Predigt Ostersonntag Mk 16,1-8

Vor der Predigt singen wir EG 111, 1+2+11+13

Frühmorgens, da die Sonn aufgeht, mein Heiland Christus aufersteht. Vertrieben ist der Sünden Nacht, Licht, Heil und Leben wiederbracht. Halleluja.

Wenn ich des Nachts oft lieg in Not verschlossen, gleich als wär ich tot, lässt du mir früh die Gnadensonn aufgehn: nach Trauern Freud und Wonn. Halleluja.

O Wunder groß, o starker Held! Wo ist ein Feind, den er nicht fällt? Kein Angststein liegt so schwer auf mir, er wälzt ihn von des Herzens Tür. Halleluja.

Lebt Christus, was bin ich betrübt? Ich weiß, dass er mich herzlich liebt; wenn mir gleich alle Welt stürb ab, g’nug, dass ich Christus bei mir hab. Halleluja.

Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben. Und sehr früh am ersten Tag der Woche kommen sie zum Grab, eben als die Sonne aufging.

Und sie sagten zueinander: Wer wird uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen?  Doch wie sie hinschauen, sehen sie, dass der Stein weggewälzt ist. Er war sehr groß.

Und sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem langen, weißen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr. Er aber sagt zu ihnen: Erschreckt nicht! Jesus von Nazareth sucht ihr, den Gekreuzigten. Er ist auferweckt worden, er ist nicht hier. Das ist die Stelle, wo sie ihn hingelegt haben. Doch geht, sagt seinen Jüngern und dem Petrus, dass er euch vorausgeht nach Galiläa. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

Da gingen sie hinaus und flohen weg vom Grab, denn sie waren starr vor Angst und Entsetzen. Und sie sagten niemandem etwas, denn sie fürchteten sich.  (Mk 16,1-8)

 

In panischem Schrecken laufen sie davon – nur weg von hier! – durch die Gassen der Stadt laufen sie, bis Salome stolpert und sich gerade noch fangen kann – es klirrt. „Das Salböl!“

Ihre Tasche wird fleckig. Es beginnt zu duften – das Salböl läuft aus.

„Wie vor ein paar Tagen. Wisst ihr noch?“ „Nardenöl – das ganze Haus war erfüllt vom Duft.“ Da stehen sie und sehen einander an.

„Was war das vorhin in dem Grab?“

„Was hat er gemeint mit: Er ist auferweckt?“

„Es ist wie ein Traum. Aber ihr seid da, und ich rieche das Salböl.“ Sie lächelt.

 

Groß, ungeheuer groß ist die Angst, wie ein schwerer Stein auf dem Herzen. Was geschieht, ist so bedrängend, löst so tiefe Gefühle von Hilf-losigkeit und Schmerz aus, dass das Gehirn es nicht normal verarbeiten kann: ein Trauma.

Eine Wunde: Wir zucken zurücA, sobald etwas in die Nähe kommt. Niemand darf sie anrühren!

Ein traumatisierter Mensch ist voll Unruhe oder wie gelähmt. Plötzlich ist der Schrecken wieder da. Unerträglich: „Nur weg von hier!“

Traumatisiert sind Menschen, denen Gewalt angetan wird, die Katastrophen erleben oder die Zeuge schrecklichen Leides werden. Ein Unfall, der Tod eines geliebten Menschen, oder die Grausamkeit des Krieges. Das Geschehene      hat sich in die Seele eingebrannt.

Es steht im Weg und verstellt den Blick.

Wie ein Stein, der schwer lastet.

Wer wird uns den Stein wegwälzen?

 

Gut, dass sie zu dritt sind, Maria Magdalena, Maria und Salome. Keiner soll in diesem Zustand alleine sein. Den Sabbat über mussten sie warten, jetzt endlich können sie tun, was man tut.

Das Normale hilft, Salböl für den Verstorbenen.

Doch nichts ist normal:

Der Stein ist fort, das Grab offen – sie erschrecken über den Jungen in Weiß, sie sind schockiert über seine Worte und laufen davon.

Zuerst sind da nur Zweifel und Fragen.

„Denkst du auch daran?“ Aber sie schweigen.

Eine unverständliche, fremde Wirklichkeit bricht herein. Alles, was sie wissen über Leben und Tod, ist auf den Kopf gestellt. Die Grenze zwischen Tod und Leben wird brüchig. Wer darüber nicht erschrickt, versteht nicht, was hier vor sich geht.

Aber das ist ein anderer Schrecken.

Der Gekreuzigte ist auferweckt.

Was heißt das?

Jesus lebt! Tot ist nicht mehr tot.

Er ist gestorben und lebt.

Etwas Neues, Großes ist in ihrem Leben.

Sie sind Gott begegnet.

 

Groß sind die Steine unserer Angst.

Alles ist auf einmal anders, wenn ein lieber Mensch krank wird oder wir selbst. Was wir selbstverständlich erledigt haben, wird zum Problem. Wir fragen uns, wie es weitergeht.

Vieles verändert sich durch den Krieg in der Ukraine. Eine Zeitenwende. Wir konnten uns   nicht vorstellen, was jetzt gar nicht so weit von uns geschieht, was die Menschen dort mitmachen. Wohin führt das noch?

Die Welt ist bedroht, wir sind verletzlich.

Täglich erfahren wir das.

Und doch ist seit Ostern eine neue Dimension aufgebrochen.

Wir spüren den Schrecken der drei Frauen.

Aber auch die Ahnung: Da ist noch mehr.

Eine neue noch nicht greifbare Wirklichkeit.

Wir wissen längst nicht alles.

Gott hält noch vieles bereit für uns.

Gott ist da. Undenkbar: Gott in unserem Leben.

Wunderbar: Gott ist bei uns.

So bedrohlich ist vieles. Aber Jesus ist bei uns.   er ist auferweckt worden.

Kein Angststein liegt so schwer auf mir, er wälzt ihn von des Herzens Tür. Halleluja (EG 111,11)

 

Maria, Maria Magdalena und Salome schweigen.

Sie gehen nach Galiläa. Sie warten.

Vieles erinnert sie: das Haus in Kapernaum – „Deine Sünden sind dir vergeben“ hat er gesagt,

der Platz, an dem so viele satt wurden durch ihn, der See: „was seid ihr so furchtsam – habt ihr noch keinen Glauben?“ hat er im Sturm gesagt.

Überall sind seine Spuren.

Er ist bei ihnen.

Sie denken an das, was sie im ersten Morgenlicht erlebt haben: der Stein war weggerollt, das Grab leer, der junge Mann im weißen Gewand.

Ihr sucht den Gekreuzigten. Er ist nicht hier.

Er ist auferweckt.

Bald treffen sich die Jüngerinnen und Jünger regelmäßig: Am Morgen nach dem Sabbat feiern sie ihren Herrn.

Er lebt. Er ist bei uns. In seinem Namen vergeben wir Sünden. Wie er teilen wir das Brot. Der Herr ist auferstanden.

Lebt Christus, was bin ich betrübt?

Ich weiß, dass er mich herzlich liebt.

Wenn mir gleich alle Welt stürb ab,

g´nug, dass ich Christus bei mir hab.

Halleluja (EG111,13)

Amen