Mt 5,13-16

Predigt am 26.7. 17 von Andreas Hansen über Mt 5,13-16

Bei Waldshut fließen der Rhein und die Aare zusammen. Handel prägte und prägt die Stadt bis heute. Sie war früher ein wichtiger Umschlagplatz für den Salzhandel. Mit Salz aus Hall bei Innsbruck wurde ganz Vorder-österreich bis Straßburg versorgt. Salz, das „weiße Gold“. Wer mit Salz handeln durfte, wurde reich, wie die Tröndlins, Schlossherren in Waldshut. Zum Dank für ihren Erfolg stiftete die Familie eine schöne Kapelle in Waldshut. Sie steht neben der evangelischen Kirche und manchmal feiert die evangelische Gemeinde dort auch Gottesdienste. Salz war kostbar.

Heute kostet Salz nur ein paar Cent, aber wir merken schnell, wie notwendig es ist, wenn wir einmal das Salz in der Suppe vergessen. Pfui, schmeckt das fade! Man braucht oft nur eine Prise davon, aber wehe, das Salz fehlt! „Ihr seid das Salz der Erde!“ Das heißt: Ihr seid kostbar. Ihr seid unentbehrlich. Das Salz entfaltet unsichtbar seine Wirkung, aber wo es fehlt, wird das Essen ungenießbar. Die Welt braucht euch unbedingt. Wen meint Jesus? Jesus spricht zu einer großen Menge von Menschen und zu seinen Jüngern. Er hat seine Rede auf dem Berg mit den Seligpreisungen begonnen: die Armen, die Leidenden, die Barmherzigen, die sich nach Gerechtigkeit sehnen und die Friedensstifter nennt er selig. Dann ändert er seine Richtung: „Selig seid ihr, wenn euch die Leute schmähen und verfolgen und euch das Ärgste nachsagen um meinetwillen und dabei lügen. Freut euch und frohlockt, denn euer Lohn im Himmel ist groß. Denn so haben sie auch die Propheten vor euch verfolgt. Ihr seid das Salz der Erde…“ Jesus spricht zu bedrängten, belasteten, bedürftigen Menschen. Und er richtet sie auf. „Ihr seid wer! Ihr seid wichtig! Salz der Erde.“

Matthäus schreibt nun an Christen, die wegen ihres Glaubens an Jesus ausgeschlossen und verfolgt werden. Menschen, die angegriffen und unter Druck gesetzt werden, wollen sich am liebsten verstecken. Opfer von Gewalt schämen sich oft für das, was ihnen angetan wurde, so als wären sie selbst an ihrem Elend schuld. Aber jetzt bekommen sie gesagt: „Ihr seid wichtig. Gerade mit der Erfahrung des Erlittenen habt ihr etwas Wesentliches zu sagen. Ihr seid das Salz der Erde.“

Jesus begegnet Menschen mit Wertschätzung. Er spricht ihnen einen großen Wert zu. Er richtet sie auf und stärkt ihr Selbstbewusstsein. Der Druck der Besatzungsmacht Rom hat viele erniedrigt und entwürdigt: Menschen in Armut und Not. Wer krank war, erfuhr oft noch Vorwürfe und blieb mit seinem Elend allein. Wer zu den „Zöllnern und Sündern“ gehörte, stand ausgeschlossen am Rand. Jesus behandelt sie alle aufmerksam, liebevoll, wertschätzend. Er geht zu den „Verlorenen“. Er heilt und er bringt ihnen „Heil“. Sie bekom-men Würde zugesprochen. Ihr Leben hat von Gott her einen Wert, eine Perspektive.

„Ihr seid wichtig, Salz der Erde.“ Auch uns spricht Jesus an. Lassen wir uns das sagen! Wir sind wertvoll. Die Gemeinde braucht unsere Erfahrungen, gerade auch die dunklen, und unseren Glauben. Die Welt braucht Menschen, die auf Jesus Christus hören und ihm vertrauen. Nehmen wir die Wertschätzung Gottes an! Wir sind wertvoll und liebenswert für Gott. Salz ist kostbar, unentbehrlich.

Nun steckt in dem Zuspruch „Ihr seid das Salz“ immer gleich auch ein Anspruch. „Nun setzt euch ein! Wehe, ihr werdet fade!“ – damals bestand das Salz nur zu einem Drittel aus reinem Kochsalz und konnte leicht schlecht werden. Das ist ja wieder typisch Kirche, denken Sie vielleicht: Man wird ein wenig gelobt und gleich wieder eingespannt und sogar unter Druck gesetzt. „Wehe, du salzt nicht!“

Aber da ist noch das zweite Bild: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Licht ist noch viel mehr. Das kann kein Mensch machen, und wenn er sich noch so anstrengt. Licht sind wir nicht aus uns selbst. Licht kann nur Gott schaffen. Licht ist geradezu göttlich. Wer die Psalmen liest, entdeckt immer wieder, dass Gott mit dem Licht, dem Hellen, der Sonne in Verbindung gebracht wird. Gott wird mit Licht und Sonne identifiziert: „Der HERR ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten..“ „Gott, der HERR ist Sonne und Schild, er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen..“ Licht steht für Gottes Nähe, für Leben und Segen, Freude und Schutz – Finsternis ist dagegen fern von Gott, Einsamkeit und Chaos, Leid und Tod. Jesus ist das Licht der Welt, und wer ihm folgt, geht im Licht. Licht sind wir, verbunden mit Jesus Christus, von Gott her, in seiner Nähe, durch seine Kraft. Gott wirkt durch uns. „Was ist der Mensch?“, fragt der Psalmbeter. „Wenig niedriger als Gott hast du ihn geschaffen.“ Jesus stellt uns in sein Licht. Wir gehören zu ihm. Wir sind keine strahlenden Stars. Auch Jesus will kein Star sein. Er geht durch das tiefste Dunkel, und Gott stellt ihn ins Licht des Ostermorgens. So sind wir mit unseren dunklen Erfahrungen und trotz unserer Schattenseiten mit ihm verbunden. „Ihr seid das Licht“ – wir glauben und bezeugen das Osterlicht, das alles Dunkel durchdringt. Gott gibt uns einen Wert und eine Würde. Er sieht uns liebevoll an: Darum sind wir wichtig und schön.

Das ist das Erste: Wir sind wichtig. Das dürfen wir uns sagen lassen und genießen. Gerade dann, wenn wir an uns zweifeln, wenn uns etwas oder jemand angreift. Wir sind wichtig, wie das Licht, kostbar wie das Salz. Eine Konfirmandin schrieb, Glaube ist ein Grund stolz zu sein. Ja! Wir sollen uns das selbst sagen und es uns sagen lassen: „Du bist wichtig und kostbar für Gott.“

Und nun als Zweites ein Anspruch an uns: Wir sind auch wichtig für unsere Mitmenschen. „Ihr seid das Licht der Welt!“ Gott gibt uns die Aufgabe, für Andere Licht zu sein. Aber wie können und sollen wir tun, was Jesus sagt? Wie können und sollen wir das Licht leuchten lassen? Machen wir es wie Jesus, liebe Gemeinde! Sehen wir unsere Mitmenschen als Salz der Erde und Licht der Welt! Gewöhnen wir uns an, Menschen zu achten! Gehen wir wertschätzend gerade mit den Schwachen und Bedrängten um! Ist das nicht selbstverständlich? Nein, leider nicht. So viele Menschen werden verächtlich, geringschätzig und gleichgültig behandelt. Ein Mensch zählt wenig für Kriegsherren, für fanatische Terroristen, für Schlepper. Auch für uns ist der Blick Jesu nicht selbstver-ständlich. Wie schnell verurteilen wir andere. Wie schnell schauen wir auf andere herab. Menschen sind uns lästig und im Weg. Wir machen andere nieder, um uns zu behaupten. Ich rede bewusst in Wir-Form. Ich glaube, das ist ein Grundmuster. Das steckt tief in unserem Fühlen und Handeln, dass wir uns für besser halten als andere und entsprechend handeln.

„Ihr seid das Salz der Erde!“ Jesus richtet uns auf. Er spricht uns zu, dass wir wertvoll sind. Er betont unsere Möglichkeiten. Machen wir es wie Jesus! Amen

– ———————————–