Predigt über Mk 10,17-27

Predigt am 15.10.17 von Andreas Hansen über Mk10,17-27

Im Gottesdienst werden die neuen Konfirmanden eingeführt - vor der Predigt singen wir ein Lied zum Motto dieses Jahrgangs: Du stellst meine Füße auf weiten Raum (Ps 31,9)

„Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ Ich kann eigene Schritte tun und Gott vertrauen. Als junger Mensch mit 13 oder 14 Jahren ist das gar nicht so leicht. Was für eigene Schritte will ich denn tun? Will ich so sein wie alle anderen? Getraue ich mich, eine eigene Meinung zu sagen, oder andere Klamotten zu tragen als die anderen? Da gibt es ja immer die, die das große Wort führen, und viele andere laufen ihnen nach. Da gibt es in jeder Gruppe Zwänge, denen man sich kaum entziehen kann. Und da gibt es auch die Stilleren und die, die sich manchmal recht allein fühlen.
Wo ist mein Platz? Was kann und will ich? Was ist der richtige Weg für mich?
Und übrigens geht es nicht nur 14-Jährigen so. Auch ältere und alte Leute sind auf der Suche. Was ist das wahre Leben und was ist gerade jetzt der richtige Weg für mich? „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ Gott will, dass wir ankommen, bei uns selbst, bei einem erfüllten, guten Leben. Darum hören wir auf sein Wort, lesen in der Bibel und versuchen zu verstehen.

Heute ist das eine ganz schöne Herausforderung. Der Predigttext für heute steht wieder im Markusevangelium, Kapitel 10:

Und als Jesus hinausging auf den Weg, lief einer herbei, kniete vor ihm nieder und fragte ihn: Guter Meister, was soll ich tun, damit ich das ewige Leben bekomme? Jesus sagte zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als der eine Gott. Du kennst die Gebote: »Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst niemanden berauben; du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.« Er aber sprach zu ihm: Meister, das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf.

Ewiges Leben will er, unbegrenztes, wahres Leben. „Was muss ich dafür tun? Was kann ich optimieren in meinem Leben?“ Rastlos kommt er mir vor, dieser Mensch, getrieben von dem Gefühl: das, was ich tue, reicht nicht. Er hat wohl Angst, das Leben zu verpassen, nicht gut genug zu sein. Hart weist Jesus ihn zurück: „Niemand ist gut als Gott allein.“ Zum Menschsein gehören Grenzen und Endlichkeit. Etwas für das ewige Leben zu tun, das ist für uns Menschen unmöglich. Da sind wir alle gleich. Jede und jeder stößt an Grenzen. Es gibt  keine Elite von Leuten, die besser sind und sich das ewige Leben selbst verdienen können.
Sicher gehört zum Glauben das Handeln – Leitlinien dafür geben die 10 Gebote. Worte des Lebens und der Begrenzung menschlicher Willkür. Du sollst nicht töten – du hast kein Recht, die Grenzen zum anderen gewalttätig zu überschrei-ten. Weder indem du seine Seele bedrängst, noch indem du sein Leben verletzt oder gar auslöschst. Du sollst nicht ehebrechen – du sollst das Vertrauen und die Verletzlichkeit der Liebe nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Du sollst nicht stehlen und niemanden berauben – zum Schutz der Persönlichkeit des anderen gehört der Schutz seines Eigentums, des geistigen wie des materiellen.

Er aber sprach zu ihm: Meister, das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf. Und Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm, folge mir nach! Er aber wurde betrübt über das Wort und ging traurig davon; denn er hatte viele Güter. Und Jesus sah seine Jüngern an und sprach: Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen!

Alle Gebote hat er gehalten, von Jugend auf, alles richtig gemacht, mit Auszeichnung Schule und Ausbildung absolviert, den Eltern nur Freude und den Lehrern nie Ärger. Er engagiert sich für andere. Er hat eine Familie. Alles richtig, alles wie es sein soll und immer ein neues, nächstes Ziel vor Augen. Bloß kein Stillstand! Vieles hat er schon erreicht. Erfolge, Anerkennung, gute Taten, auch viele Güter hat er gesammelt, wie ein Sportler sich die gewonnenen Pokale auf´s Regal stellt. „Was muss ich noch tun? Wo will ich noch hin?“ Er hat dennoch die Sehnsucht und das Gefühl, nicht angekommen zu sein.
„Was muss ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?“ „Verkaufe alles, was du hast und folge mir nach!“ Aber das kann er nicht. Traurig geht er davon. Sein Reichtum steht ihm im Weg.  Er hängt an dem, was er erworben und verdient hat. Gern würde er Mühe und Geld einsetzen, um auch noch eine Lebensversicherung zu verdienen. Alles will er haben, aber er kann nicht verzichten. Er will alles tun, aber loslassen kann er so schlecht.
Jesus sieht ihn an und gewinnt ihn lieb. Liebevoll sieht Jesus Menschen an. Klar erkennt und durchschaut er, was sie bewegt. Er sieht, wie rastlos und getrieben der Mann ist.
Jesus sieht unsere Sehnsucht nach Leben, und  die Angst, das Leben zu versäumen.
Die Geschichte macht mich betroffen. Alles weggeben? – ich glaube, das könnte ich nicht. Heißt das, auch ich wende mich von Jesus ab?
Das Gespräch mit den Jüngern geht weiter.

Die Jünger waren bestürzt über seine Worte. Aber Jesus sagte noch einmal: Liebe Kinder, wie schwer ist’s, in das Reich Gottes zu kommen! Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme. Sie erschraken noch mehr und fragten einander: Wer kann dann selig werden? Jesus sah sie an und sprach: Bei den Menschen ist’s unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.

Das schafft doch keiner! Die Jünger erschrecken, sogar sie, die ihr Zuhause verlassen haben und auf alles verzichten, um bei Jesus zu sein. Das größte Tier soll durch die kleinste Öffnung – unmöglich! Richtig, sagt Jesus, kein Mensch schafft das, kein Mensch kann sich ewiges Leben verdienen. Das Leben selbst, wahres Leben, Seligkeit könnt ihr nur von Gott bekommen. Nichts könnt ihr dafür tun, aber Gott schenkt euch ewiges Leben.
Jesus bricht das ewige Getrieben-Sein auf der Suche nach dem gelingenden Leben auf. Auf die Frage der Jünger – wer kann dann selig werden? – gibt es zunächst einmal nur eine Antwort: Niemand! Es ist unmöglich für uns, den Himmel zu verdienen, aber für Gott wohl möglich, ihn uns zu schenken.
Gott macht möglich, was für uns unmöglich ist. Gott liebt uns.  Er will bei uns sein und uns bei sich haben. Nichts soll und darf uns trennen von ihm.
Reichtum, was wir haben und haben wollen, kann uns  sehr wohl von unseren Mitmenschen und auch von Gott trennen.
Aber dennoch: Mit der Taufe schenkt uns Gott das ewige Leben. Wir haben es längst.

Liebe Gemeinde, liebe Konfis, Gott stellt unsere Füße auf weiten Raum. Himmlisch weit öffnet sich der Raum. Ich höre, wie sehr Gott uns lieb hat.
Wie dieser reiche Mensch kann ich zuweilen nicht vertrauen. Ich habe Angst, das Leben zu verpassen. Ich drehe mich um mich selbst. Ich will immer mehr haben.
Aber Jesus sagt mir: Das Leben selbst hat Gott dir längst geschenkt, das wahre und ewige Leben. Unmöglich kannst du es dir verdienen, aber nimm es nur an! Amen