Dunkel zu uns spricht.“

Wir leben im Licht, liebe Gemeinde.
Wir haben die Taufkerzen an der Osterkerze angezündet. Wir leben von Ostern her.
Wir sind getauft und gehören zu Jesus.
Wir leben im Licht, weil Jesus auferstanden ist.
Aber hier in der Kirche ist ganz groß Jesus am Kreuz, ein Mensch am Ende, nicht ein strahlender Sieger. Gott lässt sich ein auf das Dunkel.
Jesus kommt in das Dunkel der Welt.
Er ist bei den Menschen im finsteren Tal.
Selbst wenn wir ganz unten sind, ist er bei uns.

Hören wir den Predigttext, die letzten Verse des Matthäusevangeliums. Der auferstandene Jesus spricht zu seinen Jüngern und zu uns.

Mt 28,10+16-20
Da sagt Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht!
Geht und sagt meinen Brüdern, dass sie nach
Galiläa gehen sollen, dort werden sie mich sehen. …
Die elf Jünger aber gingen nach Galiläa,
auf den Berg, wohin Jesus sie befohlen hatte.
Und als sie ihn sahen, warfen sie sich nieder;
einige aber zweifelten.
Und Jesus trat zu ihnen und sprach: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Geht nun hin und macht alle Völker zu Jüngern: Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehrt sie alles halten, was ich euch geboten habe. Und seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Die Jünger knien nieder dort auf dem Berg. Jesus ist ihnen so nah wie der beste Freund. Er hält zu ihnen. Er hört ihnen zu und versteht.
Zugleich spüren sie: Jesus ist von Gott. Er ist heilig und mächtig wie Gott. Gott ist bei uns, Gottes Sohn. Darum knien sie nieder.
„einige aber zweifelten“

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Gemeinsamer Gottesdienst mit der Partnergemeinde Sundhouse

Pfarrhaus und Kirche in Sundhouse - der Flachbau vorne rechts ist das Gemeindehaus
Pfarrhaus und Kirche in Sundhouse – der Flachbau vorne rechts ist das Gemeindehaus

Am 28.6. feierten wir gemeinsam Gottesdienst in unserer Partnergemeinde in Sundhouse im Elsaß.
Sundhouse liegt Kenzingen fast gegenüber jenseits des Rheins. Da man über Markolsheim fahren muss, braucht man ca eine halbe Stunde. Rund 20 Kenzinger machten sich am Sonntag nach Sundhouse auf den Weg. Andreas Hansen und Jakoba Marten-Büsing gestalteten den Gottesdienst, denn in Sundhouse gibt es seit einem Jahr keinen Pfarrer. Manche Lieder sangen wir teilweise auf Französisch. Die Gottesdienstbesucher aus dem Elsaß haben kein Problem Deutsch zuverstehen. Nach dem Gottesdienst standen wir noch bei einem leckeren Imbiss vor der Kirche.

028

Lk6,36-38

Predigt am 28.6.15 von Andreas Hansen über lk6,36-38

Predigt im gemeinsamen Gottesdienst mit der Gemeinde Sundhouse in Sundhouse

Lk 6,36-38

Jesus Christus spricht:
Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist.
Richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden. Sprecht frei, und ihr werdet freigesprochen werden.
Gebt, und es wird euch gegeben werden.
Ein volles Maß wird man euch in den Schoß schütten, ein reichliches Maß, bis an den Rand gefüllt und überfließend. Denn das Maß, das ihr verwendet, wird auch bei euch verwendet werden.

Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist.
St. Petersburg, die Stadt der Zaren, wird 1924 in Leningrad umbenannt. Dort gibt es eine Straße mit dem Namen Barmherzigkeitsstraße. Auch sie bekommt einen neuen Namen: Straße der Textil-arbeiter heißt sie. Das Wort Barmherzigkeit passt nicht in die Sprache der Sowjetunion. Niemand soll auf Barmherzigkeit angewiesen sein. Jeder Mensch soll bekommen, was ihm zusteht, was gerecht ist. Alle sollen gleich sein. Barmherzig können Fürsten gegenüber ihren Leibeigenen sein. Aber ihre Zeit ist vorbei. Barmherzigkeit ist nicht mehr nötig in der neuen Zeit. Auch einen barmherzigen Gott brauchen sie da nicht.
Leningrad heißt wieder St. Petersburg. Ob es die Barmherzigkeitsstraße wieder gibt, weiß ich nicht.

Ach, hätten wir doch viele, viele Straßen der Barmherzigkeit und noch viel mehr Menschen, die Jesus folgen und barmherzig sind!

Lk6,36-38 weiterlesen

Lk15,11-32

Predigt am 14.6.15 von Andreas Hansen über Lk15,11-32

Gott wohnt in der Freude.
Er feiert gern. Musik und Tanz liebt er.
Wenn Jesus in Bildern von Gott erzählt, dann wird bei ihm oft gefeiert: Gastmähler, Feste, Hochzeiten. Jesus selbst feiert gern, aber darüber rümpfen manche die Nase.

Gott wohnt in der Freude.
Seine Schöpfung ist ein großes Fest, unglaublicher Reichtum an Formen und Farben, wunderbare Schönheit und Ordnung, das Leben: ein Wunder Gottes. Jeden Morgen schaut Gott in der Badischen Zeitung zuerst das Foto des Tages an und sagt oft: „Ja, super, so schön!“

Gott wohnt in der Freude.
Gott schenkt Menschen eine neue Chance, wo sie nicht mehr weiter kommen. Gott freut sich über uns. Er will, dass unser Leben gelingt.
Er leidet mit jedem Schmerz und ist zornig, wenn wir einander das Leben zur Qual machen. Und Gott überrascht uns gerne.

Lk15,11-32 weiterlesen

5.Mose 6,4-9

Predigt am 7.6.15 von Andreas Hansen über 5.Mose 6,4-9

Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein. Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.
Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst. Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein, und du sollst sie schreiben auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore.

„Biep“, macht das Smartphone. Eine Mail oder eine SMS ist angekommen. Jemand will uns etwas mitteilen. „Biep“ – zigmal am Tag.
Das Smartphone ist immer dabei, in der Handtasche, in der Hosentasche, in der Hand. Wir hören den Signalton; wir sind erreichbar.
„Biep“ – „Hör zu! schau her! ich will was von dir, ich hab was für dich.“
Wohl dem, der im Notfall ein Gerät hat, mit dem er Hilfe holen kann, wenn das Auto liegen bleibt oder Schlimmeres. Aber schrecklich, wenn das Gerät alle Aufmerksamkeit frisst. Das Baby brabbelt im Kinderwagen, aber die Mama hat nur Augen und Ohren für ihr Smartphone. Zweie sitzen am Tisch zusammen und jeder starrt auf dem kleinen Bildschirm.
Viele wollen unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Tausende von Werbeimpulsen sehen und hören wir Tag für Tag. „Hör zu, schau her, ich will was von dir, ich hab was für dich.“ Markennamen sollen sich im Kopf festsetzen. Produktdesigner wollen uns ein Lebensgefühl verkaufen. Unzählige Informationen sollen uns erreichen. Viele Stimmen sagen: „Hör mir zu!“
Sie wollen uns beeinflussen oder auch manipulieren. Eine Flut von Eindrücken.
Wir können uns fast nicht entziehen.
Wer meint es ehrlich mit uns?
Auf wen sollen wir hören?
Letztes Jahr erschreckte uns der ADAC mit gefälschten Umfragen. Die Fifa geht gerade im Korruptionssumpf unter. Geheimdienste zapfen Facebook und Twitter an. Immer wieder bekommt unser Vertrauen einen Knacks.
Wer sagt die Wahrheit?
Auf wen können wir hören?
Wie können wir uns schützen vor
den falschen Stimmen?

„Höre Israel!“, ruft Gott. „Hört zu, ich hab was für euch, ich will was von euch. Ich will euer Gott sein, ich allein.“ „Höre“ – immer ist Gott da. Am Morgen und am Abend betet ein frommer Jude das Sch`ma. An der Tür hängt eine Mesusa, eine Kapsel mit einem Zettel darin, darauf steht das „Höre Israel“. „Wenn du kommst und wenn du gehst, denk an Gott!“ Zum Gebet binden sich Juden ähnliche Kapseln an den Arm – „Bei allem, was du tust, denk an Gott!“, und an die Stirn – „In allem, was du wahrnimmst, denk an Gott!“ Gott will sich im Gedächtnis und im Herzen festsetzen. „Höre Israel“ – auch auf dem Sterbebett sollen das die letzten Worte sein. „Halt dich fest an Gott! Vertrau auf ihn allein im Leben und im Sterben!“

5.Mose 6,4-9 weiterlesen

Joh 3,1-8 Trinitatis

Predigt am 31.5.15 von Andreas Hansen über Joh 3,1-8

Trinitatis, Fest des dreieinigen Gottes

Jesus ist allein mit seinen Jüngern und fragt sie: „Für wen halten mich die Leute?“ Sie erzählen: „Manche sagen, mit dir ist Johannes der Täufer zurückgekehrt. Andere meinen, du bist Elia. Oder mit anderen Propheten vergleichen sie dich.“ „Und ihr, für wen haltet ihr mich?“ Simon ergreift wie immer als erster das Wort: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“ „Glücklich bist du, Simon Petrus, denn das hat dir nicht menschliche Klugheit, sondern mein Vater im Himmel offenbart.“ (nach Mt 16,13-17)

Simon denkt: „Es genügt nicht, dich einen besonderen Menschen zu nennen, einen Propheten wie die anderen, einen Menschen mit besonderen Gaben zu heilen und zu reden. Das alles bist du ja wirklich: ein besonderer Mensch, ein Prophet, ein Mensch mit wunderbaren Gaben von Gott. Du feierst, lachst und singst mit uns. Du kannst zornig und traurig sein wie wir. Ich verstehe dich nicht immer und ich bin nicht immer deiner Meinung, aber ich hänge an dir wie an keinem anderen Menschen.“ So ungefähr geht es Simon durch den Kopf. Aber da ist noch mehr, noch etwas anderes, etwas in einer ganz anderen Dimension: „Ich glaube an dich, Jesus, wie ich an Gott glaube. Ich glaube, du bist eins mit Gott. Wie kann ich das sagen? Du bist der Sohn Gottes, der Christus.“

So denkt und glaubt Simon Petrus. So glauben wir Christen. Was Petrus ausspricht, ist der Kern unseres Glaubens: Jesus ist der Herr. Gott und Jesus sind eins. Jesus ist Gottes Sohn. Und Jesus antwortet: „Nicht aus dir selbst kommt dieser Glaube. Nicht durch eigene Klugheit hast du das erkannt. Gott hat dir offenbart und geschenkt, dies zu glauben. Denn Gott wird nur durch Gott erkannt.“

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes beginnen wir den Gottesdienst. Wir wurden getauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Wir loben in unserm Bekenntnis, Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist. Trinität, der Glaube an den drei-einen Gott ist weit mehr als eine Formel oder eine Spezialität für gelehrte Theologen. Selten gebrauchen wir das Wort Trinität, Dreieinigkeit. Aber was es meint, ist unverzichtbar für unseren Glauben. Gott begegnet uns. Gott wird uns ein Gegenüber, ein Du. Gott offenbart sich. Ein Funke springt über, wie zwischen Liebenden. Eine Beziehung entsteht, ein lebendiger Austausch, ein Vertrauen. Das geschieht durch den Heiligen Geist. Jesus ist selbst getragen vom Vertrauen zu seinem Vater im Himmel. Er nimmt uns hinein in diese Beziehung. So glauben wir. So sehr liebt Gott die Welt, dass er sich uns schenkt in seinem Sohn Jesus Christus und uns zu Kindern Gottes macht. Es ist immer der eine einzige Gott, der sich uns in Jesus durch den Geist offenbart. Die Einzigkeit Gottes ist für Juden, Christen und Muslime zentral wichtig. Zwischen der Einzigkeit Gottes und dem Glauben an den dreieinigen Gott sehen wir Christen keinen Widerspruch.

Der Evangelist Johannes erzählt: Einer der führenden Männer des jüdischen Volkes, ein Pharisäer namens Nikodemus, suchte Jesus einmal bei Nacht auf. »Rabbi«, sagte er zu ihm, »wir wissen, dass du ein Lehrer bist, den Gott gesandt hat. Denn niemand kann solche Wunder tun wie du, wenn Gott nicht mit ihm ist.« Jesus entgegnete: »Ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.« – »Wie kann ein Mensch, wenn er alt geworden ist, noch einmal geboren werden?«, wandte Nikode-mus ein. »Er kann doch nicht in den Leib seiner Mutter zurückkehren und ein zweites Mal auf die Welt kommen!« Jesus erwiderte: »Ich sage dir eins: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht ins Reich Gottes hineinkommen. Natürliches Leben bringt natürliches Leben hervor; geistliches Leben wird aus dem Geist geboren. Darum sei nicht erstaunt, wenn ich dir sage: Ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind weht, wo er will. Du hörst zwar sein Rauschen, aber woher er kommt und wohin er geht, weißt du nicht. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.«

Nikodemus ist vorsichtig. Er kommt im Schutz der Nacht. Niemand soll sehen, dass er zu Jesus geht. Nikodemus ist ein Pharisäer, ein frommer Mensch. Er gehört zum Hohen Rat. Später werden die Pharisäer negativ beurteilt. Ihr Name wird sprichwörtlich für einen engen, gesetzlichen und heuchlerischen Glauben – damit tut man ihnen Unrecht. Nikodemus sucht ehrlich nach einem Weg, um Gott nahe zu sein und seinem Wort zu folgen. Ein kritischer, fragender, suchender Mensch ist er. Er wird sich für Jesus einsetzen, wenn der Hohe Rat über ihn reden wird. Er wird dafür sorgen, dass Jesus ordentlich bestattet wird. Aber er ist kein Jünger. Er bleibt distanziert.

Mit einem Kompliment beginnt Nikodemus das Gespräch: „Wir wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gesandt. Gott ist mit dir.“ Jesus antwortet, als hätte er nicht zugehört. „Ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird dann kann er das Reich Gottes nicht sehen. – Du willst etwas von Gott sehen, Nikodemus. Dich treibt eine Sehnsucht nach Gott zu mir. Du musst von neuem geboren werden. Du brauchst Gottes Geist, damit Neues beginnt, damit die Hoffnung stark wird.“ Jesus durchschaut die Menschen, die ihm begegnen. Er sieht, was sie im Herzen bewegt. Eine Sehnsucht treibt Nikodemus zu Jesus. Er ist enttäuscht, verzweifelt, voller Fragen. Er will Gottes Reich sehen.

Da ist ein Sehnen tief in uns. Wir erleben die Welt voll Widerspruch gegen Gott. Gewalt und Habgier herrschen. Es gibt so viele ungelöste Konflikte. Ich lese von zahllosen Hassmails gegen Politiker in unserem Land, Mails voller Beschimpfungen und Morddrohungen. Seit Pegida hat das enorm zugenommen. Ich höre vom Siegeszug der IS-Kämpfer. Unvorstellbares Leid bringen sie. Wie können Menschen so grausam sein? Die Mächtigen in der Region, in Saudi-Arabien, im Iran, in Syrien, verfolgen ungerührt ihre Machtinteressen. Kann man in dieser Welt auf Frieden und Gerechtigkeit hoffen? Wie können wir selbst anfangen mit dem Frieden? Wie kommt Gottes Reich? Nikodemus, ich teile deine Sehnsucht, dass die Welt Frieden finde, dass heilt, was zerrissen ist.

Da ist ein Sehnen tief in uns. Paulus, ein anderer Pharisäer, der Christus begegnet ist, schreibt, wie friedlos er selbst ist und wie er fast verzweifelt: „Ich tue nicht das Gute, das ich tun will, sondern das Böse, das ich nicht tun will. … Ich unglückseliger Mensch. Mein ganzes Dasein ist dem Tod verfallen. Wird mich denn niemand aus diesem elenden Zustand befreien? Doch! Und dafür danke ich Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn.“ (Röm 7,19.24.25) Nikodemus fragt: „Wie kann ein Mensch neu geboren werden? Wie kann ich neu anfangen? Ich kann nicht aus meiner Haut. Immer wieder erlebe ich die gleichen Muster. Der Streit, der mich schon so lange plagt, bricht immer wieder auf. Immer wieder reagiere ich verletzt und schlage zurück. Immer wieder habe ich Angst, nicht anerkannt zu sein. Immer wieder auch meine begrenzte Sicht von anderen – ich merke, wie schnell ich jemanden verurteile, wie wenig ich anderen zutraue. Neu geboren werden? Neu beginnen? Wie soll das gehen?“

„Sicher bleiben wir in unseren eingefahrenen Bahnen, Nikodemus. Sicher stoßen wir immer wieder an unsere Grenzen. Wir sind gelähmt durch alte Ängste. Was wir einander angetan haben, unsere Schuld, scheint unüberwindbar wie ein Berg. Wir sind zu bequem und haben kein Vertrauen. All das stimmt, Nikodemus. Aber all das hält Gott nicht auf. Gott findet sich nicht ab damit, dass die Welt friedlos und ungerecht ist. Gott gibt die Welt nicht auf. Kein Mensch ist ihm gleichgültig. Gott findet sich nicht ab damit, dass du an deine Grenzen stößt und so verzagt und von Schuld belastet bist. Du wirst nicht aus eigenem Entschluss und durch eigene Kraft neu geboren. Aber durch Gott selbst, den Heiligen Geist bricht auf, was dich lähmt. Bitte um den Geist! Vertrau darauf, dass Gott Gutes mit dir vorhat!“

Nikodemus bleibt distanziert, so wie viele Menschen. Es quält uns manchmal, dass Menschen nicht glauben können, auch Menschen die wir lieben und denen wir das sehr wünschen. Wo und wann Gott will, wirkt der Heilige Geist. Wo und wann Gott will, erreicht er uns, weckt er in uns Glauben und überwindet unsere engen Grenzen und führt uns zum Ziel. „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes, des Vaters, und die Kraft des Heiligen Geistes, der uns Gemeinschaft untereinander schenkt, sei mit uns allen.“ (2.Kor 13,13) Amen

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Predigt zum Bekenntnis von Barmen, Pfingstmontag

Predigt am 25.5.15 von Andreas Hansen

Pfingstmontag, Predigt zu Barmen 1-3

Liebe Gemeinde, vor ein paar Jahren wurde von Politikern erwogen, den Pfingstmontag als gesetzlichen Feiertag abzuschaffen. Weihnachten und Ostern sind schon wichtig und verdienen einen zweiten Feiertag, aber Pfingsten? – da sollten wir doch lieber arbeiten und unser Land wirtschaftlich voranbringen. Wir feiern heute die Kirche – viele wissen das gar nicht. Wir feiern die Kirche – viele meinen: da gibt´s doch nichts zu feiern. In der Kirche geht es doch zu wie überall. Wie überall gibt es Intrigen und Streit, eitle Selbstdarsteller, sture Verwaltungsmenschen, machthungrige Karrie-retypen. Wie überall geht es oft ums Geld. Das stimmt. Und trotzdem feiern wir die Kirche. Gott hat uns die Kirche geschenkt. Sie ist so schwierig und doch so kostbar. Wir bekennen, dass wir die heilige christliche Kirche glauben. Aber die Kirche, die wir sind, steht oft im Widerspruch zu der Kirche, die wir glauben. Wir feiern auch heute die Kirche und haben guten Grund dazu. Die Kirche ist oft in Gefahr sich selbst zu verlieren. Dann braucht es geistesgegenwärtige Leute, es braucht den Heiligen Geist, dass wir die Gefahr erkennen. Mein Vorgänger Kurt Rose war Anfang der 30er Jahre „Leiter der nationalsozialistischen Pfarrer-schaft des Gaues Baden der Glaubensbewegung Deutscher Christen“. Gott sei Dank: er hat sich später eines anderen besonnen. Die Deutschen Christen wollten die Kirche ins System der Nazis einpassen. Sie wollten das Führerprinzip auch in der Kirche. Eine deutsche Kirche unter einem Reichsbischof sollte entstehen. Der totalitäre Staat wollte die evangelische Kirche gleichschal-ten und zu seinem Instrument machen. Geistesgegenwärtige Leute erkannten die Gefahr. Die Kirche war dabei, sich selbst zu verlieren und den Kern ihres Glaubens zu verleugnen. So dramatisch war die Lage, dass Lutheraner und Reformierte zusammenfanden. Bisher hatten die verschiedenen evangelischen Konfessionen es kaum geschafft sich an einen Tisch zu setzen. Aber jetzt mussten sie gemeinsam sprechen. In Wuppertal-Barmen kamen sie Ende Mai 1934 zusammen, also vor 81 Jahren. Einer der vier Vertreter aus Baden war der Kenzinger Kirchen-älteste Friedrich Dittes. Das Bekenntnis, das in Barmen entstand, gehört heute zur Grundlage unserer Kirche. Wenn Kirchenälteste oder Pfarrer eingeführt werden, verpflichten sie sich auch auf das Bekenntnis von Barmen.

Singen wir ein Lied, das 1935, in der Zeit des sog. Kirchenkampfes geschrieben wurde. EG 586 Es ist ein Wort ergangen

Nun bitte ich Sie, das Gesangbuch ganz hinten bei der Nummer 888 aufzuschlagen. Dort steht die Theologische Erklärung von Barmen. Drei von sechs Thesen schauen wir uns an.

1 Jesus Christus spricht: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. (Joh. 14, 6)

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht zur Tür hineingeht in den Schafstall, sondern steigt anderswo hinein, der ist ein Dieb und Räuber. Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden. (Joh 10,1.9)

Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.

Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.

Wir feiern die Kirche Jesu Christi. Er ist die Mitte. Er ist der Herr der Kirche. Die Tübinger Studentengemeinde feiert Gottesdienst irgendwann Anfang der 80er Jahre. Nicht weit von Tübingen wird gerade eine Straße blockiert, weil dort Atomraketen transportiert werden sollen. Der Gottesdienst wird immer mehr zur Demonstration gegen die Raketen. Die Predigt ist reine politische Propaganda. Einer der Professoren steht auf, geht nach vorne und löscht die Kerzen auf dem Altar. Das ist kein christlicher Gottesdienst mehr.

Anders in Leipzig 1989 montags abends in der Nikolaikirche. Christen und viele Nichtchristen beten für den Frieden. Die politische Lage ist bis zum Äußersten gespannt. Jedes Wort wird mitgeschrieben, und es gibt viele sehr deutliche Worte. Aber es ist ganz klar ein Gottesdienst: In der Mitte steht das Hören auf Gott und das Gebet.

Mitten in dem, was die Menschen beschäftigt und bedrängt, hat die Kirche das Evangelium Jesu zu sagen. Sie kann nicht schweigen zu Unrecht und Leid. Sie kann sich nicht heraus-halten. Aber sie hat das eine Wort Gottes, das Evangelium zu verkünden, nichts anderes. Sie hat Jesus zu vertrauen und auf ihn zu hören.

Von heute aus können wir kaum nachvollziehen, wie sich damals viele vom begeisterten Glauben der Nazis mitreißen ließen. Damals brauchte es mutige, geistesgegenwärtige Leute, die aufstanden und sagten: So seid ihr nicht mehr Kirche Jesus Christi. So folgt ihr einem anderen Glauben und verleugnet Christus.

EG 346,1-3 Such, wer da will, ein ander Ziel

2 Durch Gott seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung. (1. Kor 1,30)

Wie Jesus Christus Gottes Zuspruch der Vergebung aller unserer Sünden ist, so und mit gleichem Ernst ist er auch Gottes kräftiger Anspruch auf unser ganzes Leben; durch ihn widerfährt uns frohe Befreiung aus den gottlosen Bindungen dieser Welt zu freiem, dankbarem Dienst an seinen Geschöpfen.

Wir verwerfen die falsche Lehre, als gebe es Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären, Bereiche, in denen wir nicht der Rechtfertigung und Heiligung durch ihn bedürften.

Wir feiern die Kirche. Gott ist uns nah. Wir rechnen mit Gott mitten in unserem Leben. Manche denken: Die Kirche, die ist so etwas wie ein Verein für die, die halt gern beten. So wie im Angelclub die Angler sind und im Kleintierzuchtverein die, die zuhause Kaninchen haben, so ist die Kirche da für die, die gern beten. Aber so ist es nicht. Christ zu sein, zur Kirche zu gehören, das ist nicht ein Hobby, ein Lebens-bereich neben anderen. Christ zu sein ist vielmehr eine Frage meiner ganzen Existenz. Wenn unser Leben ist wie ein Kuchen, dann gibt es da verschiedene Stücke: Ein Stück Beruf, ein Stück Familie, ein Stück Sport oder was auch immer, und je nach Neigung sind die Stücke größer oder kleiner. Christ zu sein ist aber eben nicht ein Stück neben anderen. Sondern das ist sozusagen der Kuchenteig. Das bin ich durch und durch. Das ist nicht eine Frage nach meiner Meinung in der einen oder anderen Sache, sondern das ist eine Frage meiner ganzen Existenz. Und das bin ich nicht, weil ich mich immer so vorbildlich benehme oder so unerschütterlich glaube, sondern weil Gott seinen Geist gesandt hat. An Pfingsten feiern wir das Wunder, dass unser Leben und Gott nicht einfach nebeneinander sind, sondern in einer Beziehung zueinander stehen. Gott sagt ja zu uns. Obwohl wir ihm dauernd und immer wieder widersprechen, sagt er ja. Ja, du bist mir lieb und wichtig. Ja, ich will zu dir gehören. Und nun wartet Gott auf unsere Antwort, auf unser Ja zu ihm. Es gibt keinen Bereich unseres Lebens, der außerhalb dieser Beziehung steht, keinen Bereich, in dem wir sagen könnten: „Das hat nichts mit dir zu tun, Gott. Das ist meine Sache.“

EG 136,1+4 O komm, du Geist der Wahrheit

3 Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus, von dem aus der ganze Leib zusammengefügt ist. (Eph 4, l5.f)

Die christliche Kirche ist die Gemeinde von Brüdern (Geschwistern), in der Jesus Christus in Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist als der Herr gegenwärtig handelt. Sie hat mit ihrem Glauben wie mit ihrem Gehorsam, mit ihrer Botschaft wie mit ihrer Ordnung mitten in der Welt der Sünde als die Kirche der begnadigten Sünder zu bezeugen, dass sie allein sein Eigentum ist, allein von seinem Trost und von seiner Weisung in Erwartung seiner Erscheinung lebt und leben möchte.

Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen.

Wir feiern die geschwisterliche Kirche. Sie ist Gemeinschaft der Heiligen und glaubt an die Vergebung der Sünden. In der Kirche geht es zu wie überall, der gleiche Streit wie überall, die gleichen Eitelkeiten, Machtspiele und Geldgier. Wir sind diese Kirche. Wir erleben, wie Streit und Selbstsucht und Rechthaberei uns voneinander trennen, wie sie uns auseinander treiben. Viele Gemeinden müsste man zeichnen, wie einen Inselstaat im weiten Pazifik: lauter kleine Inseln, die kaum etwas miteinander zu tun haben. Jede Gruppe, jedes Inselchen will für sich sein und hält sich für ein Muster der wahren Kirche. Nein: die wahre Kirche sind wir zusammen. Der wahren Kirche kommen wir näher, wenn wir Brücken bauen, wenn wir in allen Stücken zu dem hin wachsen, der das Haupt ist, Christus. Was uns voneinander entzweit und trennt, trennt uns auch von Gott – Sünde, sagen wir. Wir sind Kirche der begnadigten Sünder und Gemeinde von Geschwistern, in der Jesus am Werk ist. Nichts soll uns trennen von Gott und nichts soll uns trennen voneinander. In einer geschwisterlichen Kirche finden wir Brücken zueinander und verstehen einander als von Gott geliebte Kinder Gottes. Eine geschwisterliche Kirche ist offen für alle. In einer geschwisterlichen Kirche herrscht keiner über andere, kein Pfarrer, kein Oberkirchenrat. Eine geschwisterliche Kirche steht parteilich auf der Seite derer, die Jesus die Geringsten seiner Brüder nennt. Dazu gebe uns Gott den Heiligen Geist, dass wir auf Christus hin wachsen, dass wir geschwisterliche Kirche sind.

EG 136,7