Was ist der Mensch? Gedanken von Konfirmanden und Pfarrer Hansen über Psalm 8,5+6 – zum Buß und Bet-Tag

Hansen: „Was ist der Mensch?“ Heute, am Buß- und Bet-Tag denken wir vor Gott über uns nach. Wir sind widersprüchlich. Wir sind für uns selbst rätselhaft. Wir fragen nach unserer Bestimmung – was und wie sollen wir sein? Wir sehen, dass wir oft hinter unserer Bestimmung zurückbleiben. Wir scheitern. Wir sind schwach. Wir werden schuldig. Wie sieht Gott uns an?

 Julian: Was ist der Mensch? So fragen auch die Menschen, die die Bibel geschrieben haben. Der Psalmbeter in Psalm 8 schreibt: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.“

Niko: In der Übersetzung, die wir im Konfi verwenden, klingt das so: „Wie klein ist der Mensch, wie gering und unbedeutend! Und doch gibst du dich mit ihm ab und kümmerst dich um ihn! Ja, du hast ihm Macht und Würde verliehen; es fehlt nicht viel und er wäre wie du.“

Simon: Oft können wir Menschen, und auch uns selbst, bewundern und toll finden. Wir können so liebevoll und warmherzig sein. Menschen helfen anderen, ihren Freunden, aber auch Fremden. Wir sagen einander was Nettes. Wir sorgen uns um einander.

Naomi: Wir können aber auch böse sein, herumschreien, genervt sein und andere nerven und streiten.  Menschen sind zu sehr viel Bösem fähig. Sie üben Gewalt und gehen respektlos miteinander um. Sie sind hartherzig und grausam.

Michelle: Menschen können so schlau sein und wunderbare Dinge erfinden, zum Beispiel medizinische Geräte, die Leben retten, Weltraumraketen, das Internet.

Julie: Aber weil wir auf andere neidisch sind und immer mehr Macht und Besitz haben wollen, unterdrücken wir Menschen und sind ungerecht, schaden wir der Natur und führen sogar Kriege.

Lena: Was ist der Mensch? Wir sind so unterschiedlich, unberechenbar, verrückt, so voller Gegensätze: Böse und liebevoll, fair und unfair, warmherzig  und kaltherzig, schlau und dumm, höflich und gemein, zerbrechlich und stark, hilfsbereit und respektlos, schön und hässlich.

Niklas: Gott hat uns erschaffen und doch hat er uns den Tod mit auf den Weg gegeben. Ich denke an Menschen wie die ermordeten junge Frauen in Endingen und Freiburg. Plötzlich kann unser Leben vorbei sein. Was ist der Mensch?

Evelin: In manchen Momenten im Leben muss man einfach ehrlich oder lieb sein. Ein Mensch, der sonst nur böse ist, steckt in einer Notsituation und erfährt Hilfe und Freundlichkeit. Was ist der Mensch? Können wir uns oder andere zum Guten verändern?

Liana: Ich denke, dass in jedem Menschen etwas Böses steckt. Das wird zum Beispiel deutlich, wenn wir angegriffen werden und tief verletzt sind und Rache nehmen wollen. In uns allen steckt Böses und Gutes drin. Was ist der Mensch? Sind wir einfach dem Bösen ausgeliefert, das in uns steckt?

Saskia: Wir sind erschaffen worden von Gott und sind aber zugleich auch vergessen worden, weil wir nicht gut waren im Zusammenhalten. Was ist der Mensch? Kümmert sich Gott um uns?

Emely: im Bericht von der Erschaffung des Menschen heißt es: „Gott schuf die Menschen nach seinem Bild“, und es heißt auch: „Da nahm Gott, der HERR, Staub von der Erde, formte daraus den Menschen und blies ihm den Lebensatem in die Nase. So wurde der Mensch ein lebendes Wesen.“ Wir sind das Ebenbild Gottes. Wir kommen als sein Ebenbild auf die Welt und werden doch wieder zu Staub. Was ist der Mensch, so großartig und doch so zerbrechlich?

 Hansen: Was ist der Mensch? Wissenschaftler beschreiben, was uns Menschen ausmacht, wie wir uns entwickelt haben und auch wie wir Menschen fähig sind, die Erde zu verwüsten. Philosophen und Künstler fragen nach dem Wesen des Menschen. *Hier im Gottesdienst suchen wir nach einer Antwort, was und wie wir vor Gott sind. *Martin Luther hat sich in vielen schlauen Thesen über die Frage nach dem Menschen mit den Geistesgrößen seiner Zeit auseinandergesetzt. *Und dann kommt er zu einer ganz kurzen Aussage, im lateinischen Text nur drei Worte: hominem iustificari fide – der Mensch wird vor Gott gerecht gesprochen durch den Glauben. *Wir kommen zu uns selbst, zu unserer Bestimmung, unserer Menschlichkeit, wenn wir uns so verstehen: *Gott spricht mich gerecht. Gott will mich. * Nicht weil ich lieb bin, sondern weil er mich liebt. *Nicht weil ich gut bin, sondern weil er ja zu mir sagt, obwohl ich so oft selbstsüchtig und gar nicht gut bin. *Nicht weil ich fromm und gläubig bin, sondern weil er mich bei sich will. *Gott sagt ja zu uns. Wir kommen zu uns selbst, wenn wir ihm vertrauen. Das ist das Wichtigste und Größte, was über uns Menschen zu sagen ist. *Wenn wir uns so verstehen, gewinnen wir Freiheit, eine enorme Freiheit. Gott sagt Ja – das ist unser Fundament. *Wir müssen nichts aus uns machen, um vor uns selbst und vor anderen gut dazustehen. * Wir müssen einander nicht übertreffen und besser sein als die anderen. Wir müssen schon gar nicht andere schlecht machen wie Wahlkämpfer, die aufeinander herumhacken. Wir dürfen zu unseren Schwächen und Fehlern stehen – das ist befreiend, wenn einer sich getraut zu sagen: „Davor habe ich Angst.“ Oder „Das habe ich falsch gemacht. Bitte entschuldige!“ * Und schließlich: So können wir einander mit unseren Fehlern akzeptieren, weil ja für jeden von uns gilt: Gott sagt ja zu diesem Menschen, der mir vielleicht Probleme macht. Er hat wie ich eine Würde als ein Mensch, den Gott liebt und bejaht.

Ich freue mich über Gott und sage voll Bewunderung, was der Psalmbeter spricht: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.“ Amen