Wie stehst du vor Gott? Predigt über Lk 18,9-14

Predigt am 27.8.17 von Andreas Hansen über Lk 18,9-14

Er nannte sich Imam, Abdelbaki Es Satty, der Kopf der Terrorgruppe in Spanien. Er ist wohl bei einer Explosion in Alcanar ums Leben gekommen.
Ein Imam ist ein Lehrer des Glaubens im Islam. Er leitet das Gebet an und steht der Gemeinde vor.
Der vorbestrafte Drogendealer Es Satty hatte sich vergeblich um eine Stelle als Imam in Belgien beworben, aber für die jungen Männer in Spanien war er der Imam, ihr Glaubenslehrer.
Woran glauben diese Leute? Was ist das für ein Gott, der sie zu Unmenschlichkeit, Hass und Gewalt führt? Mit dem Islam hat das nichts zu tun.   Es ist entsetzlich, wie Menschen Religion verbiegen und Glauben missbrauchen. Gott wird zum Werkzeug für Fanatismus und Selbstgerechtigkeit.

Woran glaubst du?
An sich selbst glauben die Autokraten dieser Welt. Ihre Anbetung der Macht ist grenzenlos. Sie sind süchtig nach Ruhm und beuten ihre Völker aus.   Es ist kaum fassen, dass Menschen vom Schlage eines Erdogan oder schlimmer so viele begeisterte Anhänger haben. Die sehen den eigenen Vorteil und schließen die Augen vor Unrecht, Lügen und selbstgerechter Propaganda.

Woran glaubst du? Wofür setzt du dich mit Herzblut ein?
Wir befragen diejenigen, die sich zur Wahl stellen, die unser Land regieren wollen. Was wird umgesetzt von dem, was in den Programmen steht?  Wir sehen den enormen Druck, unter dem Politiker stehen. Es ist oft sehr schwierig Entschei-dungen durchzusetzen und möglichst vielen gerecht zu werden. Viele Politiker verdienen hohe Achtung für ihr Engagement. Wir sehen aber auch vieles, was uns abstößt an Unehrlichkeit, Machtgier und Verantwortungslosigkeit.

Jesus fragt: Woran glaubst du? Wie stehst du vor Gott? Jesus erzählt von zwei Menschen im Tempel.
Ich lese Lukas 18,9-14:
Er sagte aber zu einigen, die überzeugt waren, fromm und gerecht zu sein, und verachteten die andern, dies Gleichnis: Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme.
Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig!
Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.

Welcher von den beiden wären Sie gerne? Natürlich der, der gerechtfertigt nach Haus geht. Wir wollen doch mit unserem Gott im Reinen sein. Dafür sind wir gerne auch demütig, denn wir wollen ja erhöht werden. Also Zöllner?
Andrerseits, mal ehrlich, wir sind doch die meiste Zeit überzeugt, dass wir gerecht und vielleicht sogar fromm sind, zumindest verglichen mit vielen anderen. Aber so ekelhaft von uns selbst überzeugt wie der von Jesus geschilderte Pharisäer sind wir dann doch nicht.
Welcher von beiden passt zu uns?
Was Jesus erzählt, ist für seine ersten Hörer überraschend und richtig ärgerlich.
Zöllner werden verachtet und gemieden, denn sie ziehen für die verhasste Besatzungsmacht Geld ein und begehen dabei Unrecht und Betrug.
Pharisäer dagegen sind hoch geachtet. Sie bemühen sich ehrlich um ein Leben nach Gottes Gebot. Sie warnen übrigens ausdrücklich vor Selbstgerechtigkeit. Ein Zehntel der Einnahmen für die Armen? – alle Achtung – damit könnten wir viele Probleme lösen.
Aber bei Jesus kommt aber der Zöllner gut weg und der fromme, gerechte Pharisäer wird zum Sprichwort für Heuchelei. Jesus will seine Hörer überraschen.
Denn eigentlich fragt er sie und er fragt uns mit seiner Geschichte: „Woran glaubst du? Wie stehst du vor Gott? Was ist in Wahrheit dein Gott?“
Darauf kommt es an.
Dieser Pharisäer, den Jesus schildert, ist von sich selbst begeistert. Er stellt sich für sich alleine hin und bedenkt sein gutes Leben. Er braucht weder seine Mitmenschen noch Gott. Er ist sich selbst genug. „Woran glaubst du? – An mich. – Was ist dein Gott? – Meine Gerechtigkeit.“
Der Zöllner dagegen weiß, dass er Gott braucht und auf seine Gnade angewiesen ist – so, wie alle Menschen. „Wie stehst du vor Gott? – als Sünder, als Mensch, der sich von Gott abgewandt hat und Gottes Willen oft nicht entspricht – und doch darf ich vor ihn treten und ihm vertrauen.“
Wir sind Gott lieb, obwohl wir ihm widersprechen. Er will unsere Gemeinschaft – darum rechtfertigt Gott uns. Wir dürfen befreit aufatmen vor Gott. Wenn wir ihn suchen, antwortet Gott: „Du bist mir lieb und sollst leben.“
Und dann schenkt Gott uns die Begabung und die Kraft, Gutes zu tun – wie der Pharisäer. Gott will, dass wir stark sind, unsere Gaben entfalten und Gutes tun.

Aber furchtbar schnell rutschen wir ab in die Haltung der Selbstgerechtigkeit, dass wir uns mit anderen vergleichen und für besser halten, dass wir uns abwenden von den Menschen und Gott,   an uns selbst glauben, an den Erfolg, an die Macht, an das, was wir besitzen.

Jesus erzählt seine Geschichte und sagt: „Woran glaubst du? Was ist wirklich dein Gott? Pass auf, dass du dich nicht vergleichst und auf andere herabschaust! Pass auf, dass du dir nicht einen Gott zurechtmachst, der dir in den Kram passt!“

Uns trennen Welten von den hasserfüllten Jüngern des seltsamen Imam. Wir leben Gott sei Dank nicht im Reich eines ungerechten Autokraten. Selbst die Politiker in unserem Land erleben wir meist eher von ferne. Und doch geht uns all das an.
Wir sind betroffen von den Entscheidungen bei uns und bei den Mächtigen der Welt. Wir profitieren von der ungleichen Verteilung der Güter. Die Gewalt kommt uns bedrohlich nahe. Die Not haben wir mit den Flüchtlingen vor der Haustür. Wir sind verstrickt in das Unrecht der Welt. Wir sind Teil der Welt, die Gott zutiefst widerspricht.
Und bitten Gott für uns und für alle: Sei uns gnädig!
Amen