Predigt über Ex 13,20-22 zum 31.12.24 Andreas Hansen

Große Herausforderungen hat das Jahr uns gebracht. Viele sind erschöpft von der Masse an schlechten Nachrichten und ungelösten Fragen.
Wohin wir auch schauen auf die Politik, die Wirt-schaft, die wachsenden Folgen des Klimawandels – überall müssten wir vorankommen, die Dinge zum Besseren wenden und zusammenhalten. Noch dazu drücken jede und jeder seine persönlichen Sorgen. Wie gehen wir weiter?
Der Predigttext lenkt unseren Blick auf das Volk Gottes am Rand der Wüste: (Ex 13,20-22)

Von Sukkot brachen die Israeliten auf und lagerten sich in Etam am Rand der Wüste.
Der Herr ging ihnen voran.
Tagsüber ging er in einer Wolkensäule voran,
um ihnen den Weg zu zeigen – nachts in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten.
So konnten sie Tag und Nacht gehen.
Jeden Tag führte eine Wolkensäule das Volk,
und jede Nacht führte es eine Feuersäule.

Sie müssen durch die Wüste hindurch, so wie wir unseren Problemen nicht ausweichen können.
Es wird kein leichter Weg, dem Klimawandel angemessen zu begegnen, den Krieg zu beenden und wieder aufzubauen, für Pflege und Kinderbetreuung und soziale Gerechtigkeit zu sorgen.
Es ist kein leichter Weg, alt zu werden, krank zu sein, mit Konflikten in der Familie umzugehen.
Ein erster Schritt ist, sich einzugestehen, wie die Lage ist, nicht zu beschönigen. Wenn die Politiker im Wahlkampf nicht von den Zumutungen reden, die uns allen bevorstehen, dann sind sie unglaubwürdig. Wenn wir die Augen vor Problemen verschließen, werden sie umso größer. Also brechen wir auf wie das Volk Israel!
Sie haben eben das Land der Sklaverei verlassen, aber frei sind sie noch lange nicht. Machen wir uns auf den Weg in das neue Jahr und durch unsere Wüsten.

In einer Wolken- und Feuersäule geht Gott seinem Volk voraus. Gott ist da, aber man kann ihn nicht greifen. Gott ist da und ist doch anders, anders als das Licht des Tages und anders als das Dunkel der Nacht. Die Wolken- und Feuersäule wird später zum Schutz gegen die Ägypter.
Gott ist da. „Ich bin da für dich“ – so erklärt Gott Mose seinen heiligen Namen.
Wir glauben an einen Gott, der uns begleitet.
Wir Christen hören zugleich auf das Versprechen des Auferstandenen: Ich bin bei euch alle Tage.
Heinrich Heine dichtete über die Säule:
Seines Volkes Licht und Leuchte
Eine wunderbare, große
Feuersäule des Gesangs
Die der Schmerzenskarawane
Israels vorangezogen
In der Wüste des Exils.

Gott zieht voran auf den leidvollen Wüstenwegen seines Volkes immer wieder. Heine verbindet die erste Erfahrung des Auszugs aus Ägypten mit dem Exil und mit seinen eigenen schmerzlichen Erfahrungen. Gott ist da – wir spüren seine Nähe in der Feuersäule das Gesangs in Liedern, Gebe-ten und Festen des Glaubens wie Weihnachten. Gott geht mit uns.
Vergewissern wir uns, dass Gott da ist!
„Bei Tag und Nacht“ heißt es dreimal in zwei Versen. Bei Tag und Nacht kann sein Volk auf sein Zeichen sehen. Bei Tag und Nacht können sie wandern. In keinem noch so dunklen Moment des vergangenen Jahres hat Gott uns allein gelassen. Keinen Augenblick waren wir ohne ihn.
Und wir brauchen einander: Dass wir uns gegenseitig stärken, miteinander singen, beten und handeln.
Wie gut war es im Frühjahr zu erleben: Wir sind viele, die gemeinsam gegen die unsäglichen Pläne von Remigration einstehen! Wie gut tut es, gemeinsam für Frieden zu beten, gemeinsam zu hoffen!
Wir kommen weiter, das Jahr wird gut, wenn wir Gott vor Augen haben und ihm folgen.
Unser Licht und unser Wegweiser ist Jesus:
sein Vertrauen zum Vater, seine Liebe zu den Menschen.
Vertrauen und Liebe!
Viele wollen das Vertrauen untergraben: Terroristen mit ihren Anschlägen, die russischen Trolle mit ihrer Propaganda, rechtsextreme Demokratiefeinde. Auf vielen Kanälen wird gelogen und zum Hass angestachelt.
Lassen wir uns darauf nicht ein!
Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe, heißt die Jahreslosung 2024.
Kommen wir mit Liebe weiter in unseren Problemen und in den Fragen unserer Zeit?
Ja, nur liebevoll lassen sich Probleme lösen:
In Achtung und Verständnis füreinander, in Geduld und Fehlertoleranz, in Ehrlichkeit und Respekt für jeden Mitmenschen, in Überwindung von Egoismus, Machtgier, Rechthaberei.
Paulus hat das so beschrieben: Die Liebe ist geduldig. Gütig ist sie, die Liebe. Sie ist nicht unverschämt. Sie sucht nicht den eigenen Vorteil. Sie ist nicht reizbar und trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht, wenn ein Unrecht geschieht. Sie freut sich aber, wenn die Wahrheit siegt.
Liebe heißt: wir wollen zusammenhalten, weil wir nur so vorankommen. Dazu sind wir bereit und Gott geht uns voran. Diese Bereitschaft ist nicht gefühlsduselig, sondern ein nüchternes Programm um einander zu ertragen trotz aller Gegensätze. Diese Liebe ist z.B. ein Wegweiser für einen fairen und aussagefähigen Wahlkampf, für eine Koalition von Demokraten, für gemeinsame Wege in schwierigen Entscheidungen. Ich glaube nicht, dass der Weg des Vertrauens und der Liebe einfach ist. Manchmal gilt es zuerst, das Böse und die Gewalt zurückzudrängen wie etwa im Fall der angegriffenen Ukraine. Aber dann müssen wir es wieder versuchen mit dem Wagnis Vertrauen und der Bereitschaft zusammenzuhalten.
Nur so kommen wir voran.
Wie gehen wir weiter im neuen Jahr?
Indem wir auf Gott schauen, uns seiner Nähe vergewissern und sie feiern, auch jetzt gleich im Mahl unseres Herrn.
Und indem wir Vertrauen und Liebe wagen in allen unseren Problemen.
Amen