Mt 17,1-9

Predigt am 1.2.15 von Andreas Hansen über Mt 17,1-9

Mt 17,1-9: Sechs Tage später nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes mit sich und stieg mit ihnen auf einen hohen Berg, wo sie allein waren. Dort veränderte sich vor ihren Augen sein Aussehen. Sein Gesicht begann zu leuchten wie die Sonne, und seine Kleider wurden strahlend weiß wie das Licht. Auf einmal erschienen Mose und Elia. Die Jünger sahen, wie die beiden mit Jesus redeten. Da ergriff Petrus das Wort. »Herr«, sagte er zu Jesus, »wie gut ist es, dass wir hier sind! Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elia.« Während er noch redete, kam plötzlich eine leuchtend helle Wolke und warf ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke sprach eine Stimme: »Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Freude habe. Auf ihn sollt ihr hören!« Die Stimme versetzte die Jünger so sehr in Schrek-ken, dass sie sich zu Boden warfen, mit dem Gesicht zur Erde. Jesus aber trat zu ihnen, berührte sie und sagte: »Steht auf! Fürchtet euch nicht!« Als sie aufblickten, sahen sie niemanden mehr außer Jesus. Während sie den Berg hinunterstiegen, sagte Jesus zu den drei Jüngern: »Sprecht mit niemandem über das, was ihr gesehen habt, bis der Menschen-sohn von den Toten auferstanden ist!«

Der Dichter Kurt Marti schrieb:

käme einer der wüsste wo´s lang geht und wir könnten ihm glauben der könnte viel von uns verlangen

käme einer der wüsste glücklich wären wir

käme einer

Die alles so genau wissen, sind uns verdächtig. Wer sehr viel verspricht, erntet Misstrauen. Wir suchen Klarheit, überzeugende Argumente, eindeutige Wahrheit. Sollen wir dies Produkt kaufen oder doch das andere? Wir können uns nur für ein Reiseziel, für einen Beruf, für eine Partei entscheiden. Aber vielleicht sind die anderen doch besser? Wir haben einen großen Druck, dass wir erfolgreich sind, das Beste aus unserem Leben machen. Oft plagt die Ungewissheit, ob wir nicht gerade das Wichtigste verpassen oder unter unseren Möglichkeiten bleiben. Wie kann ich mich für´s Leben entscheiden? Wie kann ich mich z.B. an einen Menschen binden? Immer wieder müssen wir entscheiden, ohne die Folgen ganz abschätzen zu können. Die Ungewissheit kann uns quälen. Manchmal sind wir wie blockiert. Käme doch einer und wüsste, wo´s lang geht! Berater aller Art haben Hochkonjunktur. Aber auch den Experten trauen wir nicht immer über den Weg. Wer von den Fachleuten kann voraussehen, wie sich die Krise in der Ukraine entwickelt, wie sich jetzt Griechenland verhält und was das für Europa bedeutet, ob der Ölpreis so niedrig bleibt, und so weiter? Welche Fachfrau, welcher Fachmann kann uns in den Fragen helfen, die uns persönlich bedrängen? Käme einer? Das wollten wir am Ende wohl gar nicht. Einem Menschen rückhaltlos vertrauen? Nein, wir sind lieber vorsichtig. Wir wollen uns nichts vormachen lassen. In unserer Geschichte wurde schon so oft das Vertrauen vieler missbraucht. Monarchen, braune und rote Diktatoren schufen nicht Klarheit, sondern monströse Lügen. Wir sehnen uns nach Klarheit, aber oft müssen wir uns durch einen Nebel von Widersprüchen, Fragen, Unklarheiten tasten.

Die Jünger sind angespannt. Sie verstehen nicht recht, was Jesus sagt. Sie wissen nicht, wie es weitergeht. Auf der einen Seite hat Jesus Erfolg. Er durchschaut und kennt die Menschen, wie kein anderer. Er kann Kranke gesund machen, seelische Not heilen – böse Geister vertreiben, sagen die Leute damals dazu. Und wie kein anderer spricht Jesus von Gott – er redet mit Vollmacht, so sagen sie. Jesus hat eine große Hoffnung geweckt, auf eine neue, gute Welt in Frieden und Glück, die Herrschaft Gottes. Auf der anderen Seite hat Jesus Gegner, die ihn angreifen. Er spricht davon dass er leiden und sterben wird. Die Jünger können sich das nicht vorstellen und wehren sich dagegen. Was Jesus sagt, verunsichert sie und macht ihnen Angst. In dieser Zeit voll Fragen und Zweifel nimmt Jesus die drei mit auf den Berg. Vor ihren Augen verwandelt er sich. Sein Gesicht leuchtet. Seine Kleider strahlen hell. Dann sehen sie Mose und Elia, die beiden, die im Judentum so sehr verehrt werden. Eine Stimme ruft: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Freude habe. Auf ihn sollt ihr hören!“ Was für ein Erlebnis! Gott selbst ist so nah! Sie sinken auf die Knie, tief erschüttert. Jesus richtet sie wieder auf: „Steht auf! Fürchtet euch nicht!“ Sie sehen das Licht nicht mehr und steigen vom Berg herab. Sie durften einmal über den Nebel hinweg sehen, tröstliches Licht. Aber nun sind sie wieder unten und müssen sich weiter tasten.

In der Ostkirche wird dieses Evangelium in der Osterzeit gelesen: die Verklärung Jesu weist voraus auf seine Auferstehung. Jesus wird „verklärt“ – jetzt haben die Jünger Klarheit. Sie blicken durch. Jesus zeigt seinen Jüngern, wo er zuhause ist: bei Gott, in seinem Licht. Klarheit bekommen wir im Licht von Ostern. Aber zuerst geht Jesu Weg durch Leid und Tod. Noch einmal sind Petrus, Jakobus und Johannes mit Jesus an einem besonderen Ort, im Garten am Fuß des Ölberges. Jesus bittet sie: „Bleibt wach mit mir! Betet mit mir!“ Jesus betet verzagt und voll Angst. Aber Gott tut nicht, was er erbittet. Der Kelch des Leides geht nicht an ihm vorüber. Die drei Jünger versagen in dieser Nacht. Sie schlafen ein. Später laufen sie davon und lassen ihn im Stich. Selbst Petrus wird ihn verleugnen. Dennoch vertraut Jesus sich Gott an. „In deine Hände befehle ich meinen Geist. Du hast mich erlöst.“

„käme einer, der wüsste, wo´s lang geht, und wir könnten ihm glauben…“ Wir sind nicht mit Jesus auf dem Berg. Wir sehen kein himmlisches Licht. Vielleicht haben wir auch Schwierigkeiten, uns diese phantastische Szene vorzustellen. Was Matthäus berichtet, klingt wie Science Fiction oder Fantasy. Religiöse Erfahrungen geraten manchmal an die Grenze dessen, was man beschreiben und nachvollziehen kann. Träume, Visionen, Klänge, Worte – auf jede Weise kann Gott uns nahe kommen und einen Weg zeigen. Er kann ganz leise anklopfen oder sich so überwältigend zeigen, wie dort auf dem Berg. Petrus ist außer sich vor Freude. Er möchte Hütten bauen. Er will das Erlebnis festhalten. Eine leuchtende Wolke unterbricht ihn. Eine Stimme spricht, Gott spricht. Was sie erlebt haben, können die Jünger nur umschreiben. Licht und Klarheit haben sie empfunden, eine tiefe Verehrung für Jesus, die Gewissheit, dass sie ihm folgen wollen. Eindeutig aber sind die Worte: „Dies ist mein geliebter Sohn. Auf ihn sollt ihr hören!“

„käme einer“? Jesus ist der Eine. Er weiß, wo´s lang geht. Darum hat Matthäus diese geheimnisvolle Geschichte erzählt und sie mitten in sein Evangelium gestellt. Keinem anderen als Jesus können wir so sehr glauben und vertrauen. Kein anderer weiß so gut, wo Gottes Weg für uns lang geht. Wir werden nicht jede Ungewissheit leichthin überwinden. Unser Glaube wird immer wieder zu schwach sein und der Stärkung bedürfen – Konfirmation heißt Stärkung. Wir werden vielleicht, wie die drei Jünger damals, rückfällig in unserer Angst oder gebeutelt von Anfechtung und Zweifeln. Aber die Verbindung zu ihm soll nicht abreißen. Ihn, Jesus, sollen wir hören. Auch wenn Sie die Geschichte von der Verklärung Jesu vielleicht fremd und rätselhaft finden, dieser eine Satz ist eindeutig: „Auf ihn sollt ihr hören!“ In seinem Wort, im Gebet zu ihm sollen wir bleiben und Klarheit finden!

käme einer … glücklich wären wir – glücklich sind wir.

Amen