Predigt an Pfingsten Röm 8,1f

Eingangsspruch des Gottesdienstes von Martin Luther:

Glaube ist eine lebendige, verwegene Zuversicht auf Gottes Gnade, so gewiss, dass er tausendmal dafür sterben würde. Und solche Zuversicht und Erkenntnis göttlicher Gnade macht fröhlich, trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen; das wirkt der Heilige Geist im Glauben.

Lesung Apostelgeschichte 2,1-18

Predigt:

Jetzt getrauen sich die Jüngerinnen und Jünger aus ihrem Versteck. Jetzt reden sie frei und offen.

Pfingsten: eine lebendige, verwegene Zuversicht auf Gottes Gnadefröhlich, trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen.

Fröhlich und trotzig nach über zwei Jahren Pandemie, im vierten Kriegsmonat in der Ukraine, verwegene Zuversicht auf Gottes Gnade in der Zeit des Klimawandels, fröhlich im Glauben trotz allem, was uns persönlich bedrängt.

Pfingsten 2022: der Geist macht lebendig.      Das Gesetz der Sünde und des Todes hat schon seine Macht verloren. Paulus meint: Jetzt können wir Gott in einer neuen Weise dienen, die von seinem Geist geprägt ist. (Röm 7,6)

Man merkt es einer Mannschaft an, ob sie lustig den Platz betritt und lustig, beherzt ihr Spiel macht oder lustlos, wenn die Spieler nicht zusammenfinden und nichts gelingt, oder verzagt, wenn sie sich nichts zutrauen.

Man merkt es einem Ensemble an, ob die Musikerinnen und Musiker lustig sind, inspiriert sind oder nicht. Der Heilige Geist macht fröhliche Leute. Der Geist macht frei und lebendig.

Unser Predigttext sind zwei Verse im Römerbrief:

So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. (Römer 8 1f)

Lieber Paulus, sehr fröhlich klingt das nicht, was du schreibst, eher kompliziert und unheimlich. Verdammnis, Gesetz des Geistes, Sünde und Tod….   Bei Verdammnis muss ich an Menschen denken, die vom Bösen geradezu besessen sind, Verbrecher, Menschen, die für ihren Vorteil über Leichen gehen und ohne Bedenken lügen.

Paulus antwortet: „Ich habe auch viel angerichtet, früher, als ich meinte, ich muss die Christen ver-folgen. Da war ich von Hass getrieben, fanatisch. Auch heute noch erlebe ich, wie selbstsüchtig ich sein kann, rechthaberisch, stur und verletzend. Ich weiß: das ist falsch und böse. Ich will so nicht sein, und spüre doch diese Seite in mir. Selbst den Menschen, die ich liebe, tue ich manchmal weh. Es ist zum Verzweifeln! Ich glaube, dieser Widerspruch steckt in uns allen, wie ein böses Gesetz. Wir sind so schwach, so ängstlich um uns selbst besorgt. So rücksichtslos leben wir auf Kosten anderer: Das nenne ich das Gesetz der Sünde, die Kraft, die so viel zerstört, ja tötet, der selbstsüchtige Drang, dieses Nur-mich-selbst-Sehen – das trennt mich von anderen und von Gott und bringt nur Leid und Unheil in die Welt.

Verdammnis ist schon das richtige Wort: Ich lebe nur für mich selbst – ein Abgrund in mir selbst. Aber Gott sei Dank: Jesus hat mich aus diesem Abgrund gerissen. Er hält mich. Ich stolpere und falle manchmal sogar, der Abgrund ist da, aber ich stürze nicht hinab. Jesus ist bei mir.

Der Heilige Geist ist in mir. Er macht mich frei von der Macht, vom Gesetz der Sünde.

Es gibt keine Verdammnis mehr.

Ich weiß, dass ich nun zu Jesus gehöre.“

 

So antwortet Paulus, so ungefähr schreibt er über sich selbst im Römerbrief. Das fröhliche Pfingstfest hat einen ernsten Hintergrund.

Wird der Glaube nicht zu kompliziert, wenn wir auch noch an den Heiligen Geist glauben sollen? Der Geist ist geheimnisvoll und ungreifbar wie der Wind.

Ja, wir brauchen den Heiligen Geist. Gott sei Dank kommt Gott zu uns. Gott sei Dank lässt er sich auf die Welt ein, die ohne ihn verloren wäre! Gott sei Dank kommt Gott sogar in unsere Herzen! Er wirkt in uns. Das ist der Heilige Geist: Gott in uns, obwohl wir Gott widersprechen.

Gott hält den Widerspruch aus.

Geheimnisvoll und wunderbar ist Gott,

der Heilige Geist in uns am Werk.

Einfacher geht es nicht, weil unsere Herzen so kompliziert und widersprüchlich sind. Es ist wie Paulus schreibt, dass wir das Gute wissen und wollen und doch nicht tun.

Wir lassen uns mitreißen durch Neid, Rechthabe-rei, Habgier. Wir behaupten uns auf Kosten der anderen. Wir schlagen unbedacht los.

Es ist wie ein Abgrund in uns selbst, das Gesetz der Sünde und des Todes. Aber Gott ist in uns am Werk. Wir sind in dieser Spannung: gerecht und Sünder zugleich.

Nehmen wir das für uns an, dass der Geist uns gegeben ist, dass Gott in uns wirkt!

Es ist Gottes Geist, wenn Menschen frei, ohne Angst leben können, ohne Angst zu kurz zu kommen, ohne Angst zu verlieren, sogar in Krankheit und Leid und vor dem Tod ohne Angst. Es ist Gottes Geist, wenn Menschen von ganzem Herzen das Ihre tun, wo auch immer, ihre Berufung finden, Verantwortung übernehmen.

Es ist Gottes Geist, wenn Menschen dem Bösen widersprechen, Konflikte aushalten, den Frieden wagen, Grenzen überwinden, über sich selbst hinaus wachsen.

Das und vieles andere wirkt Gott, der Heilige Geist in uns und durch uns.

So gibt es nun keine Verdammnis für die, die     in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.

Amen