Römer 8,1+2+10+11

Predigt am 8.Juni 14 von Andreas Hansen über Röm 8,1+2+10+11

Pfingsten

Unter dem Pfingstlied, das wir gerade gesungen haben, steht im Gesangbuch (EG 136 Ausgabe Baden) ein Lutherzitat: „Glaube ist eine lebendige, verwegene Zuversicht auf Gottes Gnade, so gewiss, dass er tausendmal dafür sterben würde. Und solche Zuversicht und Erkenntnis göttlicher Gnade macht fröhlich, trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen; das wirkt der heilige Geist im Glauben.“

So ist Pfingsten, liebe Gemeinde, lebendig, verwegen und zuversichtlich, fröhlich und trotzig.  Auf einmal getrauen sich die Jünger aus ihrem Versteck. Sie haben keine Angst mehr. Sie gehen hinaus. Sie feiern Jesus Christus, den Herrn.    Sie singen von seinem Sieg über den Tod.   Sie beten und leben so, dass viele zu ihnen,  zur Kirche Jesu Christi, gehören wollen. „lustig“ schrieb Luther auch, „lustig gegen Gott und alle Kreaturen“, vielleicht auch angriffslustig, wie jemand, der den Sieg sicher weiß. Man merkt es einer Mannschaft an, ob sie lustig den Platz betritt und lustig, beherzt ihr Spiel macht oder lustlos, wenn die Spieler nicht zusammenfinden und nichts gelingt, oder gar verzagt, wenn sie sich nichts zutrauen. Der Heilige Geist macht fröhliche, lustige Leute. Er macht getrost und manchmal trotzig und verwegen. Der Geist macht frei und lebendig.

Vom Geist erzählt auch Paulus in den Versen aus dem Römerbrief, die heute unser Predigttext sind. (Römer 8,1+2+10+11 – Lutherübersetzung):

So gibt es nun keine Verdammnis für die, die     in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen. Wenn nun der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt.

Lieber Paulus, sehr fröhlich klingt das aber nicht,    was du schreibst, eher kompliziert, unheimlich. Verdammnis, Gesetz des Geistes, Sünde und Tod….   Bei Verdammnis muss ich an Menschen denken, die vom Bösen geradezu besessen sind, Terroristen, die wehrlose Kinder entführen, oder Gestalten wie Shakespeares Macbeth, der von seiner Gier getrieben wird, immer tiefer hinein in Gewalt und Verbrechen.

Ja, antwortet Paulus, ich habe ja auch viel angerichtet, früher, als ich meinte, ich muss      die Christen verfolgen. Da war ich wirklich von Hass getrieben, fanatisch. Aber auch heute noch erlebe ich, wie selbstsüchtig ich sein kann, recht-haberisch, machthungrig, verletzend. Ich weiß, wie falsch und böse ist, was ich mache. Das will ich nicht. Und doch bin ich so und handle so. Selbst den Menschen, die ich liebe, tue ich manchmal weh. Zum Verzweifeln ist das! Und ich glaube, es steckt in uns allen, es ist wie ein böses Gesetz, dass wir so schwach sind, so ängstlich um uns selbst besorgt, und dass wir so rücksichtslos auf Kosten anderer leben: das Gesetz der Sünde, die Kraft, die so viel zerstört, ja tötet, der selbstsüchtige Drang, dieses Nur-mich-selbst-Sehen – es trennt mich von anderen, von Gott, ja auch von mir selbst – es bringt so viel Leid und Unheil in die Welt. Verdammnis ist schon das richtige Wort, wenn ich nur für mich selbst lebe und dabei alles verliere. Ich elender Mensch! – ein Abgrund in mir selbst. Aber Gott sei Dank: Jesus hat mich aus diesem Abgrund gerissen. Er hält mich. Ich stolpere und falle manchmal sogar, aber ich stürze nicht hinab. Jesus ist in mir. Der Heilige Geist ist in mir.

Der Geist macht frei, aber er schenkt keine billige Freiheit. Die Freiheit wird unter Schmerzen gebo-ren und sie muss sich ständig wehren. Ich merke an mir, wie leicht ich die Freiheit verrate und auch andere unfrei mache. Der Geist macht lebendig. Noch erfahre ich die unheimliche Macht der Sünde und des Todes. Aber es gibt keine Verdammnis mehr. Ich weiß, dass ich nun zu Jesus gehöre.

So etwa könnte Paulus antworten, liebe Gemeinde. So beschreibt er sich selbst  im Kapitel davor und in unseren Versen.   Das fröhliche Pfingstfest hat einen ernsten Hintergrund. Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes. Brauchen wir den überhaupt? Wird der Glaube nicht zu kompliziert, wenn wir auch noch an den Heiligen Geist glauben sollen? Der Geist ist geheimnisvoll und ungreifbar wie der Wind. Verraten wir am Ende gar den Glauben an den einen Gott, das erste Gebot? Muslime stellen dringend diese Frage an uns Christen. Ja! Ja, wir brauchen den Heiligen Geist. Gott sei Dank kommt der eine und einzige Gott zu uns. Gott sei Dank lässt er sich auf die Welt ein, die ohne ihn verloren wäre! Gott sei Dank kommt Gott sogar in unsere Herzen! Er wirkt in uns, in uns, die Gott widersprechen, in uns Sündern. Das ist geheimnisvoll, wunderbar, dass Gott, der Heilige Geist in uns am Werk ist. Einfacher geht es nicht, weil unsere Herzen so kompliziert und widersprüchlich sind. Es ist wie Paulus schreibt, dass wir das Gute wissen und wollen und doch nicht tun. Wir lassen uns mitreißen durch Neid, Ehrgeiz, Habgier. Wir schlagen unbedacht los. Wir behaupten uns auf Kosten anderer. Da ist dieser Abgrund in uns selbst, das Gesetz der Sünde und des Todes. Und zugleich ist auch Gott in uns am Werk. Wir sind in dieser Spannung: gerecht und Sünder zugleich. Es ist wie ein Kampf. Gott sei Dank schon entschieden!

„Was glaubst du vom Heiligen Geist?“ fragt der Heidelberger Katechismus und gibt zur Antwort: „Erstlich, dass er gleich ewiger Gott mit dem Vater und dem Sohn ist. Zum andern, dass er auch mir gegeben ist, mich durch wahren Glauben Christi und aller seiner Wohltaten teilhaftig macht, mich tröstet und bei mir bleiben wird bis in Ewigkeit.“

Nehmen wir das für uns an, liebe Gemeinde, dass der Geist auch uns gegeben ist, dass Gott in uns wirkt! Der Heilige Geist macht fröhliche, lustige Leute. Er macht getrost und manchmal trotzig und verwegen. Er macht frei und lebendig.

Es ist Gottes Geist, wenn Menschen frei, ohne Angst leben können, ohne Angst zu kurz zu kommen, ohne Angst zu verlieren, sogar in Krankheit und Leid und vor dem Tod ohne Angst. Es ist Gottes Geist, wenn Menschen von ganzem Herzen das Ihre tun, ihre Arbeit tun, wo auch immer, ihre Berufung finden, Verantwortung übernehmen.

Es ist Gottes Geist, wenn Menschen dem Bösen widersprechen, Konflikte aushalten, den Frieden wagen, Grenzen überwinden, über sich selbst hinaus wachsen. Das und vieles andere wirkt Gott, der Heilige Geist in uns und durch uns.

So gibt es nun keine Verdammnis für die, die     in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.

Amen