Gottesdienst am Sonntag 23.4. mit einem Bild von Bärbel Bähr aus dem Zyklus Wasserwelten, Predigt über Joh 4,3-15

Orgelvorspiel: Peter Planyavsky (*1946) Toccatina

455 Morgenlicht leuchtet
Votum
Gruß
Begrüßung: Wie schön, dass wir hier zusammen feiern
im Licht des Morgens. Wir feiern in österlicher Freude.
Und wir freuen uns die diesjährige Kunstausstellung mit Werken von Frau Bähr zu eröffnen.
Heute ist der Sonntag vom Guten Hirten.
Wir beten gemeinsam Psalm 23

Der HERR ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Ehr sei dem Vater

Hüter des Lebens,
du siehst uns,
du siehst, wie wir Mühe haben
in einer Zeit,
in der alles möglichst schnell gehen muss,
in einer Gesellschaft,
die gnadenlos über Menschen urteilt,
in einer Welt,
deren Probleme uns überfordern.
Du weißt, wie leicht wir uns verirren
in trübe Gedanken,
in leeres Gerede,
in achtloses Tun.
Suche uns,
wenn wir nicht wissen,
wohin wir gehören.
Finde uns,
wenn wir uns verkriechen.
Du, unser Hirte,
rufe uns in deine tröstliche Nähe.
Amen

274,1-3

Assoziationen zum Bild von Bärbel Bähr aus dem Zyklus „Wasserwelten“:

Ganz nah gehe ich heran zum Bild,
als wollte ich eintauchen in das Blau,
ich taste über die Oberfläche
rissig, narbig, faltig,
wie Haut, wie Rinde, Leder, Haar

„das Bild wächst mir entgegen“
ich webe mich in die Risse hinein
ich ahne tiefere Schichten
unter der Oberfläche
von vielen Lasuren geborgen
noch zu spüren in Narben, Falten

ich stehe am Teich
halte mich fest am Stamm der Birke
Wind streicht über das Wasser
spielt mit den Blättern
es ist still, nur der Wind, Vögel, Insekten
gelebtes Leben hat mich gezeichnet,
geprägt, Spuren hinterlassen

ich steige hinab in den Brunnen

Orgel Edvard Grieg, Abend im Hochgebirge op.68,4 (aus „Lyrische Stücke“)

Sigrid: Sören Kierkegaard schreibt über das Beten:

Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde,
da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen.

Zuletzt wurde ich ganz still.
Ich wurde, was womöglich ein größerer Gegensatz
zum Reden ist, ich wurde ein Hörer.
Ich meinte erst, Beten sei Reden.
Ich lernte aber, dass Beten nicht nur Schweigen ist,
sondern Hören.

So ist es: Beten heißt nicht, sich selbst reden hören, beten heißt, still werden und still sein und warten,
bis der Betende Gott hört.

Neue Lieder 130 Du siehst mich

„Gib mir etwas zu trinken!“
Da sitzt dieser Fremde am Brunnen und spricht sie an. Was für eine Situation – sie allein mit einem fremden Mann, noch dazu offenbar ein Jude! „Du bist ein Jude und ich eine Samariterin. Wie kannst du mich um etwas zu trinken bitten?“
Sie ist irritiert, dass der Fremde sie anspricht.
Absichtlich kommt sie doch gerade zur heißesten Zeit an den Brunnen. Sie will niemanden treffen.
Andere kommen am Abend hierher um eine Weile zu bleiben, das Neuste zu erfahren, anzubandeln.
Sie hat genug davon. Die abschätzigen Blicke, das verletzende Gerede erträgt sie nicht mehr.
Um diese Zeit ist sie allein hier.
Aber nun ist der Fremde da.
Weiß er nicht, dass er eine Frau nicht einfach ansprechen kann? Und außerdem verachten die Juden die Samariter – sie schaut hinüber zu ihrem heiligen Berg, dem Garizim – ein Jude hütet sich aus dem Krug eines Samariters zu trinken.
Wer ist dieser Fremde, der sie so vertraulich anspricht? „Wie kannst du mich um etwas zu trinken bitten?“
»Wenn du wüsstest, was für ein Geschenk Gott den Menschen macht und wer dich hier bittet: ›Gib mir etwas zu trinken‹! – dann würdest du ihn bitten, und er würde dir lebendiges Wasser geben!«
»Herr, du hast nichts, um Wasser zu schöpfen, und der Brunnen ist tief. Woher hast du denn dieses lebendige Wasser? Bist du etwa mehr als unser Stammvater Jakob? Er hat uns diesen Brunnen hinterlassen. Er selbst hat daraus getrunken, ebenso seine Söhne und sein Vieh.«

Sie wundert sich immer mehr über ihn.
Warum spricht er so?
Wie kann er ihr Quellwasser geben?
Geht es darum überhaupt? Hat er gesehen, wie erschöpft und traurig sie daherkommt?
Sie kommt Tag für Tag hierher, schöpft aus dem alten Brunnen, sie schaut hinunter in die Tiefe und hinauf zum Berg, und sie fragt sich „wie geht es weiter mit mir?“ Es kommt ihr so vor, als ob der Fremde das alles weiß. Lebendiges Wasser, eine neue Quelle, neues Leben, das Alte hinter sich lassen – danach sehnt sie sich.
Jesus antwortet: »Wer von diesem Wasser hier trinkt, wird wieder Durst bekommen.
Aber wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird nie wieder Durst haben.
Denn das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle werden: Ihr Wasser fließt und fließt – bis ins ewige Leben.«
Wieder ist sie erstaunt und zugleich berührt.
Ewiges Leben, wahres Leben – sie hat oft das Gefühl am Leben vorbei zu gehen, nicht sie selbst zu sein, von den anderen verkannt, sich selbst ein Rätsel. Ihr wahres Leben finden, die Quelle in ihr selbst, ankommen bei sich, nicht wieder und wieder vergeblich sich abmühen.
„Herr, gib mir dieses Wasser!”

Ich vertiefe mich in das Bild aus den „Wasser-welten“ wie in ein Gespräch über mich selbst am Brunnen. Fremd und nah zugleich ist, was da zu mir spricht. Da sind Verletzungen, Lebenslinien, Gewachsenes und rätselhafte Tiefe.
Wahres, ewiges Leben – was heißt das?
Vieles im Leben bleibt fraglich und unklar.
Wir entscheiden und fragen uns zugleich, ob wir richtig entschieden haben. „Soll ich diese oder eine andere Ausbildung beginnen? Wohin geht mein Weg? Hat unsere Beziehung eine Zukunft?“ Im Hintergrund steht die Sorge, sich selbst zu verpassen, zu wenig vom Leben zu haben.
Vieles bleibt unfertig, bruchstückhaft, mittelmäßig. Wir müssen uns abfinden mit unseren Grenzen, mit Misserfolgen und Enttäuschungen.
Die Narben und Risse unseres Lebens bleiben, sie schmerzen zuweilen.
Wir müssen Abschiede verkraften, Spannungen, ungelöste Fragen, Leid ertragen.
Was heißt wahres, ewiges Leben?
Heißt es, alles Fragwürdige und Schwache, alles Leid und alle Grenzen sind überwunden?
Nein, all das, was uns angreift und Mühe bereitet, bleibt ein Teil von uns.
Ist das wahre Leben später irgendwann? „Wenn ich endlich erwachsen bin.“ „Wenn ich mein Karriereziel erreicht habe.“ „Wenn ich mein Haus abgezahlt habe.“ „Wenn ich in Rente gehe.“
oder gar: „Wenn ich gestorben bin.“?
Wir kennen manche Weisen uns zu vertrösten oder zu betäuben. Wir kennen das Gefühl, noch gar nicht wirklich zu leben.
Wir fürchten das Leben zu versäumen.

Jesus kennt den Durst nach Leben, die Sehnsucht nach dem wahren, echten, erfüllten, befreiten, glücklichen, eben „ewigen“ Leben.
Er macht der Frau am Brunnen ein ungeheures Versprechen: wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird nie wieder Durst haben. Denn das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle werden: Ihr Wasser fließt und fließt – bis ins ewige Leben.
Und sie lässt sich jetzt darauf ein: Herr, gib mir dieses Wasser! Sie vertraut sich ihm an.

Ich schaue das Bild an, sehe es als Bild meines Gesprächs mit Jesus am Brunnen.
Jesus ist da, wie die Birke, bei der ich Halt finde, wie das tiefe schöne Blau, wie das wehende Haar.
Er ist da in den Rissen und Brüchen, in dem, was noch immer schmerzt wie eine Narbe, in dem, womit ich nicht fertig werde, was mich plagt, was mir ein Rätsel bleibt.
Jesus ist da in neuem Leben nach Krieg und Verwüstung.
Jesus ist da, wo wir leiden und wo wir hoffen.
Er sieht mich. Er sieht uns.
Es ist nicht auf einmal alles gut und heil,
aber es ist alles in seiner Hand.
Ich bin nicht befreit von aller Last und allem Leid, aber ich vertraue mich ihm an.
Das Wasser, das ich dir geben werde, wird in dir zu einer Quelle werden: Ihr Wasser fließt und fließt – bis ins ewige Leben.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

Neue Lieder 190 Schenke mir, Gott, ein hörendes Herz

Sei du unser guter Hirte, Gott, Quelle des Lebens,
Kraft zum neuen Beginn.
Wir bitten dich für Menschen,
die blockiert sind von Enttäuschungen und Ängsten,
die nicht hinwegkommen über schmerzhafte Erfahrungen,
die es schwer haben auf andere zuzugehen.
Hilf uns, ehrlich und wertschätzend miteinander umzugehen.
Sei du unser guter Hirte, Gott, Quelle des Lebens,
Kraft zum neuen Beginn.

Wir bitten um neue friedliche Wege im Sudan,
in Israel und den besetzten Gebieten.
Steh denen bei, die von Krieg und Gewalt getroffen sind,
in der Ukraine, in Syrien, im Jemen.
Hilf den Flüchtlingen, den verletzten und verstörten Menschen.
Stärke und stütze alle, die sich für Frieden einsetzen
und den Opfern der Kriege beistehen.
Sei du unser guter Hirte, Gott, Quelle des Lebens,
Kraft zum neuen Beginn.

Wir bitten für Menschen, die uns nahe stehen, für unsere Konfis, für die Abiturienten in der Prüfung, für die, die sich in Schulen und Kindergärten einsetzen.
Wir bitten für unsere Kranken, für die Trauernden, für die Menschen, die in unseren Heimen leben und für die, die sich um sie kümmern.
Sei du unser guter Hirte, Gott, Quelle des Lebens,
Kraft zum neuen Beginn.

Wir bitten für unsere katholischen Geschwister, für alle, die sich für ihre Kirche einsetzen aber auch an ihr leiden.
Wir bitten auch für unsere Gemeinde und unsere Kirche.
Hilf uns, wahrhaftig und mutig mit Schuld umzugehen und denen beizustehen, denen Unrecht geschehen ist.
Sei du unser guter Hirte, Gott, Quelle des Lebens,
Kraft zum neuen Beginn.

Vaterunser

564,1+2

Segen