Predigt über Joh 15,5+8 im Abendmahlsgottesdienst zur Konfirmation

Predigt am 27.5.17 von Andreas Hansen über Joh 15,5+8

Abendmahlsgottesdienst zur Konfirmation

„Lead me, Lord!“, „Leite mich, Gott!“ – ich will einen guten Weg gehen, einen Weg, der mir entspricht, einen Weg zu einem glücklichen Leben.
Als ich 14 war, hatte ich das Gefühl: Ab jetzt  entscheide ich immer mehr selbst. Und es stimmt  ja. Mit 14 seid ihr religionsmündig. Ihr dürft Paten werden und in unserer Kirche auch schon wählen. Früher haben die meisten in eurem Alter eine Lehre begonnen, mussten sich also entscheiden. Mit 14 seid ihr auch strafmündig und müsst verantworten, was ihr macht.
„Lead me, Lord! – ich will gut entscheiden, gut leben, aber schaffe ich das? Wie kann ich richtig und möglichst auch glücklich leben?“
Erwachsenwerden ist ganz schön anstrengend. Ihr seht ja: viele Erwachsene kämpfen noch immer damit, ihren Weg zu finden: „Wer bin ich? Wohin gehe ich? Was ist richtig?“

Jesus redet mit seinen Jüngern vor seinem Tod. Sie müssen ebenfalls auf eine Weise erwachsen werden. Jesus sagt zu ihnen:
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger. Joh 15,5+8
In Israel wächst viel Wein, ähnlich wie bei uns.    Auf dem Weg nach Jerusalem kommen Jesus    und seine Jünger an vielen Weinbergen vorbei.   Sie sehen die jungen Reben im Frühjahr. Sie wachsen so schnell, dass man fast meint, man könnte zusehen, wie die Blätter größer werden.
Petrus und Johannes und die anderen laufen ein paar Wochen später wieder durch die Weinberge. Jetzt ist alles grün und an den Reben sieht man schon die Früchte wachsen. Aber Jesus ist nicht mehr bei ihnen. Sie müssen ohne ihn weitergehen.
„Weißt du noch, was er gesagt hat? Vom Weinstock und den Reben?“
„Ja, er sagte, ohne mich könnt ihr nichts tun, so wie die Reben ohne den Weinstock vertrocknen.“
„Das ist es ja; aber er ist nicht mehr hier.“
„Doch, ich spüre, dass er bei mir ist. Ich weiß dass er lebt und mir Kraft gibt.“
So reden sie. Der eine fragt und zweifelt. Der andere erlebt, wie nahe Jesus ihm ist. Genauso glauben wir unterschiedlich. Auch tief gläubige Menschen kennen Zeiten, in denen sie sich von Gott allein gelassen fühlen und zweifeln. Wir sehen Jesus nicht, aber er hat uns versprochen: „Ich bin bei euch alle Tage.“

Wir bleiben Konfirmanden. Vor drei Wochen feierten die, die vor 50 und 60 Jahren konfirmiert wurden, ihr Jubiläum. Ich sagte zu ihnen: Wir bleiben Konfirmanden und müssen immer wieder  in unserem Glauben gestärkt werden. Manchmal denken wir: „Mein Glaube ist  zu schwach. Ich spüre nichts von Jesus.“ So ging es auch schon den Jüngern und den ersten Christen. Jesus sagt: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ Jesus gibt uns Kraft, wie der Weinstock seinen Reben. Er will, dass wir leben und wachsen. Bevor wir uns entscheiden können, hat er sich schon für uns entschieden.
Bei meiner Konfirmation dachte ich: „Eigentlich kann ich mich noch gar nicht konfirmieren lassen. Ich glaube noch gar nicht genug.“ Wenn es euch ähnlich geht, will ich euch beruhigen: Ihr dürft Gott immer bitten: „Hilf mir zu glauben!“ Und lasst euch sagen, dass Gott uns mit seinem Ja zuvorkommt. Wir sind nicht der Weinstock, sondern die Reben. Wir leben und wachsen aber von ihm her. Unser Glaube ist niemals fertig, aber seine Treue genügt.

Jesus redet von der Frucht. Wir sollen Frucht bringen. An unseren Früchten soll sogar erkannt werden, dass wir zu Jesus gehören.
„Oje, schaffe ich das? Das klingt anspruchsvoll und anstrengend. Will ich das überhaupt?“
Was kann es für euch heißen kann, Frucht zu bringen: Als Jugendlicher wollte ich cool sein, also so, dass die anderen mich cool gefunden hätten. Und stark und gerecht wollte ich sein. Damit bin ich wieder bei den Fragen des Erwach-senwerdens: „Wer bin ich? Wohin gehe ich? Was ist richtig?“ Eine Frucht ist es, wenn ich ein wenig weiterkomme mit diesen Fragen. Das geschieht, wenn ich anderen gerecht werde und auch mir selbst gerecht werde. Eine Frucht ist es, wenn andere mir vertrauen können, wenn ich für die Menschen da bin, die ich lieb habe, wenn wir zusammen etwas schaffen. In diesem Sinn seid ihr eine sehr fruchtbare Konfi-Gruppe.
Jesus sagt seinen Jüngern: Ihr werdet Frucht bringen mit meiner Hilfe. Das dürfen wir uns für uns hören. „Hab keine Angst, was aus dir wird. Hab keine Angst, wenn dir jetzt noch zu wenig erscheint, was du kannst und bist. Gott, unser Schöpfer, sieht, was in dir steckt, was wachsen und Frucht bringen wird. Er hat ein Ziel für dich, einen Sinn für dein Leben. Gott sieht dich liebevoll an.
Erinnert euch an unsere Freizeit und an Martin Luther. Der plagte sich mit der Frage: „Bin ich gut genug für Gott? Bin ich gerecht genug, dass ich in den Himmel komme?“ Ganz oft handeln wir ja egoistisch, rücksichtslos, manchmal auch boshaft. Wir werden einander nicht gerecht. Aber dann fiel eine große Last von Luther, als er erkannte: Gott macht mich gerecht. Er schenkt mir Gemeinschaft. Gott hat mich lieb, auch wenn ich nicht so gut bin. Enorm befreiend war das für Luther. Gott hat sich schon für uns entschieden. Darum ist Jesus Christus zu uns gekommen. Es ist alles gut. Aber Luther hat sich nicht auf die faule Haut gelegt und gesagt: Alles ok, ich muss nichts machen. Im Gegenteil, jetzt hat er umso lieber und engagierter seine Arbeit getan.

Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.
Mein wichtigstes Ziel für euch in diesem Jahr war es, dass ihr erkennt: Der Glaube an Jesus Christus bedeutet Freiheit. Wir sind befreit von der Sorge, dass die anderen uns cool finden. Wir sind befreit von der Angst nicht gut genug zu sein. Wir können vor Gott bestehen, weil er selbst uns annimmt. Wir können vielleicht  sogar vor uns selbst bestehen. Und weil wir keine Angst um uns haben müssen, darum können wir uns einsetzen. Jesus schenkt uns Freiheit und hilft uns, dass wir wachsen und Frucht bringen, dass wir unsere Talente und Stärken entfalten und einbringen in unserer Welt. Amen