Jesaja 2,1-5

Predigt am 10.8.14 von Andreas Hansen über Jesaja 2,1-5

Jesaja 2,1-5

Das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, geschaut hat über Juda und Jerusalem: In fernen Tagen wird der Berg des Hauses des HERRN fest gegründet sein, der höchste Gipfel der Berge, und erhoben über die Hügel. Und alle Nationen werden zu ihm strömen, und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt und lasst uns hinaufziehen zum Berg des HERRN, zum Haus des Gottes Jakobs, damit er uns in seinen Wegen unterweise und wir auf seinen Pfaden gehen. Denn vom Zion wird Weisung ausgehen und das Wort des HERRN von Jerusalem. Und er wird für Recht sorgen zwischen den Nationen und vielen Völkern Recht sprechen. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Keine Nation wird gegen eine andere das Schwert erheben, und das Kriegshandwerk werden sie nicht mehr lernen. Haus Jakob, kommt und lasst uns gehen im Licht des HERRN!

Liebe Gemeinde, wann wird das sein „in fernen Tagen“? In fernen Tagen, das ist noch weit. Aber es ist nicht der Sankt Nimmerleinstag. Was Gott den Propheten Jesaja schauen lässt, wird geschehen. Jesaja lässt es damals keine Ruhe. Er sagt nicht: „Wer weiß, wann das sein wird: in fernen Tagen! Was kümmert mich, was dann irgendwann geschieht! Vielleicht erleb ich es ja gar nicht mehr.“ Nein, was Jesaja sieht, begeistert ihn. Es ist schon jetzt ein Licht auf seinem Weg. „Kommt und lasst uns gehen im Licht des HERRN!“ Licht! Gottes Licht. Licht der Hoffnung. Licht am Ende des Tunnels. Jesaja verkündet seinem Volk, was Gott ihn schauen lässt. Was wird sein in fernen Tagen? Der Tempelberg, der Zion wird alle Berge überragen. Alle Nationen werden zu ihm strömen. Alle werden auf Gottes Weisung hören. Gott wird Recht sprechen und Streit schlichten. Die Waffen werden ihren Sinn verlieren. Sie werden umgeschmiedet, umfunktioniert. Kein Volk wird mehr Krieg führen oder andere mit Krieg bedrohen. Eine faszinierende Vision! Frieden für die Welt. Die Menschen hören auf Gott. Konflikte werden ohne Gewalt gelöst. Alle erkennen, wie gut Gottes Weisung ist. Gott sorgt für Recht. Jerusalem wird zu Stadt des Friedens.

Das klingt damals wie heute phantastisch. Gerade in und um Jerusalem ist kein Frieden. Schrecklich ist das Kriegsleid in Gaza, aber auch der Terror der Hamas. Immer noch führt Assad Krieg gegen sein eigenes Volk in Syrien. Der sogenannte Islamische Staat im Irak bringt grausame Gewalt über viele Menschen. Das sind drei Kriege allein in dieser Region – und so viele andere Kriege und gewaltsame Konflikte gibt es noch. „Jesaja, was du sagst ist zu schön um wahr zu sein.“ Aber Jesaja sagt trotzdem: „Kommt und lasst uns gehen im Licht des HERRN!“ Er findet sich nicht ab. Er resigniert nicht und sagt: „Es hat keinen Sinn. Die Menschen sind eben unfähig zum Frieden.“ Die Hoffnung treibt Jesaja weiter. Der Frieden ist weit weg. Aber macht euch heute auf den Weg! Hört doch, was Gott uns sagt! Kommt und lasst uns gehen! Ganz passend klingt unser Wochenspruch: „Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit!“ Jesus hat uns zu Kindern des Lichts gemacht. Was wir in seinem Namen tun, ist nicht vergeblich. Lasst uns ihm folgen in Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit!

Schwerter zu Pflugscharen

Bestimmt haben Sie die Skulptur auf dem Textblatt schon einmal gesehen. Sie steht vor dem Gebäude der Vereinten Nationen in New York. Ausgerechnet die Sowjetunion schenkte 1959 den Vereinten Nationen diese Skulptur. Ein Muskelprotz hämmert auf ein Schwert ein. Er schmiedet es um zu einem Pflug: „Schwerter zu Pflugscharen“ Jesajas Friedenshoffnung erfüllt die Völker trotz aller Konflikte. Die Friedensbewegung in der DDR machte sich das Bild und den Spruch zu eigen. Weil es bald verboten wurde, die Aufkleber zu drucken, kam eine Firma in Herrnhut auf die Idee, das Motiv zu sticken. Das nähten mutige Menschen sich auf ihre Jacken. Die Sehnsucht nach Frieden ließ sie nicht los. Die Hoffnung trieb sie weiter. Diese Leute riefen 1989 in Leipzig „Keine Gewalt!“ Kerzen und Gebete haben unser Land verändert. Das kostete damals vor 25 Jahren viel Mut. „Kommt und lasst uns gehen im Licht des HERRN!“ „Lebt als Kinder des Lichts!“ Noch immer staunen wir und sind erfüllt von Dank über die friedliche Revolution. In diesen Tagen wird an den Ausbruch des ersten Weltkrieges erinnert. Nach all dem Schrecken der Kriege sind Frankreich und Deutschland heute Freunde. Die alten Verletzungen sind nicht vergessen, aber die Feindschaft von damals ist heute kaum noch vorstellbar.

Es ist ähnlich in jedem Konflikt, ob zwischen den Nationen oder nur zwischen zwei Menschen. Nach Streit und Krieg ist der Weg zu einem friedlichen, guten Miteinander schwer. Was wir einander angetan haben, ist noch lange im Gedächtnis. Trauen wir dem anderen zu, dass er sich verändert? Sind wir bereit, unseren Anteil am Streit zu sehen, die eigene Schuld und Bosheit? Welche Schritte sind notwendig, um zu heilen, was verletzt ist? Wie lernen wir, einander zu vertrauen? Wir müssen mit Ängsten umgehen: Angst vor dem Anderen, Angst, dass wir ungerecht behandelt werden.

Der Weg zu einer friedlichen Welt ist weit. Gewalt herrscht in vielen Beziehungen. Gewalt gegen Kinder oder gegen Frauen wurde lange Zeit akzeptiert. Gewalt in Familien, in Heimen und in Schulen, auch kirchlichen. Worte können Gewalt sein, verletzen und erniedrigen. Und auch wenn Menschen in Not, Flüchtlingen, Hungernden, Kranken Hilfe verweigert wird, ist das eine Art von Gewalt. Die Welt ist zerrissen von Gewalt – manchmal geschieht sie fast neben uns. Es ist zum Verzweifeln.

Und dennoch: Jesaja sieht den Frieden voraus. Gott hat ein gutes Ziel für die Welt. Menschen, Völker machen sich auf den Weg. „lasst uns hinaufziehen zum Berg des HERRN, zum Haus des Gottes Jakobs, damit er uns in seinen Wegen unterweise“. Sie wollen lernen. Sie sind bereit zu hören, bereit sich zu ändern. Der Weg zum Frieden braucht Menschen, die sich ändern wollen, bußfertige Menschen. Jesaja sieht eine globale Bewegung hin zu Gott. Alle Menschen werden Gott erkennen. Der Streit zwischen den Religionen wird vergessen sein.

Liebe Gemeinde, der Weg zum Frieden ist weit, so weit, dass wir oft resignieren wollen. Aber Gott selbst weist uns diesen Weg. Was Jesaja für Israel und die Völker schrieb, hören wir als Gottes Wort an uns. Auch Jesus weist den Weg zu Frieden und Gerechtigkeit. Wir gehen nicht vergeblich, weil Gott selbst das Ziel setzt. Wir gehen im Licht des HERRN. Wir erstarren nicht vor der Gewalt in der Welt und bei uns. Wir resignieren nicht vor unserer eigenen Unfähigkeit zum Frieden, unserem Versagen. Wir gehen im Vertrauen, dass Gott Recht schafft und Frieden möglich macht. Wir gehen im Glauben, dass Jesus uns, ja, tatsächlich uns, zu Kindern des Lichts gemacht hat. „Kommt und lasst uns gehen im Licht des HERRN!“ Amen