Predigt Röm 7,14-25a und Gottesdienst 5.11.23

Neue Lieder 158 Ich sage Ja
Votum
Gruß
„Eine Welt voll Hunger, Angst und Leid“, und
„trotz Hass, Gewalt und Menschenlist“ ist Gott uns
in Jesus zum Freund und zu Bruder geworden.
Wir kommen zu Gott, unserem Freund.
Wir bringen zu ihm das Elend der Welt
und auch das woran wir selbst leiden.
Wir tun das mit Psalm 143.

Herr, erhöre mein Gebet,
vernimm mein Flehen um deiner Treue willen,
erhöre mich um deiner Gerechtigkeit willen,
und geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht;
denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht.
Denn der Feind verfolgt meine Seele
und schlägt mein Leben zu Boden,
er legt mich ins Finstere
wie die, die lange schon tot sind.
Und mein Geist ist in mir geängstet,
mein Herz ist erstarrt in meinem Leibe.
Ich gedenke an die früheren Zeiten;
ich sinne nach über all deine Taten
und spreche von den Werken deiner Hände.
Ich breite meine Hände aus zu dir,
meine Seele dürstet nach dir wie ein dürres Land.
Herr, erhöre mich bald, mein Geist vergeht;
verbirg dein Antlitz nicht vor mir,
dass ich nicht gleich werde denen,
die in die Grube fahren.
Lass mich am Morgen hören deine Gnade;
denn ich hoffe auf dich.
Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll;
denn mich verlangt nach dir.
Errette mich, Herr, von meinen Feinden;
zu dir nehme ich meine Zuflucht.

Ehr sei dem Vater

Gott soll doch hören! Verzweifelt ruft die Beterin oder der Beter. Für Huub Oosterhuis ist der Feind in mir selbst. Er überträgt den Psalm:

Fordere mich nicht. Frag nichts.
Ich bin ein Verfolgter,
einen Feind hab ich in meiner Seele.,

der mich in einen dunklen Schrank tritt,
mein Geist ist ein sterbendes Pferd,
mein Herz ein Steinhaufen.

Es war einst ein Kind in mir.

Meine Brust leergeraubt,
meine Seele ein ausgetrockneter Fluss –
Ende vom Lied, Abstieg in die Grube.

Und nun, du, lass dich sehen,
morgens machst du mich früh wach
und wir gehen, ja?

Such ich dich vergebens?
Ist da ein Weg? Nein. Nein?
Schaffe den Feind aus mir fort.

Blas deinen Atem wieder in meine Lungen,
ström meine Seele wieder voll.

Amen

Du bist ein Gott, der mich sieht. So sagt Hagar, als sie in der Wüste, in größter Verzweiflung Gott begegnet. Du bist ein Gott, der mich sieht.

Neie Lieder 130 Du siehst mich

Zur heutigen Predigt über Römer 7, 14 ff gehört ein Lied aus der Reformationszeit von Martin Luther. Wir singen die ersten drei Strophen.

341,1-3 Nun freut euch lieben Christengmein

Freut euch! Lasst uns springen und tanzen!
Lasst uns singen von dem, was Gott an uns gewendet hat! Aber dann erzählt Luthers Lied so drastisch von Teufel, Sünde und Hölle, dass ich stocke. Ist das nicht finsteres Mittelalter?
Mensch Martin, wer glaubt das heute noch?
Wir reden heute nicht vom Teufel, und doch sind verteufelt böse Mächte in der Welt. Tag für Tag hören wir davon – es ist zu Verzweifeln – viele schalten aus, wenn Nachrichten kommen.
„Ich fiel auch immer tiefer drein – die Sünd hat mich besessen.“ Wie auf einer steilen schiefen Ebene rutscht der Mensch weg von Gott.
Das Böse in der Welt, das Verderben und auch die Angst ist leider nicht finsteres Mittelalter.
Wir erfahren es um uns und in uns.
Wir sind darin verstrickt.
Und es ist ein Widerspruch gegen Gott – Sünde.
Paulus spürt den Widerspruch gegen Gott.
Auch er spricht davon, dass die Sünde ihn zur Verzweiflung treibt, und auch er kann fröhlich über Gott jubeln: Gott sei Dank, der uns durch Jesus gerettet hat. Hören wir, wie Paulus schreibt:

Wir wissen ja: Das Gesetz ist vom Geist Gottes bestimmt. Ich dagegen bin als Mensch ganz von meiner menschlichen Natur bestimmt. Ich bin mit Haut und Haaren an die Sünde verkauft. Ja, wie ich handle, ist mir unbegreiflich. Denn ich tue nicht das, was ich eigentlich will. Sondern ich tue das, was ich verabscheue. Ich tue also das, was ich eigentlich nicht will. Das beweist: Ich stimme dem Gesetz innerlich zu und erkenne an, dass es recht hat. Aber dann bin nicht mehr ich es, der so handelt. Es handelt vielmehr die Sünde, die in mir wohnt. Ich weiß: So wie ich von Natur aus bin, wohnt in mir nichts Gutes. Der Wille zum Guten ist bei mir zwar vorhanden, aber nicht die Fähigkeit, es zu tun. Ich tue nicht das, was ich eigentlich will – das Gute. Sondern ich tue das, was ich nicht will – das Böse. Ich tue also das, was ich nicht will. Das bedeutet: Ich bin nicht mehr der Handelnde. Es ist vielmehr die Sünde, die in mir wohnt. Ich entdecke also bei mir folgende Gesetzmäßigkeit: Obwohl ich das Gute tun will, bringe ich nur Böses zustande. Meiner innersten Überzeugung nach stimme ich dem Gesetz Gottes mit Freude zu. Aber in meinen Gliedern nehme ich ein anderes Gesetz wahr. Es liegt im Streit mit dem Gesetz, dem ich mit meinem Verstand zustimme. Und dieses Gesetz macht mich zu seinem Gefangenen. Es ist das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern steckt. Ich unglücklicher Mensch! Mein ganzes Dasein ist dem Tod verfallen. Kann mich denn niemand davon befreien? Doch! Und dafür sei Gott Dank durch Jesus Christus, unseren Herrn!

„Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur so selten dazu.“ Wenn es nicht so traurig wäre, wäre zum Lachen, was Ödön von Horvath sagt. „Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur so selten dazu.“
Eigentlich sind die sozialen Medien super, nur leider verbreiten sie weltweit Unwahrheiten und stacheln zum Hass auf.
Eigentlich ist es toll, wenn unsere Wirtschaft wächst, nur wissen wir ja, dass wir so der Natur und dem Klima schaden.
Eigentlich wollen wir Frieden, aber wir müssen uns doch wehren und heizen den Krieg weiter an.
Eigentlich liebe ich die Menschen, die mir nahe stehen – und doch handele ich manchmal rücksichtslos und verletzend gegen sie.
Ganz oft wissen wir das Gute und tun doch das Böse. Wir sind verstrickt in Schuld. Paulus schließt sich selbst und uns ein, wenn er sagt: die Sünde, der Widerspruch gegen Gott, ist geradezu ein Gesetz in uns, eine Macht die uns beherrscht:
die Gier immer mehr zu haben, der Egoismus, die Angst zu kurz zu kommen und in allem ein tiefer Unglaube: Wir wollen unser Leben selbst begründen. Wir wollen Gott gar nicht in unserem Leben. Und wir wollen uns gar nicht ändern, nicht das Gute tun, das wir doch erkennen. Sünde ist nicht die Praline zu viel oder der lüsterne Blick auf nackte Haut. Sünde ist der Riss zwischen uns und Gott. Paulus schaut auf sich selbst und ist wie gelähmt. „Ich komme nicht los von mir, von der Angst mich selbst zu verfehlen, von der Gier nach Erfolg und Anerkennung.“
Das gute Gesetz, die Gebote, die zum Leben führen sollen, ziehen ihn nur immer weiter herunter. Er spürt verzweifelt, wie es ihn von Gott weg treibt, wie gott-los er ist.
„Mein ganzes Dasein ist dem Tod verfallen.“
Singen wir weiter mit dem Lutherlied.

341,4-6

Eine neue Perspektive:
„Da jammert Gott mein Elend“.
Nicht mehr der Mensch starrt verzweifelt
auf sein Unvermögen.
Jetzt sieht Gott ihn an, Gott sei Dank.
Gott wendet sich uns zu.
„Er wandt zu mir das Vaterherz“
Gott sieht uns an wie ein lieber Vater sein Kind.
Gott sieht uns im Blick seiner Liebe.
Gott sieht auch unsere Sünde, den Riss.
Er sieht gestörte Beziehungen, verfehltes Leben, verlorenen Glauben, beschädigte Liebe.
Aber er nimmt es nicht hin, dass wir von ihm weg treiben, dass wir gefangen sind in der Sünde.
Gott kommt selbst zu uns in Jesus Christus.
Er selbst setzt sich dem Bösen, der Gewalt,
dem Unrecht aus.
So überwindet er die Macht der Sünde.
So heilt er den Riss zwischen uns und Gott.
Wir schauen auf Jesus.
Wir halten uns fest an ihm.
Jetzt wissen wir, wie liebevoll Gott uns ansieht, obwohl wir ihm so tief widersprechen.
Wir halten uns fest an Jesus.
Wir sind verbunden mit ihm.
Paulus kann schreiben: Wir sind in Christus,
und Christus ist in uns. Von Gottes Liebe kann uns keine Macht der Welt trennen.
Und Luther dichtet: Er sprach zu mir: „halt dich an mich, es soll dir jetzt gelingen; ich geb mich selber ganz für dich, da will ich für dich ringen; denn ich bin dein und du bist mein, und wo ich bleib, da sollst du sein, uns soll der Feind nicht scheiden.“
Amen

341,7

„Ich bin dein und du bist mein“ – wir feiern die Gemeinschaft mit Jesus Christus. Er lädt uns ein.

Wir preisen dich Gott. Du nimmst uns an. Du sprichst uns gerecht. Du tröstest uns durch Jesus Christus, unseren Freund und Bruder, unseren Herrn und Heiland.
Durch ihn hast du uns zur Freiheit befreit.
Durch ihn schenkst du deiner Kirche den Heiligen Geist, dass wir dein Evangelium verkündigen.
Durch ihn rufst du uns in deine Wahrheit
und weckst Taten der Liebe.
Darum preisen wir dich mit allen deinen Geschöpfen.
Darum singen wir dir und bekennen ohne Ende.

… (Abendmahl)
Vaterunser

Sooft wir von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken, verkündigen wir den Tod und die Auferstehung unseres Herrn, bis dass er kommt in Herrlichkeit.

Unsere leeren Hände hast du gefüllt, du unser Gott.
Wir leben aus deiner Barmherzigkeit und wir danken dir für deine Güte.
Sieh uns gnädig an. Wir bleiben einander vieles schuldig.
Wir gehen oft hart und erbarmungslos miteinander um.
Lehre uns zu vergeben, wie du uns vergibst.
Hilf uns, Unrecht und Fehler zu benennen, ohne den anderen klein zu machen.
Hilf uns, die zu sehen, die mit Unrecht und Schuld nicht fertig werden.
Wir bitten dich für Ehepaare und Familien,
für Geschwister und Freunde, für Kollegen und Klassenkameraden, dass wir abbauen, was uns trennt, dass wir keine und keinen allein lassen, dass wir einander nicht wieder und wieder alte Schuld vorwerfen.
Wir bitten für unser Land um Frieden in einer Zeit voller Spannungen und schwerer Aufgaben, dass nicht neue Mauern zwischen uns entstehen.
Wir bitten um Frieden für die Menschen in Israel, in Gaza, und in der ganzen Region, Frieden für die Menschen in der Ukraine, Schritte zum Frieden überall, wo Menschen einander das Leben zur Hölle machen. Wir bitten für die Geiseln der Hamas und ihre Angehörigen. Wir bitten um Weisheit und Mut zu Frieden für uns alle.
Deiner Barmherzigkeit vertrauen wir uns an. Amen

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Segen