Galater 4,4-7 Predigt im Christvespergottesdienst 23, Andreas Hansen

Ein Kind wird geboren und eine neue Zeit beginnt. Alles dreht sich ab jetzt um das Baby. Stolz werden Fotos vom Kind gezeigt. „Sieht sie nicht aus wie die Mama?“ Na, ich erkenne das nie. Die Eltern haben zu wenig Schlaf.
Die Geschwister sind erfreut oder verstört.
Die ganze Familie muss sich neu sortieren.

Ein Kind wird geboren, aber viele Kinder der Erde stehen schon bei ihrer Geburt auf der Seite der Verlierer, Neugeborene im Krieg, auf der Flucht, ohne Chance. Auch in unserem Land bekommen zu viele Kinder zu wenig Aufmerksamkeit – Pisa zeigt es wieder. Für viele Kinder ist keine neue Zeit in Sicht, das gleiche Elend immer weiter.

Wir feiern die Geburt des Kindes damals in Bethlehem. Der Gegensatz könnte nicht größer sein zwischen dem kläglichen Ereignis: in einer Notunterkunft geboren, ein Futtertrog als Bett, die Verhältnisse der Eltern nicht ganz klar,
und andrerseits der universalen Bedeutung: ein neues Zeitalter, das Himmel und Erde bewegt, jubelnde Engelscharen.

Wir feiern mit der Geburt Jesu eine neue Zeit,
die wirkliche Zeitenwende, denn nichts ist nachher mehr, wie es vorher war.
Die Familie Gottes sortiert sich neu.
Heute bekommen wir gesagt, wo wir hingehören.
Das Kind macht uns zu Kindern Gottes.
Wir feiern unseren eigenen Geburtstag als Christin und als Christ.
Den Predigttext für diese Christvesper gibt uns der Apostel Paulus. Lange vor den Evangelien schreibt er seine sehr knappe Version von Weihnachten: Als es an der Zeit war, sandte Gott seinen Sohn.
Er wurde von einer Frau geboren und lebte unter dem Maßstab des Gesetzes, um die freizukaufen, die auch unter dem Maßstab des Gesetzes lebten und um aus uns seine Kinder zu machen. Weil ihr nun seine Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt. Der ruft, wenn wir beten: „Abba, Vater!“
Du bist also kein Sklave mehr, sondern ein mündiges Kind. Wenn du aber Kind bist, dann bist du auch Erbe. Dazu hat Gott dich bestimmt.

(Galater 4, 4-7 übersetzt mit Hilfe der Übertragung von Klaus Berger und mit der Basisbibel)

Gott wird Mensch und eine neue Zeit beginnt.
Der Sohn Gottes macht uns zu Kindern Gottes.
Wir sind durch die Taufe mit Jesus verbunden.
Wir gehören zur Familie Gottes.
Paulus schreibt nicht über die Umstände der Geburt Jesu. Er erwähnt nicht einmal den Namen seiner Mutter.
Paulus ist nur wichtig, was Jesus für uns tut.
Wie wirkt sich Weihnachten für uns aus?
Gott macht uns ein kostbares Geschenk:
Jesus macht uns zu Gottes Kindern.
Gott schenkt uns einen großen Schatz an Vertrauen, Freiheit und Hoffnung.
Genau diese Gaben haben wir bitter nötig in dieser düsteren Zeit:
Vertrauen in aller Unsicherheit,
Freiheit statt Angst,
Hoffnung trotz der Sorgen.

Kinder Gottes haben wie Jesus ein tiefes Vertrauen zu Gott, eine enge Beziehung. Jesus nennt Gott „Abba, Papa.“ Er lebt im Gespräch mit Gott. Gott ist ihm täglich und immer nah. Zu seiner leiblichen Familie geht Jesus manchmal auf Distanz. Aber unbedingt verlässt er sich auf den Vater im Himmel.
Gott schenkt uns das Leben.
Gott ist für uns ein vertrautes Gegenüber.
Gott meint es gut mit uns. Auch in den schwersten Zeiten wissen wir: „Ich bin dein Kind, Gott, du liebst mich und hältst mich.“ Gottes Geist ruft in uns: „Abba, Vater!“

Kinder Gottes haben wie Jesus eine große Freiheit. Jesus geht auf Menschen zu, ohne Vorbehalte, ohne Scheu. Jesus nimmt die engen Vorstellungen seiner Zeit nicht ernst. Kinder und Frauen zählen für ihn. Er geht gerade zu denen, die ausgegrenzt werden, zu fragwürdigen Leuten. Das wichtigste Gebot ist für ihn Nächstenliebe.
Wir sind angenommen. Gott nimmt uns an. Wir müssen niemandem beweisen, dass wir gut sind. Menschen verurteilen einander. Die Welt ist zunehmend polarisiert, geteilt in Gruppen, die einander als Gegner ansehen. Jeder lebt in seiner Blase, misstraut den anderen, hat Angst vor ihnen, versteht sie nicht einmal.
Das haben wir nicht nötig. Jesus macht uns zu freien Menschen. Kinder Gottes sind frei andere anzunehmen, sie nicht zu verurteilen, sie nicht zu fürchten und nicht als Feinde zu sehen.

Kinder Gottes haben wie Jesus eine starke Hoffnung.
Jesus verkündet das Reich Gottes.
In einer Zeit großer Krisen, in Besatzung, Ausbeutung, Aufruhr und Terror setzt Jesus auf Gottes Gerechtigkeit und Frieden. In seinen Augen ist das Reich Gottes schon mitten unter uns und es wächst unaufhaltsam wie Weizen.
Mitten in Kriegsgeschrei, in Klage und Entsetzen hören wir die Botschaft des Weihnachtsengels, hoffen wir auf den Frieden Gottes. Was wir in den Nachrichten hören, ist schlimm, bedrängt uns. Aber dennoch beten wir um Frieden für die Welt und für Gottes Schöpfung. Gott gehört die Erde, nicht denen, die alles an sich reißen und über Leichen gehen. Wir trauen Gott zu, dass er uns Menschen zur Umkehr bewegt. Die Hoffnung treibt uns. Jeder kleine Schritt für Versöhnung und Frieden zählt.

Vertrauen – Freiheit – Hoffnung.
Ein Kind wird geboren und eine neue Zeit beginnt.
Jesus macht uns zu Gottes Kindern.
Das Vertrauen der Kinder trägt uns, was auch geschieht.
Die Freiheit der Kinder Gottes immunisiert uns gegen den Hass und gegen die Angst.
Die Hoffnung der Kinder Gottes treibt uns und lässt uns nicht resignieren
Einen großen Schatz schenkt uns Gott.
Nehmen wir sein Geschenk an! Amen