Gottesdienst 22.1.23, Predigt Römer 1,13-17 und Joh 8,1-11

Eingangslied Befiehl du deine wege EG 361,1+2+4
Votum
Gruß

Psalm 86,1-7.11 (Basisbibel)
Lehre mich, Herr, deinen Weg!
Ich möchte nach deiner Wahrheit leben.
Lass eines in meinem Herzen wichtig sein,
dass ich deinem Namen mit Ehrfurcht begegne.

Herr, hab ein offenes Ohr, antworte mir!
Denn ich bin niedrig und arm.

Bewahre mein Leben, ich bin dir doch treu!
Hilf deinem Knecht, du bist ja mein Gott!
Ich verlasse mich auf dich.

Hab Erbarmen mit mir, mein Herr!
Denn ich rufe zu dir den ganzen Tag.

Gib deinem Knecht ein fröhliches Herz!
Meine ganze Sehnsucht gilt doch dir, mein Herr.

Denn du, mein Herr, bist gut und bereit zu vergeben.
Deine Güte kommt zu allen, die zu dir rufen.

Hör auf mein Gebet, Herr!
Achte auf mein Flehen um Gnade!

In meiner Not rufe ich zu dir!
Denn du wirst mir antworten.

Lehre mich, Herr, deinen Weg!
Ich möchte nach deiner Wahrheit leben.
Lass eines in meinem Herzen wichtig sein,
dass ich deinem Namen mit Ehrfurcht begegne.

Ehr sei dem Vater

Gott, unsere Welt ist so unübersichtlich.
Manchmal fühlen wir uns ganz verloren.
Manche vertreten ihre Meinung sehr laut.
Andere berufen sich auf Experten und widersprechen.
Woran sollen wir uns halten?

Lehre mich, Herr, deinen Weg!
Ich möchte nach deiner Wahrheit leben.
Lass eines in meinem Herzen wichtig sein,
dass ich deinem Namen mit Ehrfurcht begegne.

Gott, unsere Welt ist bedroht.
Wir hören die Nachrichten vom Krieg.
Wann hören die Angriffe und das Leid endlich auf?
Wir machen uns Sorgen um das Klima und das Leben.
Was müssen wir tun?

Lehre mich, Herr, deinen Weg!
Ich möchte nach deiner Wahrheit leben.
Lass eines in meinem Herzen wichtig sein,
dass ich deinem Namen mit Ehrfurcht begegne.

Neue Lieder 116 Da wohnt ein Sehnen

Lesung aus Johannes 8,1-11:

Früh am Morgen kehrte Jesus zum Tempel zurück. Das ganze Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte sie.
Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau herbei, die beim Ehebruch überrascht worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu Jesus: »Lehrer, diese Frau da wurde auf frischer Tat beim Ehebruch überrascht. Im Gesetz schreibt uns Mose vor, solche Frauen zu steinigen. Was sagst nun du dazu?«
Das fragten sie, um ihn auf die Probe zu stellen
und dann anklagen zu können.
Aber Jesus beugte sich nur nach vorn und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nicht aufhörten zu fragen, richtete er sich auf und sagte zu ihnen:
»Wer von euch ohne Schuld ist, soll den ersten Stein auf sie werfen!« Dann beugte er sich wieder nach vorn und schrieb auf die Erde.
Als sie das hörten, ging einer nach dem anderen fort, die Älteren zuerst. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die immer noch dort stand. Er richtete sich auf und fragte: »Frau, wo sind sie? Hat dich niemand verurteilt?«
Sie antwortete: »Niemand, Herr.« Da sagte Jesus: »Ich verurteile dich auch nicht. Geh, und lad von jetzt an keine Schuld mehr auf dich.«

Wir haben das im Konfi miteinander gelesen. Es geht den Pharisäern gar nicht um die Frau und was sie getan hat. Die Frau aber steht da und schämt sich in Grund und Boden.

Menschen schämen sich, wenn sie erwischt werden, wenn alle sehen, was sie angerichtet haben, wenn ihnen etwas Unangenehmes passiert, wenn sie schuldig sind.
Menschen schämen sich, wenn etwas Peinliches über sie verbreitet wird, wenn sie bloßgestellt werden, wenn etwas Privates an die Öffentlichkeit kommt, wenn man mit Fingern auf sie zeigt und sie auslacht.
Menschen schämen sich, wenn sie nicht gut genug sind oder wenn sie denken, sie genügen nicht.
Jesus lässt seine Gegner ins Leere laufen.
Er sieht die Frau an und versteht, wie es ihr zumute ist. Er beschämt sie nicht weiter. Dass sie falsch gehandelt hat, verschweigt Jesus nicht. Aber er verurteilt sie nicht.
Die Frau richtet sich wieder auf und begegnet seinem Blick.

Neue Lieder 158 Ich sage ja

Scham fühlt sich nicht gut an. Man fühlt die Blicke auf sich. Man wird bewertet, verurteilt, abgelehnt, bloßgestellt, ausgelacht. Vielleicht stimmt es nicht einmal, aber die Angst davor genügt, dass man einen roten Kopf bekommt, Herzrasen und feuchte Hände. Wie bei einer Prüfung oder im Bewerbungsgespräch.
Paulus schreibt eine Art Bewerbungsbrief an die Gemeinde in Rom. Er kennt die Christen in Rom noch gar nicht, aber er will sie kennen lernen.
Paulus hätte Grund zurückhaltend und vorsichtig zu sein – schließlich wissen alle, dass er früher Christen verfolgt hat. Er ist umstritten. Trotzdem
schreibt er freimütig und offen von Glauben, Sehnsucht, auch von seinem eigenen Versagen und von dem, was ihn zur Verzweiflung treibt. Paulus versteckt sich nicht, wie wir das von vielen anderen kennen. Er schämt sich nicht. Wie kommt er dazu? Paulus sagt selbst in seinem Brief: (Röm 1,13-17)

Ich will euch eines nicht verschweigen, Schwestern und Brüder: Ich habe mir schon oft vorgenommen, zu euch zu kommen. Aber bis jetzt wurde ich immer daran gehindert. Denn ich wollte, dass meine Arbeit auch bei euch Frucht trägt wie bei den anderen Völkern. Das bin ich allen schuldig – ganz gleich, ob sie Griechen sind oder nicht, gebildet oder ungebildet. Wenn es nach mir geht – ich bin bereit, auch bei euch in Rom die Gute Nachricht zu verkünden. Denn ich schäme mich nicht für die Gute Nachricht. Sie ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt – an erster Stelle die Juden, dann auch die Griechen.
Denn durch die Gute Nachricht wird Gottes Gerechtigkeit offenbar. Das geschieht aufgrund des Glaubens und führt zum Glauben. So steht es schon in der Heiligen Schrift: »Aufgrund des Glaubens wird der Gerechte das Leben erlangen.«

Was haben Paulus und die Ehebrecherin gemeinsam? Beide haben Grund sich zu schämen und beide begegnen Jesus. Für beide ist diese Erfahrung ein Wendepunkt in ihrem Leben. Fanatisch hat Paulus die Christen verfolgt – dann
sieht er ein Licht, stürzt geblendet zu Boden, hört eine Stimme – die visionäre Begegnung mit Jesus wird zum Beginn eines neuen Lebens.
Die Frau wurde auf den Tempelplatz gezerrt, von allen höhnisch und gierig angegafft – furchtbar. Jesus hat sie ganz anders wahrgenommen, hat sie so angesehen, dass sie sich wieder aufrichten konnte – eine neue Chance.
„Was ist dir das Menschlichste?“ fragt Nietzsche und antwortet „jemandem Scham ersparen“.

„Ich schäme mich nicht das Evangelium zu verkünden. Ich schäme mich nicht, nicht mehr für meine Geschichte. Ich weiß, dass ich auf dem falschen Weg war. Ich bereue das Leid, das ich anderen zugefügt habe. Aber ich schäme mich nicht mehr. Ich schäme mich nicht die gute Nachricht, das Evangelium zu verkünden.
Ich habe das Evangelium selbst am eigenen Leib erfahren. Es hat mich befreit. Ich gehe aufrecht weiter, nicht mehr beschämt und gebeugt. Gnädig hat Jesus mich angesehen. Sein Blick auf mich hat mein Leben verändert.“

Die Scham ist eng verbunden mit der Angst.
Angst zu versagen, das Falsche zu tun, nicht zu genügen, Angst verachtet, verurteilt, bestraft zu werden. Jeder Mensch kennt das.
Wie im Himmel fühlte sich Martin Luther, als er die Angst vor Gott verlor. Seine Zeitgenossen waren geschüttelt von Ängsten vor der Strafe Gottes.
Luther entdeckte: durch die Gute Nachricht wird Gottes Gerechtigkeit offenbar. Gottes Gerechtigkeit macht uns nicht klein und schlecht, sondern frei. Gott will uns Scham und Angst ersparen. Jesus schenkt uns den liebevollen und gnädigen Blick Gottes. Wir sind Gott recht und lieb – was für ein Glück!

Das Evangelium ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt. „Immer dort, wo Paulus von der Kraft spricht, geht es ums Ganze, um das Letzte Höchste, Tiefste, was wir im Leben erwarten dürfen, um die Begegnung mit dem Ewigen,
die vor der Vernichtung und Auslöschung unserer Existenz bewahrt.“ (Ralph Kunz)
Gottes Kraft ist auf unserer Seite. Sie rettet uns.
Was für ein Glück, wenn wir das erfahren und darauf vertrauen, glauben!
Eine Kraft, die uns rettet und glücklich macht.
Eine Kraft, die uns aufrichtet und von der Scham befreit. Wir werden trotzdem manchmal einen roten Kopf, feuchte Hände oder zitternde Knie bekommen. Die Scham ist nicht fort. Aber sie hat ihre vernichtende Macht verloren, weil wir von Gott liebevoll angesehen sind.

Vielleicht ist das Gegenteil von Scham Heiterkeit, Glaubensheiterkeit, wie unsere Landesbischöfin sagt. Weil Gottes Kraft uns rettet, weil wir der Guten Nachricht vertrauen, darum bleiben wir zuversichtlich, trotz allem, was wir angerichtet haben, trotz allem, was uns widerfährt.
Vielleicht hat die Frau, als sie sich aufrichtete und Jesus ansah, ein Lächeln gesehen, etwas traurig und doch voller Zuversicht.
Amen

EG 351,1+2+7 Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich

Gebet:
Du bist für uns, Gott, für mich und für jeden Menschen.
Deine gute Nachricht gilt mir und uns allen.
Deine Kraft rettet uns – darauf will ich vertrauen.
Hilf mir, wenn mein Glaube schwach wird, wenn mich niederdrückt, was ich getan habe oder was ich nicht schaffe. Sei bei mir, wenn ich mich selbst verurteile.
Sei bei allen Menschen, die gelähmt sind von Scham und Angst. Sag ihnen dein befreiendes gutes Wort.
Steh denen bei, die mit sich und ihrem Leben so schlecht fertig werden.
Hilf denen, die beschämt, gemobbt und ausgegrenzt werden.
Du bist für uns, Gott – jeden Menschen siehst du gnädig an und wartest, dass wir vertrauen und antworten.
Hilf uns jeden Menschen so zu sehen,
die Würde jedes Menschen zu achten und zu schützen,
jede und jeden zu behandeln als dein geliebtes Kind.
Bewahre uns davor andere zu verachten und zu verurteilen.
Gib uns in allen Konflikten, in Ärger und Stress und Mühe, die Heiterkeit und Gelassenheit,
die aus dem Glauben wächst.
Wir sind dein.
Du bist für uns.
Das genügt.

Vaterunser

EG 67,1-4 Herr Christ, der einig Gotts Sohn
Segen