Ruhe für unsere Seele , Predigt über Mt 11,25-30

Predigt am 29.4.18 von Andreas Hansen über Mt 11,25-30

Gottesdienst zum Konfirmationsjubiläum

Vor fünfzig Jahren, am 4. April 1968 wurde Martin Luther King ermordet. Er sagte in einer Rede kurz vor seinem Tod: „Gewiss, ich habe immer an einen persönlichen Gott geglaubt, aber früher bedeutete er mir kaum mehr als eine metaphy-sische Kategorie. Gott ist mir in den vergangenen Jahren fast greifbar wirklich geworden. Inmitten äußerer Unruhe empfand ich innere Ruhe. Wenn Furcht und Verzweiflung meine Mühen zunichtemachen wollten, verwandelte Gott die Müdigkeit und Verzweiflung in die Spannung neuer Hoffnung.“
Das wünschen wir uns: innere Ruhe inmitten äußerer Unruhe, die Spannung neuer Hoffnung, die Erfahrung von Gott greifbar nahe.
Und noch ein Jubiläum: vor genau 500 Jahren, Ende April 1518, war Martin Luther in Heidelberg und diskutierte darüber, dass wir Gott nur in dem gekreuzigten Jesus erkennen, nicht in Macht und Herrlichkeit. Im Gekreuzigten ist Gott uns nah und schenkt innere Ruhe, Hoffnung und Glauben.
Darum geht es heute, liebe Jubilarinnen und Jubilare, liebe Gemeinde, dass wir in Gott Glauben, Hoffnung, Ruhe finden, dass wir uns rufen lassen und stärken, konfirmieren lassen durch Jesus.
Martin Luther King empfindet es als Geschenk, dass Gott ihm fast greifbar wirklich geworden ist. Auch Martin Luther betont: Nicht aus eigener Kraft kann ich glauben, sondern durch Gottes Gnade wirkt der Heilige Geist in mir.
Staunend sehen wir in unserem Leben, wieviel Gutes uns geschenkt wurde, wie Gott uns gerade in schweren Wegstrecken nahe war und ist.

Unser Predigttext ist ein Lied. Jesus singt.
Erstaunlich ist: Er singt, nachdem er gerade viel Ärger hatte. Die Leute halten den asketischen Johannes den Täufer für besessen. Doch über Jesus, der gerne feiert, sagen sie: „Er ist ein Fresser und Weinsäufer“. Jesus ärgert sich über ihre engen Herzen, wenn sie schimpfen: „Er ist ein Freund von Zöllnern und Sündern.“ Jesus will gerade die Sünder auf den Weg zu Gott bringen. Er beklagt sich über seine Galiläer, die nicht verstehen wollen. Schlimmer als die Leute von Sodom nennt er sie. Das alles steht in Kapitel Elf des Matthäusevangeliums. Und dann? Dann fängt Jesus an zu singen. Er hört auf zu schimpfen. Er öffnet den Mund und lobt Gott. Hören wir Mt 11,25-30:
Zu der Zeit rief Jesus aus, (gemeint ist die Zeit, als so viel Ärgerliches geschah): Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies Weisen und Klugen verborgen hast und hast es Unmündigen offenbart.
Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen.
Alles ist mir übergeben von meinem Vater,  und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.
Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Gott ist spürbar nahe. Gott gibt sich zu erkennen. Gott offenbart sich. Gott rührt die Herzen an.
Der Ärger verblasst hinter der Freude über Gottes Nähe. Jesus singt. Er preist den Vater dafür, dass er das Evangelium nicht den Klugen, sondern den Unmündigen offenbart. Die Klugen stehen sich oft selbst im Weg. Sie wollen nichts von Gott wissen. Sie denken: „Ich komme auch ohne Gott aus. Die Menschen erfinden ihren Gott, wie sie ihn gerade brauchen. Gott kann mir keiner beweisen.“ Die Unmündigen und Kinder staunen. Sie öffnen einfach ihre Hände und lassen sich beschenken. Sie vertrauen. Ihnen offenbart sich Gott. Sicher kennen auch sie und wir alle Zweifel und Fragen: Warum wird ein lieber Mensch krank? Warum gibt es so viel Leid und Böses?
Aber doch staunen wir: dass unser Herz schlägt, dass so viel Leben und Schönes ist, dass wir lieben und geliebt werden. Wir staunen und danken. Unsere Lasten sind nicht fort, aber leichter sind sie. Sie verlieren ihre alles beherrschende Härte.
Glaube heißt nicht, dass wir auf die Vernunft und das Denken verzichten. Aber es geschieht mehr, als wir erklären können. Es kann sein, dass Gott fast greifbar wirklich wird. Gott gibt seinen Geist, dass Glaube entsteht. Ein Funke springt über wie zwischen zwei Menschen, die sich verlieben. Gott offenbart sich. Er begegnet uns in dem Menschen Jesus. Ihm können wir vertrauen. Da werden wir nicht gehemmt und beschränkt,  sondern frei und zuversichtlich und stark.

„Ich preise dich, Vater.“ Jesus singt das Evangelium, dass er eins ist mit dem Vater, dass wir durch ihn Gott erkennen. Er will, dass uns die Augen aufgehen, dass der Funke überspringt: Gott ist nah. Gott kommt zu uns in Jesus.
Auf den Gekreuzigten und Auferstandenen sollen wir sehen. Kein Leid, keine Schuld, nicht einmal der Tod kann uns trennen von der Liebe Gottes.
Dann ruft Jesus: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken – wörtlich: ich werde euch Ruhe geben – und dann noch einmal: So werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.
Martin Luther King schrieb: „Inmitten äußerer Unruhe empfand ich innere Ruhe. Wenn Furcht und Verzweiflung meine Mühen zunichtemachen wollten, verwandelte Gott die Müdigkeit und Verzweiflung in die Spannung neuer Hoffnung.“ Was uns unruhig macht und zur Verzweiflung treibt, ist nicht einfach weg, aber wir können freier und zuversichtlicher damit umgehen.
Ich höre Sie und mich selbst innerlich seufzen: „Das wäre schön, wenn ich im Streit nicht die Beherrschung verlieren würde, wenn ich ruhig bliebe, nicht verletzt, nicht verletzend.“ Oder: „Das wäre schön, wenn ich mit dem, was mir Angst macht, anders umgehen könnte.“ Oder: „Wenn ich nur Kraft genug hätte für das, was mich immer wieder bis an die Grenze bringt und so ermüdet.“ Wie gern hätten wir die Spannung neuer Hoffnung, Ruhe für unsere Seele! Wie weit sind wir manchmal davon entfernt.

„Kommt her zu mir!“, ruft Jesus. Er lädt uns ein. Er kennt unsere Lasten. „Kommt her zu mir! Lernt von mir!“
So viel wie Jesus, können wir wohl kaum tragen. Und doch ist seine Last leicht. Er weiß, er ist nicht allein.

Bleib bei uns, Jesus, bleib bei uns, hilf uns mit deiner Zuversicht, deinem Vertrauen, deiner Liebe, dass wir Ruhe finden für unsere Seele. Amen