Schön, dass Sie einen Hausgottesdienst feiern wollen – allein bei Ihnen zuhause und doch verbunden mit Gott und vielen Menschen.
Wir werden heute miteinander Abendmahl feiern. Nehmen Sie sich Zeit, den Tisch zu decken. Ein Stück Brot. Einen Schluck Wein,
Traubensaft oder einen Schluck von dem, was Ihnen besonders kostbar ist. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Gottesdienst!
Ihre Pfarrerin Christina Schäfer
Glockengeläut
Zünden Sie eine Kerze an. Halten Sie einen Moment Stille.
Votum
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Gebet
Gott, wir kommen zu dir an diesem Karfreitag. Sehen auf dein Kreuz. In ihm spiegelt sich das Kreuz so vieler Menschen,
die Gewalt leiden, sinnlose Tode sterben müssen. Am Kreuz sehen wir, wozu wir Menschen fähig sind. In der Stille bringen
wir dir das Dunkel der Welt und unser eigenes Dunkel. Wo wir schuldig geworden sind. Wofür wir uns schämen. Womit
wir alleine nicht fertig werden. – Stille – Gott, lass uns in unserem Dunkel nicht allein. Lass in uns die Hoffnung stark
werden, dass bei dir das Kreuz, die Gewalt, unser Scheitern, nie das Ende, sondern erst der Anfang ist. Versöhne uns mit
dir und mit uns selbst. Und lass in deinen Händen heilwerden, was hier zerbrochen bleibt. Amen.
Lied: O Haupt voll Blut und Wunden (EG 85,1+5)
Lesung Lk 23,32-49
Es wurden aber auch noch zwei andere Verbrecher mit ihm zur Hinrichtung geführt. Und als sie an den Ort kamen, der Schädel
genannt wird, kreuzigten sie dort ihn und die Verbrecher, einen zur Rechten, den anderen zur Linken. Jesus aber sagte: „Vater vergib
ihnen! Denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Sie aber teilten seine Kleider unter sich und warfen das Los darüber. Und das Volk stand
und sah zu. Und die Verantwortungsträger spotteten: „Andere hat er gerettet, er soll doch sich selbst retten, wenn dieser da Christus
ist, der Auserwählte Gottes.“ Aber auch die Soldaten trieben ihr Spiel mit ihm, traten vor ihn hin, brachten ihm sauren Wein und
sagten: „Wenn du der König der Juden bist, rette dich selbst!“ Da war aber auch eine Inschrift über ihm: Dieser ist der König der
Juden.
Einer aber von den Verbrechern, die hingen, verhöhnte ihn und sagte: „Bist du nicht der Gesalbte? Rette dich selbst und uns!“ Da
antwortete der andere und hielt ihm scharf entgegen: „Fürchtest du Gott nicht einmal jetzt, wo du im selben Gericht bist? Und: Wir
sind es zurecht, denn wir bekommen, was unsere Taten wert sind. Dieser aber hat nichts Falsches getan.“ Und er sagte zu Jesus:
„Erinnere dich an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ Und er sagte zu ihm: „Amen, dir sage ich: Heute wirst du mit mir im Paradies
sein.“
Und es war schon um die sechste Stunde und Dunkelheit wurde über dem ganzen Land bis zur neunten Stunde. Und die Sonne
verdunkelte sich. Der Vorhang im Tempel aber wurde in der Mitte zerrissen. Und mit lauter Stimme rief Jesus: „Vater, in deine
Hände lege ich meinen Geist.“ Das gesagt, hauchte er den Geist aus.
Als aber der Zenturio sah, was geschah, pries er Gott und sagte: „Dieser Mensch war wirklich ein Gerechter!“ Und alle, die
zusammengekommen waren zu diesem Spektakel, und gesehen hatten, was geschehen war, schlugen sich an die Brust und gingen
nach Hause. Alle aber, die ihn kannten, standen von Ferne, auch die Frauen, die ihm aus Galiläa gefolgt waren, und sahen das.
Impuls
Besatzung. Und am Ende hängt einer am Kreuz. Nein, nicht einer. Zwei. Drei. Unzählige. Römisches Reich. Vor 2000
Jahren.
Besatzung. Und am Ende ist unser Kopf voller Bilder. Mariupol. Butscha. Kramatorsk. (Und eigentlich könnten da auch
Bilder sein aus Syrien, aus Mali, aus dem Jemen.) Nicht vor 2000 Jahren. Und nicht 1945. Heute. Menschen zermalmt von der Gewalt anderer Menschen. Menschen voller Hoffnungen und Träume. Menschen wie du und ich. Menschen wie er.
Und am Ende hängen Menschen an Kreuzen und sterben sinnlose Tode. Liegen auf Straßen, nackt und bloß.
Die Menschen sagen: Wo ist dein Gott? Und vielleicht klingt diese Frage auch in mir, in dir: Wo bist du, Gott, in diesem Leid? Kann ich die Antwort aushalten? „Am Kreuz“. Da, wo es am dunkelsten ist. In der größten Angst. Im unerträglichsten Schmerz. An der Seite derer, denen alles genommen wird. Aber wer braucht einen Gott, der wie wir am Kreuz hängt? Was kann der schon tun? Wo ist seine Macht? Warum rettet er nicht – sich selbst, uns? „Soll er sich dich retten, wenn er der Auserwählte Gottes ist!“ „Bist du nicht der Gesalbte? Rette dich selbst und uns!“ Ich glaube, das ist nicht nur Hohn.
Ich glaube, das ist eine verzweifelte Hoffnung, dass Gott Gott sein soll. Sein Macht einsetzt und zeigt. Und ich glaube, es ist eine verzweifelte Hoffnung, weil diese Vorstellung von „Macht“ so menschlich ist. „Bist du nicht der Gesalbte? Rette dich und uns!“ Zeig deine Macht! So, wie das Römische Reich seine Macht zeigt. So, wie Putin seine Macht zeigt. Nur mehr. Nur größer. Mächtiger. Gewaltiger. Er steigt nicht herab. Er bleibt am Kreuz.
Mir ist ein Bild aus diesem Krieg tief ins Herz gedrungen. Das Bild von ukrainischen Menschen, die einem russischen Gefangenen ihr Handy gegeben haben. Um seine Mutter anzurufen. Zu sagen: Ich lebe. Es geht mir gut. Diese Menschen haben Putins Macht in einem Augenblick zerbröckeln lassen. Vor aller Augen. Trotz aller seiner Panzer, Bomben, Flieger.
Sie haben keine Macht ausgeübt. Sie haben sich angesichts schlimmster Gewalt nicht ihre Menschlichkeit nehmen lassen.
Das war ihre Macht. Was Putin bleibt, ist nur Gewalt. Macht ist etwas ganz anderes. Vielleicht ist sie das, Gottes Macht: Sich nicht der Mittel der „Machthaber“ zu bedienen. Noch mehr Macht, noch mehr Gewalt. Einfach der Stärkere sein. Und die anderen damit noch mehr zu Opfern zu machen. Damit die Zweiteilung der Welt akzeptieren. In die, die Macht haben und deren Opfer.
Was sich in Ohnmacht kleidet, ist viel mächtiger. Am Kreuz bezieht Gott Position. Auf Seiten der Opfer: Ich bin da, wo Menschen Gewalt erleiden. Verzweifeln. Die Hoffnung, allen Glauben verlieren. Ich stehe auf eurer Seite. Das bedeutet es, nicht vom Kreuz herabsteigen: Konsequent auf Seiten der Opfer stehen – ohne selbst zum Täter zu werden. Den Opfern Kraft geben, die Ohnmacht zu leben und zu verwandeln. Die Kraft, zu hoffen, wo Hoffnung verrückt scheint. Diese wilde Hoffnung, die Menschen treibt, einander zu helfen. So wie es Mitarbeitende der Diakonischen
Initiative in Hügelheim gemacht haben. Sie haben einen Hilferuf aus der Ukraine bekommen. Menschen mit Beeinträchtigung und ihre Familie schafften es nicht über die Grenze nach Polen. Innerhalb weniger Stunden haben sie beschlossen, einfach loszufahren, ins Ungewisse und die Menschen zu holen. Über 20 Stunden sind sie durchgefahren. Ohne zu wissen, was sie erwartet, wie sie alle unterbringen sollen, ob die Finanzierung steht. Haben in Polen Menschen und auch ihre Haustriere eingeladen, sind weitergefahren, haben von unterwegs pausenlos Hindernisse aus dem Weg geschafft, Unterkünfte und Hilfsmittel organisiert, Gelder eingeworben. Kamen unglaublich erschöpft zurück – aber sie
haben es geschafft. Das scheinbar Unmögliche.
Ich glaube, das ist seine Macht. Neben uns zu stehen in unserer Ohnmacht, sie zu teilen und zu verwandeln. In diese
wilde, verrückte Hoffnung. Die uns am Leben hält und uns sagt: Steh auf!
Dieser Macht setzt auch unser Tod keine Grenze. Viel zu viele Menschen haben in diesem sinnlosen Krieg ihr Leben gelassen. Sind der Gewalt und der missbrauchten Macht zum Opfer gefallen.
Dazu brauchen wir den Gott am Kreuz. Der so ganz anders ist als alle unsre Macht. Und das werden wir in drei Tagen, an Ostern feiern: Er steht auf und an unserer Seite. Und er bleibt dort – bis zuletzt. Er ist der, der mich selbst im Tod nicht verlässt. Und dann noch einmal sagen wird: Steh auf.
Amen.
Lied: Verraten, verspottet (NL 203,1-4)
Abendmahl
Sprechen Sie leise für sich oder laut miteinander die Einsetzungsworte zum Abendmahl.
Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, als er verraten wurde, nahm er das Brot, dankte und brachs und gabs seinen Jüngern und sprach: Nehmt hin und esst: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; solches tut zu meinem Gedächtnis.
Ebenso nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dankte und gab ihnen den und sprach:
Nehmt hin und trinket alle daraus: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden; solches tut, so oft ihrs trinket, zu meinem Gedächtnis.
Miteinander beten wir als Tischgebet das Vater unser.
Vaterunser
Sie haben Brot und Wein oder Saft bereitgestellt. Wenn Sie mit mehreren am Tisch sitzen, reichen Sie sich das Brot zu
den Worten „Das Brot des Lebens – für dich“ und den Wein mit den Worten „Der Kelch des Heils – für dich“.
Wenn Sie – wie viele von uns – allein am Tisch sitzen, spreche ich Ihnen diese Worte jetzt zu:
Es ist alles bereit. Schmeckt und seht, wie freundlich der Herr ist!
Nimm das Brot des Lebens – für dich. Nimm den Kelch des Heils – für dich. Das stärke und bewahre dich im Glauben zum ewigen Leben.
Fürbittengebet Wir beten für uns und für die Welt:
Gott, sei da in dieser kriegsdurchfurchten Zeit. Sei da in den Liedern, die Menschen gegen die Angst singen. In Bunkern, in Flüchtlingsunterkünften, an der Front. Sei da in den Gebeten, die Menschen füreinander sprechen. Mütter mit ihren Kindern, für die Väter, für die Verwundeten, und die, die trauern. Sei da an den Orten, wo Menschen verwundet und getötet werden. Lass niemanden allein. Auch nicht in seiner letzten Minute. Sei da bei den politisch Verantwortlichen.
Bei denen, die sich gegen den Krieg stemmen, und bei denen, die es in der Hand haben, die Waffen niederzulegen. Sei du der Mut, den es dazu braucht. Und die Mitmenschlichkeit. Sei du bei uns, wenn wir beten, wenn wir versuchen zu helfen. Sei der Blick, der uns sehen lässt, was gerade gebraucht wird. Und der Funke Hoffnung, der uns trägt, Halt gibt und weitermachen lässt. Du bist das Licht der Welt, vertreib unser Dunkel. Amen.
Lied: Holz auf Jesu Schulter (EG 97,1-6)
Segen
Der Herr segne und behüte uns. Er lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig, er erhebe sein Angesicht
auf uns und schenke uns Frieden. Amen.
Auf Wiedersehen bis zum nächsten Hausgottesdienst am Ostersonntag.