So wahr Gott lebt, Predigt am 1.Advent über Jer 23,5-8

Predigt am 3.12.17 von Andreas Hansen über Jer 23,5-8

Vor der Predigt singen wir EG 4 Nun komm, der Heiden Heiland

Das Karussell dreht sich. „Noch eine Runde!“ Kinder strahlen, Eltern zahlen und freuen sich über ihre Kinder. Es riecht süß und nach Glühwein. Weihnachtsmarkt. Selbstgebasteltes, ein Los für den guten Zweck, Geschenkideen, viele Kerzen.
Manch einer hat schon mittags zu viel getrunken. Wer weiß, was er vergessen will. Ein Nikolaus verteilt Geschenke. Geschäfte wollen Kunden locken. Und doch: Einfach schenken, das ist stark. Da war doch diese Tüte: „Brot für die Welt“.
Ein Sehnsuchtsort ist der Weihnachtsmarkt: Frieden, Gemeinschaft, Stimmung – aber auch hier können Gewalt und Konflikte hereinbrechen.

„Nun komm, der Heiden Heiland!“ „Komm, o mein Heiland, Jesu Christ!“ Wir singen uns in den Advent hinein.
Wir singen von dem, dessen Geburt wir an Weihnachten feiern. Er ist schon in die Welt gekommen, und wir singen doch: „Komm!“ Denn wir sehnen uns nach Frieden, Heil.
Wir hören das Evangelium: Jesu kommt nach Jerusalem. „Hosianna dem Sohn Davids!“ Menschen jubeln voll Hoffnung. Licht leuchtet auf.
Wir erinnern an den, der gekommen ist. Wir hoffen auf den, der kommt. So feiern wir Advent.
Eine Strophe des Adventsliedes von Luther lautet: „Dein Krippen glänzt hell und klar, die Nacht gibt ein neu Licht dar. Dunkel muss nicht kommen drein; der Glaub bleibt immer im Schein.“
Darum bitten wir: Komm in unser Dunkel, Gott. Unsere Welt braucht dich. Wir brauchen dich und dein Licht.

Um Licht und Hoffnung in dunkler Zeit geht es in unserem Predigttext. Der Prophet Jeremia erlebt vor 2600 Jahren, wie Jerusalem erobert und verwüstet wird. Der Tempel ist zerstört und ausgeraubt. Es sieht so elend aus, wie die Kriegsbilder, die wir aus unseren Tagen kennen.
Der letzte Nachkomme Davids auf dem Königsthron wird geblendet und verschleppt, seine Söhne ermordet. Es ist aus mit dem Haus David. Viele aus Juda und Jerusalem leben jetzt in der Verbannung in Babylonien.
Jeremia hatte den Untergang vorausgesehen. Für die Regierenden war er ein unbequemer Mahner. Wie heute Putin oder Erdogan haben sie den lästigen Störenfried zum Schweigen gebracht. Beinahe hätte es Jeremia das Leben gekostet.
Aber nun sagt er denen, die in Jerusalems Ruinen leben, und den Verbannten in Babylon Gutes.     Ich lese Jeremia 23,5-8

Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will.  Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird. Zu seiner Zeit soll Juda geholfen werden und Israel sicher wohnen. Und dies wird sein Name sein,  mit dem man ihn nennen wird: »Der Herr ist unsere Gerechtigkeit«.
Darum siehe, es wird die Zeit kommen, spricht der Herr, dass man nicht mehr sagen wird: »So wahr der Herr lebt, der die Israeliten aus Ägyptenland geführt hat!«, sondern: »So wahr der Herr lebt, der die Nachkommen des Hauses Israel heraufgeführt und hergebracht hat aus dem Lande des Nordens und aus allen Landen, wohin er sie verstoßen hatte.« Und sie sollen in ihrem Lande wohnen.

Mitten in Gewalt und Unrecht erwartet Jeremia Gerechtigkeit von Gott. Mitten im Leid spricht er von Hilfe. Einem Volk in Ruinen sagt er: Ihr werdet sicher wohnen. Den Verbannten in der Fremde verheißt er Heimkehr.
„Der Glaub bleibt immer im Schein“ – Jeremia sieht Licht in der finstersten Zeit.
Mit dem Haus David ist es aus, aber Jeremia sagt: Gott erweckt dem David einen gerechten Spross. Da ist neues Leben, wo alles tot war. Da wächst etwas Neues wie ein Spross aus einem abgeschlagenen Baumstumpf. So wahr Gott lebt, es wird geschehen!

Israel glaubt an den lebendigen Gott. Immer wieder, am schlimmsten im letzten Jahrhundert, wurde Gottes Volk geplagt, verfolgt, verbannt, ermordet. Dass sie immer noch leben ist ein Wunder. Der Glaube hat sie erhalten, der Glaube, den auch Jeremia hier bekennt: Gott lebt. Er wird Gerechtigkeit schaffen. Wir sollen leben und sicher wohnen. Israel wartet und hofft, dass Gott das Dunkel durchbricht, dass der Messias kommt, der gerechte Spross.
Vorlage quer

Die Krankenhausseelsorge hat dieses Bild zu  ihrem Zeichen gemacht. Ein Spross mit einer Blüte wächst aus einem abgeschlagenen Stumpf. Kranke sind oft wie herausgerissen aus dem normalen Leben. Schmerz und Angst verengen den Blick. Das kleine Bild ist ein Bekenntnis: Gott lebt. So wahr Gott lebt, unser Leben ist nicht aussichtslos. Auch im finsteren Tal ist Gott da.
Das Kreuz deutet an: Unser Leben und auch unser Sterben ist umgeben und gehalten von Gott. In Jesus Christus kommt er in unser Leben und teilt auch die dunkelsten Stunden.

Was zuerst dem Volk Gottes gesagt ist, lesen wir Christen mit Blick auf Jesus Christus. Gott lebt – das glauben wir gemeinsam, Juden und Christen. Der lebendige Gott schafft Leben, wo wir nur auswegloses Dunkel sehen. Uns unterscheidet der Glaube an Jesus. Wir sagen: „So wahr Jesus lebt, der am Kreuz gestorben ist, werden wir leben und sicher wohnen.“

Jeremia tröstet nicht nur, er fordert auch heraus. Jeremia bleibt der Mahner und Störenfried. Der Spross, der Sohn Davids, ist gerecht. Sein Name ist „Gott ist unsere Gerechtigkeit“. Seine Gerechtigkeit umfasst alle Menschen. Sie gilt nicht nur für eine Gruppe von Auserwählten, nicht allein für Juden, nicht allein für uns.
Er mahnt zum Frieden mitten in unserer Welt, in Syrien, Jemen, der Ukraine, in Nordkorea, In Israel und Palästina. Mit Krieg und Gewalt und Terror findet er sich nicht ab.
Er mahnt zu Gerechtigkeit für die 65 Millionen Flüchtlinge und über 800 Millionen Hungernden.  Mit Überfluss hier und Elend dort findet er sich nicht ab.
Wir sehnen uns nach Frieden, Gemeinschaft, Heil und müssen selbst umkehren von Unfrieden und Unrecht. Wir warten auf den, dessen Name Gerechtigkeit ist. Gott kommt in diese dunkle Welt. Ein Spross, neues Leben, mehr als wir verstehen.
So wahr Gott lebt, er kommt zu uns in Jesus Christus. Amen