harte Fragen an uns, Predigt über Joh 5,39-44

Predigt am 23.6.19 - Gottesdienst in Hecklingen von Andreas Hansen über Joh 5,39-44

Die Lesung des Sonntages: Jeremia 23,16-29, Lied vor der Predigt: Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr, EG 382, Lied nach der Predigt: Du siehst mich, neuer Anhang 130

Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt? Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?
Es kann sein, dass wir uns irren über Gott.
Es ist möglich, dass wir uns einen lieben Gott zurechtschnitzen, einen Gott, der uns in den Kram passt und der uns nach dem Mund redet, so wie es die falschen Propheten tun, von denen Jeremia spricht.
Der berühmte Theologe Karl Barth hat einmal eine Predigt mit den Worten begonnen:  „Ihr wollt, dass ich ein falscher Prophet bin.“ Wir wollen nicht, dass Gott uns stört. Gott soll uns behüten und bestätigen, mehr nicht!
Misstrauen ist angesagt: Misstrauen gegen uns selbst, gegen unsere Zufriedenheit mit uns selbst, unsere Gleichgültigkeit für Leid und Not anderer. Lieblosigkeit und Kälte ist die Schwester des bequemen Glaubens der falschen Propheten.
Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?
Jesus stört die felsenfeste Selbstgewissheit derer, die meinen, sie sind auf der richtigen Seite und  kennen ihren Gott schon sehr gut. Unser Predigttext sind Verse aus dem Johannesevangelium, harte Worte Jesu zu den Gottes-gelehrten seiner Zeit. Ich lese aus Johannes 5 in der Neuen Genfer Übersetzung (v 39-44):

Ihr forscht in der Schrift, weil ihr meint, in ihr das ewige Leben zu finden. Aber gerade die Schrift weist auf mich hin. Und doch wollt ihr nicht zu mir kommen, obwohl ihr bei mir das Leben finden würdet.
Ich bin nicht darauf aus, von Menschen Anerkennung zu bekommen. Aber bei euch ist es anders. Ich kenne euch und weiß, dass ihr der Liebe zu Gott keinen Raum in eurem Leben gebt.
Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, und ihr lehnt mich ab. Doch wenn jemand anders in seinem eigenen Namen kommt, werdet ihr ihn mit offenen Armen aufnehmen. Wie solltet ihr auch glauben können? Bei euch ist jeder darauf aus, von den anderen Anerkennung zu bekommen;  nur die Anerkennung bei dem einen, wahren Gott sucht ihr nicht.

Jesus sagt einmal: Ich bin gekommen um die Verlorenen zu suchen und zu retten.  Die Verlorenen freuen sich über Jesus, wie Zachäus, der Betrüger, wie die beim Ehebruch ertappte Frau – alle klagen sie an, Jesus vergibt ihr, wie die Geheilten und alle, die durch Jesus  spüren „Gott ist mir nahe, Gott spricht mich an“. Andere brauchen Jesus nicht. Oder sie meinen, sie brauchen Jesus nicht. Er stört sie, weil er sie zu Gott weist. „Umkehren? – warum sollte ich das? Und überhaupt: wer gibt Jesus das Recht,  so zu reden?“ Gerade die Gottesgelehrten, die, die sich in der Kirche und der Bibel auskennen – gerade sie sind oft selbstgewiss und kalt, sie fragen nicht nach Jesus, sie brauchen ihn nicht, sie wollen sich nicht stören lassen.
Es kann sein, dass ich mich irre über Gott, und über mich selbst.
Es kann sein, dass ich selbst zu den vielen gehöre, die nicht nach Gott fragen.
Es kann sein, dass Jesus mich meint, wenn er sagt: Wie solltet ihr glauben können? Bei euch ist jeder darauf aus, von den anderen Anerkennung zu bekommen; nur die Anerkennung bei dem einen, wahren Gott sucht ihr nicht.
Es kann sein, dass ich zu den Verlorenen gehöre, dass ich Gott verfehle und es gar nicht wissen will.
Redet Jesus darum so hart?

Was Jesus anspricht, trifft mich persönlich, seine Anfragen treffen auch uns, die Kirche. Bei euch ist jeder darauf aus, von den anderen Anerkennung zu bekommen.
Ich bin und wir sind auf Anerkennung aus. Ungeheuer wichtig ist uns, wie wir wirken, wie wir ankommen, wie wir uns darstellen. Wir wollen medientaugliche Events. Wir zählen die Besucher, die Klicks, die Kollekten. Der Kirchentag ist ein gutes Beispiel: hier machen sich Menschen auf die Suche nach Gott in unserer Zeit, hier wird leidenschaftlich diskutiert, gebetet und gefeiert – das ist wunderbar. Berichtet wird von den Zahlen, den Prominenten, den schrillen Auftritten. Kaum zu bemerken ist, dass wir nach Gott und dem Glauben fragen.
Worauf sind wir als Kirche aus? Worum geht es mir? Um die Anerkennung der anderen?

 Ich kenne euch und weiß, dass ihr der Liebe zu Gott keinen Raum in eurem Leben gebt.  Luther übersetzt: ihr habt Gottes Liebe nicht in euch.
Eine harte Anfrage an mich und an uns.
Ein Mensch, der sich nur für sein Wohlergehen interessiert, wird lieblos. Eine Kirche, die sich vor allem mit sich selbst beschäftigt, wird blind für die Not und die Fragen der Menschen. „Wir haben doch die Fachleute vom Diakonischen Werk. Gehen Sie zur Beratungsstelle in Emmendingen!“
Wofür gebe ich und geben wir Raum?
Durch was lassen wir uns in unserer Ruhe stören?
Wofür mache ich mich auf den Weg?

Wie solltet ihr auch glauben können? … die Anerkennung bei dem einen, wahren Gott sucht ihr nicht.
Jesus stört die Selbstgewissheit. Er will mich und uns aus der Ruhe bringen. Er fragt die Gottesgelehrten seiner Zeit und er fragt mich und uns, seine Kirche: „Sucht ihr nach Gott? Ist er euch wichtig? Oder meint ihr, ihr habt ihn schon; es ist alles gut?“
Nehmen wir ihn ernst!
Jesus will uns ja nicht beschimpfen, er will uns gewinnen, er will, dass wir ihm glauben und ihm folgen.
Glaube braucht die Suche nach Gott –und die kritische Frage: Worauf, auf wen verlasse ich mich? Wessen Anerkennung suche ich?

Wir sollen als Christen und als Kirche glauben, Gottes Wort verstehen und ihm folgen.
Wir sind aber Menschen. Unser Glaube ist schwach. Gott ist uns fremd. Wir wenden uns von ihm ab und folgen seinem Wort nicht.
Wir sollen beides wissen, unsere Bestimmung als Menschen, unseren Auftrag als Kirche, und andrerseits unseren Widerspruch gegen Gott, unser Unvermögen.
Wir sollen beides ernst nehmen und doch Gott suchen und ihm antworten, die Anerkennung bei dem wahren Gott suchen.
Und Jesus kommt uns entgegen. Er sucht uns und will uns retten.
Jesus will uns anstecken mit seiner Liebe zu Gott und mit seiner Liebe zu den Menschen.

Amen