Uns ist ein Kind geboren – Predigt in der Christvesper über Jes 9,1-6

Predigt am 24.12.18 von Andreas Hansen über Jes 9,1-6

Vor der Predigt singen wir EG 37,1-3 Ich steh an deiner Krippen hier, nach der Predigt EG 37,4+9

Ich stehe an deiner Krippe und erkenne durch dich mein Leben.
Du legst dich mir in den Arm und ans Herz.
Ist es wahr? Kann es sein? Frieden auf Erden?
Frieden für die Welt, für mich?
Ich suche deinen Frieden und lese:

(Jesaja 9,1-6) Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.
Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt.
Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen. Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn daher geht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit.

Ich stehe an deiner Krippe. Ein Kind ist uns geboren. Du bist mir geboren, für mich da. Ich habe dich bei mir, Kind von Gott. Schon immer bist du da.

Ein Kind ist uns geboren. Gott hilft uns.
Israel singt ein Danklied. Der Kriegslärm ist verstummt. Der Gestank der Angst ist vergangen.
Jeder Stiefel, der mit Gedröhn daher geht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt.
Unterdrückung – schwer wie ein Joch, hart wie ein Schlagstock – das ist vorbei. Ein großes Licht geht auf, wie ein neuer Schöpfungstag nach düsterem Chaos.
Ein Kind ist uns geboren. Wie die Völker jubeln über die Geburt eines Thronfolgers, so besingt Israel eine neue Zeit in Frieden und Gerechtigkeit. Sie jubeln über Gott: Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt.

Ein Kind ist uns geboren?
Wir sind gar nicht bereit für das Fest. Wir haben anderes auf dem Herzen und im Sinn als Weihnachten. Das können wir nicht einfach hinter uns lassen und das wird uns sowieso in wenigen Tagen wieder einholen: unser Alltag  mit seinen Herausforderungen, was wir uns vornehmen, was auf uns einstürmt, Erfolg und Enttäuschung, Krankheit, Abschied, Fragen. Auch bedrängen uns die verwirrenden, ungelösten Konflikte der Welt: Kriege in Syrien, im Jemen, in der Ukraine, Unfreiheit in immer mehr Ländern, der Klimawandel, Terrorismus, immer mehr Länder spalten sich in unversöhnliche Lager. Wohin führt das? Das alles macht uns müde und mutlos – und spricht es nicht gegen Weihnachten?

Ein Kind ist uns geboren!
In unsere Welt, so wie sie ist, kommt Gott. In unser Leben, so wenig bereit, wie wir sind, kommt Gott. Gott stellt sich auf uns ein. Er kommt in unser Leben. Er gibt uns ein Licht, das das Dunkel durchdringt. Ein Kind wird uns in die Arme und ans Herz gelegt. Es will mit uns leben. Es braucht uns. Es weckt das Beste in uns und beschenkt uns mit Liebe und Hoffnung. Es braucht unsere Hände, unsere Arme und unser Herz. Wir handeln, als sei Rettung möglich. Wir widerstehen der Mutlosigkeit.
Ein Kind ist uns geboren. Jesus vertraut sich uns an in den Menschen, die für uns da sind, und in denen, für die wir uns engagieren. Jesus fordert uns heraus und weckt unsere Hoffnung.

Ein Kind wird geboren in Bethlehem. Ein Kind armer Leute, die von der Besatzungsmacht Rom herumgestoßen werden. Seine Geburt findet in einer Notunterkunft statt. Sein erstes Bett ist eine Futterkrippe. Was für ein Gegensatz zur Geburt eines königlichen Thronfolgers!
Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst, Namen eines Herrschers, dem Gott selbst Macht verleiht.
  Ein Kind ist uns geboren, königliches Kind in einer Krippe, und dann Gottes Sohn am Kreuz. Größer könnte der Gegensatz nicht sein. Gott selbst erträgt den denkbar härtesten Widerspruch. Er lässt sich ablehnen, verspotten und zum Opfer machen. Er geht durch das tiefste Dunkel. Gott lässt sich ein auf die Welt, so wie sie ist. So ist er Licht für die in der Finsternis.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.
Wege durch Dunkel und Not bekommen eine Richtung und ein Ziel. So wie der Schöpfer das Licht aus der Finsternis rief und dem Chaos abgerungen hat, so durchleuchtet das rettende Licht von Gott, sein Frieden, die Nächte von Krieg und Tod. Wie das Licht einer neuen Schöpfung, so ist Jesus. Neues beginnt. Es bleibt nicht dunkel.

Ein Kind ist uns geboren.
Dein Licht leuchtet auf.
Ich stehe an deiner Krippe und bringe dir, was in unserer Welt ungelöst, leidvoll beängstigend ist,  was mich bedrängt und womit ich selbst nicht fertig werde. Für uns, für mich bist du geboren. Vor dem Dunkel schreckst du nicht zurück.
Ist es wahr? Kann es sein? Frieden auf Erden? Frieden für die Welt, für mich?
Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen, und weil ich nun nichts weiter kann, bleib ich anbetend stehen. O dass mein Sinn ein Abgrund wär und meine Seel ein weites Meer, dass ich dich möchte fassen!