Gottesdienst am 12.2., Predigt Jesaja 55,6-13

„wie geht es weiter?“ – wir sind zusammen im Vertrauen:
Gott kennt uns. In seinem Wort finden wir Antwort und Halt.

Fast ein Jahr dauert der Krieg in der Ukraine nun schon.
Überall im Land sind die Folgen zu spüren. So viele Opfer, so viel Leid und Zerstörung – wie soll das weitergehen?

Ein Mensch, der Schlimmes erlebt, einen großen Konflikt, belastet von Vorwürfen und Selbstvorwürfen. Er fragt sich: wie kann ich jetzt weitergehen?

Junge Leute demonstrieren für konsequente Schritte und Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe. Sie fragen voll Sorge: Was kommt auf uns zu, wenn wir einfach so weitermachen?

An glücklichen und an traurigen Kreuzungspunkten unseres Lebens: Am Ende der Schulzeit vor der Entscheidung für einen Beruf. Wenn wir uns für einen Menschen entscheiden. In Abschied, Trennung, Trauer: Wohin geht mein Weg? Wie geht es weiter?

Die Erde bebt und Tausende Menschen sterben, sind verletzt, sind obdachlos. Grenzenlose Verwüstung – wie kann es dort weitergehen?

Wir bringen unsere Fragen vor Gott und beten mit Versen aus Psalm 119, dem großen Lob des Wortes Gottes, 959.2

Herr, dein Wort bleibt ewiglich,
so weit der Himmel reicht;
deine Wahrheit währet für und für.
Du hast die Erde fest gegründet,
und sie bleibt stehen.
Nach deinen Ordnungen bestehen sie bis heute;
denn es muss dir alles dienen.
Wenn dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre,
so wäre ich vergangen in meinem Elend.
Dein Wort ist meinem Munde
süßer als Honig.
Dein Wort macht mich klug;
darum hasse ich alle falschen Wege.
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte
und ein Licht auf meinem Wege.
Erhalte mich nach deinem Wort, dass ich lebe,
und lass mich nicht zuschanden werden
in meiner Hoffnung.

Wie geht es weiter? Vieles im Neuen Testament ist Antwort auf die Verunsicherung der frühen Gemeinden in Anfeindung von außen und Konflikten im Innern. So auch der 1. Petrusbrief. Wir hören aus dem Schlussteil des Briefes:
Für euch alle gilt: Euer Umgang miteinander soll von Demut geprägt sein. Denn Gott stellt sich den Hochmütigen entgegen, aber den Bedürftigen schenkt er seine Gnade. Beugt euch also demütig unter Gottes starke Hand. Dann wird er euch groß machen, wenn die Zeit dafür gekommen ist.
Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.
Bewahrt einen klaren Kopf, seid wachsam! Euer Feind, der Teufel, streift wie ein brüllender Löwe umher. Er sucht jemanden, den er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand, indem ihr am Glauben festhaltet! Ihr wisst, dass eure Brüder und Schwestern in dieser Welt die gleichen Leiden ertragen müssen. Gott hat euch in seiner großen Gnade dazu berufen, an seiner ewigen Herrlichkeit teilzuhaben. In der Gemeinschaft mit Christus habt ihr Teil daran. Nur für eine kurze Zeit müsst ihr leiden. Dann wird er euch wieder aufrichten und stärken, euch Kraft verleihen und euch Halt geben. Ihm gehört die Macht für immer und ewig.
Amen.

Jes 55,6-13

Sucht den Herrn, jetzt ist er zu finden!
Ruft zu ihm, jetzt ist er nahe!
Der Frevler soll seinen Lebensweg ändern!
Wer Böses im Sinn hat, soll seine Pläne ändern und zum Herrn, unserem Gott zurückkehren!
Der wird Erbarmen mit ihm haben und ihm reichlich Vergebung schenken.
So lautet der Ausspruch des Herrn: Meine Pläne sind anders als eure Pläne und meine Wege anders als eure Wege. Wie weit entfernt ist doch der Himmel von der Erde! So fern sind meine Wege von euren Wegen und meine Pläne von euren Plänen.
Regen oder Schnee fällt vom Himmel und kehrt nicht dahin zurück, ohne die Erde zu befeuchten. So lässt er die Pflanzen keimen und wachsen.
Er versorgt den Sämann mit Samen und die Menschen mit Brot. So ist es auch mit dem Wort, das von mir ausgeht: Es kehrt nicht wirkungslos zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will. Was ich ihm aufgetragen habe, gelingt ihm.
Voll Freude werdet ihr aus Babylon fortziehen und wohlbehalten nach Hause gebracht werden.
Berge und Hügel brechen in Jubel aus, wenn sie euch sehen. Die Bäume in der Steppe klatschen in die Hände. Statt Dornsträuchern wachsen dort Zypressen und statt Brennnesseln Myrtenbüsche.
Das alles geschieht zur Ehre des Herrn.
Er setzt ein unvergängliches Zeichen,
das niemals ausgelöscht wird.

Am vergangenen Montag feierten Juden das Fest Tu biSchwat: Sie essen die köstlichen Früchte des gelobten Landes: Trauben, Oliven, Datteln, Feigen, Orangen – Fasten ist verboten. Sie fahren hinaus ins Grüne. Und: sie pflanzen Bäume – jetzt ist die beste Zeit dafür in Israel.
Es heißt: Wenn du gerade einen jungen Baum in der Hand hast und man zu dir sagt: Da kommt der Messias!, dann pflanze zuerst den Baum und geh ihm erst dann entgegen!
Sie feiern den Schöpfer, und indem sie einen Baum pflanzen, wirken sie mit an der Schöpfung.
So wie wir: Am 25. März pflanzen wir im Kirchen-bezirk wieder Bäume – Bäume gegen den Klimawandel.
Oder Bäume für den Frieden: In den von Israel besetzten Gebieten pflanzen sie auch dort Bäume, wo israelische Siedler Olivenbäume ausreißen.
Wer Bäume pflanzt, braucht Geduld.
Bäume für den Frieden. Bäume als Inbegriff des Lebens. Hoffnungsbäume. Bäume als Zeichen für Gottes Wirken in seiner Schöpfung, und in uns:
Wer auf Gottes Wort hört, der gleicht einem Baum, der am Wasser gepflanzt ist. Seine Blätter verwelken nicht.
Gottes Wort wirkt und schafft Leben, auch dort, wo alles verwüstet und verdorrt war. Statt Dornsträu-chern wachsen dort Zypressen und statt Brennnesseln Myrtenbüsche. Immergrüne Pflanzen – ein unvergängliches Zeichen.

Bilder der Verwüstung erreichen uns und bedrängen uns gerade sehr. Nach vielen Jahren Bürgerkrieg und Terror nun auch noch das Erdbeben in Syrien. Natürlich wollen wir wissen, was in Syrien und in der Türkei geschieht, in der Ukraine und in anderen Kriegs- und Katastro-phenregionen. Aber manchmal, wenn ich die Bilder sehe, schäme ich mich fast dafür sie anzusehen – ist es nicht obszön, solches Elend filmen? Die Betroffenen fragen: „Wie können wir retten und wie selbst überleben? Wie kann es nach der Verwüstung weitergehen?“ Und auch: „Warum, Gott? Wie kannst du das zulassen? Wie kann ich dir noch vertrauen?“
Auch wenn wir nur die Nachrichten sehen und hören, und das meiste ja weit weg von uns geschieht, sind wir erschrocken und überfordert von dem, was wir hören – es macht uns traurig und es macht Angst. Manche sagen auch: Ich will die Nachrichten gar nicht mehr hören.
Wir sehnen uns nach weniger Krisen, nach normalen Zeiten, nach Ruhe. Aber gab es das je: „normale Zeiten“?

Jesaja schreibt an Menschen, die viel Elend erlebt und gesehen haben, zuerst Krieg, Verwüstung und Vertreibung, aber auch nach der Rückkehr ins Land große wirtschaftliche Not, Trümmer und Ruinen überall, das Land ist ausgelaugt, es gibt Missernten und Hunger und schon droht ein neuer kriegerischer Konflikt. Das alles zehrt an den Menschen, macht Aufbaupläne zunichte und nimmt ihnen die Kraft. Sie fühlen sich wie verdorrtes Land, wie Wüste, in der nur Dornen wachsen.
„Wie lange noch dauert die Durststrecke? Wie kann es weitergehen? Wo bleibt das, was Gott verheißen hat?“

Jesaja sagt: „Ihr meint wohl, Gott hat euch vergessen. Gott kümmert sich gar nicht um euch. Aber das stimmt nicht!“ (vgl Jes 40,27)
Sucht den Herrn, jetzt ist er zu finden!
Ruft zu ihm, jetzt ist er nahe!
Gott ist nah, auch wenn wir uns alleingelassen fühlen. Gott will sich finden lassen. Gott will erkannt werden. Gott wartet auf unser Gebet, darauf, dass wir ihn suchen und zu ihm rufen.
Das klingt wie ein Widerspruch dazu, dass Gott doch so anders ist, so viel höher als unser Denken und Verstehen. Meine Pläne sind anders als eure Pläne und meine Wege anders als eure Wege. Wie weit entfernt ist doch der Himmel von der Erde! So fern sind meine Wege von euren Wegen und meine Pläne von euren Plänen.
Manchmal möchten wir Gott rütteln und schreien: „Sag uns doch, was das soll? Warum der Krieg? Warum das Erdbeben? Wir verstehen nicht!“
Und doch ist Gott nah und wartet nur darauf, dass wir ihn suchen und nach ihm fragen.
Sucht den Herrn, jetzt ist er zu finden!
Ruft zu ihm, jetzt ist er nahe!
Ebenso sagt es Jesus und zeigt es mit seinem Leben. Jesus sagt: Kehrt um zu Gott! Gottes Reich ist nah. Ich bin bei euch alle Tage. Was uns plagt, geht Gott zu Herzen. Und doch bittet auch Jesus vergeblich: Lass doch diesen Kelch an mir vorübergehen! Und auch Jesus schreit: Warum?

„Wie geht es weiter?“ Die Frage bekommt einen anderen Klang, wenn wir sie an Gott richten:
„Wie gehst du weiter mit uns, mit mir? Was hast du mit mir vor, Gott? Was soll ich tun, was sollen wir tun?“ Das Leben wird nicht mit einem Male klar und leicht. Die Fragen sind nicht erledigt. Aber wir bekommen eine andere, weitere Sicht. Gott geht mit durch die Wüsten. Gott sieht neues Leben für uns.
Wie ist Gott uns nah?
Jesaja meint: In seinem Wort.
In seinem Wort ist Gott uns nah.
Gott wirkt durch sein Wort.
Sein Wort kann Leben schaffen.
Sein Wort kann trösten und aufrichten.
Gottes Wort kommt und wirkt, wie der Regen vom Himmel fällt und das Land fruchtbar macht.
Wo nur Dornen und dürres Gestrüpp war, wachsen Getreide, Früchte und Bäume.
Gottes Wort wirkt. Es bleibt nicht ohne Antwort.
Aber es braucht Geduld, geduldiges Hören,
dass es wie Regen in die Erde sickert, dass wir es aufnehmen, wie Bäume mit ihren Wurzel den Regen, dass wir wachsen in lebendiger Hoffnung.
Nur Worte? Nicht mehr?
Ja, Worte.
Du hast Worte des ewigen Lebens, sagt Petrus einmal zu Jesus. Gott sagt uns Worte, die Leben wecken, Worte, die aus Wüsten Gärten machen.
Amen

Wie geht es weiter, du, unser Gott? Wir bitten dich für die vom Erdbeben betroffenen Menschen in Syrien und der Türkei, für diejenigen, die Angehörige verloren haben, für die Verletzten, die Obdachlosen, die Helfer. Dringend warten sie alle auf eine Perspektive, wie es nach diesem Unglück weitergehen kann.
Wir sehen eine neue Welle von Angriffen in der Ukraine und wir sehen kein Ende von Krieg und Gewalt. So sehr warten die Menschen dort, die Millionen Geflüchteten, wir alle auf Frieden. Bewahre sie, bewahre uns alle vor Krieg und Gewalt und Unrecht. Gebiete den „Frevlern“ Einhalt, leite sie zu Umkehr.
Wir bitten um Weisheit und Kraft für die Entscheider in der großen Politik und in unseren Kommunen, die mit vielen Problemen zurechtkommen müssen und oft mit ihren Aufgaben überfordert sind.
Wir bitten dich für alle, die vor großen Entscheidungen und in schwierigen Lebenslagen sind, die geplagt sind von Unsicherheit und Angst, die sich um einen geliebten Menschen sorgen. Sag ihnen Worte, die weiterhelfen, die trösten und Mut zum Neuanfang geben.
Hilf deiner Kirche und unserer Gemeinde, dass wir uns leiten lassen von deinem guten Wort. Lass uns den Herausforderungen zuversichtlich begegnen. Segne die Zusammenarbeit unter den Gemeinden und in der Ökumene. Dein Wort ist wie Licht – lass uns weitergehen in deinem Licht, du, Gott des Lebens.

Vaterunser