Mt 28,16-20

Predigt am 12.7.15 von Andreas Hansen über Mt 28,16-20

vor der Predigt wurden zwei Kinder getauft und wir sangen das Taizélied Christus, dein Licht

„Christus, dein Licht verklärt unsre Schatten, lasse nicht zu, dass das Dunkel zu uns spricht.“

Wir leben im Licht, liebe Gemeinde. Wir haben die Taufkerzen an der Osterkerze angezündet. Wir leben von Ostern her. Wir sind getauft und gehören zu Jesus. Wir leben im Licht, weil Jesus auferstanden ist. Aber hier in der Kirche ist ganz groß Jesus am Kreuz, ein Mensch am Ende, nicht ein strahlender Sieger. Gott lässt sich ein auf das Dunkel. Jesus kommt in das Dunkel der Welt. Er ist bei den Menschen im finsteren Tal. Selbst wenn wir ganz unten sind, ist er bei uns.

Hören wir den Predigttext, die letzten Verse des Matthäusevangeliums. Der auferstandene Jesus spricht zu seinen Jüngern und zu uns.

Mt 28,10+16-20 Da sagt Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, dass sie nach Galiläa gehen sollen, dort werden sie mich sehen. … Die elf Jünger aber gingen nach Galiläa, auf den Berg, wohin Jesus sie befohlen hatte. Und als sie ihn sahen, warfen sie sich nieder; einige aber zweifelten. Und Jesus trat zu ihnen und sprach: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Geht nun hin und macht alle Völker zu Jüngern: Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehrt sie alles halten, was ich euch geboten habe. Und seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Die Jünger knien nieder dort auf dem Berg. Jesus ist ihnen so nah wie der beste Freund. Er hält zu ihnen. Er hört ihnen zu und versteht. Zugleich spüren sie: Jesus ist von Gott. Er ist heilig und mächtig wie Gott. Gott ist bei uns, Gottes Sohn. Darum knien sie nieder. „einige aber zweifelten“

Jesus schickt die Zweifelnden nicht fort und das Evangelium verschweigt sie nicht. Seine Jünger sind nicht ein Kreis von ganz tollen Leuten. In der Gemeinschaft der Glaubenden dürfen unsere Fragen und Zweifel sein. Zu Jesus dürfen wir gehören mit unserem unfertigen, oft schwachen Glauben.

Der große Martin Luther betete: „Herr, ich bin ein leeres Gefäß, das bedarf sehr, dass man es fülle. Mein Herr, fülle es. Ich bin schwach im Glauben; stärke mich. Ich bin kalt in der Liebe; wärme mich und mache mich heiß, dass meine Liebe herausfließe auf meinen Nächsten. Ich habe keinen festen, starken Glauben und zweifle zuzeiten und kann dir nicht vertrauen. Ach Herr, hilf mir, mehre meinen Glauben und das Vertrauen. Lehre mich hören. Alles, was ich habe, ist in dir beschlossen.“ Als Luther ganz verzweifelt war, hat er mit Kreide vor sich auf den Tisch geschrieben: „Ich bin getauft.“ Er hat sich an dem Versprechen der Taufe festgehalten wie an einem Rettungsring. Die Taufe trägt uns. Die Taufe trägt uns, nicht weil wir uns für Gott entscheiden, sondern weil Gott uns sein Versprechen gibt. Wir gehören zu ihm. Er lässt uns nicht los.

Jesus gibt allen, auch den Zweifelnden, seine Zusage und seinen Auftrag. Gerade die, die nicht fertig sind, die sich nicht zufrieden geben, die um ihre eigene Schwäche wissen, gerade sie sollen seine Jünger sein. „Fürchtet euch nicht!“ sagt Jesus, als er den Jüngern wieder begegnet. Sie erschrecken. Sie haben noch seinen Tod noch vor Augen. Alles war aus. Und nun steht er vor ihnen. Er lebt. „einige aber zweifelten“. Wie kann da Leben sein? Wie kann gut werden, was zerstört war? Wie kann heil werden, was krank war?

Zweifel: Viele zweifeln daran, dass die Lage in Griechenland sich zum Guten wendet. Die Not vieler Menschen dort, die verfahrene Situation der Wirtschaft, sicher auch sehr viele Fehler und Unrecht – was soll daraus werden? Viele zweifeln und verzweifeln in Syrien. Sie fliehen vor Terror und Gewalt und nehmen unglaubliche Strapazen auf sich, um sich und ihre Familien wenigstens in Sicherheit zu bringen. Viele glauben in ihrer Beziehung nicht mehr an einen guten Weg. Sie sehen nur Scheitern, Streit, gegenseitige Vorwürfe, Verletzungen, Schuld und Angst. Sie geben auf. Viele verzweifeln in Krankheit und seelischer Not. Viele Konflikte scheinen uns unlösbar. Viele Kräfte und Mächte sind uns zu stark. Oft sagen oder denken wir: „Man kann doch nichts machen, nichts zum Guten wenden.“

Einige aber zweifelten, denn: „Tot ist tot und aus. Was soll schon einer helfen, der sich nicht wehrte, als man ihm Unrecht tat, der wie ein Verbrecher am Kreuz gestorben ist?“ Aber Jesus sagt: „Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden.“ Kein Land soll einfach scheitern und seine Bürger in Not stürzen. Nein, Geld regiert nicht die Welt. Terror und Gewalt sollen nicht herrschen. Keiner soll in die Flucht getrieben werden, alle in Frieden leben. Kein Paar soll sich in Streit und Vorwürfen aufreiben. Kein Mensch soll Angst haben vor einem anderen. Jede Macht von Menschen über andere Menschen ist begrenzt. Nicht einmal Krankheit und Tod behalten das letzte Wort über uns. Alle Macht hat Jesus, der am Kreuz starb und auferstand. Am Ende ist sein Leben. Am Ende bleibt seine Liebe. Gott hat das letzte Wort.

Wir Christen sind Protestleute gegen den Tod. Wir gehören zu Jesus. Wir leben von Ostern her. Darum protestieren wir gegen alle Todesmacht. Vielleicht klingt das seltsam für uns. Vielleicht zweifeln wir zuweilen oder verzweifeln sogar an unserer Schwäche. Vielleicht haben wir Angst vor manchen Mächten und auch vor dem Tod. Und doch schickt Jesus uns auf den Weg: „Geht zu allen Menschen. Erzählt von mir. Macht sie zu Jüngern. Tauft sie und lehrt sie.“ Wir sollen lehren, Lehrer sein für andere, zum Beispiel für unsere Kinder und Patenkinder. Die wichtigsten Lehrer sind nicht gelehrte Professoren, sondern Menschen, die mir Vertrauen vorleben, Menschen, die Leid erfahren haben und dennoch zuversichtlich sind, Menschen, die ihre eigene Schwäche kennen und alles von Gott erwarten.

Ganz am Schluss gibt Jesus ein Versprechen: „ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Jesus bleibt bei uns und wir bleiben die Seinen, was auch kommt. Bis zum Ende der Welt und bis zum Ende unseres Lebens ist er da. Dieser Schluss des Evangeliums ist zum Sprichwort geworden. Ist bei jemand „Matthäi am Letzten“, dann ist alles aus. Am Ende gibt es die Rechnung, das Zeugnis, das Urteil. Bedrohlich klingt es, wenn „Matthäi am Letzten“ ist. Schrecklich, dass das Evangelium oft zur Drohbotschaft gemacht wurde. Am Ende werden wir wohl unser Leben sehen und vieles, was wir falsch gemacht haben und nicht wieder gut machen können. Wir können nicht auf den Reset-Knopf drücken. Aber auch dann wird Jesus bei uns sein. Auch dann wird er sagen: „Du gehörst zu mir und ich stehe für dich ein.“

Wir müssen und können unser Leben nicht selbst rechtfertigen. Wir sind alles andere als perfekt. Und doch sendet Jesus uns als seine Jüngerinnen und Jünger. „Christus, dein Licht erstrahlt auf der Erde, und du sagst uns: Auch ihr seid das Licht.“ Amen