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Predigt Lev 19 (Versauswahl) Andreas Hansen

Was steht im Gesetz?, fragt Jesus zurück, und als Antwort zitiert der Gelehrte zwei Verse aus der Schrift (Evangelium Lk 10,25-37)– einer davon steht in unserem Predigttext: Verse aus dem Kapitel 3.Mose 19:
Der Herr sprach mit Mose und forderte ihn auf, mit den Israeliten zu reden und ihnen auszurich-ten: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig. Ich bin der Herr, euer Gott.
Jeder soll seinen Eltern mit Ehrfurcht begegnen, seiner Mutter und seinem Vater. Außerdem sollt ihr den Sabbat einhalten. Ich bin der Herr, euer Gott.
Du sollst deinen Nächsten nicht unterdrücken und ihn nicht ausbeuten. Den Lohn des Tagelöhners sollst du gleich ausbezahlen. Du sollst ihn nicht bis zum nächsten Morgen behalten.
Du sollst Tauben nicht mit Worten schaden. Du sollst Blinden kein Hindernis in den Weg legen. Und du sollst Ehrfurcht haben vor deinem Gott.
Ich bin der Herr.
Bei Gericht soll es nicht ungerecht zugehen: Du sollst den Bedürftigen nicht bevorzugen, aber auch den Mächtigen nicht begünstigen. Stattdessen soll es gerecht zugehen, wenn du für deinen Nächsten Recht sprichst.
In deinem Herzen soll es keinen Platz für Hass geben: Hasse deinen Bruder und deine Schwester nicht! Stattdessen sollst du mit deinem Nächsten reden und ihn auf sein Verhalten ansprechen. So wirst du dich seinetwegen nicht mit Sünde belasten. Du sollst dich nicht rächen und deinen Brüdern und Schwestern nichts nachtragen. Stattdessen sollst du deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr.
Wenn ihr in eurem Land seid und ein Fremder bei euch lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. Wie einen Einheimischen sollt ihr den Fremden ansehen, der bei euch lebt. Du sollst ihn lieben wie dich selbst. Denn im Land Ägypten seid auch ihr Fremde gewesen. Ich bin der Herr, euer Gott.

Jesus verweist auf das Gesetz, auf die Thora, als ihn der Gelehrte nach dem Weg zum Leben fragt.
Natürlich verweist Jesus auf die Thora, wie jeder fromme Jude. Seine Bergpredigt und vieles, was er sagt, ist Auslegung der Gebote Gottes.
Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist, sagt Jesus. Klingt das nicht ganz ähnlich?
Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.
Heilig ist nicht irgendwie erhaben und selig lächelnd der Welt entrückt. Heilig ist nicht unberührt und rein. Heilig sollen wir sein mitten in unserem Alltag, mittendrin in Arbeit und Schmutz, Herausforderungen und Konflikten. Dabei sind wir ja nicht vollkommen oder heilig, wir sind schon gar nicht wie Gott, aber Gott öffnet uns in unserem Alltag Türen, dass wir etwas von seiner Heiligkeit erfahren und wiedergeben.
Ihr sollt heilig sein, und gleich danach: ehrt eure Eltern – wie passt das zusammen? Es geht um Achtung und Fürsorge für die Eltern. Lasst die Alten nicht im Stich! Kümmert euch um sie! Das kann sehr unangenehm und mühsam sein, wenn sie gebrechlich sind, stur, schrullig, wenn sie sich nicht pflegen können, wenn sie sogar böse sind. So geht Heiligsein: die Mühe auf sich nehmen, für andere da sein.
Es folgen weitere Gebote, die Bedürftige im Blick haben. Tagelöhner, bei uns die Working Poor, die arbeiten und doch Stütze brauchen, oder die Erntearbeiter, deren Lohn gedrückt wird – wie schaffen wir für alle gerechten Lohn?
Taube und Blinde werden genannt – haben wir die Nöte der Menschen mit Behinderung im Blick? Arme vor Gericht – wie schwer tun sich manche allein damit, ein Schreiben vom Amt zu verstehen. Sozial Schwache haben es schwerer Recht zu bekommen. Ihr sollt heilig sein – und dann geht es sehr konkret darum, sich für die Benachteiligten und Bedürftigen einzusetzen. Das klingt nach viel vergeblicher Mühe und Frust, aber das Gebot ist auch eine Ermutigung: Was Gott euch zumutet, könnt ihr auch. Dort, wo ihr seid, kann es heller werden. Gerade für uns Evangelische haben die Gebote oft einen negativen Klang, als wollte sich jemand durch gute Werke einen Weg zu Gott sichern. Es ist umgekehrt: Gott öffnet uns die Tür. Den ersten Schritt macht Gott, wir können folgen. Der heilige Gott kümmert sich um die Tagelöhner, um die Leute im Dunkeln und um uns. Trotz unserer Trägheit und unserem Egoismus öffnet Gott uns die Tür.
Das zentrale Gebot das wir alle kennen und eher mit Jesus und dem Neuen Testament verbinden, steht zuerst hier, im 3. Buch Mose: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! Das klingt, so für sich genommen, eher allgemein und unkonkret, wie: Ihr sollt heilig sein. Der Zusammenhang zeigt, es geht um konkrete Konflikte: Du sollst dich nicht rächen und deinen Brüdern und Schwestern nichts nachtragen. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! Jesus zitiert das, wenn es um Feinde geht.
Liebe ist hier nicht ein Gefühl, wie Zuneigung – Gefühle kann man ja auch gar nicht gebieten oder verbieten. Liebe heißt hier: Vertrauen schaffen, wo uns Konflikte trennen, ansprechen, was schwierig ist, um es zu überwinden, versuchen zu verstehen – Liebe will überwinden, was uns trennt, will Brücken bauen, Konflikte aushalten – Liebe will den anderen niemals verletzen, sie achtet ihn.
Wir leben in einer Zeit, in der die Gegensätze immer härter und unversöhnlicher werden. Viele Risse gehen durch unsere Gesellschaft. Kriege erschüttern die Welt. Gegensätzliche Interessen werden mit allen Mitteln ausgefochten.
Und dann gibt es überhaupt keine Basis mehr, miteinander zu reden. „Gehörst du zu denen oder zu uns?“ Ein Stichwort genügt, und schon ist man in einer Schublade. Politikerinnen und Politiker erfahren erbitterte Feindschaft und etliche sogar Gewalt.
So können wir nicht weitermachen. So zerstören wir die Gemeinschaft und die Menschlichkeit, auch die Freiheit, die uns alle trägt.
Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! Liebe gerade deinen Feind! Das ist nicht eine Spinnerei von Gutmenschen, sondern Gottes Gebot
Wir brauchen es zum Überleben.
Einen Hinweis bekommen wir, wenn es um die Fremden geht, denn da heißt es nochmal: Du sollst ihn lieben wie dich selbst.
Unsere geläufige Übersetzung ist mangelhaft. Wörtlich steht da: Du sollst ihn lieben, wie du. Nicht „wie dich selbst“, sondern „er ist wie du“. Dein Mitmensch, dein Gegner, dein Konkurrent, dein Feind ist wie du. Wie du selbst ist er oder sie angewiesen auf Verständnis, Achtung, Fürsorge. Die Fremden soll Israel gut behandeln, weil sie selbst die Not der Fremden kennen und sehr wohl wissen, wie schwer es ist, fremd zu sein und auf das Wohlwollen der anderen angewiesen.
Liebe deinen Nächsten – er ist wie du!
Nimm den anderen an! Achte ihn! Sieh ihn oder sie als deinen Mitmenschen, bedürftig wie du selbst! Nächstenliebe ist kein Gefühl.
Sie verlangt eine Entscheidung von uns.
Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.
Gott hat für uns entschieden.
Gott will uns lieben, uns in unserer Bedürftigkeit sehen, uns sogar vergeben.
Gott öffnet uns die Tür, dass die Welt durch uns heller wird.
So viel traut Gott uns zu.
Amen

Predigt Lk 13,10-17 Andreas Hansen

Mit einem festlichen, fröhlichen Mahl beginnt der Sabbat am Freitagabend zuhause in den Familien. Die Mutter zündet die Kerzen an und der Vater spricht den Segen. Man trinkt Wein, lobt Gott und feiert. Gott hat die Welt erschaffen. Gott hat sein Volk aus der Sklaverei befreit. Daran erinnern sie sich und feiern, als wäre schon alles Sehnen erfüllt. Die Gebote des Sabbats sind alles andere als bittere, drückende Pflichten.
Am Morgen geht es dann in die Synagoge.
Lk 13,10-17:
Als Jesus einmal am Sabbat in einer der Synagogen lehrte, war dort eine Frau.
Seit achtzehn Jahren wurde sie von einem Geist geplagt, der sie krank machte. Sie war verkrümmt
und konnte sich nicht mehr gerade aufrichten.
Als Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sagte zu ihr: »Frau, du bist von deiner Krankheit befreit!«
Und er legte ihr die Hände auf.
Sofort richtete sie sich auf und lobte Gott.
Aber der Leiter der Synagoge ärgerte sich darüber, dass Jesus die Frau an einem Sabbat heilte. Deshalb sagte er zu der Volksmenge:
»Es gibt sechs Tage, die zum Arbeiten da sind.
Also kommt an einem dieser Tage, um euch heilen zu lassen – und nicht am Sabbat!«
Doch der Herr sagte zu ihm: »Ihr Scheinheiligen!
Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Futterkrippe los und führt ihn zur Tränke? Aber diese Frau hier, die doch eine Tochter Abrahams ist, hielt der Satan gefesselt – volle achtzehn Jahre lang! Und sie darf am Sabbat nicht von dieser Fessel befreit werden?«
Als Jesus das sagte, schämten sich alle seine Gegner. Doch die ganze Volksmenge freute sich
über die wunderbaren Taten, die Jesus vollbrachte.

Achtzehn Jahre schon ist sie so kraftlos – sie wird immer krummer, sieht nur auf den Boden vor sich. Den Menschen gerade in die Augen sehen, die Arme erheben, unmöglich. Und jeder sieht ihr an, dass sie krank ist. Die meisten meiden sie, aus Furcht selbst krank zu werden, aus Ekel vor der Verkrüppelten, aus Misstrauen – was hat sie wohl angestellt, dass sie so geplagt ist? – Achtzehn Jahre geht es ihr schon so, endlos, hoffnungslos. Immer wieder hat sie sich gefragt, warum. Sie hat keine Antwort.
Sie kommt noch in die Synagoge, aber sie bleibt ganz hinten. Den anderen weicht sie aus und sie wird kaum beachtet. Feiern kann sie ja doch nicht. Heute ist ein fremder Prediger da. Nach der Lesung warten alle, was er wohl zu sagen hat.
Aber Jesus sieht die Frau da hinten in ihrer Ecke. Er sieht, wie es ihr geht. Und – was ist das? – er spricht sie an, ruft sie nach vorne. Sie ist völlig überrascht. „Das geht doch nicht. Ich soll in den Bereich der Männer gehen? Dorthin, wo alle meinen elenden Zustand sehen?“ Aber sie wagt es und steht so krumm, wie sie ist, vor ihm. „Du bist losgelöst von deiner Krankheit, bist frei.“ Er berührt sie, und sie spürt eine Kraft, die sie aufrichtet, aufrichtet. Da steht sie, aufrecht, wie alle anderen und kann es kaum fassen, sieht ihm ins Gesicht – er lacht sie an – sieht in die staunenden Gesichter der Männer um sie herum, und beginnt zu jubeln: „Gepriesen sei Gott!“

Das muss doch nicht gerade heute am Sabbat sein! Der Vorsteher der Synagoge ärgert sich.
Ihn stört die Frau hier vorne. Sie soll da hinten bei den Frauen bleiben und nicht den Sabbat verderben. Das gehört sich nicht. Dieser Jesus kümmert sich offenbar nicht um Gottes Gebot und um unsere Ordnung. So geht´s nicht! Er wendet sich an die Leute: „Sechs Tage sind zum Arbeiten da. Da könnt ihr mit euren Anliegen kommen, aber nicht an Gottes heiligem Sabbat!“
„Heuchler! Scheinheilige!“ Jesus hebt den Sabbat und seine Gebote nicht auf. Er bringt die Freude des Sabbats zum Leuchten: Ein Fest der Befreiung für Menschen, die gebunden sind, so wie Gott sein Volk befreit hat. Alle Kinder Abrahams sollen den Schöpfer preisen.
Darum hat Gott den Sabbat geschenkt. Jesus argumentiert wie ein Pharisäer, indem er vom Kleinen auf das Größere schließt: „wenn ihr schon am Sabbat eure Tiere losbindet und zur Tränke führt, sollte da nicht vielmehr diese Tochter Abrahams von den Fesseln des Satans gelöst werden?“ Die Kritiker müssen ihm beschämt recht geben und die Leute freuen sich über seine Tat.

Lukas erzählt eine Geschichte mit vielen Facetten.
Eine Frauen-Geschichte:
Frauen wurden und werden bis heute übersehen und nicht ernst genommen. Frauen gehören in die zweite Reihe. Ganz öffentlich macht sich Donald Trump über Frauen lustig. Frauenfeindlichkeit, Gewalt gegen Frauen, ungerechte Behandlung von Frauen – all das ist leider auch in unserer Gesellschaft Thema. Dass Jesus sich der kranken Frau zuwendet und sie und ihr Leiden in den Mittelpunkt stellt, ist für viele damals undenkbar. Sie gehört für ihn gleichwertig in den Sabbatgottesdienst – mit allen Frauen und Männern soll sie Gott preisen und sich freuen. Er nennt sie eine Tochter Abrahams und stellt sie damit auf eine Ebene mit Abrahams Sohn Isaak – einmalig ist diese Formulierung im Neuen Testament und sie zeigt, wie Jesus Frauen achtet.

Eine Heilungsgeschichte:
Krankheit kann Menschen verkrümmen. Es ist schwer, mit Schmerzen zu leben. Seelisches wie körperliches Leiden kann einsam und verbittert machen. „Womit habe ich das verdient?“ Aber die Frage führt in eine Sackgasse. Lukas schreibt von einem Geist der Schwäche, der die Frau beugt. Jesus redet sogar davon, dass Satan sie gefesselt hat. Achtzehn Jahre muss sie damit leben.
Wir haben oft einfach keine Erklärung und müssen lernen mit Krankheit oder Behinderung zu leben und nicht zu resignieren.
Jesus heilt Menschen und zeigt damit: Gott ist auf der Seite des Lebens. Gott sieht unsere Not. Jesus zieht die Kranke in die Mitte der Gemeinschaft. Kein Kranker soll isoliert und abgeschoben werden. Allen sollen wir möglich machen, dass wir miteinander leben und feiern.
Jesus heilt die Frau und zeigt, wie Gott es mit uns allen meint. Alle sollen und werden Gottes Heil erfahren.

Eine Geschichte von Freiheit:
Jesus setzt sich hinweg über die Tradition und stößt die Vertreter der Ordnung vor den Kopf. Jesus hat nichts gegen die Tradition oder gar gegen die Thora, Gottes Gebot. Für ihn hat nur das Heil dieser Frau Vorfahrt, ganz im Sinn der Thora. Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat. (Mk 2,27) Jetzt kann sie ja endlich befreit mitfeiern und Gott preisen.
Der Synagogenvorsteher ist dagegen für ein Halten der Ordnung, koste es, was es wolle – menschliche Vernunft hat nichts gegen Gottes Gebot zu sagen. Er ist erstarrt im Gehorsam um jeden Preis. Solchen erstarrten Glauben gibt es in fast allen Religionen, bei Juden wie Christen und Muslimen. Fundamentalisten nennt man sie. Sie berufen sich auf die Schrift und geben vor, die reine Wahrheit und die Tradition zu verteidigen. Aber sie machen aus dem Glauben ein enges Korsett von Regeln, die ihren Vorstellungen entsprechen. Gott will freie Menschen. Darum muss Jesus diesem Synagogenvorsteher entschieden entgegentreten.

So feiern sie den Sabbat.
So feiern wir den Tag Gottes.
Jesus lädt ein zum Fest der Freude über Gott.
Er löst die Frau aus dem, was sie verkrümmt.
Er nimmt nicht hin, dass der Satan, das Böse
sie gefangen hält.
Er schenkt ihr und uns den Segen der Kinder Abrahams und die Freiheit der Kinder Gottes.
Amen

Predigt zu Jes 2,1-5 Andreas Hansen 21.7.24

So viel Glauben und Hoffnung richtet sich auf Jerusalem, auf den Zion. Hier war der Tempel, die geistliche Mitte des Volkes Gottes. Hier, an den Resten der Tempelmauer beten Juden noch heute voll Inbrunst. Oben, auf dem Tempelberg steht eines der wichtigsten Heiligtümer der Muslime und nicht weit davon ist auch der Ort, wo Jesus am Kreuz starb und die Grabeskirche. Ein Ort, aufgeladen mit Bedeutung, ein Ort, um den es Kriege und Kreuzzüge gab und gibt.

Hören wir, welche Hoffnung Jesaja mit dem Zion und mit Jerusalem verbindet: Jes 2
In einer Vision sah Jesaja, der Sohn des Amoz, wie es Juda und Jerusalem ergehen wird: Es werden Tage kommen, da steht der Berg mit dem Haus des Herrn felsenfest. Er ist der höchste Berg und überragt alle Hügel. Dann werden alle Völker zu ihm strömen. Viele Völker machen sich auf den Weg und sagen: »Auf, lasst uns hinaufziehen zum Berg des Herrn, zum Haus, in dem der Gott Jakobs wohnt! Er soll uns seine Wege lehren. Dann können wir seinen Pfaden folgen.« Denn von Zion her kommt Weisung, das Wort des Herrn geht von Jerusalem aus. Er sorgt für Recht unter den Völkern. Er schlichtet Streit zwischen mächtigen Staaten. Dann werden sie Pflugscha-ren schmieden aus den Klingen ihrer Schwerter. Und sie werden Winzermesser herstellen aus den Eisenspitzen ihrer Lanzen. Dann wird es kein einziges Volk mehr geben, das sein Schwert gegen ein anderes richtet. Niemand wird mehr für den Krieg ausgebildet. Auf, ihr Nachkommen Jakobs, lasst uns schon jetzt im Licht des Herrn leben!

Was für eine Hoffnung! Der Krieg wird verlernt, weil alle nur noch Frieden lernen, weil alle zu Gott kommen und seiner gerechten Weisung folgen. Was für eine wunderbare Hoffnung!
Aber ist das wahr? Dürfen wir so hoffen, oder machen wir uns etwas vor? Streit und Krieg überall in der Welt. Kriege in Syrien, im Sudan, im Jemen, in der Ukraine – es hört nicht auf. Krieg auch in Israel, dem Land der Heiligen Schrift. Seit Putins Überfall auf die Ukraine denken auch friedensbewegte Menschen hierzulande um. Sie befürworten die Unterstützung der Ukraine mit Waffen, Aufrüstung, mehr Waffen, mehr Soldaten auch bei uns.
In unserer Kirche und in unserer Gemeinde stehen zwei Positionen unvereinbar einander gegenüber. Die einen sagen: Jesajas Worte sind ein Auftrag an die Menschen, alle Waffen niederzulegen. Wenn wir Jesus folgen, dürfen wir uns nicht mit Gewalt wehren. Lieber lassen wir uns Unrecht antun, als selbst Unrecht zu begehen.
Die anderen sagen, und zu ihnen tendiere auch ich: Wir dürfen nicht Unrecht und Gewalt geschehen lassen. Wir müssen die Ukraine auch mit Waffen unterstützen. Und wir müssen uns selbst, unser Land, Demokratie, Recht und Freiheit schützen. Um des Friedens willen müssen wir jetzt „kriegstüchtig“ werden, wie Pistorius sagt. Das ist schlimm und gefährlich und doch nötig.
Wie sind dann Jesajas Worte zu verstehen?

Es werden Tage kommen, da steht der Berg mit dem Haus des Herrn felsenfest. Ausgerechnet Jerusalem! Die Stadt war immer wieder und sie ist auch heute umstritten und hart umkämpft.
Wer die Hebräische Bibel aufschlägt, findet Jesaja direkt nach den Königsbüchern. Am Schluss von 2. Könige steht die Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch die Babylonier 586 vor Chr. Dann folgt Jesaja wie eine Antwort von Gott auf Krieg und Verwüstung. Jesaja setzt mit heftiger Kritik an Unrecht und Abwendung von Gott ein. Wie konnte die treue Stadt nur zur Hure werden? (1,21) und die Mächtigen beschimpft er als Sodom und Gomorra (1,10).
Aber dann folgt die Verheißung für Zion. Viele Völker machen sich auf den Weg und sagen: „Auf, lasst uns hinaufziehen zum Berg des Herrn.“ Da suchen und finden sie Gottes Thora, seine Gerechtigkeit und seinen Frieden. Trotz allem, was Jesaja anklagen muss, verkündet er Gottes Heil. Obwohl die Stadt und der Tempel in Trümmern liegen, ist sie der Ort der Hoffnung. Krieg und Gewalt behalten nicht das letzte Wort.
Nach der Katastrophe des 2. Weltkrieges waren sich viele einig: das wollen wir nie wieder, und sie gründeten die UNO. Man muss beklagen, wie schwach und blockiert die Vereinten Nationen heute sind. Aber es gibt keine Alternative dazu, dass sich alle Völker verständigen und miteinan-der zur Lösung der Probleme unseres Planeten wirken. Es muss und wird eine Verständigung geben unter denen, die heute Feinde sind.
Es wird eine Zeit nach dem Krieg kommen.
Es werden Tage kommen – wann, so fragen wir.
Wann endlich wird das Zerstören und der Hass, die Lügen und die Feindschaft aufhören?
Jesaja sagt uns Gottes Wort: Es werden Tage kommen – vertraut darauf! Mitten in einer Welt voll Krieg feiern wir schon jetzt den Frieden Gottes und wir hören nicht auf um Frieden zu beten.
Und wenn wir jetzt Waffen schmieden und auch einsetzen, dann wissen wir, dass wir uns schuldig machen und dass es nicht dabei bleiben kann. Es muss und wird eine Zeit nach den Waffen geben. Keine und keiner kann sich jetzt heraushalten und frei von Schuld bleiben. Keine und keiner wird dem Anspruch Gottes gerecht. Und doch verheißt uns Gott Frieden – wunderbar!

In Jesajas Worten höre ich auch, wie eng Frieden und Gerechtigkeit zusammenhängen. Die Völker kommen zum Zion, weil das Wort des Herrn von Jerusalem ausgeht. Frieden wird es geben, wenn wir auf Gott hören, wenn wir Gott achten und jeden Mitmenschen und auch Gottes Schöpfung achten. Wir sind dann schnell dabei, auf andere zu zeigen: „Die Mächtigen, die Kriegstreiber, die großen Umweltsünder, ich doch nicht!“ Und wir sind schnell dabei, es uns bequem zu machen: „Was können wir schon tun! Es wird doch alles immer schlimmer!“
Jesaja aber rüttelt an unserer bequemen Selbstgerechtigkeit und auch an der bequemen Resignation. Auf, lasst uns schon jetzt im Licht des Herrn leben! Wie die Völker einander zurufen: Auf, gehen wir zum Berg Gottes!, wann immer das sein wird, die kommenden Tage, so drängt uns Jesaja schon jetzt: Auf! Bleibt nicht sitzen in eurer Klage! Bleibt nicht stehen in eurem Unrecht! Auf, kehrt um zum Gott des Friedens und der Gerechtigkeit! Lebt schon jetzt in seinem Licht!
Amen

Gottesdienst zur Vernissage der Kunstausstellung mit Predigt 2.Kor 4,6-10 Andreas Hansen

Orgelvorspiel
Lied 390 Erneure mich, o ewigs Licht
Votum
Gruß
Der 2.Sonntag nach Ostern heißt traditionell Sonntag vom guten Hirten. Wir haben in Kenzingen noch eine andere Tradition und eröffnen an diesem Sonntag die Kunst-Ausstellung. Willkommen zu diesem besonderen Gottesdienst, besonders Ihnen, Herr Mauthe.
Wir beten Psalm 80 … nach dem Psalm singen wir aus dem blauen Liederbuch Nr 59 Im Dunkel unsrer Nacht

Ps 80, Übertragung Huub Osterhuis, KV: Gem

Hirte der ganzen Erde, höre.
Du, der du uns beisammenhältst und anführst,
erschein uns, sei unser Sichtbarer.
Lass unsere Augen deine Herrlichkeit sehen.
Fahr fort, uns zu befreien.

Lass dies nun der Wendepunkt sein:
dass wir suchen deine Augen,
dass du suchst unser Gesicht.

Du von Legionen Engeln:
Wendest du dich ab, beleidigt,
versteckst du dich in Wolken und Nebel?

Tränenbrot habe ich gegessen,
Tränenbecher getrunken.

Feinde lachen uns aus.
Die Nachbarn haben genug davon.

Lass dies nun der Wendepunkt sein:
dass wir suchen deine Augen,
dass du suchst unser Gesicht.

Da war in Ägypten ein Weinstock.
Den hast du ausgegraben
mit eigner Hand.
Andere Völker hast du vertrieben,
um ihn zu pflanzen, hier.
Du hast für ihn den Boden gelockert,
dass er wurzeln konnte
und blühen überall hin.
Sein Schatten fällt über die Berge,
seine Ranke umranken die Zedern –
seine Äste ragen zum blauen Meer,
seine Zweige zum großen Fluss.

Warum wurde seine Umzäunung zerstört?
Dass der, der vorbeikommt, in plündert,
wilde Schweine ihn fressen?

Lass dies nun der Wendepunkt sein:
dass wir suchen deine Augen,
dass du suchst unser Gesicht.

Schau nieder vom Himmel und tu was,
dass dein Weinstock erblühe,
der Steckling, den du gepflanzt hast,
den du wie ein Kind gehegt hast.
Mach voran, uns zu befreien.

Lass dies nun der Wendepunkt sein:
dass wir suchen deine Augen,
dass du suchst unser Gesicht.

Liedruf Neue Lieder 59 Im Dunkel unsrer Nacht

Du, Gott, Vater und Mutter.
Wir suchen nach Ermutigung und Trost.
Was wir in der Welt sehen, erschreckt uns,
Gewalt und Unrecht.
Wehre den Unmenschen, die sich nicht kümmern
um das Leid, das sie anrichten.
Wehre uns, wenn wir rücksichtslos
über unsere Mitmenschen
und über deine Schöpfung hinweggehen.
Du, Gott, weichst nicht aus.
Du bist an den düstersten Orten,
im ausweglosen Leid,
bei den Opfern von Gewalt.
Du stirbst am Kreuz, und du lebst.
In dieser Zeit mit all ihren Schrecken
feiern wir dich, du Gott des Lebens.
Amen

Liedruf NL 59

Ich bin wie ein zerbrochenes Gefäß.
Ein Scherbenhaufen, das bin ich!

(Ps 31,13)

„Was fühlen Sie bei dem Bild?“,
so fragten Sie uns, Herr Mauthe, als ich Ihr Bild zum ersten Mal sah – das war am 24. Oktober.
Es war Ihr jüngstes Werk, wenige Tage vor unserem Treffen entstanden – um den 7.10. 2023.
Ich sehe das Bild in unserer Zeit.
Ich sehe abwehrende Hände,
Schutz suchende Hände.
Ich empfinde eine Unruhe, ein Getrieben-Sein,
Angegriffen-Sein, Schmerz, Angst.
Ich sehe Wunden, getrocknetes Blut, Schrecken.

Ich empfinde aber auch Lebendigkeit,
sehe ein lichtes, hoffnungsvolles Gelb,
weiße Zeichen,
die Sinn und Geborgenheit verheißen,
etwas, das sich dem Schrecken entgegenstellt,
Zeichen für einen guten Weg.

Musik

Ich begegne dem Bild jetzt in unserer Kirche
und denke an das Zeichen über unserer Kirchentür, das Wappen des Franziskus, seine Hand und die Hand Christi, seine Annäherung an den leidenden Christus, wie umgekehrt Christus sich ganz auf das Leid der Welt einlässt, ihren Schmerz erträgt
und bei den Leidenden ist.
Vor 365 Jahren haben sie an unserer Kirche gebaut.
Versetzen wir uns in die Zeit damals:

„Steine bringe ich. Steine für Kenzingen. Schwer ist mein Wagen. Jedes Mal habe ich Sorge, ob ich es über die Elz schaffe. Aber es ist gut Steine hierher zu bringen. Steine aus einem Ort, der wüst daliegt – kaum erinnert dort noch etwas an das Leben. Steine von der Kirche in Nidingen für eine neue Kirche in Kenzingen. Völlig verwüstet war auch unsere Stadt bis vor kurzem. Nach dem großen Brand stand kaum noch ein Haus. Fast alle waren tot oder geflohen, vor Hunger, Gewalt und Tod.
Wir fragten: Kann hier je wieder Leben sein?
Wir fragten: Wo ist Gott?
Aber jetzt bringe ich Steine, Steine für die Mönche.
Sie haben einen Baumeister, einen Zimmermann, Mönche auf der Baustelle. Und sie haben einen Plan für eine neue Kirche, einen guten Ort.
Ich habe gesehen, woran der Steinmetz gerade arbeitet, ein Schlussstein für das Eingangsportal.
Das Wappen von Franziskus. Christus ist uns nah in all dem Elend unserer Zeit. Gott ist hier.
Es muss wieder Frieden geben.
Wir werden in Frieden leben.“

Liedruf Neue Lieder 11 Christus, dein Licht

Wir hören 2. Korinther 4, 6-10, Paulus schreibt:
Denn derselbe Gott, der gesagt hat: »Aus der Finsternis soll Licht hervorstrahlen!«, der hat es auch in unseren Herzen hell werden lassen, sodass wir in der Person von Jesus Christus den vollen Glanz von Gottes Herrlichkeit erkennen.
Wir allerdings sind für diesen kostbaren Schatz
wie zerbrechliche Gefäße, denn es soll deutlich werden, dass die alles überragende Kraft,
die in unserem Leben wirksam ist, Gottes Kraft ist und nicht aus uns selbst kommt.
Von allen Seiten dringen Schwierigkeiten auf uns ein, und doch werden wir nicht erdrückt.
Oft wissen wir nicht mehr weiter,
und doch verzweifeln wir nicht.
Wir werden verfolgt und sind doch nicht verlassen; wir werden zu Boden geworfen
und kommen doch nicht um.
Auf Schritt und Tritt erfahren wir am eigenen Leib, was es heißt, am Sterben Jesu teilzuhaben.
Aber gerade auf diese Weise soll auch sichtbar werden, dass wir schon jetzt, in unserem irdischen Dasein, am Leben des auferstandenen Jesus teilhaben.

Ich bin wie ein zerbrochenes Gefäß, klagt die Beterin oder der Beter im Psalm (Ps 31,13).
Paulus hat Verfolgung, Unglück, Krankheit und Leid erfahren. Von allen Seiten dringen Schwierig-
keiten auf uns ein. Wir werden zu Boden gewor-fen. Erst im Rückblick kann er sehen, dass es doch weiterging, als er nicht mehr weiterwusste. Im Dunkel seiner Nacht begegnet er Jesus, der das Dunkel teilt. Ich bin wie ein zerbrochenes Gefäß und sehe auf den zerschlagenen Herrn am Kreuz. Wir wollen das Dunkel und die Menschen im Dunkel wahrnehmen, nicht vertrösten, nicht vertuschen. Wir wollen und sollen wach sein und sehen, was in unserer Zeit geschieht. Klage, Ungeduld, Enttäuschung, Wut – nichts muss verschwiegen werden. Gott hat unser Dunkel geteilt. Trotz Krieg und obwohl viele die Hoffnung auf Versöhnung verlieren, beten und bitten wir weiter um Frieden.
Wir hoffen: es bleibt nicht finster.
Im Dunkel unsrer Nacht entzündet Gott das Feuer.
Gott, der Schöpfer, hat gesagt: Licht soll aufstrahlen. Er lässt es in unseren Herzen hell werden. Wir erkennen seine Herrlichkeit in Jesus Christus. Wir allerdings sind für diesen kostbaren Schatz wie zerbrechliche Gefäße

Ein Schatz in irdenen Gefäßen, eine große Spannung. Wir erschrecken über unsere Grenzen und halten uns doch an der Hoffnung fest.
Wir sind frustriert, aber wir resignieren nicht.
Wir sind angegriffen, aber wir spüren, dass Gott bei uns ist.
Wir sind erschöpft und bekommen doch Kraft.
Paulus spricht von einer Kraft, die sogar den Tod überwindet. In ihm ist eine große, mächtige Kraft – er beherrscht sie nicht, aber sie erhält ihn.
Mitten in Misserfolg und Scheitern gibt Gott die Kraft nicht aufzugeben, einen neuen Versuch zu wagen.
Mitten in verletzenden Angriffen gibt Gott die Kraft einen friedlichen Weg zu suchen.
Mitten in Krankheit und Leid gibt Gott die
Kraft zu vertrauen und einander liebevoll beizustehen.
Mitten im Sterben und Trauer schenkt Gott
uns die Hoffnung auf Leben.
Gerade dann ist Jesus ganz nah bei uns.

Das leuchtende helle Gelb auf Ihrem Bild ist für mich ein Hoffnungszeichen. Gott lässt es in unseren Herzen hell werden – trotz allem.
Keine Macht der Welt kann uns trennen von der Liebe Gottes. Und so lese ich auch die weißen Zeichen – sie verbergen das Dunkle nicht, aber erscheinen wie ein guter hoffnungsvoller Plan.
Wir sind verbunden mit Jesus am Ostermorgen.
Er trägt noch die Wundmale, aber er lebt und wir sollen leben.
Amen

EG 410 Christus, das Licht der Welt

Sie konnten wieder aufbauen, was so verwüstet war,
dass niemand sich einen Neuanfang vorstellen konnte.
Du hast Menschen die Kraft dazu gegeben, Gott,
nach Krieg und Zerstörung neues Leben,
nach furchtbarer Gewalt dennoch Versöhnung,
nach besinnungslosem Hass dennoch Frieden.
Darauf warten und hoffen wir auch jetzt
für Israel, für die Geiseln und ihre Angehörigen,
für die Menschen in Gaza,
für die Ukraine,
für den Sudan.
Bringe Licht in unsere Dunkelheit,
Hilfe für die Menschen in Not und Elend.
Wehre den Gewalttätern,
stärke die, die sich für Frieden einsetzen.

Wir bitten dich für die Menschen, die sich fühlen wie zerbrochen. Hilf ihnen wieder auf, schenk ihnen Hoffnung und Mut und die Gewissheit: Du bist bei uns.

Wir bitten für unsere Kranken,
für die, die gerade Schweres zu verkraften haben,
für die Überforderten und für die Verzweifelten.
Wir bitten für unsere Kinder und Enkel, für unsere Konfis in den letzten Wochen vor der Konfirmation, für die Kinder in Kindergarten und Schule.
Wir bitten für unsere Eltern und Großeltern, für die Alten,
für die, die spüren, wie ihre Kräfte abnehmen, für die, die allein sind.

Wir bitten dich für unsere Gemeinde und deine Kirche, dass wir dein Licht bezeugen, dass Menschen hier Gemeinschaft und Hoffnung erfahren.
Bewahre uns, du Gott des Lebens.

Vaterunser

EG 564, 1+2 Christus ist auferstanden

Segen
Orgelnachspiel

Predigt über Mk 4,26-29 und Gottesdienst am 4.2.24

EG 197 Herr, öffne mir die Herzenstür
Votum
Gruß

Gott, dein Wort ist eine Leuchte für meinen Fuß
und ein helles Licht auf meinem Lebensweg.

Neue Lieder 147 Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht

Du treuer Gott, auf dich ist Verlass.
Niemals machst du leere Versprechen.
Dein Wort gibt uns Trost und Gewissheit.
Du sprichst uns an.
Du zeigst uns den Weg.
Mach uns bereit auf dich zu hören.

Du weißt, wie oft wir abgelenkt sind.
Vieles dringt auf uns ein.
Viele Stimmen verlangen Gehör.
Der Lärm in uns ist groß.
Mach uns bereit dir von Herzen zu vertrauen.
Du kennst unsere Sorgen, Probleme lassen uns nicht los, wir kreisen um uns selbst.
Gib uns Weisheit für das, was wirklich zählt.
Hilf uns gerecht und gut zu leben.
Sei bei uns Gott, in deinem Geist.
Mach uns bereit deinem Gebot zu folgen.

Gott, dein Wort ist eine Leuchte für meinen Fuß
und ein helles Licht auf meinem Lebensweg.

NL 147 Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht

Lesung Jesaja 55,6-11:
Sucht den Herrn, jetzt ist er zu finden!
Ruft zu ihm, jetzt ist er nahe!
Der Frevler soll seinen Lebensweg ändern!
Wer Böses im Sinn hat, soll seine Pläne ändern
und zum Herrn, unserem Gott zurückkehren!
Der wird Erbarmen mit ihm haben
und ihm reichlich Vergebung schenken.
So lautet der Ausspruch des Herrn:
Meine Pläne sind anders als eure Pläne
und meine Wege anders als eure Wege.
Wie weit entfernt ist doch der Himmel von der Erde!
So fern sind meine Wege von euren Wegen
und meine Pläne von euren Plänen.
Regen oder Schnee fällt vom Himmel und kehrt nicht dahin zurück, ohne die Erde zu befeuchten. So lässt er die Pflanzen keimen und wachsen. Er versorgt den Sämann mit Samen und die Menschen mit Brot.
So ist es auch mit dem Wort, das von mir ausgeht:
Es kehrt nicht wirkungslos zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will. Was ich ihm aufgetragen habe, gelingt ihm.

Dank sei dir, Gott, für das Wort des Lebens. Amen

Credo 022

NL 158 Ich sage ja

Wenn Jesus erzählt, hören die Leute gespannt zu. So muss es gewesen sein. In Scharen kommen die Menschen um Jesus zu hören.
Sie vergessen alles, wenn er erzählt. Sie sehen Bilder vor sich, Bilder vom Reich Gottes, vom Himmel. Hören Sie! Sehen Sie! Markus 4,26-29:

Danach sagte Jesus: »Mit dem Reich Gottes ist es wie bei einem Bauern. Er streut die Körner auf das Land, dann legt er sich schlafen und steht wieder auf – tagaus, tagein. Die Saat geht auf und wächst – aber der Bauer weiß nicht, wie das geschieht. Ganz von selbst bringt die Erde die Frucht hervor. Zuerst den Halm, dann die Ähre und zuletzt den reifen Weizen in der Ähre. Wenn das Getreide reif ist, schickt er sofort die Erntearbeiter los, denn die Erntezeit ist da.«

Zuerst sehe ich ein Weizenfeld vor mir, volle reife Ähren. Dort, wo vorher kahle, gepflügte Felder waren mit groben, schweren Erdklumpen, da wogt jetzt ein Weizenfeld und leuchtet in der Sonne. Die meisten können sich damals nur Gerstenbrot leisten. Weizenbrot ist Luxus.
Gottes Reich ist schön wie Weizen, ein Fest.

Dann fällt mir ein Bilderbuch ein. Meine Tochter hat wie ich ein Faible für Bilderbücher. Dieses Buch hat sie gefunden und mir geschenkt. „Die große Frage“ von Wolf Erlbruch. Die Frage lautet: „Warum bin ich auf der Welt?“. Ich muss bei dem, was Jesus erzählt, gleich an dieses Bild denken: „sagt der Gärtner: Um Geduld zu haben, bist du auf der Welt.“ Ist er nicht herrlich, der Gärtner, wie er sich auf seine Schaufel stützt, sich vielleicht einfach die Sonne auf den Rücken scheinen lässt und ganz entspannt wartet.

Ohne Zutun des Bauern geht die Saat auf und wächst – automatä steht da im griechischen Text, von selbst. Von selbst wächst das Reich Gottes.
Der schlafende Bauer ist provozierend, schon damals, heute umso mehr, wenn Bauern über 14-Stunden-Tage und 7-Tage-Wochen reden. Kommt es wirklich von selbst, das Reich Gottes?
Und ein drittes Bild habe ich: Der schlafende Jesus. Wenige Verse nach dem Gleichnis berichtet Markus von dem Jüngern im Sturm. Ihr Boot droht unterzugehen und Jesus schläft hinten im Boot auf einem Kissen. Die Jünger sind in Panik: „Ist es denn die Möglichkeit! Wir gehen unter, und du schläfst!“ Jesus steht auf, ruft in den tobenden Sturm und es wird wie von selbst still. „Habt ihr immer noch keinen Glauben?“
Immer hat sich die Kirche und haben sich Glaubende mit den Jüngern im Sturm identifi-ziert. So geht es uns, wenn die Probleme so riesengroß werden und wir glauben: wir gehen unter. Lässt Gott uns alleine? Hat Jesus es sich hinten im Boot bequem gemacht? Er sagt: „Ich bin bei euch. Vertraut mir! Es ist gut.“

Jesus erzählt vom Reich Gottes. Er ist überzeugt, ganz nah ist das Reich Gottes, der Himmel. Es ist schön, wie das Weizenfeld, wie ein Festmahl, wie Frieden und Gerechtigkeit, wie das Leben selbst. Von selbst geht die Saat auf und wächst und bringt Halm und Ähre hervor und am Ende steht ein herrliches Feld zu Ernte bereit.
Von selbst? Automatisch?
Stimmt ja gar nicht!
Die Bauern wissen genau, was im Boden und im Samenkorn geschieht. Sie analysieren den Boden und schaffen optimale Bedingungen. Sie pflügen, eggen, säen, düngen, bewässern, züchten die richtige Saat, schützen die Pflanzen vor Schädlingen. Dabei folgen sie den Richtlinien von Pflanzen. und Tierschutz, stellen die nötigen Anträge, kümmern sich um die Vermarktung – Von selbst geht da sehr wenig! Der gemütliche Gärtner ist ein Trugbild. Vieles macht den Bauern das Leben schwer. Sie protestieren bei uns und in vielen Ländern Europas gegen die Politik, die sie als bauernfeindlich beklagen. Der Klimawandel erschwert Jahr für Jahr ihre Arbeit. Wie soll das weitergehen?
Und wie den Bauern geht es vielen. Ohne viel Arbeit und Engagement geht es nirgends. IT-Fachleute, Handwerker, Ärztinnen, Lehrerinnen, Erzieherinnen, Pflegende, Polizisten – wo wir auch hinschauen, stehen Menschen unter Druck und haben das Gefühl: es geht nicht weiter.
Außerdem: Die Zeiten sind aufgewühlt. Bei vielen herrscht Krisenstimmung. Sie sehen Verderben und Unheil kommen. Wird sich die gute Saat behaupten gegen die, die Hass schüren und Ängste anfachen?
Jesus begegnet den Endzeitängsten seiner Zeit. Auch damals sind die Sorgen und der Druck riesig. Da spricht Jesus von der Saat, die von selbst wächst. Und da schläft er mitten im Sturm ruhig und voll Vertrauen.
Gottes Reich kommt.
Was Gott sagt, kommt ans Ziel.
Das steht fest für Jesus.
Jesus weiß wohl, der Bauer muss viel tun, bis der Weizen wächst und gedeiht. Er übertreibt mit Absicht: Ihr seid es nicht, die Gottes Reich schaffen. Wenn ihr an den Halmen zieht, wachsen sie nicht besser, sie verwelken.
Aber natürlich sollt ihr Steine wegschaffen, Unkraut hacken, bewässern.
Jesus weckt Hoffnung: „Gottes Reich kommt. Es ist ganz nah.“ Aber zugleich ruft Jesus zu Frieden und Gerechtigkeit: „Glaubt an das Evangelium und kehrt um!“
Die Hoffnung ist zugleich aktiv und passiv.
Vertrauen heißt nicht, die Hände in den Schoß legen und Unrecht einfach geschehen lassen.
Dietrich Bonhoeffer wehrte sich in der Zeit der Diktatur gegen eine vermeintlich fromme Ergebenheit und Passivität. Berühmt ist sein Satz: Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.
Wenn es Zeit ist, schickt der Bauer sofort die Erntearbeiter, damit das reife Korn nicht verdirbt.
Aktiv und passiv ist die Hoffnung.
Mit ganzem Herzen engagieren sich Menschen in ihrem Beruf, an ihrem Platz, als Bäuerin, als Arzt, in der Politik und wo auch immer. Wir erleben dabei neben viel Frust auch Erfolge und Sinn.
Wir legen die Hände nicht in den Schoß, aber wir wissen auch: Wir haben das Gelingen nicht in der Hand.
Gott sät guten Samen. Gott gibt die Erde, die Schöpfung, das Leben und das gute Ziel.
Was Gott sagt, wird geschehen.
Gottes Reich kommt.
Es ist an uns, zu hören und zu vertrauen.
Amen

NL 190 Schenke mir Gott ein hörendes Herz

Dein Reich komme. Wir nehmen Brot und Wein als Zeichen von dir und wir danken dir, dass dein Reich kommt, auch zu uns. Gib uns Geduld und Zuversicht, gib uns Mut und Geistesgegenwart für dein Reich unter uns.
Dein Reich komme, Herr, Frieden für die geplagte Welt, Hoffnung für alle, die nicht wissen, wie es weitergehen kann, Kraft für die, die unter großem Druck stehen, neuen Mut für die, die enttäuscht und müde sind.
Dein Reich komme auch durch uns, dass wir an unserem Platz erkennen und tun, was nötig ist, dass wir keinen Menschen übersehen und keinen missachten.
Wir danken dir für dein Wort, du unser Gott. Amen

Vaterunser

EG 198 Herr, dein Wort, die edle Gabe

Segen

Lukas 22,31-34.54-62 Predigt und Gottesdienst zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, Andreas Hansen

EG 617,1-3+6 Kommt herbei
Votum
Gruß

„Ruft ihm zu, der uns befreit“ – Gott befreit uns von menschenverachtenden Haltungen. Wir feiern diesen Gottesdienst im Gedenken an die Opfer des National-sozialismus. Noch immer ist unfassbar, was im Namen unseres Volkes und durch zahllose Deutsche geschah. Noch immer ist erschreckend, dass so viele das Unrecht bejaht haben oder gleichgültig blieben.
Mit dem Spruch „Nie wieder ist jetzt“ wird heute gegen Antisemitismus demonstriert, gegen Hass und Gewalt.
Wir gedenken der Opfer damals und wir bitten für heute,
dass wir wach genug sind und das Richtige tun.
Beten wir Psalm 143, einen Bußpsalm:

Herr, erhöre mein Gebet,
vernimm mein Flehen um deiner Treue willen,
erhöre mich um deiner Gerechtigkeit willen,
und geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht;
denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht.
Denn der Feind verfolgt meine Seele
und schlägt mein Leben zu Boden,
er legt mich ins Finstere
wie die, die lange schon tot sind.
Und mein Geist ist in mir geängstet,
mein Herz ist erstarrt in meinem Leibe.
Ich gedenke an die früheren Zeiten;
ich sinne nach über all deine Taten
und spreche von den Werken deiner Hände.
Ich breite meine Hände aus zu dir,
meine Seele dürstet nach dir wie ein dürres Land.
Herr, erhöre mich bald, mein Geist vergeht;
verbirg dein Antlitz nicht vor mir,
dass ich nicht gleich werde denen, die in die Grube fahren.
Lass mich am Morgen hören deine Gnade;
denn ich hoffe auf dich.
Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll;
denn mich verlangt nach dir.
Errette mich, Herr, von meinen Feinden;
zu dir nehme ich meine Zuflucht.

Ehr sei dem Vater ..

»Nie wieder Auschwitz«, haben wir gesagt.
Wir haben es ernst gemeint.
Wir haben uns um angemessenes Erinnern bemüht.
Wir wollten besser sein als unsere Väter und Mütter.
Wir würden nicht wegsehen und schweigen.
Und jetzt?
Kyrie eleison, rufen wir. Gott, hab Erbarmen mit uns.
EG 178.12

Wir sind ratlos angesichts von so viel offenem Hass
auf jüdische Menschen in unserem Land und dem Hass, der sich auf Israel richtet.
Wir haben unterschätzt, welche Mächte und Gewalten am Werk sind, denen wir so wenig entgegensetzen können.
Kyrie eleison, rufen wir. Gott, hab Erbarmen mit uns.
EG 178.12

Gott, du weißt: wir täuschen uns über uns selbst.
Wir wollen die schmerzliche Wahrheit oft nicht sehen.
Wir nehmen Unrecht, das uns nicht selbst betrifft,
nicht ernst genug.
Hilf uns, dass wir umkehren!
Kyrie eleison, rufen wir. Gott, hab Erbarmen mit uns.
EG178.12

Die ihre Missetaten leugnen,
denen wirdʼs nicht gelingen;
die sie bekennen und umkehren,
die werden Barmherzigkeit erlangen.
(Sprüche 28,13)

EG 299,1-3 Aus tiefer Not

Barmherziger Gott.
Das Licht deiner Wahrheit
weckt aus Verzweiflung,
bringt verborgene Schuld an den Tag,
führt zum Widerspruch
gegen Menschenverachtung und Terror.
Breite unter uns
deine heilsame Klarheit aus.
Durch Jesus Christus, deinen Sohn,
der mit dir und dem Heiligen Geist
lebt und regiert in Ewigkeit.
Amen.

Als Lesung hören wir auf Verse aus Psalm 22.
Ein Mensch klagt Gott sein schreckliches Leid.
Auch Jesus hat mit diesen Worten gebetet.

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.
Aber du bist heilig,
der du thronst über den Lobgesängen Israels.
Unsere Väter hofften auf dich;
und da sie hofften, halfst du ihnen heraus.
Zu dir schrien sie und wurden errettet,
sie hofften auf dich und wurden nicht zuschanden.
Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch,
ein Spott der Leute und verachtet vom Volk.
Alle, die mich sehen, verspotten mich,
sperren das Maul auf und schütteln den Kopf:
»Er klage es dem Herrn, der helfe ihm heraus
und rette ihn, hat er Gefallen an ihm.«
Du hast mich aus meiner Mutter Leibe gezogen;
du ließest mich geborgen sein an der Brust meiner Mutter.
Auf dich bin ich geworfen von Mutterleib an,
du bist mein Gott von meiner Mutter Schoß an.
Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe;
denn es ist hier kein Helfer.
…. mein Herz ist in meinem Leibe
wie zerschmolzenes Wachs.
Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe,
und meine Zunge klebt mir am Gaumen,
und du legst mich in des Todes Staub.
… Aber du, Herr, sei nicht ferne;
meine Stärke, eile, mir zu helfen!

Amen

EG 235

Wir Christinnen und Christen können uns nicht neutral verhalten, wenn Menschen ausgegrenzt, verachtet, verfolgt oder Opfer brutaler Gewalt werden. Wir müssen uns an ihre Seite stellen.
In unserer Geschichte haben wir lange geschwie-gen zum Antisemitismus, ja Christen und christliche Theologen haben wesentlich zum Hass gegen Juden beigetragen.
Wir wollen umkehren.
Wir bereuen und bekennen, was geschehen ist. Und wir wehren uns heute gegen jede Form von Antisemitismus und völkischen Nationalismus.
Der Predigttext für den Gedenktag 27. Januar
sind in diesem Jahr Abschnitte in Lukas 22.
Jesus und seine Freunde sitzen zum letzten Mal zusammen. Sie sind in Jerusalem und feiern das Passahfest. Spannung liegt in der Luft: Was kommt jetzt? Was wird Jesus tun? Was wird aus uns? Jesus sagt:
»Simon, Simon! Sieh doch: Der Satan hat sich von Gott erbeten, euch durchzusieben wie den Weizen! Aber ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhört. Wenn du dann wieder zu mir zurückgekehrt bist, sollst du deine Brüder und Schwestern stärken.« Petrus entgegnete Jesus: »Herr! Ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis zu gehen – ja, sogar mit dir zu sterben!« Aber Jesus erwiderte: »Das sage ich dir, Petrus: Noch bevor heute der Hahn kräht, wirst du dreimal abstreiten, dass du mich kennst.«
Später in dieser Nacht geschieht es
Die Männer nahmen Jesus fest, führten ihn ab und brachten ihn in das Haus des Hohepriesters. Petrus folgte in einiger Entfernung. In der Mitte des Hofes brannte ein Feuer, um das sich einige Leute ver-sammelt hatten. Petrus setzte sich mitten unter sie. Ein Dienstmädchen sah Petrus dort im Schein des Feuers sitzen. Sie musterte ihn aufmerksam und sagte: »Der da war auch mit ihm zusammen!« Petrus stritt das ab und sagte: »Ich kenne ihn gar nicht, Frau!« Kurz darauf sah ihn jemand anderes und sagte: »Du gehörst auch zu denen!« Aber Petrus erwiderte: »Mensch, ich doch nicht!« Etwa eine Stunde später behauptete ein anderer: »Ganz bestimmt gehört er zu denen! Er kommt doch auch aus Galiläa.« Aber Petrus stritt es wieder ab: »Mensch, ich weiß überhaupt nicht, wovon du sprichst.« Im selben Moment, während er noch redete, krähte ein Hahn. Der Herr drehte sich um und blickte Petrus an. Da erinnerte sich Petrus an das, was der Herr zu ihm gesagt hatte: »Noch bevor heute der Hahn kräht, wirst du dreimal abstreiten, mich zu kennen.« Und Petrus lief hinaus und weinte bitterlich.

Simon ist zu hundert Prozent sicher, dass er immer zu Jesus halten wird. Schon wenige Stunden später streitet er ab, dass er zu Jesus gehört.
„Ich kenne ihn gar nicht.“ Fast wie von selbst kommen seine Antworten. Simon ist auf einmal ein anderer, von Angst beherrscht.
Dass er dazu fähig ist! Aber wer mag von sich behaupten, dass er unter großem Druck nicht doch seine Überzeugung über Bord wirft? Wer kann sagen: „Das würde mir nie passieren!“?
Ich hoffe, dass wir ein freies Land bleiben, dass wir nie genötigt werden die Wahrheit zu verleugnen, und dass wir nie Angst haben müssen zu sagen, was unsere Meinung ist.
Wer getraut sich heute in Russland die Wahrheit zu sagen? Und viele andere Länder setzen ihre Bürger unter immer mehr Druck. Viele Menschen sind „im Sieb des Satans“. Dies Bild benutzt Jesus. Sie werden geschüttelt und geprüft.

„Was wird aus uns?“, fragen sich die Jünger damals. Petrus weiß ja, dass Jesus in Gefahr ist.
Als Jesus dann verhaftet wird, laufen sie alle weg. Auch Petrus schleicht nur vorsichtig zum Haus des Hohepriesters. Schon beim ersten Verdacht, dass er zu Jesus gehört, leugnet er.
„Was wird aus uns?“, mussten sich Juden in Deutschland spätestens ab 1938 fragen. Ihre Nachbarn wollten nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Beim Friedhof steht der Gedenkstein für die 1940 nach Gurs verschleppten Juden. Die Mitbürger schauten weg, als das Unrecht geschah. Die Kirche hat bis auf wenige Ausnahmen geschwiegen.
Und heute fragen wieder Juden in Deutschland: Was wird aus uns in diesem Land? Müssen Juden heute in Deutschland Angst haben?
Was wird aus Israel? Die Hamas hat das Land so grausam überfallen und schießt weiter mit Raketen. Immer wieder wird Israel zum Beenden des Krieges aufgefordert, ohne zu erwähnen, dass die Hamas Israel auslöschen will und die Bevölkerung Gazas als Schutzschild benutzt. Der Krieg muss enden. Israel und Palästina, beide brauchen Sicherheit.
Die falsche Politik Israels ist kein Grund Juden anzugreifen.

Auf vielen Kirchtürmen erinnert der Hahn an Petrus. Wir haben keinen Grund selbstsicher zu verkünden: „Das wird uns nie passieren!“ Wir wollen unser Bestes versuchen und hoffen, dass wir, wenn es darauf ankommt, die Wahrheit sagen.
Wie Petrus hat die Kirche ihren Herrn verleugnet, als sie zur Verschleppung und zum Mord an Juden und vielen anderen geschwiegen hat.
In diesen Tagen hören wir von Fällen von sexualisierter Gewalt in unserer Kirche und Diakonie. Wieder hat die Kirche versagt.
Auf allen Ebenen müssen wir wachsamer sein, damit nicht wieder Unrecht geschieht. Wenn doch Menschen Gewalt erleiden, muss unsere Kirche zuerst das Leid der Betroffenen sehen.
Wie Petrus müssen wir die Wahrheit über uns ertragen.
Zum Glück haben die Evangelisten vom Versagen des Petrus erzählt und es nicht verschwiegen. Jesus betet für Simon Petrus, dass sein Glaube nicht aufhört. Jesus wartet auf Petrus, dass er umkehrt.
Als Petrus zum dritten Mal leugnet, dreht Jesus sich um und sieht ihn an. In diesem Moment erkennt Petrus, was er getan hat. Er erschrickt tief über sich selbst. Weinend läuft er davon.
Die Wahrheit schmerzt.
Jesus sieht ihn an. Ihre Blicke treffen sich.
Jesus wird geschlagen und später verurteilt
und gekreuzigt. Petrus rettet seine Haut.
Petrus weiß: Jesus hat sich umgewandt zu mir. Er hat mich angesehen. Jetzt kann ich die Wahrheit über mich ertragen. Ich kann umkehren zu den anderen und ihnen von mir und Jesus erzählen.
Jesus hat Simon Petrus nicht verurteilt
oder fallen gelassen. Jesus wendet sich uns zu.
Gottes Liebe ist größer als unser Herz.
Amen

Neue Lieder 170 Kreuz, auf das ich schaue

Gott, wir denken an die vielen, unfassbar vielen Toten, die im Nationalsozialismus ermordet worden sind.
Wir denken daran, was Verblendung, Hass, Rassismus,
Menschenverachtung angerichtet haben und auch heute anrichten, an die unvorstellbare Gewalt, die durch Deutsche und im Namen unseres Volkes geübt wurde.
Hilf uns wachsam zu sein, der Hetze und der Gewalt zu wehren und die zu schützen, die heute angegriffen werden.
Wir denken an so viele, die verletzt und untröstlich sind in Israel und Gaza. So viele Jüdinnen und Juden auf der ganzen Welt, die in Angst leben. Bring du Heilung und schenke allen neue Perspektiven. Stärke die, die sich einsetzen für Frieden zwischen Israelis und Palästinensern und wehre denen, die immer weiter Terror und Hass fördern und kein Interesse am Leid der Menschen haben.

Wir denken an die Not der Betroffenen von sexualisierter Gewalt. Hilf uns umzukehren, wachsam zu sein gegen ungute Machtstrukturen und Abhängigkeitsverhältnisse. Hilf uns, die Schwächen unserer Institution Kirche und unsere eigenen Fehler zu sehen und neu anzufangen.

Wir denken an unsere Kranken, an die, die Trauernden, an die von Sorge und Angst Geplagten. Nimm dich ihrer und unser aller an, Gott. Bewahre und behüte uns.

Vaterunser

EG 171 Bewahre uns, Gott

Segen

2.Könige 5, Predigt im Gottesdienst am 21.1.24, Andreas Hansen

Gottesdienst am 3.Sonntag nach Epiphanias 24

72,1-3+5 O Jesu Christe, wahres Licht
Votum
Gruß
Wir feiern Christus, das wahre Licht.
Wir hoffen, dass er uns und alle Menschen „erleuchtet“,
dass er Licht bringt, wo Orientierungslosigkeit herrscht.

Ps 33
Der Herr schaut vom Himmel
und sieht alle Menschenkinder.
Von seinem festen Thron sieht er auf alle,
die auf Erden wohnen.
Der ihnen allen das Herz geschaffen hat,
achtet auf alle ihre Werke.
Einem König hilft nicht seine große Macht;
ein Held kann sich nicht retten durch seine große Kraft.
Rosse helfen auch nicht; da wäre man betrogen;
und ihre große Stärke errettet nicht.
Siehe, des Herrn Auge sieht auf alle, die ihn fürchten,
die auf seine Güte hoffen,
dass er ihre Seele errette vom Tode
und sie am Leben erhalte in Hungersnot.
Unsre Seele harrt auf den Herrn;
er ist uns Hilfe und Schild.
Denn unser Herz freut sich seiner,
und wir trauen auf seinen heiligen Namen.
Deine Güte, Herr, sei über uns,
wie wir auf dich hoffen.

Ehr sei dem Vater

Ursprung des Lichts, schöpferische Macht,
von deinem Atem leben alle Menschen,
von deinem Hauch umweht.
Unabweisbar bist du da –
wie der Sauerstoff in unseren Lungen.
So selbstverständlich bist du da,
dass wir handeln,
als wären wir aus uns selbst geboren.
Wir treten auf in deiner Schöpfung,
als wären wir nicht Geschöpfe deines Atems.
Lass uns spüren, dass du es bist,
der uns am Leben hält.
Erbarme dich unser.

Kyrie

Dem Gerechten muss das Licht immer wieder aufgehen und die Freude im Herzen erblühen.
Ehre sei Gott in der Höhe …

272 Ich lobe meinen Gott

Paulus schreibt an die Christen in Rom. Er will unbedingt dorthin und von Rom aus weiter bis ans Ende der damals bekannten Welt. Er geht in die Zentren und will Gemeinden gründen und stärken. Alle Menschen sollen das helle Licht des Evangeliums von Jesus Christus kennen lernen. Paulus geht dabei fast immer in jüdische Gemeinden, denn er ist Jude und versteht Jesus vom Alten Testament her. Paulus schreibt:

Denn ich schäme mich nicht für das Evangelium, die Gute Nachricht. Sie ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt – an erster Stelle die Juden, dann auch die Griechen.
Denn durch die Gute Nachricht wird Gottes Gerechtigkeit offenbar. Das geschieht aufgrund des Glaubens und führt zum Glauben.
So steht es schon in der Heiligen Schrift: »Aufgrund des Glaubens wird der Gerechte das Leben erlangen.«

Gelobt seist du, Gott, für das Evangelium,
die Kraft, die uns selig macht und uns rettet.
Halleluja

Credo

Neue Lieder 190 Schenke mir, Gott, ein hörendes Herz

Wenn ein ganz Großer stirbt, wird er noch einmal gefeiert, Franz Beckenbauer, der Kaiser, oder Wolfgang Schäuble, der große Staatsmann.
Neben ihnen sehen andere winzig aus.
Wir haben keine Königin und keinen König, aber wir verehren die Großen, die Stars, manchmal auch die gekrönten Häupter.
Unser Predigttext erzählt von so einem Großen, eine schöne Geschichte im 2.Buch der Könige im AT, eine Geschichte von Großen und Kleinen.
Israel ist klein, ein Zwerg neben den mächtigen Nachbarn in Ägypten und im Norden, die das kleine Land dazwischen oft unterdrückt haben.
Aber Israel kennt den wahren, den einzigen Gott.
Ich lese Stück für Stück und erzähle dazu. 2.Kö 5:

Naaman war der Heerführer des Königs von Aram. Sein König schätzte ihn sehr und hielt große Stücke auf ihn. Denn der Herr hatte bewirkt, dass er für Aram siegreich war. Er war ein Kriegsheld, litt aber an Aussatz.

Naaman ist wörtlich „ein Mann des Angesichts“. Er darf dem syrischen König direkt ins Gesicht sehen und muss nicht gebeugt vor ihm stehen oder knien. Er ist ein Held, ein Star. Wichtige Siege hat General Naaman errungen – aber Naaman ist aussätzig. Mit einem Wort schrumpft der große Held auf ein menschliches Maß. Unter seiner Uniform juckt es ihn. Eine Schuppenflechte ist wohl gemeint, nicht eine tödliche Krankheit, aber man kann sich vorstellen, wie ihn das gequält hat.
Über Kranke lacht man nicht, aber ein klein wenig Schadenfreude über den Feind könnte in der Erzählung vielleicht doch mitschwingen.

Die Aramäer überfielen das Land Israel immer wieder. Einmal hatten sie ein junges Mädchen verschleppt, das jetzt im Dienst von Naamans Frau stand. Dieses Mädchen sprach zu ihrer Herrin: »Ach, wäre mein Herr doch beim Propheten in Samaria! Der könnte ihn von seinem Aussatz heilen.«

Die Nachbarn werden überfallen um sich Sklaven zu besorgen. Wie ein wehrloses Mädchen vor einem Krieger, so steht das kleine Israel vor Aram, Syrien. Aber das kleine Mädchen weiß Bescheid.
Vielleicht hat sie gerade die feine Herrin gebadet und gesalbt, als die ihr anvertraut hat, dass die Haut ihres Mannes so eklig entzündet und schuppig ist. Die Krankheit macht ihr Angst und ihn plagt sie. Die Kleine sagt: Sie wüsste schon, wer helfen könnte. Mutig ist sie. Sie getraut sich einfach zu sagen, was sie glaubt.
Soll der berühmte Naaman auf die kleine Sklavin aus Israel hören? Kann er sich auf das einlassen, was sie glaubt? Er muss schon sehr verzweifelt sein, dass er es versucht.

Da ging Naaman zu seinem Herrn und König und berichtete ihm: »Das und das hat das Mädchen aus Israel gesagt.« Darauf sagte der König von Aram: »Geh dorthin! Ich werde dir ein Schreiben mitge-ben. Es ist für den König von Israel bestimmt.« Naaman ging los und nahm Geschenke mit: 340 Kilogramm Silber, 6000 Goldmünzen und zehn kostbare Kleider.

Naaman bittet seinen König um Krankenurlaub. Er will dem Rat eines feindlichen Sklavenmädchens folgen. Der König aber macht aus der Reise eine Staatsaktion. Er schreibt einen Befehl und lässt ein protziges Geschenk packen – man ist schließlich wer! Der mächtige König Syriens kennt Gott nicht. Er meint wohl, Israels König kann dem Propheten und damit Gott einfach Befehl erteilen. Er irrt sich.

So kam er zum König von Israel und übergab ihm das Schreiben. Darin stand: »Wenn du dieses Schreiben erhältst, weißt du: Ich habe meinen Knecht Naaman zu dir geschickt, damit du ihn von seinem Aussatz heilst.« Als der König von Israel das Schreiben gelesen hatte, zerriss er seine Kleider. Er sagte: »Bin ich denn Gott? Kann ich töten oder lebendig machen? Da schickt dieser mir einen Mann, den ich vom Aussatz heilen soll! Merkt ihr es? Er sucht nur einen Anlass für Krieg!«
Elischa, der Gottesmann, hörte davon, dass der König von Israel seine Kleider zerrissen hatte. Deshalb schickte er eine Botschaft zum König: »Warum hast du deine Kleider zerrissen? Naaman soll zu mir kommen. Dann wird er erkennen, dass es in Israel einen Propheten gibt!«

Beinahe gibt es Krieg, weil der König von Syrien so ein Angeber ist und der König von Israel so voller Misstrauen. Wir fürchten zu Recht die Machthaber unserer Tage, die so von sich eingenommen sind, so verblendet von ihrer Macht.
Aber selbst der Größte hat keine Macht über Leben und Gesundheit. Der Israelit spricht es aus, aber er kommt nicht auf die Idee, den Propheten Gottes zu rufen. Elischa muss selbst auf ihn zu gehen.

So kam Naaman mit Pferden und Wagen zu Elischa und hielt vor der Tür seines Hauses. Elischa schickte einen Boten zu ihm hinaus: »Geh und wasch dich siebenmal im Jordan! Dann wird deine Haut gesund und du giltst wieder als rein.« Doch Naaman wurde zornig. Er wollte weggehen und sagte: »Ich dachte, er selbst kommt zu mir heraus und stellt sich vor mich hin. Dann ruft er den Namen des Herrn an, seines Gottes, erhebt seine Hände und betet in Richtung des heiligen Ortes. Und so heilt er mich vom Aussatz. Abana und Parpar, die Flüsse von Damaskus, sind die nicht viel besser als alle Gewässer Israels? Dann hätte ich mich gleich dort waschen können, um wieder gesund zu werden!« Voller Zorn drehte er sich weg und wollte gehen.

Was für eine Frechheit! Naaman platzt vor Zorn. Er bekommt den Gottesmann nicht einmal zu Gesicht. Er steht mit seinem prächtigen Gefolge vor Elischas Haus. Aber der schickt ihm sozusagen die Sprechstundenhilfe mit einem Rezept.
Dabei ist er doch ein Privatpatient von ganz besonderer Bedeutung. Für ihn müsste der Prophet alle Register seiner Kunst ziehen. Elischa aber ordnet ein Bad an. Naaman soll in den Jordan hinab steigen, ein trübes Rinnsal im Vergleich zu den Flüssen von Damaskus!

Da traten seine Diener an ihn heran und sagten zu ihm: »Herr, was wäre gewesen, wenn der Prophet etwas Großes von dir verlangt hätte? Hättest du es dann nicht getan? Doch er sagte nur: ›Wasch dich und du wirst gesund.‹ Warum tust du das dann nicht?« Also stieg er doch zum Jordan hinab und tauchte siebenmal unter, wie es der Gottesmann gesagt hatte. Da wurde seine Haut gesund wie die Haut eines Kindes, und er galt wieder als rein.

Wieder sind die Diener klüger als Naaman und retten die Szene. Erstaunlich ist nur, dass der große Feldherr auf seine Diener hört.
Er steigt von seinem Wagen.
Er legt seine Waffen und seine Kleider ab.
Er zeigt seine kranke Haut. So stapft er zum Jordan hinunter und nimmt ein Bad.
Und tatsächlich: rein wie ein kleines Baby kommt Naaman aus dem Fluss. Nicht nur seine Haut ist geheilt und wie neu, der ganze Mensch hat eine Wandlung erlebt.

Darauf kehrte er wieder zum Gottesmann zurück, zusammen mit seinem ganzen Gefolge. Er trat vor ihn hin und sagte: »Nun weiß ich, dass es nirgendwo einen Gott gibt außer in Israel. Er ist der einzige Gott auf der ganzen Welt.

Dem syrischen Feldherrn wird viel zugemutet.
Er steht nicht mehr groß und unangreifbar da, sondern verletzlich und klein. Die Wahrheit wird Naaman zugemutet. Er lässt sich nur mühsam darauf ein. Schritt für Schritt muss er seinen Größenwahn loswerden.
So sind wir.
Wir wollen gerne groß dastehen und wir bilden uns gerne ein, dass wir mit eigener Kraft alle Probleme bewältigen.
Die Wahrheit ist, dass wir Gott brauchen.
Keinen Schritt könnten wir gehen ohne ihn.
Am Ende ist Naaman befreit. Er erkennt Gott.
Es ist nur ein Gott, der Ewige, der Einzige.
Naaman bekommt ein menschliches Maß.
Er sieht sich selbst vor Gott, er gibt Gott die Ehre und dankt für sein Leben.
Sehen wir uns selbst als Menschen vor Gott,
befreit von Größenwahn und Verzweiflung!
Gott schenkt uns unsere Gaben, unser Leben und unser Ziel.
Das kleine Israel darf den großen Gott verkündigen. Israel hat seinen Glauben nicht für sich allein.
Gott ist auch der Gott der Feinde.
Der syrische Heerführer lernt das erste Gebot.
Er lernt, sich in allem zuerst auf Gott zu verlassen,
nicht auf seine Waffen, nicht auf die Macht von Königen.
Worauf verlassen wir uns in dieser Zeit der vielen Krisen und Bedrohungen?
Worauf verlassen wir uns in den Zeiten von Erfolg und Glück und in Zeiten, wenn Not und Leid uns bedrängen?
Das kleine israelische Sklavenmädchen und der Prophet Elischa verlassen sich ganz auf Gott.
Beide haben sogar den Mut vor den Mächtigen den Mund aufzumachen und von ihrem Glauben zu erzählen.
Ich möchte den berühmt-berüchtigten Satz von Angela Merkel zitieren und ergänzen: Wir schaffen das mit Gottes Hilfe.
Mit Gottes Hilfe schaffen wir es, die Demokratie in unserem Land und in Europa zu verteidigen. Mit Gottes Hilfe schaffen wir Frieden und Versöhnung.
Auf Wunderheilungen setzen wir nicht, aber darauf, dass Gott immer und in allem bei uns ist.
Er schenkt uns das Leben und will uns segnen. Amen

Singen wir ein Lied aus Israel voll Hoffnung auf Frieden.
Neue Lieder 183 Nächstes Jahr, du wirst sehn

Menschen der Hoffnung sind wir durch dich, Christus, unser Bruder und unser Herr.
Wir hoffen auf Gerechtigkeit und bitten für alle, denen Unrecht geschieht, die unter Missachtung und Mobbing leiden, denen das Nötige zum Leben fehlt, die ausgebeutet werden, die sich nicht wehren können gegen Lügen.
Wir hoffen auf Frieden und bitten für alle, die unter Krieg und Gewalt leiden, die verletzt sind, die verwaist und hilflos sind, die ihre Wohnung verlieren und flüchten müssen.
Wir hoffen auf deinen Segen und bitten für die, die Unglück, Leid und Krankheit verkraften müssen,
die Schmerzen leiden, die traurig und allein sind.
Menschen der Hoffnung sind wir durch dich, Christus.
Wir hoffen auf sinnvolles, verantwortliches Handeln
für die Schöpfung, für ein gutes Miteinander in unserer Gesellschaft, in unserer Stadt, im Kreis unserer Familie,
in deiner Kirche.
Lass uns leben und handeln aus der Hoffnung, die du uns schenkst. Behüte uns und unsere Lieben.

Vaterunser

171 Bewahre uns, Gott

Segen

Gottesdienst am 31.12.23 und Predigt über Kohelet 3,1-15

EG 644 Meine Zeit steht in deinen Händen
Votum
Gruß

Wir beschließen miteinander das alte Jahr und bereiten uns auf das neue vor. Es ist schön, dass wir heute zusammen sind und miteinander das Mahl des Herrn feiern. Gott stärkt uns. Wir sind nicht allein.

Gott unseres Lebens,
Herr der Zeit und Herr der Jahre:
Wir befehlen dir an,
was gewesen ist in diesem Jahr.
Wir danken dir,
für alles, was gelungen ist,
für alles, was gut war,
für das, was uns und anderen Hoffnung gegeben hat.
Wir bringen vor dich, was uns belastet,
unsere Versäumnisse und unsere Schuld,
alles Dunkle in unserem Leben.
Wir legen vor dich die Not und das Leid der Menschen.
Wir bitten dich: Sei uns nahe,
jetzt, da wir das alte Jahr hinter uns lassen
und in ein neues hineingehen.
Stärke in uns das Vertrauen,
dass nicht die Mächte des Verderbens uns regieren,
sondern dass es deine Treue ist,
die unser Leben und die Zukunft der Welt bestimmt.

Gott, sei uns gnädig.
Sammle unsere Gedanken und Sinne,
dass nicht verloren geht, was bleiben soll,
dass wir dankbar und zuversichtlich unsere Wege gehen.
In Freude und Glück, in Traurigkeit und Not,
Erbarme dich unser.
Kyrie 178.12

Steh den Menschen in Not bei,
denen, die in diesem Jahr viel verloren haben,
die verletzt und verstört wurden, verwaist oder auf der Flucht sind, ohne ein Zuhause und ohne Aussicht auf ein besseres Morgen. Erbarme dich, du, unser Gott.
Kyrie 178.12

Hab Dank für die, die uns lieb und nahe sind.
Vor dich bringen wir die, um die wir uns sorgen.
Stärke sie und uns in schweren Zeiten.
Erbarme dich, du, unser Gott.
Kyrie 178.12

Vergib uns unsere Schuld,
wo wir selbstsüchtig und hart waren,
wo wir anderen nicht gerecht wurden,
wo wir dir, Gott, Ehrfurcht und Vertrauen versagt haben.
Erbarme dich über uns.
Kyrie 178.12

Erforsche mich Gott, und erkenne mein Herz;
prüfe mich und erkenne, wie ich´s meine.
Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin,
und leite mich auf ewigem Wege.
Amen

EG 64,1-3+6 Der du die Zeit in Händen hast

Lesung Paulus im Römerbrief, Kapitel 8
In gleicher Weise steht uns der Geist Gottes da bei, wo wir selbst unfähig sind.
Wir wissen ja nicht einmal, was wir beten sollen.
Und wir wissen auch nicht, wie wir unser Gebet in angemessener Weise vor Gott bringen. Doch der Geist selbsttritt mit Flehen und Seufzen für uns ein. Dies geschieht in einer Weise, die nicht in Worte zu fassen ist. Aber Gott weiß ja, was in unseren Herzen vorgeht.
Er versteht, worum es dem Geist geht.
Denn der Geist tritt vor Gott für die Heiligen ein.
Wir wissen aber: Denen, die Gott lieben, dient alles zum Guten. Es sind die Menschen, die er nach seinem Plan berufen hat. Die hat er schon im Vorhinein ausgewählt.
Im Voraus hat er sie dazu bestimmt, nach dem Bild seines Sohnes neu gestaltet zu werden. Denn der sollte der Erstgeborene unter vielen Brüdern und Schwestern sein.
Ich bin zutiefst überzeugt: Nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen – nicht der Tod und auch nicht das Leben, keine Engel und keine weltlichen Mächte, nichts Gegenwärtiges und nichts Zukünftiges und auch keine andere gottfeindliche Kraft. Nichts Über- oder Unterirdisches und auch nicht irgendetwas anderes, das Gott geschaffen hat – nichts von alledem kann uns von der Liebe Gottes trennen. In Christus Jesus, unserem Herrn, hat Gott uns diese Liebe geschenkt.

Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
Halleuja

Credo (D. Bonhoeffer):
Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen kann und will.
Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.
Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im Voraus,
damit wir uns nicht auf uns selbst,
sondern allein auf ihn verlassen.
In solchem Glauben müsste alle Angst vor der
Zukunft überwunden sein.
Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten.
Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist,
sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.
Amen

Neue Lieder 116 Da wohnt ein Sehnen

Wir hören auf den Weisheitslehrer, der in unserer Bibel Prediger Salomo oder Kohelet heißt: Zuerst ein Gedicht, eine Art Meditation, dann Kohelets Gedanken dazu.

Für alles gibt es eine bestimmte Stunde. Und jedes Vorhaben unter dem Himmel hat seine Zeit:
Eine Zeit für die Geburt
und eine Zeit für das Sterben.
Eine Zeit zum Pflanzen
und eine Zeit zum Ausreißen des Gepflanzten.
Eine Zeit zum Töten
und eine Zeit zum Heilen.
Eine Zeit zum Einreißen
und eine Zeit zum Aufbauen.
Eine Zeit zum Weinen
und eine Zeit zum Lachen.
Eine Zeit zum Klagen
und eine Zeit zum Tanzen.
Eine Zeit, Steine wegzuwerfen,
und eine Zeit, Steine zu sammeln.
Eine Zeit, sich zu umarmen,
und eine Zeit, sich zu trennen.
Eine Zeit zum Suchen
und eine Zeit zum Verlieren.
Eine Zeit zum Aufheben
und eine Zeit zum Wegwerfen.
Eine Zeit zum Zerreißen
und eine Zeit zum Zusammennähen.
Eine Zeit zum Schweigen
und eine Zeit zum Reden.
Eine Zeit zum Lieben
und eine Zeit zum Hassen.
Eine Zeit für den Krieg
und eine Zeit für den Frieden.

Welchen Gewinn hat einer davon,
dass er etwas tut und sich damit abmüht?
Ich sah das vergebliche Tun: Gott hat es den Menschen aufgegeben, damit sie sich plagen. Alles hat er so gemacht, dass es schön ist zu seiner Zeit.
Auch hat er ihnen die Ewigkeit ins Herz gelegt. Nur kann der Mensch das alles nicht begreifen, was Gott von Anfang bis Ende tut.
So habe ich erkannt: Es gibt kein größeres Glück bei den Menschen, als sich zu freuen und sich’s gut gehen zu lassen. Jeder Mensch soll essen, trinken und glücklich sein als Ausgleich für seine ganze Mühe. Denn auch dies ist eine Gabe Gottes.
So habe ich erkannt: Alles, was Gott tut, ist von Dauer. Nichts kann man hinzufügen und nichts davon wegnehmen. Gott hat das so gemacht, damit man ihm mit Ehrfurcht begegnet.
Was geschehen ist, ist schon lange vorbei. Und was geschehen wird, ist auch schon wieder vorbei. Bei Gott aber ist das Vergangene nicht verloren.

Vom Sehnen tief in uns schreibt Kohelet.
Wir sehnen uns danach, dass wir glücklich sind,
dass uns das Leben gelingt,
dass wir mit dem, was uns gegeben ist, umzugehen lernen,
dass wir auch das Schwere zu ertragen wissen
und dennoch das Vertrauen nicht verlieren.

Bei mir regt sich Widerstand, wenn Kohelet einfach aufzählt, als wäre alles gleich gut, wenn er scheinbar gleichmütig über das Schlimme hinweggeht. Es ist doch kaum zu ertragen, wenn wir Abschied nehmen müssen, wenn Beziehungen zerreißen, wenn Krankheit und Unglück unsere Liebsten trifft. Es ist doch schrecklich, wenn so große Not durch Krieg entsteht, wenn immer mehr Menschen in den anderen nur noch Feinde sehen, die mit allen Mitteln zu bekämpfen sind.
Kohelet wird antworten: „Ja, es ist zum Verzweifeln, was in der Welt geschieht, was Menschen an Leid ertragen müssen und was sie einander antun. Ich habe nicht geschrieben, dass es gleichgültig ist, ob Menschen töten oder heilen, lachen oder weinen. Aber das alles geschieht. Das alles gehört zu unserer Welt. Es geschieht vieles, was wir nicht verstehen und was uns zu schaffen macht.
Ich will sehen und sagen, was ist. Ich will mir keine heile Welt vormachen.“

Versuchen wir es! Versuchen wir die Welt realistisch zu sehen mit allen düsteren Seiten, und dennoch zu vertrauen und zu hoffen und entsprechend zu handeln!
Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen kann und will.
„Ja“, sagt Kohelet, „und es gibt eben nicht nur die düsteren Seiten, sondern so viel Schönes:
Tanzen, Lachen und Singen, Essen und Trinken, Schönheit und Lust und Freundschaft.
Genieß das Schöne, das Gott dir schenkt!
Bei aller Mühe des Lebens – jeder Tag hat seine Plage, jede und jeder hat sein Päckchen zu tragen – trotzdem ist doch immer wieder Grund da zu danken und vor allem Grund, dass wir einander Freude bereiten, dass wir lieben und heilen und verbinden, was getrennt ist. Es gibt kein größeres Glück bei den Menschen, als sich zu freuen und sich’s gut gehen zu lassen.“
Was war für Sie in diesem zu Ende gehenden Jahr ein Grund zu danken?
Wann konnten Sie es sich gut gehen lassen?
Was hat Sie glücklich gemacht?

Diejenigen, die gerade durch das finstere Tal von Schmerz und Leid und Trauer gehen müssen, werden vielleicht keinen Blick für die schönen Seiten haben. Hoffentlich werden auch für sie andere Zeiten kommen. Wenn das Leben im Ausnahmezustand läuft, kann schon jedes Bisschen Normalität wie Essen und Trinken und alltägliche Arbeit ein Trost sein. Ich erinnere noch einmal an Bonhoeffer: Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.
Die Angst müsste überwunden sein – sie ist dennoch oft riesengroß. Aber schauen wir auf Gott: Gott sieht weiter als wir.
Gott sieht Anfang und Ende, Zeit und Ewigkeit.
Nichts ist verloren für Gott, nichts ohne Hoffnung.
Uns ist ein Ahnen der Ewigkeit ins Herz gelegt, ein Sehnen tief in uns nach Frieden, Einsicht, Heilung. Aber wir stoßen an unsere Grenzen.
Wir machen uns oft vergebliche Mühe und kommen nicht weiter.
Vertraut darauf: Gott weiß um unser Leben.
Gott kennt unsere Ängste und Sorgen und will aus allem Gutes entstehen lassen.
Er wartet auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten.
Gott will und wird uns segnen, auch im kommenden Jahr. Amen

EG 65,1+2+7 Von guten Mächten

(Abendmahl)

Du schenkst uns deine Gemeinschaft, dein Leben, Jesus, unser Herr.
Von dir getröstet und behütet gehen wir in das neue Jahr.
Wir bitten dich für alle, die voll Sorge und Angst auf das Kommende sehen.
Wir bitten für Menschen, die belastet und überlastet sind mit ihren Aufgaben, für die, die spüren, dass ihre Kräfte nachlassen, für die, die große Entscheidungen treffen müssen und den Schritt ins Ungewisse wagen, für die, die in Streit und ungelösten Konflikten stehen, für Menschen in seelischer Not, in Depression und Krankheit.
Wir bitten für sie alle: Mach sie getrost, lass sie deine Nähe erfahren, Jesus.
Wir bitten für die, denen wir uns verbunden wissen in Liebe und Freundschaft.
Wir bitten für unsere Gemeinde und für unsere Partnergemeinden hier in Kenzingen und in Sundhouse.
Segne und behüte uns alle auch im kommenden Jahr. Amen

EG 58,1-3+6 Nun lasst uns gehn und treten

Im Jahr 2023 gab es in Kenzingen 25 Taufen, 7 mehr als im Jahr davor, 25 Bestattungen und drei Trauungen.
Die Zahl der Gemeindeglieder blieb mit 2220 fast unverändert zum Vorjahr.

EG 421
Segen

Galater 4,4-7 Predigt im Christvespergottesdienst 23, Andreas Hansen

Ein Kind wird geboren und eine neue Zeit beginnt. Alles dreht sich ab jetzt um das Baby. Stolz werden Fotos vom Kind gezeigt. „Sieht sie nicht aus wie die Mama?“ Na, ich erkenne das nie. Die Eltern haben zu wenig Schlaf.
Die Geschwister sind erfreut oder verstört.
Die ganze Familie muss sich neu sortieren.

Ein Kind wird geboren, aber viele Kinder der Erde stehen schon bei ihrer Geburt auf der Seite der Verlierer, Neugeborene im Krieg, auf der Flucht, ohne Chance. Auch in unserem Land bekommen zu viele Kinder zu wenig Aufmerksamkeit – Pisa zeigt es wieder. Für viele Kinder ist keine neue Zeit in Sicht, das gleiche Elend immer weiter.

Wir feiern die Geburt des Kindes damals in Bethlehem. Der Gegensatz könnte nicht größer sein zwischen dem kläglichen Ereignis: in einer Notunterkunft geboren, ein Futtertrog als Bett, die Verhältnisse der Eltern nicht ganz klar,
und andrerseits der universalen Bedeutung: ein neues Zeitalter, das Himmel und Erde bewegt, jubelnde Engelscharen.

Wir feiern mit der Geburt Jesu eine neue Zeit,
die wirkliche Zeitenwende, denn nichts ist nachher mehr, wie es vorher war.
Die Familie Gottes sortiert sich neu.
Heute bekommen wir gesagt, wo wir hingehören.
Das Kind macht uns zu Kindern Gottes.
Wir feiern unseren eigenen Geburtstag als Christin und als Christ.
Den Predigttext für diese Christvesper gibt uns der Apostel Paulus. Lange vor den Evangelien schreibt er seine sehr knappe Version von Weihnachten: Als es an der Zeit war, sandte Gott seinen Sohn.
Er wurde von einer Frau geboren und lebte unter dem Maßstab des Gesetzes, um die freizukaufen, die auch unter dem Maßstab des Gesetzes lebten und um aus uns seine Kinder zu machen. Weil ihr nun seine Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt. Der ruft, wenn wir beten: „Abba, Vater!“
Du bist also kein Sklave mehr, sondern ein mündiges Kind. Wenn du aber Kind bist, dann bist du auch Erbe. Dazu hat Gott dich bestimmt.

(Galater 4, 4-7 übersetzt mit Hilfe der Übertragung von Klaus Berger und mit der Basisbibel)

Gott wird Mensch und eine neue Zeit beginnt.
Der Sohn Gottes macht uns zu Kindern Gottes.
Wir sind durch die Taufe mit Jesus verbunden.
Wir gehören zur Familie Gottes.
Paulus schreibt nicht über die Umstände der Geburt Jesu. Er erwähnt nicht einmal den Namen seiner Mutter.
Paulus ist nur wichtig, was Jesus für uns tut.
Wie wirkt sich Weihnachten für uns aus?
Gott macht uns ein kostbares Geschenk:
Jesus macht uns zu Gottes Kindern.
Gott schenkt uns einen großen Schatz an Vertrauen, Freiheit und Hoffnung.
Genau diese Gaben haben wir bitter nötig in dieser düsteren Zeit:
Vertrauen in aller Unsicherheit,
Freiheit statt Angst,
Hoffnung trotz der Sorgen.

Kinder Gottes haben wie Jesus ein tiefes Vertrauen zu Gott, eine enge Beziehung. Jesus nennt Gott „Abba, Papa.“ Er lebt im Gespräch mit Gott. Gott ist ihm täglich und immer nah. Zu seiner leiblichen Familie geht Jesus manchmal auf Distanz. Aber unbedingt verlässt er sich auf den Vater im Himmel.
Gott schenkt uns das Leben.
Gott ist für uns ein vertrautes Gegenüber.
Gott meint es gut mit uns. Auch in den schwersten Zeiten wissen wir: „Ich bin dein Kind, Gott, du liebst mich und hältst mich.“ Gottes Geist ruft in uns: „Abba, Vater!“

Kinder Gottes haben wie Jesus eine große Freiheit. Jesus geht auf Menschen zu, ohne Vorbehalte, ohne Scheu. Jesus nimmt die engen Vorstellungen seiner Zeit nicht ernst. Kinder und Frauen zählen für ihn. Er geht gerade zu denen, die ausgegrenzt werden, zu fragwürdigen Leuten. Das wichtigste Gebot ist für ihn Nächstenliebe.
Wir sind angenommen. Gott nimmt uns an. Wir müssen niemandem beweisen, dass wir gut sind. Menschen verurteilen einander. Die Welt ist zunehmend polarisiert, geteilt in Gruppen, die einander als Gegner ansehen. Jeder lebt in seiner Blase, misstraut den anderen, hat Angst vor ihnen, versteht sie nicht einmal.
Das haben wir nicht nötig. Jesus macht uns zu freien Menschen. Kinder Gottes sind frei andere anzunehmen, sie nicht zu verurteilen, sie nicht zu fürchten und nicht als Feinde zu sehen.

Kinder Gottes haben wie Jesus eine starke Hoffnung.
Jesus verkündet das Reich Gottes.
In einer Zeit großer Krisen, in Besatzung, Ausbeutung, Aufruhr und Terror setzt Jesus auf Gottes Gerechtigkeit und Frieden. In seinen Augen ist das Reich Gottes schon mitten unter uns und es wächst unaufhaltsam wie Weizen.
Mitten in Kriegsgeschrei, in Klage und Entsetzen hören wir die Botschaft des Weihnachtsengels, hoffen wir auf den Frieden Gottes. Was wir in den Nachrichten hören, ist schlimm, bedrängt uns. Aber dennoch beten wir um Frieden für die Welt und für Gottes Schöpfung. Gott gehört die Erde, nicht denen, die alles an sich reißen und über Leichen gehen. Wir trauen Gott zu, dass er uns Menschen zur Umkehr bewegt. Die Hoffnung treibt uns. Jeder kleine Schritt für Versöhnung und Frieden zählt.

Vertrauen – Freiheit – Hoffnung.
Ein Kind wird geboren und eine neue Zeit beginnt.
Jesus macht uns zu Gottes Kindern.
Das Vertrauen der Kinder trägt uns, was auch geschieht.
Die Freiheit der Kinder Gottes immunisiert uns gegen den Hass und gegen die Angst.
Die Hoffnung der Kinder Gottes treibt uns und lässt uns nicht resignieren
Einen großen Schatz schenkt uns Gott.
Nehmen wir sein Geschenk an! Amen

Predigt Röm 7,14-25a und Gottesdienst 5.11.23

Neue Lieder 158 Ich sage Ja
Votum
Gruß
„Eine Welt voll Hunger, Angst und Leid“, und
„trotz Hass, Gewalt und Menschenlist“ ist Gott uns
in Jesus zum Freund und zu Bruder geworden.
Wir kommen zu Gott, unserem Freund.
Wir bringen zu ihm das Elend der Welt
und auch das woran wir selbst leiden.
Wir tun das mit Psalm 143.

Herr, erhöre mein Gebet,
vernimm mein Flehen um deiner Treue willen,
erhöre mich um deiner Gerechtigkeit willen,
und geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht;
denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht.
Denn der Feind verfolgt meine Seele
und schlägt mein Leben zu Boden,
er legt mich ins Finstere
wie die, die lange schon tot sind.
Und mein Geist ist in mir geängstet,
mein Herz ist erstarrt in meinem Leibe.
Ich gedenke an die früheren Zeiten;
ich sinne nach über all deine Taten
und spreche von den Werken deiner Hände.
Ich breite meine Hände aus zu dir,
meine Seele dürstet nach dir wie ein dürres Land.
Herr, erhöre mich bald, mein Geist vergeht;
verbirg dein Antlitz nicht vor mir,
dass ich nicht gleich werde denen,
die in die Grube fahren.
Lass mich am Morgen hören deine Gnade;
denn ich hoffe auf dich.
Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll;
denn mich verlangt nach dir.
Errette mich, Herr, von meinen Feinden;
zu dir nehme ich meine Zuflucht.

Ehr sei dem Vater

Gott soll doch hören! Verzweifelt ruft die Beterin oder der Beter. Für Huub Oosterhuis ist der Feind in mir selbst. Er überträgt den Psalm:

Fordere mich nicht. Frag nichts.
Ich bin ein Verfolgter,
einen Feind hab ich in meiner Seele.,

der mich in einen dunklen Schrank tritt,
mein Geist ist ein sterbendes Pferd,
mein Herz ein Steinhaufen.

Es war einst ein Kind in mir.

Meine Brust leergeraubt,
meine Seele ein ausgetrockneter Fluss –
Ende vom Lied, Abstieg in die Grube.

Und nun, du, lass dich sehen,
morgens machst du mich früh wach
und wir gehen, ja?

Such ich dich vergebens?
Ist da ein Weg? Nein. Nein?
Schaffe den Feind aus mir fort.

Blas deinen Atem wieder in meine Lungen,
ström meine Seele wieder voll.

Amen

Du bist ein Gott, der mich sieht. So sagt Hagar, als sie in der Wüste, in größter Verzweiflung Gott begegnet. Du bist ein Gott, der mich sieht.

Neie Lieder 130 Du siehst mich

Zur heutigen Predigt über Römer 7, 14 ff gehört ein Lied aus der Reformationszeit von Martin Luther. Wir singen die ersten drei Strophen.

341,1-3 Nun freut euch lieben Christengmein

Freut euch! Lasst uns springen und tanzen!
Lasst uns singen von dem, was Gott an uns gewendet hat! Aber dann erzählt Luthers Lied so drastisch von Teufel, Sünde und Hölle, dass ich stocke. Ist das nicht finsteres Mittelalter?
Mensch Martin, wer glaubt das heute noch?
Wir reden heute nicht vom Teufel, und doch sind verteufelt böse Mächte in der Welt. Tag für Tag hören wir davon – es ist zu Verzweifeln – viele schalten aus, wenn Nachrichten kommen.
„Ich fiel auch immer tiefer drein – die Sünd hat mich besessen.“ Wie auf einer steilen schiefen Ebene rutscht der Mensch weg von Gott.
Das Böse in der Welt, das Verderben und auch die Angst ist leider nicht finsteres Mittelalter.
Wir erfahren es um uns und in uns.
Wir sind darin verstrickt.
Und es ist ein Widerspruch gegen Gott – Sünde.
Paulus spürt den Widerspruch gegen Gott.
Auch er spricht davon, dass die Sünde ihn zur Verzweiflung treibt, und auch er kann fröhlich über Gott jubeln: Gott sei Dank, der uns durch Jesus gerettet hat. Hören wir, wie Paulus schreibt:

Wir wissen ja: Das Gesetz ist vom Geist Gottes bestimmt. Ich dagegen bin als Mensch ganz von meiner menschlichen Natur bestimmt. Ich bin mit Haut und Haaren an die Sünde verkauft. Ja, wie ich handle, ist mir unbegreiflich. Denn ich tue nicht das, was ich eigentlich will. Sondern ich tue das, was ich verabscheue. Ich tue also das, was ich eigentlich nicht will. Das beweist: Ich stimme dem Gesetz innerlich zu und erkenne an, dass es recht hat. Aber dann bin nicht mehr ich es, der so handelt. Es handelt vielmehr die Sünde, die in mir wohnt. Ich weiß: So wie ich von Natur aus bin, wohnt in mir nichts Gutes. Der Wille zum Guten ist bei mir zwar vorhanden, aber nicht die Fähigkeit, es zu tun. Ich tue nicht das, was ich eigentlich will – das Gute. Sondern ich tue das, was ich nicht will – das Böse. Ich tue also das, was ich nicht will. Das bedeutet: Ich bin nicht mehr der Handelnde. Es ist vielmehr die Sünde, die in mir wohnt. Ich entdecke also bei mir folgende Gesetzmäßigkeit: Obwohl ich das Gute tun will, bringe ich nur Böses zustande. Meiner innersten Überzeugung nach stimme ich dem Gesetz Gottes mit Freude zu. Aber in meinen Gliedern nehme ich ein anderes Gesetz wahr. Es liegt im Streit mit dem Gesetz, dem ich mit meinem Verstand zustimme. Und dieses Gesetz macht mich zu seinem Gefangenen. Es ist das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern steckt. Ich unglücklicher Mensch! Mein ganzes Dasein ist dem Tod verfallen. Kann mich denn niemand davon befreien? Doch! Und dafür sei Gott Dank durch Jesus Christus, unseren Herrn!

„Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur so selten dazu.“ Wenn es nicht so traurig wäre, wäre zum Lachen, was Ödön von Horvath sagt. „Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur so selten dazu.“
Eigentlich sind die sozialen Medien super, nur leider verbreiten sie weltweit Unwahrheiten und stacheln zum Hass auf.
Eigentlich ist es toll, wenn unsere Wirtschaft wächst, nur wissen wir ja, dass wir so der Natur und dem Klima schaden.
Eigentlich wollen wir Frieden, aber wir müssen uns doch wehren und heizen den Krieg weiter an.
Eigentlich liebe ich die Menschen, die mir nahe stehen – und doch handele ich manchmal rücksichtslos und verletzend gegen sie.
Ganz oft wissen wir das Gute und tun doch das Böse. Wir sind verstrickt in Schuld. Paulus schließt sich selbst und uns ein, wenn er sagt: die Sünde, der Widerspruch gegen Gott, ist geradezu ein Gesetz in uns, eine Macht die uns beherrscht:
die Gier immer mehr zu haben, der Egoismus, die Angst zu kurz zu kommen und in allem ein tiefer Unglaube: Wir wollen unser Leben selbst begründen. Wir wollen Gott gar nicht in unserem Leben. Und wir wollen uns gar nicht ändern, nicht das Gute tun, das wir doch erkennen. Sünde ist nicht die Praline zu viel oder der lüsterne Blick auf nackte Haut. Sünde ist der Riss zwischen uns und Gott. Paulus schaut auf sich selbst und ist wie gelähmt. „Ich komme nicht los von mir, von der Angst mich selbst zu verfehlen, von der Gier nach Erfolg und Anerkennung.“
Das gute Gesetz, die Gebote, die zum Leben führen sollen, ziehen ihn nur immer weiter herunter. Er spürt verzweifelt, wie es ihn von Gott weg treibt, wie gott-los er ist.
„Mein ganzes Dasein ist dem Tod verfallen.“
Singen wir weiter mit dem Lutherlied.

341,4-6

Eine neue Perspektive:
„Da jammert Gott mein Elend“.
Nicht mehr der Mensch starrt verzweifelt
auf sein Unvermögen.
Jetzt sieht Gott ihn an, Gott sei Dank.
Gott wendet sich uns zu.
„Er wandt zu mir das Vaterherz“
Gott sieht uns an wie ein lieber Vater sein Kind.
Gott sieht uns im Blick seiner Liebe.
Gott sieht auch unsere Sünde, den Riss.
Er sieht gestörte Beziehungen, verfehltes Leben, verlorenen Glauben, beschädigte Liebe.
Aber er nimmt es nicht hin, dass wir von ihm weg treiben, dass wir gefangen sind in der Sünde.
Gott kommt selbst zu uns in Jesus Christus.
Er selbst setzt sich dem Bösen, der Gewalt,
dem Unrecht aus.
So überwindet er die Macht der Sünde.
So heilt er den Riss zwischen uns und Gott.
Wir schauen auf Jesus.
Wir halten uns fest an ihm.
Jetzt wissen wir, wie liebevoll Gott uns ansieht, obwohl wir ihm so tief widersprechen.
Wir halten uns fest an Jesus.
Wir sind verbunden mit ihm.
Paulus kann schreiben: Wir sind in Christus,
und Christus ist in uns. Von Gottes Liebe kann uns keine Macht der Welt trennen.
Und Luther dichtet: Er sprach zu mir: „halt dich an mich, es soll dir jetzt gelingen; ich geb mich selber ganz für dich, da will ich für dich ringen; denn ich bin dein und du bist mein, und wo ich bleib, da sollst du sein, uns soll der Feind nicht scheiden.“
Amen

341,7

„Ich bin dein und du bist mein“ – wir feiern die Gemeinschaft mit Jesus Christus. Er lädt uns ein.

Wir preisen dich Gott. Du nimmst uns an. Du sprichst uns gerecht. Du tröstest uns durch Jesus Christus, unseren Freund und Bruder, unseren Herrn und Heiland.
Durch ihn hast du uns zur Freiheit befreit.
Durch ihn schenkst du deiner Kirche den Heiligen Geist, dass wir dein Evangelium verkündigen.
Durch ihn rufst du uns in deine Wahrheit
und weckst Taten der Liebe.
Darum preisen wir dich mit allen deinen Geschöpfen.
Darum singen wir dir und bekennen ohne Ende.

… (Abendmahl)
Vaterunser

Sooft wir von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken, verkündigen wir den Tod und die Auferstehung unseres Herrn, bis dass er kommt in Herrlichkeit.

Unsere leeren Hände hast du gefüllt, du unser Gott.
Wir leben aus deiner Barmherzigkeit und wir danken dir für deine Güte.
Sieh uns gnädig an. Wir bleiben einander vieles schuldig.
Wir gehen oft hart und erbarmungslos miteinander um.
Lehre uns zu vergeben, wie du uns vergibst.
Hilf uns, Unrecht und Fehler zu benennen, ohne den anderen klein zu machen.
Hilf uns, die zu sehen, die mit Unrecht und Schuld nicht fertig werden.
Wir bitten dich für Ehepaare und Familien,
für Geschwister und Freunde, für Kollegen und Klassenkameraden, dass wir abbauen, was uns trennt, dass wir keine und keinen allein lassen, dass wir einander nicht wieder und wieder alte Schuld vorwerfen.
Wir bitten für unser Land um Frieden in einer Zeit voller Spannungen und schwerer Aufgaben, dass nicht neue Mauern zwischen uns entstehen.
Wir bitten um Frieden für die Menschen in Israel, in Gaza, und in der ganzen Region, Frieden für die Menschen in der Ukraine, Schritte zum Frieden überall, wo Menschen einander das Leben zur Hölle machen. Wir bitten für die Geiseln der Hamas und ihre Angehörigen. Wir bitten um Weisheit und Mut zu Frieden für uns alle.
Deiner Barmherzigkeit vertrauen wir uns an. Amen

222

Segen