Alle Beiträge von Andreas Hansen

Pfarrer in Kenzingen seit Mai 2012, vorher als Pfarrer in Waldshut (1997-2012) und Riegel (1990-1997), verheiratet, drei erwachsene Kinder, Jahrgang 1960

Johannes 14,23-27 Pfingsten

Predigt am 24.5.15 von Andreas Hansen über Joh 14,23-27

Pfingsten

Eine Freundin erzählt – es muss etwa 1975 sein: Ihre Augen leuchten, als sie von der Fahrt nach Taizé erzählt. Tausende Jugendliche aus vielen Ländern. Ein Dorf aus Zelten und Baracken rund um die Kirche. Alle leben extrem einfach. Alle helfen mit. Die Stimmung total gut. Echt eine super Gemeinschaft. Sie schwärmt.
Und die Gottesdienste sind so anders mit ihren Gesängen und der Stille. Die Brüder von Taizé in ihren weißen Gewändern einfach mittendrin. Sie hat sogar mit Frere Roger gesprochen – ein toller Mann! Ich höre ihr zu und bin ein wenig neidisch. Andrerseits wundere ich mich, wer da alles in der Gruppe mit dem Lehrer Pater Vidal nach Taizé fährt. Ein paar ziemlich ausgeflippte Typen sind dabei. Denen geht es doch bestimmt nicht um Glauben! Ob ich zu denen gehören will? Außerdem geht mir der Personenkult um Frere Roger auf die Nerven.

Später bin ich doch selbst in Taizé, mit einer anderen Gruppe. Laut singend laufe ich unter all den Leuten auf der Straße. Im Zelt geht es viel um politische Themen. In der Kirche sind Tag und Nacht Leute, vor allem junge.
Sie beten, lesen, reden leise miteinander.
Ich staune über die vielen Menschen. Es sind Suchende und auch tief überzeugte, fromme Leute, viele, die für den Frieden oder gegen Atomkraftwerke demonstrieren. Es fällt nicht auseinander, im Gegenteil. Innige Christusfrömmigkeit und politisches Engagement gehören in Taizé zusammen. Eine starke Bewegung, eine geistliche Kraft, wie an Pfingsten.

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Joh 16,33

Predigt am 10.5.15 von Andreas Hansen über Joh 16,33

Liebe Gemeinde,

„Jetzt gehen wir endlich.“ Die Freunde stehen schon an der Tür, den Autoschlüssel in der Hand, aber wir haben doch wieder ein Thema gefunden, das uns nicht loslässt. „Erzähl! Du hast sie gesehen? Wie geht es ihr?“ Dann erfahren wir noch das Neuste von einer Freundin. „Aber jetzt gehen wir endlich.“ Der Abend war schön, aber es ist spät und wir alle sind müde.

Die letzten Male sehen wir uns jetzt vor der Konfirmation. Ich freue mich über euch. Gern möchte ich wissen, wie es euch weiterhin geht. Hoffentlich seid ihr gerne in unserer Gemeinde. Noch wenige Tage bis zum Fest. Dann werdet ihr gesegnet. Konfirmation ist ein Schritt zum Erwachsenwerden. Ihr nehmt Abschied vom Kind-sein.

„Bald muss ich gehen.“ Sie versteht, wovon er spricht, und ist dankbar, dass er es ausspricht. Oft atmet er so mühsam, dass er nichts sagen kann. Den größten Teil des Tages dämmert er vor sich hin, betäubt von den Schmerzmitteln. Er wird nicht wieder gesund. Sie wissen es beide. Aber jetzt ist es gesagt. Sie widerspricht nicht. Sie nickt und nimmt seine Hand und weint. So nah sind sie einander jetzt.

Lange haben Jesus und seine Jünger gesprochen. Bald wird Jesus sterben. Johannes berichtet von ihren Gesprächen beim Abschied. Wichtige letzte Worte. Wie wird es sein ohne ihn? Wie können sie bewahren, was Jesus ihnen bedeutet? Zuletzt sagt er: Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. (Joh 16,33)

Wir nehmen Abschied und bleiben doch verbunden: Wie unsere Freunde und wir – nach Jahren setzen wir das Gespräch fort, als hätten wir uns gestern zuletzt gesehen. Oder wie unsere Kinderzeit uns nahe bleibt – in uns lebt ja noch das Kind, das wir einmal waren. Wie uns ein geliebter Mensch auch nach seinem Tod ganz gegenwärtig ist. Wir haben ihn im Herzen. Wir stellen uns vor, was er sagen würde – es ist wie ein Gespräch. Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. Die Jünger bleiben in ihm. Jesus prägt ihr Denken und Fühlen. Sie sind mit ihm verbunden. „Ich lasse euch nicht allein zurück. Ich sende euch den Heiligen Geist, den Tröster.“ So hat er gesprochen. Und zuletzt: „Betet! Bittet den Vater in meinem Namen!“ Das Gebet wie eine Brücke. Jesus, unsere Adresse bei Gott. Wie ein Kleinkind sich vergewissert, dass die Mutter noch da ist, und dann beruhigt weiter spielt, so haben wir Frieden. Jesus ist beim Vater. Wir erreichen ihn. „Gott ist nur ein Gebet weit von uns entfernt.“(Nelly Sachs)

Aber da regt sich Widerspruch. So harmlos sind längst nicht alle Abschiede. Wir verlieren jemanden oder etwas. Wir werden getrennt. Schmerzhaft wie eine Amputation kann ein Abschied sein. Die Trauer um einen geliebten Menschen kann tief verletzen und deprimieren. Was uns ver-bunden hat, weckt die Sehnsucht und tut weh. Frieden, eine innere Stabilität? – der Weg bis dahin kann sehr weit sein. Jesus weiß das.

Wie wird es sein für die Jünger, wenn Jesus nicht mehr da ist? Wie eifrige Schüler behaupten die Jünger stolz: „Jetzt glauben wir.“ Jesus fragt sie: „Jetzt glaubt ihr? Meint ihr wirklich, dass ihr den Glauben so sicher haben könnt?“ Jesus weiß, wie schwer wir uns tun zu beten, wie wenig wir mit ihm rechnen, wie fern und unerreichbar Gott uns oft erscheint. „Gott ist nur ein Gebet weit von uns entfernt.“ Doch wir sind oft weit weg von aller Gewissheit. Das Kleinkind schaut. Auf einmal ist die Mutter nicht da. Es erschrickt und weint vor Angst.

Jesus sagt seinen Jüngern und uns: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. Angst kommt von Enge. Bedrängnis oder Trübsal wird das Wort auch übersetzt. Das Herz wird eng. Die Sicht wird kurz. Die Gedanken gehen im Kreis wie blockiert. Das Kaninchen starrt auf die Schlange. Angst lähmt. Wir kennen die Angst. Jede und jeder kennt sie. Wir kennen ja unsere Schwächen und wissen, wie angreifbar und verletzlich wir sind. Es ist richtig, wenn wir alle Aufmerksamkeit und Kraft auf das richten, was uns selbst oder andere bedroht, wenn wir uns und unsere Lieben schützen. Viele Ängste sind berechtigt. Vieles in unserer Welt ist beängstigend. Ich will dafür keine Beispiele aufzählen. Ich erinnere aber daran, dass viele Menschen auf der Welt ganz anders als wir bedrängt und bedroht sind und Leid erfahren. Denken Sie nur an die Christen im Irak oder an die, die vor Gewalt, Verfolgung und Not fliehen. Uns geht es unvergleichlich besser.

Dennoch sagt Jesus zu seiner Gemeinde und also auch zu uns: In der Welt habt ihr Angst. Er stellt nüchtern fest: Ihr habt Angst, weil und solange ihr in der Welt seid. Eure Angst gehört zur Welt. Die Welt will von Gott nichts wissen. Sie wendet sich ab von Gott. Sie widerspricht Gott. Menschen starren auf sich selbst und haben Angst: Angst zu kurz zu kommen: „Bekomme ich, was mir zusteht?“, Sorge um Anerkennung: „Wie komme ich an?“, Angst zu versagen: „Bin ich gut genug?“. In der Welt habt ihr Angst. Jesus kennt die wirkliche Not und Bedrängnis, aber auch die selbstsüchtige Angst der Welt, die gottlose Angst, das Kreisen um uns selbst. „Gott ist nur ein Gebet weit von uns entfernt.“ Doch wir sind oft voll Angst, wie blockiert. Unser Vertrauen ist gering, unser Glaube schwach.

Aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. Das letzte, entscheidende Wort Jesu. Überwunden, besiegt ist die Welt, aber noch nicht die Angst. Überwunden hat Jesus alles, was uns von Gott trennen will. Er spricht schon von Ostern her. „Was Euch auch niederwirft, Schuld, Krankheit, Flut und Beben, er, den ihr lieben dürft, trug euer Kreuz ins Leben.“ Die Abschiede, unseren Schmerz, unsere Trauer trägt Jesus ins Leben. Wir bleiben in der Liebe Gottes und auch die, die wir vermissen, sind gehalten von Gott, geborgen in ihm. Wir sind oft gefangen in unserer Angst und hören doch: Fürchte dich nicht! Wir sind verzagt und haben kein Vertrauen. Und Jesus sagt: Seid getrost. Wir finden keine Worte, keinen Geist zum Gebet. Und Jesus sagt: Ich bin beim Vater. Seht auf mich! Betet in meinem Namen! Ich habe die Welt und alles, was euch von Gott trennen will, überwunden.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

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Mt 11,25-30

Predigt am 3.5.15 von Andreas Hansen über Mt11,25-30

Liebe Gemeinde,

Jesus singt. Er stimmt ein Loblied an.
„Ich preise dich, Vater!“ Wir kennen leider keine Melodie dazu. Jesus singt. Dabei war er gerade noch frustriert und verärgert.
Wie ärgerlich: Die Leute halten den asketischen Johannes den Täufer für besessen. Doch über Jesus, der gerne feiert, sagen sie: „Er ist ein Fresser und Weinsäufer“. Jesus ärgert sich über die engen Herzen, wenn sie schimpfen: „Er ist ein Freund von Zöllnern und Sündern.“ Jesus will ja gerade die Sünder auf den Weg zu Gott bringen. Er beklagt sich über seine Galiläer, die nicht verstehen wollen. Schlimmer als die Leute von Sodom nennt er sie. Das alles steht in Kapitel Elf des Matthäusevangeliums. Und dann?
Dann fängt Jesus an zu singen. Er hört auf zu schimpfen. Er öffnet den Mund und lobt Gott.
Er singt und das Herz wird weit.

Hören wir Mt 11,25-30: Zu der Zeit rief Jesus aus, (gemeint ist die Zeit, als so viel Ärgerliches geschah):

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Joh 20,11-18 Ostern

Predigt am 5.4.15 von Andreas Hansen über Joh 20,11-18

Joh 20,11-18:
Maria aber blieb draußen vor dem Grab stehen; sie weinte. Und während sie weinte, beugte sie sich vor, um ins Grab hineinzuschauen. Da sah sie an der Stelle, wo der Leib Jesu gelegen hatte, zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen am Kopfende und den anderen am Fußende. »Warum weinst du, liebe Frau?«, fragten die Engel. Maria antwortete: »Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wohin sie ihn gebracht haben.«
Auf einmal stand Jesus hinter ihr. Sie drehte sich nach ihm um und sah ihn, erkannte ihn jedoch nicht. »Warum weinst du, liebe Frau?«, fragte er sie. »Wen suchst du?« Maria dachte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: »Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir bitte,
wo du ihn hingelegt hast, dann hole ich ihn wieder.« –
»Maria!«, sagte Jesus. Da wandte sie sich um und rief: »Rabbuni!« Das bedeutet auf Hebräisch »Meister«.
Jesus sagte zu ihr: »Halte mich nicht fest! Ich bin noch nicht zum Vater in den Himmel zurückgekehrt. Geh zu meinen Brüdern und sag ihnen, dass ich zu ihm zurückkehre – zu meinem Vater und eurem Vater,
zu meinem Gott und eurem Gott.«
Da ging Maria aus Magdala zu den Jüngern zurück. »Ich habe den Herrn gesehen!«, verkündete sie und erzählte ihnen, was er zu ihr gesagt hatte.

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Joh 19,16-30 Karfreitag

Predigt am 3.4.15 von Andreas Hansen über Joh 19,16-30

Karfreitag, vor der Predigt singen wir das neue Passionslied in einer fernen Zeit, von Otmar Schutz, aus dem mehrmals Strophen zitiert werden

Wir sehen auf dein Kreuz, Jesus.
Wir versuchen, den Blick nicht abzuwenden.
Du weichst nicht aus. Du leidest und stirbst.
„Stirbst draußen vor dem Tor, stirbst mitten in der Welt. Im Leiden lebst du vor, was wirklich trägt und hält.
Erstehe neu in mir. Erstehe jeden Tag. Erhalte mich bei dir, was immer kommen mag.“
Wir sehen auf dein Kreuz, Jesus.
Tod und Leid behalten nicht das letzte Wort.
Erstehe neu in uns. Erhalte uns bei dir. Amen

Johannes, der Evangelist, lenkt unseren Blick auf das Kreuz, auf den Sieg mitten in Leid und Tod.

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Mk 14,1-9 Palmsonntag

Predigt am 29.3.15 von Andreas Hansen über Mk14,1-9

Palmsonntag

Es waren nur noch zwei Tage bis zum Fest des Passa und der ungesäuerten Brote. Die führenden Priester und die Schriftgelehrten überlegten, zu welcher List sie greifen könnten, um Jesus festzunehmen und dann umzubringen. »Auf keinen Fall darf es während des Festes geschehen«, sagten sie, »sonst gibt es einen Aufruhr im Volk.«
Jesus war in Betanien bei Simon dem Aussätzigen zu Gast. Während der Mahlzeit kam eine Frau mit einem Alabastergefäß voll echtem, kostbarem Nardenöl. Sie zerbrach das Gefäß und goss Jesus das Öl über den Kopf. Einige der Anwesenden waren empört. »Was soll das, dieses Öl so zu verschwenden?«, sagten sie zueinander. »Man hätte es für mehr als dreihundert Denare verkaufen und das Geld den Armen geben können!« Und sie machten der Frau heftige Vorwürfe.
Aber Jesus sagte: »Lasst sie! Warum macht ihr es der Frau so schwer? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.
Arme wird es immer bei euch geben, und ihr könnt ihnen Gutes tun, sooft ihr wollt. Mich aber habt ihr nicht mehr lange bei euch. Sie hat getan, was sie konnte: Sie hat meinen Körper im Voraus für mein Begräbnis gesalbt.
Ich sage euch: Überall in der Welt, wo man das Evan-gelium verkünden wird, wird man sich auch an sie erinnern und von dem reden, was sie getan hat.«

Liebe Gemeinde,
das Haus ist erfüllt von einem wunderbaren Duft.
Was für eine liebevolle Geste! Die Frau will Jesus Gutes tun, ein Geschenk machen.
Das Beste ist gerade gut genug für ihn.
Sie liebt Jesus. Jeder darf es sehen.
Und gerade jetzt will sie ihre Liebe zeigen.

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Johannes 12,20-26

Predigt am 15.3.2015 von Andreas Hansen über Johannes 12,20-26

Zum Sonntag Lätare - die Predigt wird ebenfalls am 14.3. in Sundhouse im Elsaß gehalten

Joh 12,20-26 Unter denen, die zum Fest nach Jerusalem hinaufgezogen waren, um anzubeten, befanden sich auch einige Griechen. Sie wandten sich an Philippus, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und baten ihn: »Herr, wir möchten Jesus sehen.« Philippus ging zu Andreas und teilte ihm das mit, worauf Andreas und Philippus zusammen zu Jesus gingen, um es ihm zu sagen. Jesus gab ihnen zur Antwort: »Die Zeit ist gekommen, da der Menschensohn in seiner Herrlichkeit offenbart wird. Ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Wem sein eigenes Leben über alles geht, der verliert es. Wer aber in dieser Welt sein Leben loslässt, der wird es für das ewige Leben in Sicherheit bringen. Wenn jemand mir dienen will, muss er mir nachfolgen. Und da, wo ich bin, wird auch mein Diener sein. Wer mir dient, den wird der Vater ehren.«

lehre mich die anderen rechnungen / ich verschenke und / werde reich / ich halte nichts fest und / erhalte in fülle / weil ich schwach bin / weil ich die andere backe hinhalte / trifft mich keiner / weil ich ja sage / weil ich mitleide / weil ich mich mitfreue / gewinne ich das Leben –ein Gedicht von Ernst Eggimann

Berechnend zu sein ist nicht Jesu Sache. Er spannt die Menschen nicht für seine Zwecke ein. Er sucht nicht seinen Vorteil. Er schenkt – rückhaltlos. Seine Gaben, seine Kraft, sein Leben gibt er hin. Und so wird das Leben erfüllt, reich, glücklich. Das will er ja: Dass unser Leben glückt. „Ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“ Weizen. Ein Weizenkorn zeigt uns den Weg Jesu und weist hin auf das Geheimnis des Glaubens.

(Nehmen Sie sich aus dem Schälchen ein Weizenkorn oder ein paar Körner!)

In diesen Körnern steckt Kraft. Sie werden gemahlen und zu Brot gebacken und geben uns Kraft. Oder sie werden ausgesät. Sie fallen in die dunkle Erde. Feuchtigkeit und Wärme lassen sie keimen. Dann stirbt das Korn. Es bringt einen Halm, eine Ähre hervor und vergeht dabei. Es gibt seine ganze Kraft in das neue Leben. Viele Körner wachsen daraus. Bleibt es verschlossen, so ist es unfruchtbar. Ein Leben für sich selbst bleibt unerfüllt. Es muss aufgehen, sich hingeben, damit das neue Leben werden kann. Geheimnis des Glaubens: Im Tod ist das Leben. Leuchtend grüne Halme bringt der Weizen hervor. Davon erzählt Jesus. Das Leben wird schön, erfüllt, sinnvoll, fruchtbar. Dieses wahre Leben wünschen wir uns. Johannes schreibt von ewigem Leben. Schon jetzt ist es zu spüren, das wahre Leben. Schon jetzt kann das Leben sein wie aufgehender Weizen, schön und erfüllt.

„lehre mich die anderen rechnungen ich verschenke und werde reich ich halte nichts fest und erhalte in fülle“ Lebendig und schön wie aufgehender Weizen sind Menschen, die anders rechnen. Ihr Gewinn ist, was sie geben und schenken können. Sie halten nichts fest und sind doch reich. Es ist schön, wenn Menschen von einem liebevollen Leben erzählen können, wenn ein Mensch seine Arbeit mit ganzem Herzen macht und mit Hingabe für andere da ist. Es ist schön, wenn einer die Schwäche anderer erträgt, mitleidet, sich mitfreut, Gemeinschaft schenkt. Es ist schön, wenn jemand Zeit opfert und sich dann freut, wenn ein alter, verwirrter Mensch ein wenig Anregung hat. Es ist schön, wenn Hausmeisterarbeit, Pflege, Buchhaltung und all die unscheinbaren Dienste verlässlich und aufmerksam geschehen. Es ist schön, wenn Menschen für andere Zeit und Geld und Lebenskraft verschenken – oft wird ihre Gabe von kaum jemandem bemerkt. Klein und unscheinbar ist so ein Korn. Klein und unscheinbar wie ein Weizenkorn kommt uns das Leben vieler Menschen vor. Und doch: was darin liebevoll geschieht oder geschah, das ist die Schönheit und der Reichtum dieses Lebens. So rechnet Jesus.

„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt“: das Korn muss sterben, sich hingeben, damit es Frucht bringt. Jesus spricht von seinem Tod. Er ist das Weizenkorn. Aus seinem Tod wird neues Leben.

„Da sind Leute, die wollen dich sehen, Jesus.“ „Was wollen sie sehen, Philippus? Einen Star?“ „Ich glaube, sie meinen es ernst. Von weit her sind sie gekommen, um hier im Tempel zu beten. Da haben sie gehört, was alle von dir erzählen.“ „Ich weiß. Etwas von Gott wollen sie sehen, ein wenig von Gottes Herrlichkeit, ein Zeichen für seine Macht, was zum Festhalten. Aber ihr wisst doch: niemand hat Gott je gesehen. Jetzt kommt meine Stunde. Jetzt zeigt Gott seine Herrlichkeit. Aber zu sehen ist nur: ein Korn, das in die Erde fällt und stirbt. Nur so bringt es Frucht.“

So erzählt Jesus von seinem Tod am Kreuz und zugleich schon von neuem Leben, von Ostern. Wir sind in der Mitte der Passionszeit. Der Sonntag trägt seinen Namen Lätare nach Jesaja 66,10: „Freut euch mit Jerusalem!“ Das kommende Heil ist im Blick. Ostern ist im Blick, obwohl so viele Kreuze in der Welt sind. Mitten in so viel Leid sehen wir auf den leidenden und sterbenden Jesus und erkennen Gottes Liebe. Wir sehen auf Jesus am Kreuz und glauben, dass er lebt. Leid und Tod werden überwunden sein.

Die Kirchen der Welt schrieben 1984 in Vancouver ein Bekenntnis: „Mitten in Hunger und Krieg feiern wir, was verheißen ist: Fülle und Frieden. Mitten in Drangsal und Tyrannei feiern wir, was verheißen ist: Hilfe und Freiheit. Mitten in Zweifel und Verzweiflung feiern wir, was verheißen ist: Glauben und Hoffnung. Mitten in Furcht und Verrat feiern wir, was verheißen ist: Freude und Treue. Mitten in Hass und Tod feiern wir, was verheißen ist: Liebe und Leben. Mitten in Sünde und Hinfälligkeit feiern wir, was verheißen ist: Rettung und Neubeginn. Mitten im Tod, der uns von allen Seiten umgibt, feiern wir, was verheißen ist durch den lebendigen Christus.“ Amen

Mt 4,1-11

Predigt am 22.2.15 von Andreas Hansen über Mt 4,1-11

Danach wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, um vom Teufel versucht zu werden. Vierzig Tage und vierzig Nächte fastete er, danach hungerte ihn.
Da trat der Versucher an ihn heran und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, dann sag diesen Steinen da, sie sollen zu Brot werden. Er entgegnete: Es steht geschrieben: Nicht vom Brot allein lebt der Mensch, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.
Dann nahm ihn der Teufel mit in die heilige Stadt, und er stellte ihn auf die Zinne des Tempels. Und er sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, dann stürze dich hinab. Denn es steht geschrieben: Seine Engel ruft er für dich herbei, und sie werden dich auf Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stoße. Da sagte Jesus zu ihm: Wiederum steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.
Wieder nimmt ihn der Teufel mit auf einen sehr hohen Berg und zeigt ihm alle Königreiche der Welt und ihre Pracht. Und er sagt zu ihm: Dies alles werde ich dir geben, wenn du dich niederwirfst und mich anbetest.
Da sagt Jesus zu ihm: Fort mit dir, Satan. Denn es steht geschrieben: Zum Herrn, deinem Gott, sollst du beten und ihm allein dienen. Da lässt der Teufel von ihm ab. Und es kamen Engel und dienten ihm.

Manchmal erschrecke ich über mich selbst.
Ich erinnere mich an damals, so etwa mit acht Jahren. Ich spiele im Hof. Ein Nachbarjunge kommt. Den kann ich nicht ausstehen.
Er versteht nicht, dass ich nicht mit ihm spielen will. Er kommt mir so nah, als wollte er mir ein Geheimnis sagen. Zuwider ist er mir. Und er rückt mir auf die Pelle, igitt!
Da hole ich aus und boxe ihn mit voller Kraft in den Bauch. Er heult und hält sich den Bauch.
Ich erschrecke. Ich erschrecke über mich.
Was hat mich nur getrieben? Sowas macht man doch nicht. Das ist gemein. Dass ich so böse sein kann!
Ich erinnere mich nicht, dass ich seither jemanden in den Bauch geboxt hätte.
Aber ich bin noch öfter über mich erschrocken.
Was steckt in mir?
Zu was für einer Bosheit bin ich wohl fähig?
Ich verstecke meine dunkle Seite vor mir und vor anderen. Aber ich traue mir einiges an Rücksichtslosigkeit, Gemeinheit oder Egoismus zu.
Was steckt in uns?

Auf einmal ist der Teufel da, bei Jesus in der Wüste. Auf einmal ist der Teufel bei uns. Stellen Sie sich unter dem Teufel eine Gestalt vor? Eine Fratze des Bösen, wie eine Fasnachtsmaske? Er ist unklar. Einmal heißt er Versucher, dann „Durcheinanderbringer“, Diabolos, Teufel, dann sagt Jesus Satan zu ihm, der Ankläger, der Feind Gottes. Ist der mit den vielen Namen überhaupt eine Person?
Nein! Der Teufel ist nicht ohne uns.
Er braucht uns Menschen. Er ist durch uns.
Das Böse entsteht, es entfaltet sich und wirkt immer in uns Menschen und durch uns.
Manche Menschen kommen uns vor, wie besessen von Bosheit, getrieben von Hass, gehetzt von zerstörerischer Wut. Aber dafür ist nicht der Teufel verantwortlich. Das wäre ja eine bequeme Ausrede für das, was wir anrichten.
Menschen können teuflisch böse sein.
Zum Erschrecken.

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Mt 17,1-9

Predigt am 1.2.15 von Andreas Hansen über Mt 17,1-9

Mt 17,1-9: Sechs Tage später nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes mit sich und stieg mit ihnen auf einen hohen Berg, wo sie allein waren.
Dort veränderte sich vor ihren Augen sein Aussehen. Sein Gesicht begann zu leuchten wie die Sonne, und seine Kleider wurden strahlend weiß wie das Licht. Auf einmal erschienen Mose und Elia.
Die Jünger sahen, wie die beiden mit Jesus redeten.
Da ergriff Petrus das Wort. »Herr«, sagte er zu Jesus, »wie gut ist es, dass wir hier sind! Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elia.«
Während er noch redete, kam plötzlich eine leuchtend helle Wolke und warf ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke sprach eine Stimme: »Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Freude habe.
Auf ihn sollt ihr hören!«
Die Stimme versetzte die Jünger so sehr in Schrek-ken, dass sie sich zu Boden warfen, mit dem Gesicht zur Erde. Jesus aber trat zu ihnen, berührte sie und sagte: »Steht auf! Fürchtet euch nicht!«
Als sie aufblickten, sahen sie niemanden mehr außer Jesus. Während sie den Berg hinunterstiegen, sagte Jesus zu den drei Jüngern: »Sprecht mit niemandem über das, was ihr gesehen habt, bis der Menschen-sohn von den Toten auferstanden ist!«

Der Dichter Kurt Marti schrieb:

käme einer
der wüsste wo´s lang geht
und wir könnten ihm glauben
der könnte viel von uns verlangen

käme einer der wüsste
glücklich wären wir

käme einer

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Mk 4,35-41

Predigt am 25.1.15 von Andreas Hansen über Mk4,35-41

Neustart-Gottesdienst für alle, die gerade einen Neuanfang oder einen Einschnitt erleben, die Kantorei gestaltet den Gottesdienst musikalisch

Am Abend jenes Tages sagte Jesus zu seinen Jüngern: »Wir wollen ans andere Ufer fahren!« Sie schickten die Menge nach Hause, stiegen in das Boot, in dem Jesus bereits war, und fuhren mit ihm ab. Einige andere Boote begleiteten sie.
Plötzlich brach ein heftiger Sturm los; die Wellen schlu-gen ins Boot, und es begann sich mit Wasser zu füllen. Jesus aber schlief im hinteren Teil des Bootes auf einem Kissen. Die Jünger weckten ihn und schrien: »Meister, macht es dir nichts aus, dass wir umkommen?«
Jesus stand auf, wies den Wind in seine Schranken und befahl dem See: »Schweig! Sei still!« Da legte sich der Wind, und es trat eine große Stille ein.
»Warum habt ihr solche Angst?«, sagte Jesus zu seinen Jüngern. »Habt ihr immer noch keinen Glauben?«
Jetzt wurden sie erst recht von Furcht gepackt. Sie sagten zueinander: »Wer ist nur dieser Mann, dass ihm sogar Wind und Wellen gehorchen?«

Liebe Gemeinde,

am 10. November 1989, am Tag nach der Maueröffnung sprach Willy Brandt von „Winden der Veränderung, die seit einiger Zeit über Europa ziehen“. Er meinte Perestroika und Glasnost, Erneuerung und Redefreiheit, die der russische Präsident Gorbatschow zum Programm gemacht hatte. Auf einmal war vieles möglich, wovon man vorher nicht zu träumen gewagt hatte. Eine friedliche Revolution: Der schönste Neustart, den unser Land je erlebt hat.

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