Lk15,11-32

Predigt am 14.6.15 von Andreas Hansen über Lk15,11-32

Gott wohnt in der Freude. Er feiert gern. Musik und Tanz liebt er. Wenn Jesus in Bildern von Gott erzählt, dann wird bei ihm oft gefeiert: Gastmähler, Feste, Hochzeiten. Jesus selbst feiert gern, aber darüber rümpfen manche die Nase.

Gott wohnt in der Freude. Seine Schöpfung ist ein großes Fest, unglaublicher Reichtum an Formen und Farben, wunderbare Schönheit und Ordnung, das Leben: ein Wunder Gottes. Jeden Morgen schaut Gott in der Badischen Zeitung zuerst das Foto des Tages an und sagt oft: „Ja, super, so schön!“

Gott wohnt in der Freude. Gott schenkt Menschen eine neue Chance, wo sie nicht mehr weiter kommen. Gott freut sich über uns. Er will, dass unser Leben gelingt. Er leidet mit jedem Schmerz und ist zornig, wenn wir einander das Leben zur Qual machen. Und Gott überrascht uns gerne.

Jesus erzählt eine Geschichte von der Freude Gottes. Er lädt uns ein, dass wir etwas von uns selbst in seiner Geschichte entdecken. Er lädt uns ein, dass wir uns mit Gott freuen. Wenn die ganze Bibel verloren ginge und nur diese eine Geschichte bliebe, es wäre fast genug.

Da sind drei Menschen, ein Vater und seine beiden Söhne, ein Bauer mit einem Hof und Personal. Sie reden nicht viel miteinander. Erst am Schluss kommt so manches heraus, was sie schon vorher hätten sagen sollen. Dann hätten sie sich wohl einiges Leid erspart. Wir reden manchmal aneinander vorbei oder verschweigen, was wichtig wäre.

Der jüngere Sohn will fort. Hier kann er nichts werden. Vielleicht langweilt ihn einfach die Arbeit. Oder er träumt vom Glück in der Ferne. Den Hof wird sowieso der Ältere erben. Ihm steht nur ein Drittel des Besitzes zu. Also lässt er sich seinen Teil geben, verkauft alles und macht sich auf den Weg. Kennen Sie den Traum, noch einmal alles ganz anders zu machen, neu zu beginnen? Ein anderer Ort, ein anderer Beruf, als würde man eine Seite des Lebens umblättern und da ist ein unbeschriebenes Blatt. Den Zauber des Anfangs kennen wir alle. Aber vielleicht wird das Neue auch ein Flop, eine Enttäuschung. Der Vater sagt nichts. Er gibt dem Jungen sein Erbe. Er lässt ihn ziehen, frei. Oder schweigt er verletzt und bitter? Er sagt nicht, dass er traurig ist und auch nicht: „Komm zurück zu mir, Junge, wenn du Hilfe brauchst!“ Der Sohn zieht in ein fernes Land und lebt in Saus und Braus. Ich habe das einmal für die Kindergartenkinder vorgespielt. Ich zog mir etwas Vornehmes an. Einen Beutel mit Ein- und Zwei-centmünzen hatte ich, echtes Geld. Mit vollen Händen warf ich das Geld heraus. Die Kinder staunten nicht schlecht, und ich hatte einen Mordsspaß. Das muss doch toll sein, einfach mal auszuflip-pen, ohne Rücksicht in den Tag hinein zu leben, sich Luxus zu leisten. Finden sie das nicht auch reizvoll? Aber so groß ist das Vermögen nicht. Mit einem Schlag bricht Not aus. Er ist überschuldet. Er hat es vermasselt. Mit leeren Händen und allein steht er da, ein mittelloser Migrant. Im fernen Land bricht jetzt eine Hungersnot aus, auch das noch. Was soll er tun? Die mieseste Arbeit bekommt er: Schweine hüten. Für die Kinder zog ich mir an dieser Stelle ein zerfetztes Hemd an und beschmierte Hemd und Gesicht mit Lehm. „Igitt!“ Ein Mensch scheitert. Schrecklich, wenn einer so abstürzt. Bei unserem letzten Klassentreffen war einer, der konnte nicht von Karriere und Familie erzählen. Irgendwie ist bei ihm ganz vieles schief gelaufen. Ich merkte, wie es ihm schwer fiel unter uns, und wie wir anderen ihm gegenüber verlegen wurden. Wie leicht gerät einer aus dem Takt und unter die Räder. Das Erbe hat der Sohn verschleudert, das mühsam erworbene Geld des Vaters. Seine Schuld bedrückt ihn und der Hunger tut ihm weh. Er hat kein Recht mehr daheim. Er ist nicht mehr Kind im Haus. Und doch beschließt er, dorthin zurückzukehren und um einen Job zu betteln. Von weitem erkennt der Vater in der zerlump-ten Gestalt seinen Sohn. Mitleid bewegt ihn. Es tut ihm im Herzen weh, wie mühsam der Sohn sich daher schleppt, wie elend er aussieht. Er läuft ihm entgegen, nimmt ihn in den Arm, küsst ihn ins dreckige Gesicht. „Du riechst nicht gut, aber du bist mein Kind, mein geliebter Sohn.“ Der Sohn fängt an, seinen Spruch zu sagen, sein Schuld zu gestehen, „Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen.“ Der Vater unterbricht ihn und geht gar nicht darauf ein, ruft die Knechte: „Schnell, das beste Gewand für meinen Sohn, ein Ring, Schuhe für ihn. Das müssen wir feiern, dass er lebt!“ Kein Wort des Vorwurfs, nur Freude, ein Schwall von Freude. Endlich findet er sprechende Gesten für seine Liebe.

„Da fingen sie an sich zu freuen.“ schreibt Lukas. So schnell geht es nicht. Langsam kommt beim Sohn an, was geschieht. Der Vater freut sich über ihn. Er nimmt ihn auf. Er ist immer noch Kind im Haus, geliebtes Kind seines Vaters. Was er getan hat, war nicht gut, aber viel größer ist die Freude, dass er wieder da ist. Um ihn hatte der Vater Sorge und Angst, nicht um das Geld.

Auch dem älteren Sohn läuft der Vater entgegen. Auch ihm kann er endlich sagen, dass er ihn lieb hat. „Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist dein. Wie gut, dass du bei mir bist, mein Kind. Und ja, es ist schade, dass du nicht mit deinen Freunden feiern konntest. Du hast Recht mit deinem Vorwurf. Aber nun komm, freu dich mit mir über deinen Bruder. Er lebt. Ist das nicht wunderbar? Ich dachte, er ist tot. Erst jetzt merke ich, wie sehr ich ihn vermisst habe. Komm rein! Feier mit uns! Freu dich mit mir!“

Gott wohnt in der Freude. Er freut sich, wenn der Vater auf seine Söhne und Töchter zuläuft, oder auch die Mutter, und endlich sagen oder zeigen: „Du bist mir lieb und viel wichtiger als der Hof und der Betrieb. Was auch geschieht, du gehörst zu mir, du darfst immer zu mir kommen.“ Gott freut sich, wenn einer, bei dem alles schief gelaufen ist, wieder zurück findet und noch einmal neu beginnt.

Denn Gott unterscheidet uns von unserem Tun. Er hat uns nicht erst lieb, wenn wir Erfolg haben und gut sind und alles recht machen. Er liebt uns auch dann, wenn wir Mist gemacht haben. Nicht alles, was wir tun, findet Gott gut, ganz gewiss nicht. Aber uns selbst hat er lieb. Er unterscheidet uns von unserem Tun. Wir sind ihm wichtig. Und er will, dass unser Leben gelingt. Er lockt uns, dass wir vielleicht doch ganz anders sein können. Er überrascht uns mit neuen Möglichkeiten.

Gott ist da, wenn Menschen auf einmal erkennen und sagen, was wirklich wichtig ist. Gott ist da und weckt den Mut des Sohnes dort ganz unten im Schweinestall. Gott ist da und rührt das Herz des Vaters an, als er seinen Sohn kommen sieht. Gott ist da und lockt den Älteren, sich von der Freude des Vaters anstecken zu lassen. Gott wohnt in der Freude. Feiern wir ihn. Nun danket alle Gott. Amen

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