Gottesdienst an Karfreitag, Predigt über Kolosser 1,12-20

91,1+2+5 Herr stärke mich, dein Leiden zu bedenken
Votum, Gruß
Gebet mit Psalm 22
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.

Ich schreie zu dir, Gott, aus zerstörten Städten und Flüchtlingslagern. Was ich gesehen habe, ist nicht zu ertragen. Was Menschen einander antun, ist unvorstellbar.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.

Ich schreie zu dir, Gott, aus Ländern, in denen nichts mehr funktioniert, in denen Gewalt und Willkür herrschen. Ich habe Angst um meine Kinder. Ich sehe keine Zukunft.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.

Ich schreie zu dir aus meiner inneren Not, aus
Krankheit, Verzweiflung, Trauer und Angst.
Aber du, Herr, sei nicht ferne;
meine Stärke, eile, mir zu helfen.

75,1 Ehre sei dir Christe

Du, unser Bruder und Herr,
da stehen wir unter deinem Kreuz:
Wie fern Gott sein kann!
Finsternis zieht über das Erdreich.
Und du am Stamm, in dem alle Angst der Welt dröhnt.
Wer bist du? Weit weg ist der Tisch, das Brot, der Wein. Weit weg sind die Fischernetze am See, die wogenden Ähren am Sabbat, der Sturm auf dem Wasser und die Ruhe danach.
Wer bist du? Der Mensch, wie ihn Gott gewollt hat.
Der Mensch, in dessen Leib sich Nägel aus Hass und Spott bohren.
Zu dir, in dieser Stunde am Kreuz sagt Gott ja:
„Ja, mit dir bin ich. Dein Kreuz ist mein Kreuz.
Ein für alle Mal. Nichts trennt dich von mir.“
Da stehen wir unter deinem Kreuz und staunen,
wie nahe Gott uns ist. Nichts trennt uns mehr von ihm.
Wir beten in der Stille.

So sehr hat Gott die Welt geliebt,
dass er seinen eingeborenen Sohn gab,
damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Amen

85,1 O Haupt voll Blut und Wunden

Lesung Joh 19,16-30
Da überantwortete Pilatus ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde. Sie nahmen ihn aber, und er trug selber das Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte.
Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der Juden König. Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateini-scher und griechischer Sprache. Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreibe nicht: Der Juden König, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der Juden König. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.
Die Soldaten aber, da sie Jesus gekreuzigt hatten, nahmen seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch den Rock. Der aber war ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück.
Da sprachen sie untereinander: Lasst uns den nicht zerteilen, sondern darum losen, wem er gehören soll.
So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt: »Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen.«
Das taten die Soldaten.
Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena. Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet. Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und legten ihn um einen Ysop und hielten ihm den an den Mund.
Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht. Und neigte das Haupt und verschied.

Neue Lieder 164 In einer fernen Zeit

Es ist vollbracht. Das Ziel ist erreicht.
Die ganze schreckliche Geschichte hat ein Ziel.
Jesus ist dort, wo es am schlimmsten ist.
Heute ist Jesus bei den geschundenen und fast schon ausgelöschten Menschen im Krieg, auf der Flucht, in Katastrophen, bei den vor Hunger sterbenden Kindern, auf der Krebsstation.
Die Finsternis tobt sich aus, aber ihre Macht ist schon gebrochen. Alles wird gut.
Alles wird gut, weil Jesus mitten hinein geht an die schlimmsten Orte, in das tiefste Dunkel, und weil mit ihm Gott selbst, das Leid und den Schrecken der Welt erträgt und überwindet.
Wenn irgendetwas den Namen Zeitenwende verdient, dann ist es das, was am Kreuz und an Ostern geschieht. Das Böse hat schon immer die Welt verdüstert, aber jetzt ist da Licht und Leben.
Unser Predigttext ist ein Danklied, ein Lob Christi.

Kol 1,12-20

Dankt dem Vater mit Freude! Er hat euch fähig gemacht, Anteil zu haben am Erbe der Heiligen, die im Licht leben. Er hat uns vor der Macht der Finsternis gerettet und der Herrschaft seines geliebten Sohnes unterstellt. Der schenkt uns die Erlösung, die Vergebung unserer Sünden.

Christus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes,
der zuerst Geborene:
Vor allem Geschaffenen war er da.
Denn durch ihn wurde alles geschaffen,
im Himmel und auf der Erde.
Das Sichtbare und das Unsichtbare –
ob Throne oder Herrschaftsbereiche,
ob Mächte oder Gewalten –
alles wurde durch ihn geschaffen
und alles hat in ihm sein Ziel.
Er ist vor allem da,
und in ihm hat alles Bestand.
Und er ist das Haupt des Leibes – der Gemeinde.
Er ist der Anfang:
der erste der Toten, der neu geboren wurde.
In jeder Hinsicht sollte er der Erste sein.
Denn so hatte es Gott beschlossen:
Mit seiner ganzen Fülle wollte er
in ihm gegenwärtig sein.
Und er wollte,
dass alles durch ihn Versöhnung erfährt.
In ihm sollte alles zum Ziel kommen.
Denn er hat Frieden gestiftet
durch das Blut, das er am Kreuz vergossen hat.
Ja, durch ihn wurde alles versöhnt –
auf der Erde wie im Himmel.

Ein Hymnus heute an Karfreitag, geht das?
Der Hymnus wird eher leise gesungen, zögernd, denn die Finsternis ist noch nicht vorbei, die Mächte und Gewalten toben noch – die Welt ist für viele so „trostlos“, dass sie „um den Verstand bringt und in die Verzweiflung treibt“ (Henning Luther, Die Lügen der Tröster)
Der Hymnus kann nicht aus vollem Hals gegrölt werden, wie manche gern wieder Nationalhymnen singen, Augen geradeaus, Hand auf´s Herz.

Die Menschen in Kolossae, im Westen der heutigen Türkei, haben Angst vor den Mächten und Gewalten. Sie haben Erdbeben erlebt, politischen Druck und Verfolgung. „Was kommt da noch auf uns zu?“ In ihrer Angst wollen sie die Mächte besänftigen, die bösen Kräfte bannen. Sie meiden bestimmte Speisen. Sie beten zu Engeln. Sie achten auf den Stand des Mondes.
Der Brief sagt ihnen etwas Wunderbares:
Ihr braucht überhaupt keine Angst zu haben.
Ihr braucht die Mächte dieser Welt nicht zu fürchten. Ihr seid frei.
Seht auf Jesus Christus.
Alles ist in Christus.
Schon am Urbeginn der Schöpfung wirkt die Liebe des Vaters, die wir in Christus erkennen. Alles ist in Christus. Alles wurde durch ihn geschaffen und
alles hat in ihm sein Ziel. Er ist vor allem da, und in ihm hat alles Bestand. Mit seiner ganzen Fülle wollte Gott in ihm gegenwärtig sein.
Wir entdecken Gottes Spur in jedem Geschöpf, im Leben selbst, in der wunderbaren Ordnung der Natur, in allem Gerechten und Schönen, in allem Liebevollen. Aber das ist gebrochen.
Denn da ist auch die hässliche Spur von Leid und Gier und Bosheit, von Gewalt und Tod – es geht wie ein Riss durch die gute Schöpfung.
Gott erträgt und durchleidet und überwindet diesen Riss. In Jesus tut er das am eigenen Leib.
Gott will das Leben und überlässt die Schöpfung nicht sich selbst. Gott liebt seine Schöpfung.
Es ist die gleiche Liebe,
die die Welt so wunderbar erschaffen hat.
Es ist die gleiche Liebe,
die die entstellte, zerrissene Welt heilt.
Gott wollte, dass alles durch ihn Versöhnung erfährt. In ihm sollte alles zum Ziel kommen.
Wir erkennen die Liebe in Jesus Christus
und wir bekommen sie durch ihn geschenkt.
Keine Macht der Welt, nicht einmal der Tod,
kann letztlich der Liebe Gottes widerstehen.

Wir stehen vor dem Kreuz Jesu.
Wir sehen das unermessliche Leid in unserer Welt, Unrecht und Gewalt.
Ein Unschuldiger wird festgenagelt.
Was zählt schon ein Leben, damals oder heute?
Für römische Geschichtsschreiber damals war der Tod Jesu allenfalls eine Randnotiz.
Für uns entscheidet sich am Kreuz Jesu unser Leben und die Welt. Ja, durch ihn wurde alles versöhnt – auf der Erde wie im Himmel.
Wir sehen auf das Kreuz von Ostern her.
Jesus am Kreuz verändert die Welt.
Neues Leben beginnt am Ostermorgen.
„Mitten im Tod, der uns von allen Seiten umgibt, feiern wir, was verheißen ist durch den lebendigen Christus.“ (Vancouver 1984)
Der Tod, das Leid, das Unrecht und die Schuld behalten nicht das letzte Wort. Sie sind besiegt. Gott erträgt und erleidet die ganze Härte der Welt, um sie zu versöhnen. Die Feindschaft der Welt gegen Gott ist überwunden, die Verletzung geheilt.
Eine neue Schöpfung beginnt.
Amen

Lied 85,6+8+9

Wir beten und stimmen ein in das Kyrie.
178.9

Jesus Christus,
du hast dich in diesem Mahl mit uns verbunden.
Stärke unseren Glauben,
präge unser Wollen, Denken und Tun,
begleite uns auf unserem Weg.

178.9

Du bist bei uns,
was auch geschieht.
Du bist bei Menschen in Leid und Verzweiflung.
Hilf ihnen.

178.9

Wir denken an die Not der Menschen in Krieg,
in Verfolgung, in Unterdrückung.
Steh ihnen bei.

178.9

Wir denken an die Opfer von Unrecht und Gewalt.
Sei bei ihnen.

178.9

Wir denken an Menschen, die uns nahe stehe
und um die wir uns sorgen.
Gib ihnen Zuversicht und Hoffnung.

178.9

Dir vertrauen wir uns an. Amen

Vaterunser

98 Korn, das in die Erde
Segen