Hausgottesdienst 21.3.21

Wir feiern unseren Hausgottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Seit über einem Jahr plagt uns die Pandemie. Seit zehn Jahren ist Syrien ein Schlachtfeld. Warum trifft Menschen das Leid? Warum wütet die Gewalt, herrscht das Unrecht. Warum werden Menschen von einem Virus befallen?

Schaffe mir Recht, Judika, so heißt dieser Sonntag. Ein bedrängter Mensch klagt Gott sein Leid, er fragt „Warum?“ und klagt Gott an. Er sehnt sich nach Klarheit.

 

Psalm 43

Gott, schaffe mir Recht  und führe meine Sache wider das treulose Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten!

Denn du bist der Gott meiner Stärke:

Warum hast du mich verstoßen?

Warum muss ich so traurig gehen,

wenn mein Feind mich drängt?

Sende dein Licht und deine Wahrheit,

dass sie mich leiten

und bringen zu deinem heiligen Berg

und zu deiner Wohnung,

dass ich hineingehe zum Altar Gottes,

zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist, und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.

Was betrübst du dich, meine Seele,

und bist so unruhig in mir?

Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Amen

 

Gott, schaffe mir Recht! Gott, schaffe uns Recht! Zeig uns dein Erbarmen, schweige nicht zu dem Leid! Es schreit zum Himmel, was geschieht. Viele verlieren die Geduld. Sie sind verzweifelt. Sie sehen kein Ende. Schaffe uns Recht! Bewahre uns vor den Rechthabern! Bewahre mich selbst vor Selbstgerechtigkeit und Rechthaberei!

Sende dein Licht und deine Wahrheit. Jesus, wir sehen auf deinen Weg zum Kreuz. Du verzichtest auf dein Recht. Du gebrauchst keine Gewalt und weichst nicht aus. Du setzt dich selbst ein. Deine Liebe überwindet das Böse. Zeig uns dein Erbarmen! Richte die Verzweifelten auf! Sende dein Licht und deine Wahrheit. Amen

 

Lied 97  Holz auf Jesu Schulter

Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht, ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

Wollen wir Gott loben, leben aus dem Licht. Streng ist seine Güte, gnädig sein Gericht. Kyrie eleison, …

Denn die Erde jagt uns auf den Abgrund zu. Doch der Himmel fragt uns: Warum zweifelst du? Kyrie eleison, ….

Hart auf deiner Schulter lag das Kreuz, o Herr, ward zum Baum des Lebens, ist von Früchten schwer. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

 

„Warum?“, so fragen Menschen, die über ihrem Leid verzweifeln. „warum hast du mich verlassen?“ – Jesus am Kreuz schreit Gott an, wie die Beter und Beterinnen der Psalmen. Unschuldig ist Hiob in tiefes Leid geraten. Er klagt sein Leid.

Predigttext Hiob 19,19-27

Meine engsten Freunde verabscheuen mich. Sogar diejenigen, die mir am liebsten sind, stehen mir feindselig gegenüber. Meine Haut klebt nur noch an den Knochen. Nur das nackte Leben ist mir noch geblieben.

Habt Mitleid, habt Mitleid mit mir, ihr meine Freunde! Denn Gott hat mich mit diesem Unglück geschlagen. Warum verfolgt ihr mich, wie Gott es tut? Wann hört ihr endlich auf, mich zu zerfleischen?

Ach, wenn ich mir doch wünschen könnte, dass meine Verteidigungsrede aufgeschrieben wird – wie bei einer Inschrift, die man in den Stein ritzt! Mit einem Meißel soll man sie in den Fels hauen und ihre Buchstaben mit Blei ausgießen.

Ich weiß ja doch, dass mein Erlöser lebt,   und zuletzt wird er sich über dem Staub erheben. Mit zerfetzter Haut stehe ich hier. Abgemagert bin ich bis auf die Knochen. Trotzdem werde ich Gott sehen. Ich werde ihn mit meinen Augen sehen, und er wird für mich kein Fremder sein. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.

Unvorstellbar ist die Leidensgeschichte Hiobs. Schlag auf Schlag verliert er alles, seinen Reichtum, seine Kinder, sein Ansehen, seine Gesundheit. Übersät mit Geschwüren sitzt er im Dreck. Seine Frau sagt: „Was bringt dir dein Glaube jetzt noch? Gott – kannst du vergessen!“ Aber Hiob will weiter glauben.

Seine Freunde kommen. Lange sitzen sie schweigend bei ihm. Dann beginnt Hiob zu klagen. „Warum? Warum tust du mir das an, Gott?“

Wir hören richtig: Hiob klagt Gott an. Er beschimpft Gott. Seine Wut, seinen Schmerz, seine Verzweiflung schreit er heraus. „Du hast mich geschlagen. Du verfolgst mich. Du zerfleischst mich.“ An anderen Stellen wird er noch drastischer. Darf man so mit Gott reden? Darf man Gott anklagen?

Die Freunde meinen: „So geht das nicht, Hiob. Bestimmt gibt es irgendeinen Grund für dein Leid. Überleg doch mal: Was hast du angestellt?“

Hiob jammert: Habt Mitleid mit mir! Warum verfolgt ihr mich, wie Gott es tut? Auch die Freunde lassen ihn im Stich. Er ist ganz allein. Darum will er seine Rede in Stein meißeln – wenigstens vergessen werden will er nicht.                                  Leid macht einsam.

Wir hören die Berichte von den Flüchtlingen im Lager Kara Tepe auf Lesbos. Eine kurze Notiz, schon bald wieder vergessen. Wir sehen die Bilder aus Syrien, unvorstellbare Schicksale, Millionen auf der Flucht, Hunger – aber schnell gehen wir zur Tagesordnung über.

Leid macht einsam.

Wer kann ermessen, was es bedeutet, wenn ein geliebter Angehöriger plötzlich erkrankt, in die Intensivstation muss, nicht ansprechbar ist, stirbt? Wer kann den Schrecken und die Leere fühlen? Unvorstellbar. Wir können uns nur dazusetzen und den Mund halten, um Himmels Willen nicht vertrösten oder Erklärungen suchen für das, was nicht zu erklären ist.

Das Leid macht auch Jesus einsam.

Alle laufen weg von ihm, erschrecken, ekeln sich, haben Angst, verraten und verleugnen ihn. Er ist ganz allein und auch von Gott verlassen. „Warum?“ so schreit Jesus zu Gott.

Darf man Gott anklagen? Elie Wiesel erzählt von einer Gerichtsverhandlung, die sein Lehrer im Lager in Auschwitz einberief: „Er hatte zwei andere Rabbiner hinzugezogen und sie beschlossen, Gott anzuklagen, im angemessener, korrekter Form, wie es ein richtiges rabbinisches Tribunal tun soll, mit Zeugen, Argumenten, usw. (…) Die Verhandlungen des Tribunals zogen sich lange hin. Und schließlich verkündete mein Lehrer, der Vorsitzender des Tribunals war, das Urteil: Schuldig. Und dann herrschte Schweigen (…) ein endlos langes Schweigen. Aber schließlich sagte mein Lehrer: „Und nun, meine Freunde, lasst uns gehen und beten.“ Und wir beteten zu Gott, der gerade wenige Minuten zuvor von seinen Kindern für schuldig erklärt worden war.“ (Loccumer Protokolle 25/1986, S. 118ff)

Hiob klagt Gott an, aber er lässt Gott nicht los. Er versteht Gottes Wege nicht.                                          Sein Leid ist nicht zu erklären.                                            Er ringt mit Gott.                                                                  Aber er gibt Gott nicht auf.     Er flieht vor Gott, der ihn so geschlagen hat.   Und er flieht doch zu Gott hin. Hiob wagt trotz allem zu glauben, zu hoffen. Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Wir sehen auf den Weg zum Kreuz und wir schauen doch schon auf Ostern.

Hiobs Bekenntnis der Hoffnung vertont Händel in seinem Messias:

Sie können das hören über youtube: https://www.youtube.com/watch?v=Kg7aXEvCeXY

Ich weiß, dass mein Erlöser lebt  und zuletzt wird er sich über dem Staub erheben. Mit zerfetzter Haut stehe ich hier. Abgemagert bin ich bis auf die Knochen. Trotzdem werde ich Gott sehen.  Ich werde ihn mit meinen Augen sehen, und er wird für mich kein Fremder sein.

Hiob wagt es an Gott festzuhalten. Nicht im Brustton fester Überzeugung, eher leise, nach vielen Tränen, suchend, tastend, wagt Hiob sein Bekenntnis der Hoffnung.

Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.

Unvorstellbar groß ist seine Last und er hat keine Erklärung, warum es so ist. Und doch klammert er sich an Gott.

Wir schauen auf Jesus. Gott nimmt auf sich, was Menschen erleiden,   das Unrecht, den Schmerz, die Erniedrigung.    Wir schauen auf Jesus am Kreuz und wir hoffen auf den lebendigen Christus. An dem halten wir uns fest.

Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.

Amen

 

Lied 365 Von Gott will ich nicht lassen

Von Gott will ich nicht lassen, denn er lässt nicht von mir, führt mich durch alle Straßen, da ich sonst irrte sehr. Er reicht mir seine Hand; den Abend und den Morgen tut er mich wohl versorgen, wo ich auch sei im Land.

 

Auf ihn will ich vertrauen in meiner schweren Zeit; es kann mich nicht gereuen, er wendet alles Leid. Ihm sei es heimgestellt; mein Leib, mein Seel, mein Leben sei Gott dem Herrn ergeben; er schaff’s, wie’s ihm gefällt!

Gott, warum? Warum lässt du das Leid zu in dieser Welt? So fragen wir dich.

Halte uns fest, uns und alle Leidenden dieser Erde. Wir klagen dir all das Leid.

Und wir bekennen mit Hiob: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Wir sind oft ratlos, aber nicht hoffnungslos, sprachlos über das Ausmaß des Leides, aber nicht trostlos.

Du weißt, was Leid bedeutet, wie sich Leiden und Tod anfühlen. Du bist zutiefst solidarisch mit deiner leidenden Kreatur.

Wir bitten dich für unsere Mitmenschen, die am Verzweifeln sind, für die, die nichts mehr glauben und hoffen, für die, die unter ihrem Leid zerbrochen sind.

Wir bitten für uns in dieser Zeit. Bewahre uns, du, unser Gott.

 

Vaterunser

 

 

Gott, segne uns und behüte uns.

Lass dein Angesicht leuchten über uns

und sei uns gnädig.

Hebe dein Angesicht über uns

und schenke uns Frieden.

Amen.