Hausgottesdienst zum 28.2.21 Jesaja 5,1-7

 

Wir feiern unseren Hausgottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

 

Neue Lieder 116: Da wohnt ein Sehnen

Refrain: Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein. Es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Glück, nach Liebe, wie nur du sie gibst.

 

Um Frieden, um Freiheit, um Hoffnung bitten wir. In Sorge, im Schmerz, sei da, sei uns nahe, Gott. Refrain

 

Um Einsicht, Beherztheit, um Beistand bitten wir. In Ohnmacht, in Furcht sei da, sei uns nahe, Gott. Refrain

 

Um Heilung, um Ganzsein, um Zukunft bitten wir. In Krankheit, im Tod  sei da, sei uns nahe, Gott. Refrain

 

Dass du, Gott, das Sehnen, den Durst stillst, bitten wir. Wir hoffen auf dich, sei da, sei uns nahe, Gott. Refrain

 

Ein Sehnen wohnt in uns, dass alles ganz und heil und gut wird, dass nichts uns trennt und eng macht.

Der 2. Sonntag der Passionszeit lenkt unseren Blick auf das was nicht gut ist, was zwischen uns steht, zwischen uns Menschen, zwischen uns und Gott. Der Name des Sonntags ist eine Bitte: Reminiscere – „gedenke!“ – die Beterin, der Beter des 25. Psalms bittet Gott sich zu erinnern.

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind.

 

Gott, du bist barmherzig.

Ja, aber wir sind oft nicht barmherzig,

wir sind nicht gütig und bereit zu vergeben.

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit.

Wie oft halte ich anderen vor,

was sie meines Erachtens falsch machen.

Wie oft spreche ich, laut oder im Stillen,

ein Urteil über einen Mitmenschen.

Wie oft bin ich selbst nicht bereit,

etwas in meinem Leben zum Besseren zu ändern.

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit.

Sieh nicht auf meine selbstgerechtes, hartes Tun. Lehre mich deine Barmherzigkeit.

Erbarme dich. Amen

 

Psalm 25,1-8

Nach dir, Herr, verlangt mich.

Mein Gott, ich hoffe auf dich;

lass mich nicht zuschanden werden,

dass meine Feinde nicht frohlocken über mich.

Denn keiner wird zuschanden, der auf dich harret;

aber zuschanden werden die leichtfertigen Verächter.

Herr, zeige mir deine Wege

und lehre mich deine Steige!

Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich!

Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich.

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und      an deine Güte,

die von Ewigkeit her gewesen sind.

Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend

und meiner Übertretungen,

gedenke aber meiner nach deiner          Barmherzigkeit,

Herr, um deiner Güte willen!

Der Herr ist gut und gerecht;

darum weist er Sündern den Weg. Amen

 

Lied 343 Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ

Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ,

ich bitt, erhör mein Klagen;

verleih mir Gnad zu dieser Frist,

lass mich doch nicht verzagen.

Den rechten Glauben, Herr, ich mein,

den wollest du mir geben,

dir zu leben,

meim Nächsten nütz zu sein,

dein Wort zu halten eben.

 

(Predigttext: Jesaja 5,1-7, Zürcher Übersetzung)

 

Mitten auf dem Markt steht Jesaja und singt. Jesaja ist kein Unbekannter damals in Jerusalem. Schon oft hat er seine Mitbürger mit heftiger Kritik und spektakulären Aktionen schockiert. Er läuft nackt durch die Stadt, um allen zu zeigen, wohin die verfehlte Politik führen wird. Er gibt seinen Kindern Namen, die Unheil ankündigen. Jesaja stellt sich wie ein Bänkelsänger hin und fängt an:

Erlaubt, dass ich singe von meinem Freund, das Lied meines lieben Freundes von seinem Weinberg. Mein Freund hatte einen Weinberg, an steiler Höhe, überaus fruchtbar. Und er grub ihn um und befreite ihn von Steinen, und er bepflanzte ihn mit edlen Reben, und in seiner Mitte baute er einen Turm, und auch eine Kelter schlug er darin aus. Und so hoffte er, dass er Trauben trage, doch er brachte stinkende Fäulnis hervor.   Ja, so ein Weinberg macht Arbeit. Man hat das ganze Jahr zu tun. Der Freund scheut wirklich keine Kosten und Mühen. Alles ist perfekt. Doch das Ergebnis ist enttäuschend, ja, widerwärtig.

Noch etwas anderes klingt im Hintergrund mit: Ein Liebeslied. Der Weinberg ist ein erotisches Bild. Der Freund bereitet seine Hochzeit vor. Alles hat er für seinen Weinberg, also seine Braut getan – vergebliche Liebesmühe!

Plötzlich ändert Jesaja seine Rolle. Er ist nun selbst der Winzer, der enttäuschte Bräutigam:

Und nun, Bewohner von Jerusalem und Männer aus Juda, richtet doch zwischen mir und meinem Weinberg. Was bliebe noch zu tun für meinen Weinberg, das ich nicht getan hätte? Wie konnte ich hoffen, er würde Trauben tragen – stinkende Fäulnis hat er hervorgebracht!

Die Anklage steht. Die Zuhörer sollen urteilen. Aber Jesaja ist so aufge-bracht. Er spricht selbst das Urteil – jetzt ist er ein Richter, und was für einer!

Und nun erlaubt, dass ich euch wissen lasse, was ich mit meinem Weinberg mache: Seine Hecke ausreißen, dann soll er kahl gefressen werden; seinen Zaun einreißen, dann soll er zertreten werden. Und ich habe ihn zur Verwüstung freigegeben, er wird nicht geschnitten werden und nicht behackt, und Dornen und Disteln werden aufsprießen in ihm. Und was die Wolken betrifft, so werde ich Befehl geben, keinen Regen mehr auf ihn fallen zu lassen.                                                             Der Weinberg des Herrn der Heerscharen ist das Haus Israel, und die Männer aus Juda sind, was er aus Leidenschaft gepflanzt hat. Und er hoffte auf Rechtsspruch, doch seht: Rechtsbruch! Und auf Gerechtigkeit, doch seht: Schlechtigkeit!

Zuletzt singt wohl wieder der Freund über den Besitzer des Weinbergs. Nun ist klar:  der aus Leidenschaft und Liebe gepflanzte Weinberg ist sein erwähltes Volk Israel und Juda. Aus einem Liebeslied wird eine Ankla-ge, eine zornige Strafankündigung, eine Klage. So viel Liebe hat Gott geschenkt und erntet Ablehnung, Gleichgültigkeit. Am Ende ist da nur Rechtsbruch, das Recht des Stärke-ren, der sich um jeden Preis durchsetzt, und „Schlechtigkeit“ – eigentlich steht da Geschrei über Unrecht, der Hilferuf der Opfer von Gewalt.

Gott tobt vor Zorn. Er reißt alles nieder.

Den lebensnotwendigen Regen verhindert er. Das ist nicht der liebe Gott, von dem wir gerne reden. Das ist eine düstere Seite Gottes. Die wollen wie am liebsten nicht wahrhaben.

Gott erwartet Gerechtigkeit von uns.  Er ist zornig über das Unrecht.

Er leidet mit denen, die vergeblich um Hilfe rufen.

Was macht Gott und seinen Propheten damals so zornig? Wir müssen nur  weiter lesen: Wehe denen, die Haus an Haus reihen, die Feld an Feld rücken, bis kein Platz mehr ist und bis ihr allein noch im Herzen des Landes wohnt. (V.8) Wehe denen, die das Böse gut nennen und das Gute böse (V.20) Die aus einem Schuldigen einen Gerechten machen gegen Bestechung und Gerechten ihre Gerechtigkeit absprechen! (V.23)   Die Reichen werden immer reicher. Das Recht wird mit Füßen getreten. Habgier, Korruption, Lüge, Gewalt, Leben auf Kosten der Armen und Wehrlosen.  Was damals Gottes Zorn erregt, klingt leider furchtbar aktuell. Beispiele:

Unsere Kleider sind billig, weil die, die sie nähen, Hungerlöhne verdienen. Ein Lieferkettengesetz sollte mehr Gerech-tigkeit schaffen. Aber es wurde auf Drängen vieler fast wirkungslos gemacht.

Der Inselstaat Vanatu ist Gastgeber des Weltgebetstages: Dort im Südpazifik erleben die Menschen immer stärkere Stürme, die alles verwüsten, der steigende Meeres-spiegel bedroht sie – Folgen des Klimawandels.

Oder die Verteilung des Impfstoffs:  Die WHO warnt davor, dass Corona-Impfungen vor allem reichen Ländern zugutekommen. Es drohe ein katastrophales moralisches Versagen.

Wir nehmen die Missstände meist erst wahr, wenn sie uns selbst treffen. Aber mehr und mehr wird uns bewusst, wie alles zusammen-hängt. Es war schon immer so: Wer anderen Böses antut, wird irgendwann auch selbst von den Folgen getroffen. Gott sieht das Unrecht und er hört das Hilfegeschrei.

Sein Zorn ist die andere Seite seiner Liebe.  In leidenschaftlicher Liebe schenkt uns Gott so viel Gutes und wird doch immer wieder enttäuscht.

Lange hat man Jesajas Weinberglied gegen Israel gedeutet nach dem Motto: „die sind so böse, dass Gottes Zorn sie trifft – wir sind ja die Guten“. Heute können wir uns für diese Auslegungs-tradition nur schämen.

Wir sind gemeint.

Gott ist zornig über das Unrecht. Er stellt sich an die Seite der wehrlosen Opfer. Für sie klingt Jesajas Lied verheißungsvoll. Er erschreckt seine Zuhörer. Er will sie wachrütteln: „Macht die Augen auf! Seht, was geschieht! So kann es nicht weitergehen. Gott wartet auf Gerechtigkeit.“

Und doch: Gott stellt sich nicht gegen uns.   Er liebt sein Volk noch immer.

Er liebt uns noch immer.

Kurt Marti dichtete:

Manchen bin ich einiges,

    einigen bin ich vieles schuldig geblieben.

    Und die Zeit läuft davon.

    Wessen Liebe kann das noch gutmachen?

    Die meine nicht.

    Nein, die meine nicht.   

Gottes Liebe macht gut,

was sein Zorn strafen muss.

Wir Christen glauben: Gott selbst setzt sich in Jesus dem Unrecht und der Schuld aus. Auch Jesaja kennt andere Töne:                                                            An jenem Tag: ein anmutiger Weinberg! Singt von ihm! Ich, der Herr, bin sein Hüter, ich tränke ihn alle Zeit. Damit man ihn nicht heimsucht, hüte ich ihn bei Nacht und bei Tag. (27,2f)

Wir täuschen uns nicht über die Wirklichkeit in unserer Welt, über die Schuld, die auch uns trifft.

Aber wir sehen auf Gott, dessen Liebe gut macht, was wir schuldig bleiben.

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit, … gedenke meiner nach deiner Barmherzigkeit!

Amen

 

Neue Lieder 170 Kreuz, auf das ich schaue

 

Kreuz, auf das ich schaue, steht als Zeichen da;

der, dem ich vertraue, ist mir in dir nah.

 

Kreuz, zu dem ich fliehe aus der Dunkelheit;

statt der Angst und Mühe ist nun Hoffnungszeit.

 

Kreuz, von dem ich gehe in den neuen Tag,

bleib in meiner Nähe, dass ich nicht verzag.

 

Lehre uns barmherzig zu sein, Gott, barmherzig zu den Menschen, die zu uns gehören, gerecht und barmherzig zu allen Mitmenschen und zu deiner Schöpfung.

Hilf uns umzukehren, wo wir anderen

hart und herzlos begegnen. Hilf uns, dass wir Unrecht wahrnehmen und beim Namen nennen. Befreie uns, wo wir in Schuld und Unrecht verstrickt sind.

Wir bitten für unsere Kranken, für die, die pflegen und heilen, für die Angehörigen von Kranken und Pflegebedürftigen.

Wir bitten um Weisheit, Kraft und Geduld für Politikerinnen, Richter, Polizisten, Lehrerinnen.

Wir bitten für alle, die erschöpft und bedrückt sind von den Folgen der Pandemie.

Wir bitten für unsere Gemeinde, für unsere Konfis, für Familien mit Kindern, für die Einsamen, für die Trauernden.

 

Vaterunser

 

Gott, segne uns und behüte uns.

Lass dein Angesicht leuchten über uns

und sei uns gnädig.

Hebe dein Angesicht über uns

und schenke uns Frieden.

Amen.