Worte wie ein warmer Wind im Rücken, Predigt über Mt 3,13-17

Predigt am 12.1.20 von Andreas Hansen über Mt 3,13-17

Im Gottesdienst werden die alten Kirchengemeinderäte verabschiedet und die neuen eingeführt

Epiphanias, Erscheinung Christi – so heißt der 6. Januar. Da feiern die Christen der Ostkirche erst Weihnachten. Wir sind noch in der Weihnachtszeit. „Die Finsternis vergeht und das wahre Licht scheint schon.“ (1.Joh 2,8) Dieser Vers gehört zu Epiphanias.
Der neue Kirchengemeinderat beginnt in der Epiphanias-Zeit. Das passt gut. Im Licht Jesu Christi fangen wir an. Das Licht Christi soll unsere Gemeinde leiten. Das Licht Christi erhellt die komplizierte, verrückte, friedlose Welt, in der wir leben. Viele Menschen müssen im Schatten von Krieg leben. Wie nah die Gefahr sein kann, haben wir letzte Woche gespürt. Auch sonst gibt es für jede und jeden von uns dunkle Zeiten, aber wir glauben und hoffen „die Finsternis vergeht“. Christus ist alle Tage bei uns. Wir leben schon in seinem Licht.

Vor ein paar Jahren haben wir im KGR ein Leitbild für unsere Gemeinde formuliert. Im Licht Christi sind wir schon eine einladende, offene, lebendige Gemeinde – und zugleich sind wir auf dem Weg, das zu werden. Wir haben z.B. geschrieben:  „Zum Glauben an Jesus Christus gehört die Erfahrung von Gemeinschaft. Darum wollen wir eine einladende Gemeinde sein, in der wir unseren Glauben mit anderen teilen.“
Ich bin gespannt, wie wir das im neuen KGR und mit unserer Gemeinde weiterschreiben. Wir schauen immer wieder: was sind wir von Christus her schon und was wollen wir werden?
Müssen wir den Frieden, die Bewahrung der Schöpfung, die Achtung vor jedem Menschen in unser Leitbild schreiben und in unserer Gemeinde neu betonen? Was sind wir von Christus her schon? Wie sollen wir Gemeinde sein?

Unser Predigttext für heute ist eine Anfangsgeschichte. Alle vier Evangelisten berichten vom erwachsenen Jesus als erstes: Jesus   kommt zu Johannes und lässt sich taufen. Hören wir, wie Matthäus davon schreibt:
Damals kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes. Er wollte sich von ihm taufen lassen. Johannes versuchte, ihn davon abzuhalten, und sagte: »Ich habe es nötig, von dir getauft  zu werden! Und du kommst zu mir?« Jesus antwortete ihm: »Das müssen wir jetzt tun. So erfüllen wir den Willen Gottes.« Da gab Johannes nach. Als Jesus getauft war, stieg er sofort aus dem Wasser. Und sieh doch: Der Himmel riss über ihm auf. Er sah den Geist Gottes.  Der kam wie eine Taube auf ihn herab.  Und sieh doch: Dazu erklang eine Stimme aus dem Himmel: »Das ist mein Sohn, ihn habe ich lieb, an ihm habe ich Freude.«

Johannes staunt. Da steht Jesus mitten unter den Leuten, die zu ihm kommen. In Scharen kommen sie an den Jordan. Sie haben Sehnsucht nach einer neuen Zeit, nach einem neuen, guten Leben. Darum wollen sie getauft werden, ein Zeichen voll Hoffnung. Johannes  fährt die Leute an: „Kehrt um! Tut Buße! Lebt endlich gerecht!“
Was würde Johannes zu uns sagen? Vermutlich das Gleiche: „Kehrt um und lebt gerecht! Findet euch nicht ab mit Streit und Krieg! Lebt nicht so, dass ihr der Schöpfung schadet! Seid nicht so habgierig! Hört auf damit, Hass und Lüge zu verbreiten!“ Johannes hätte auch bei uns viel Grund zu schimpfen, so wie er es damals getan hat.
Jesus steht mitten unter diesen Leuten, über die Johannes schimpft. „Zu diesen Sündern passt du doch nicht, Jesus!“ Aber Jesus sagt: „Doch, hier ist mein Platz, bei den sündigen Menschen, bei den Ungerechten, bei den Friedlosen und bei den Schwachen. Zu ihnen schickt mich Gott.“ Auf solche Leute lässt Jesus sich ein.
Jetzt empfängt Jesus die Taufe wie die Leute bei Johannes, die von Gott eigentlich keine Ahnung haben, die Taufe, das Zeichen der Umkehr zu Gott. Jesus steht bei denen, die fern sind von Gott, bei den Sündern. Wir sind fern von Gott, aber Jesus ist bei uns.

Johannes staunt und muss noch mehr staunen.
Der Himmel öffnet sich. Göttlicher Glanz geht auf. Jesus sieht den Geist Gottes herabkommen. Gott lässt sich hören: Das ist mein Sohn. Ich habe ihn lieb. An ihm habe ich Freude.
Wie schön, wenn eine Mutter ihr Kind sieht und lacht und sich von Herzen freut, wenn ein Vater seine Tochter oder seinen Sohn mit glänzenden Augen freundlich ansieht. Da ist Wärme und Nähe und Vertrauen. Mein Kind, ich hab dich lieb und freu mich über dich.
Es ist zu spüren, wie gut dem Kind die Worte tun, wie es innerlich wächst und glücklich ist.
Worte wie ein warmer Wind im Rücken.
So kann man das Leben annehmen. So wird das Kind stark für alles, was kommt.
Das ist mein Sohn. Ich habe ihn lieb. An ihm habe ich Freude. Es gibt unterschiedliche Auslegungen für das, was hier mit Jesus geschieht. Wird ihm erst jetzt richtig bewusst, dass er Gottes Sohn ist? Erfährt Jesus die Stimme aus dem Himmel als Berufung durch Gott? Oder wird nun für alle offen verkündet, wer Jesus ist? Aber ganz gleich, welche Auslegung wir vorziehen, die Wärme und Vertrautheit der Worte entspricht der tiefen Verbundenheit zwischen Jesus und seinem himmlischen Vater.
Worte wie ein warmer Wind im Rücken. Die Taufe gibt Jesus Rückenwind. Kraft, Mut, Vertrauen, Einsicht für das, was auf ihn zukommt. Denn das Wichtigste ist schon klar. Gott sagt: Du bist mein Sohn. Ich habe dich lieb. An dir habe ich Freude. Darauf kann sich Jesus verlassen, was auch geschieht.

Die Taufe Jesu ist ein Ur-Bild für unsere Taufe.
Gott hat zu uns gesagt: Du bist mein Kind. Ich habe dich lieb. An dir habe ich Freude.
Aber wir sind doch nicht Jesus? Nein, das sind wir nicht. Wir sind oft weit entfernt davon, wie Jesus zu lieben, friedvoll und gerecht zu leben. Aber Jesus ist doch mitten unter den Leuten, die zu Johannes kommen. Er ist bei uns. Wir leben schon in seinem Licht. Wir sind schon Kinder Gottes. Gott gibt uns Rückenwind.
Wir sind schon in der Taufe dazu berufen Jesus zu folgen. Wir sind schon berufen und begabt für unseren Weg. Wir sind gestärkt für den nächsten Schritt, für eine Entscheidung, für einen Abschied, für eine neue Aufgabe.
Martin Luther meinte einmal, die Taufe genügt und begabt uns schon Pfarrer oder Bischof oder Papst zu sein.
Die Zusage der Taufe gibt uns  Kraft und Mut, Vertrauen und Einsicht Kirchengemeinderätin  oder Kirchengemeinderat zu sein. Wir wachsen innerlich, Menschen, die Gott aufrichtet, Menschen, die Gottes Worte hörenund ernst nehmen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen