6.2.22 4. Sonntag vor der Passionszeit
Andreas Hansen, Kenzingen
Wir feiern unseren Hausgottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
Lied 445,1+2+5
Gott des Himmels und der Erden, Vater, Sohn und Heilger Geist, der es Tag und Nacht lässt werden, Sonn und Mond uns scheinen heißt, dessen starke Hand die Welt, und was drinnen ist erhält:
Gott, ich danke dir von Herzen, dass du mich in dieser Nacht vor Gefahr, Angst, Not und Schmerzen hast behütet und bewacht, dass des bösen Feindes List mein nicht mächtig worden ist.
Führe mich, o Herr, und leite meinen Gang nach deinem Wort; sei und bleibe du auch heute mein Beschützer und mein Hort. Nirgends als von dir allein kann ich recht bewahret sein.
953.2 = Ps 107,1+2.23-32
Danket dem Herrn; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.
So sollen sagen, die erlöst sind durch den Herrn,
die er aus der Not erlöst hat,
Die mit Schiffen auf dem Meere fuhren
und trieben ihren Handel auf großen Wassern,
die des Herrn Werke erfahren haben
und seine Wunder im Meer,
wenn er sprach und einen Sturmwind erregte,
der die Wellen erhob,
und sie gen Himmel fuhren und in den Abgrund
sanken, dass ihre Seele vor Angst verzagte,
dass sie taumelten und wankten wie ein Trunkener
und wussten keinen Rat mehr,
die dann zum Herrn schrien in ihrer Not
und er führte sie aus ihren Ängsten
und stillte das Ungewitter,
dass die Wellen sich legten
und sie froh wurden, dass es still geworden war
und er sie zum ersehnten Hafen brachte:
Die sollen dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut,
und ihn in der Gemeinde preisen
und bei den Alten rühmen.
Ehr sei dem Vater…
Gott, sei nicht ferne, denn Angst ist nah. Du bist bei uns, und doch ist die Angst wie ein Abgrund.
Unsere Füße geraten ins Wanken, wir verlieren den Halt. Du bist bei uns – in diesem Glauben müsste alle Angst überwunden sein, und doch sind wir in manchen Zeiten auf uns selbst geworfen, als wären wir allein.
Du weißt, was uns bedrängt wie ein Sturm, womit wir nicht fertig werden, was uns die Kraft nimmt.
Sieh unseren schwachen Glauben an.
Zeige uns deine Güte. Amen
Neue Lieder 178 Meine engen Grenzen
Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht bringe ich vor dich. Wandle sie in Weite, Herr, erbarme dich!
Meine ganze Ohnmacht, was mich beugt und lähmt bringe ich vor dich. Wandle sie in Stärke, Herr, erbarme dich!
Mein verlornes Zutraun, meine Ängstlichkeit bringe ich vor dich. Wandle sie in Wärme, Herr, erbarme dich!
Meine tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit bringe ich vor dich. Wandle sie in Heimat, Herr, erbarme dich!
Predigt über Mt 14,22-33 (Neue Genfer Übersetzung):
Nun drängte Jesus die Jünger, unverzüglich ins Boot zu steigen und ihm ans andere Ufer vorauszufahren; er wollte inzwischen die Leute entlassen, damit sie nach Hause gehen konnten. Als das geschehen war, stieg er auf einen Berg, um für sich allein zu beten. Spät am Abend war er immer noch dort, ganz allein. Das Boot befand sich schon weit draußen auf dem See und hatte schwer mit den Wellen zu kämpfen, weil ein starker Gegenwind aufgekommen war. Gegen Ende der Nacht kam Jesus zu den Jüngern; er ging auf dem See. Als sie ihn auf dem Wasser gehen sahen, wurden sie von Furcht gepackt. »Es ist ein Gespenst!«, riefen sie und schrien vor Angst. Aber Jesus sprach sie sofort an. »Erschreckt nicht!«, rief er. »Ich bin’s. Ihr braucht euch nicht zu fürchten.« Da sagte Petrus: »Herr, wenn du es bist, dann befiehl mir, auf dem Wasser zu dir zu kommen!« – »Komm!«, sagte Jesus. Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser auf Jesus zu. Doch als er merkte, wie heftig der Sturm war, fürchtete er sich. Er begann zu sinken. »Herr«, schrie er, »rette mich!« Sofort streckte Jesus seine Hand aus und hielt ihn fest. »Du Kleingläubiger«, sagte er, »warum hast du gezweifelt?« Dann stiegen beide ins Boot, und der Sturm legte sich. Und alle, die im Boot waren, warfen sich vor Jesus nieder und sagten: »Du bist wirklich Gottes Sohn.«
Kennen Sie das Rock-Musical „Jesus Christ – Superstar“? Ich finde es immer noch stark. In einer Szene macht sich der eklige Herodes über Jesus lustig und singt: „Show me, that you‘re not a fool: walk across my swimmingpool! – zeig mir, dass du kein Spinner bist: Lauf über meinen Swimmingpool!“
Muss man das glauben? Oder ist der auf dem See laufende Jesus ein Gespenst, eine Einbildung? „Bist du es?“, fragt Petrus.
Glauben müssen – geht gar nicht.
Keiner kann uns vorschreiben, dass wir glauben und was wir glauben. Ich kann nicht erklären, was damals geschehen ist. Aber ich kann nachspüren, was die Jüngerinnen und Jünger erleben. Matthäus erzählt für seine Gemeinde und für uns. Wie sehr wir den Leuten im Boot gleichen, zeigt zum Beispiel das Siegel unserer Gemeinde in Kenzingen: Ein Boot mit einem Kreuz als Mast.
Es ist Nacht: wir sind empfänglich für düstere Gedanken, über Nacht wird manches klarer, Zeit der Verletzlichkeit, der Angst, der Krise.
Es ist Nacht und Jesus ist nicht da – warum lässt er uns gerade jetzt allein? Wir kämpfen gegen die Wellen und den Wind. Wir sind erschöpft, müde, angespannt. Wir zweifeln und fragen. Wir fühlen uns ausgesetzt auf einem Weg ins Ungewisse.
Wir sind so sehr auf uns geworfen, so gefangen in unserer Angst, dass wir Jesus nicht erkennen, als er dann doch zu uns kommt.
Die Nacht – ist das Hass und Gewalt in unserer Welt, bei den wütenden Demonstranten, an der ukrainischen Grenze, im Netz? Der Sturm – ist das die Pandemie, die uns auslaugt und mürbe macht? Das Boot der Kirche wird gerade im heftigen Gegenwind fast zerschlagen. Und lässt uns Jesus wirklich allein in dieser Nacht? Sicher sind Nacht und Sturm noch ganz andere Erfahrungen. Die Jünger schreien vor Angst – wie Menschen in Furcht um ihr Leben, Flüchtlinge, Opfer von Gewalt und Katastrophen.
Was erwarten wir von Jesus? Was haben die Jünger damals erwartet? Er soll kommen und den tobenden Sturm beruhigen – das wär´s doch: Jesus kommt, alles ok. Aber nein: Jesus ist auf einmal da. Jesus steht bei ihnen, mitten im Sturm. Der Sturm geht weiter. Der Wind peitscht. Das Boot wird hin und her gerissen.
Wer ist das? Eine Einbildung – Phantasma steht im Text? Ist der Glaube nur eine Phantasie?
Erschreckt nicht! Ich bin’s. Habt keine Angst! Petrus zweifelt, aber er will es wissen.
„Was kann ich glauben? Bist du es wirklich?“
Er wagt ein paar Schritte, und schreckt wieder auf, als er den Sturm toben hört und in den Abgrund sieht. Herr, rette mich! , schreit er. Dann packt Jesus ihn und zieht ihn ins Boot.
Du Kleingläubiger – das ist kein abschätziges Urteil, sondern freundlich. Jesus nimmt unseren kleinen, oft verzagten Glauben an. Jesus weiß ja, wie hart der Gegenwind sein kann, wie verlassen wir sein können. Lass diesen Kelch an mir vorübergehen, wird er bitten in der Nacht.
Mein Gott, warum hast du mich verlassen, wird er schreien am Kreuz. Jesus weiß, wie dunkel Gott uns erscheinen kann, wie unverständlich, fern und fremd. Und doch ist Gott da. Und doch kommt der Ostermorgen, neu und hell.
Wir erzählen diese Geschichte wieder und wieder, immer, wenn Sturm und Nacht uns bedrängen.
„Wie kommen wir hier heraus?“ –
„Erinnert euch doch, wie es war!“ –
„Aber wenn Jesus da wäre, müsste der Sturm sich doch legen.“ –
„Nein, er ist da, mitten im Sturm. Es wird nicht alles plötzlich gut, aber er ist bei uns.“ –
„Ich möchte glauben und habe doch solche Angst.“ –
„Ja, wir kennen das. Und auch Jesus kennt es.“ – „Ist es wirklich Jesus?“ –„Hör doch seine Worte: Ich bin’s. Habt keine Angst! Damals auf dem See, auch nach Ostern und auch jetzt: Ich bin’s. Habt keine Angst!“
Was ist damals geschehen? Sie haben ihren kleinen Glauben Jesus hingehalten: „Rette uns!“
Sie sind mit Jesus durch den Sturm und durch die Angst gegangen.
Muss man das glauben? Ich möchte es erfahren.
Amen
Lied 351,1+2+7
Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich; sooft ich ruf und bete, weicht alles hinter sich. Hab ich das Haupt zum Freunde und bin geliebt bei Gott, was kann mir tun der Feinde und Widersacher Rott?
Nun weiß und glaub ich feste, ich rühm’s auch ohne Scheu, dass Gott, der Höchst und Beste, mein Freund und Vater sei und dass in allen Fällen er mir zur Rechten steh und dämpfe Sturm und Wellen und was mir bringet Weh.
Sein Geist wohnt mir im Herzen, regiert mir meinen Sinn, vertreibet Sorg und Schmerzen, nimmt allen Kummer hin; gibt Segen und Gedeihen dem, was er in mir schafft, hilft mir das Abba schreien aus aller meiner Kraft.
Sei bei uns in den Stürmen, Jesus, wenn wir nicht wissen, wie es weitergeht und ob wir bestehen. Sei bei uns und bei allen, die durch Stürme und Nacht hindurch müssen.
Wir bitten dich um Frieden für alle, die Krieg und Gewalt erfahren. Wir bitten für die Flüchtlinge auf den Meeren und an den Grenzen. Wir bitten für unsere Kranken und für unsere Lieben, um die wir uns sorgen.
Dir vertrauen wir sie alle und uns selbst an.
Vaterunser
Lied 421
Verleih uns Frieden gnädiglich,
Herr Gott, zu unsern Zeiten.
Es ist doch ja kein andrer nicht,
der für uns könnte streiten,
denn du, unser Gott, alleine.
Segen
Gott segne dich und er behüte dich.
Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir
und sei dir gnädig.
Gott hebe sein Angesicht über dich
und gebe dir Frieden. Amen