Pfingstpredigt über 1.Kor 2,12-16

Predigt am 20.5.18 von Andreas Hansen über 1.Kor 2,12-16

Pfingsten
Es ist ein Wort ergangen, das geht nun fort und fort. (Lied vor der Pred EG 586)  Gott spricht in diese Zeit hinein: Unwiderstehlich, begeisternd, treffend.
So haben wir gesungen, liebe Gemeinde. So muss es damals in Jerusalem gewesen sein. Auf einmal können die Jünger reden. Die Angst ist verschwunden. Einfache Leute ziehen mit ihren Worten alle in den Bann. Viele sind so überzeugt, dass sie sich taufen lassen.
Der Heilige Geist begeistert, bewegt, überzeugt, er schafft Klarheit, Erkenntnis und Einsicht. Der Geist führt in die Wahrheit. Menschen verstehen, obwohl sie verschiedene Sprachen sprechen.
Wie sehr wünschen wir uns Verständigung! Verständigung zwischen den Religionen, Verständigung zwischen den Völkern, Frieden, Verständigung in festgefahrenen Beziehungen.
Viele reden nur, um sich durchzusetzen, ihre Macht zu zeigen, Recht zu haben. Es geht ihnen nicht darum zu verstehen und zu verbinden. Worte wie Sprengsätze jagen sie durch die Medien.
Wir feiern heute das Fest des Heiligen Geistes, ein Fest des Verstehens. Hören wir den für heute vorgeschlagenen Predigttext. Paulus schreibt im 1.Korintherbrief:

Wir aber haben diesen Geist erhalten – den Geist, der von Gott kommt, nicht den Geist der Welt. Darum können wir auch erkennen, was Gott uns in seiner Gnade alles geschenkt hat. Und wenn wir davon reden, tun wir es mit Worten, die nicht menschliche Klugheit, sondern der Geist Gottes uns lehrt;  wir erklären das, was Gott uns durch seinen Geist offenbart hat, mit Worten, die Gottes Geist uns eingibt. Ein Mensch, der Gottes Geist nicht hat, lehnt ab, was von Gottes Geist kommt; er hält es für Unsinn und ist nicht in der Lage, es zu verstehen, weil ihm ohne den Geist Gottes das nötige Urteilsvermögen fehlt. Wer hingegen den Geist Gottes hat, ist imstande, über alle diese Dinge angemessen zu urteilen, während er selbst von niemand, der Gottes Geist nicht hat, zutreffend beurteilt werden kann. Es heißt ja in der Schrift: »Wer hat jemals die Gedanken des Herrn ergründet? Wer wäre je imstande, ihn zu belehren?« Wir jedoch haben den Geist Christi bekommen, sodass uns seine Gedanken nicht verborgen sind. 1.Kor 2,12-16

Die Jünger können sagen, was sie durch Jesus erkannt haben: Klar, überzeugend, begeisternd. Viele verstehen. Andere aber sagen: „die sind ja betrunken, schon am frühen Morgen!“ Nur wer von Gott angerührt ist, erkennt ihn. Für viele ist Jesus nichts als ein Mensch, ein besonderer Mensch, beeindruckend, mutig, liebevoll, konsequent, vielleicht auch ein Spinner, aber nur ein Mensch.
Für uns ist Jesus Gottes Sohn, der Weg zu Gott,  die Wahrheit seiner Liebe, das Leben, das den Tod besiegt.
An Pfingsten verstehen die Jünger und später  viele Menschen, was für menschliche Klugheit nicht zu verstehen ist. Paulus unterscheidet den Geist der Welt, menschliche Klugheit von Gottes Geist. Gottes Geist erschließt einen neuen Raum, eine größere Wirklichkeit, ein weiteres Verstehen.
„Wir haben den Geist Gottes erhalten“, schreibt Paulus. Ist das nicht ein wenig vermessen? Getrauen Sie sich zu sagen: „Ich habe den Heiligen Geist oder den Geist Christi“?
Ich möchte Sie ermutigen: Wir können erkennen, was Gott uns durch Jesus geschenkt hat. Wir haben den Heiligen Geist, denn er wirkt in uns Glauben, Hoffnung und Liebe. Wir haben den Heiligen Geist, obwohl unser Glaube oft schwach ist, obwohl wir zuweilen verzagt sind und obwohl wir immer wieder auch lieblos und hart sind. Das ist kein Widerspruch, sondern gerade das Große: Gott wirkt in uns, obwohl wir so sind, wie wir sind.
Gott verwandelt unsere engen Grenzen in Weite. Wie Petrus und die anderen wachsen wir, der Geist erschließt Neues.
Paulus streitet in Korinth mit Leuten, die behaupten: „Wir sind die einzigen wahren Christen.“ Paulus sagt zu ihnen: „Es genügt, dass wir Jesus Christus kennen und dass wir wissen, was Gott uns mit ihm geschenkt hat.“  Wir müssen keine Superchristen sein. Wir müssen nur auf Christus sehen. Lassen wir uns nicht verunsichern! Ja, wir haben den Geist Gottes erhalten, denn wir wissen, wie sehr Gott uns liebt. Das genügt.
Alle unsere Pfingstlieder sind freilich Bittlieder. Wir bitten um Gottes Geist. Wir vertrauen, dass Gott uns seinen Geist schenkt. Wir verfügen nicht über Gottes Geist. Jede Überheblichkeit ist fehl am Platz.
Einer sagt zu Jesus: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ Das kann ich gut verstehen. Wir haben den Geist Gottes und wir bitten doch um den Geist. In dieser Spannung bleiben wir.

„Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Glaubenden! Komm, Heiliger Geist, verwandele die Welt!“ Auf einmal verstehen Menschen ganz unterschiedlicher Sprachen, was Gott ihnen sagt.
Ich hoffe für uns heute auf ein Pfingstwunder, dass Verständigung möglich wird, dass wir die Vorurteile und Urteile über den anderen hinter uns lassen, dass wir einander als Mitmenschen erkennen.
Da erzählt einer von schwierigen Erfahrungen mit Flüchtlingen und schon bricht ein Shitstorm über ihm los und er wird in die rechte Ecke gestellt. Da wirbt einer um Verständnis für die Not einer Familie, die um ihre Angehörigen in Syrien bangt, und schon wird ihm vorgehalten, was straffällige Jugendliche aus Nordafrika getan haben. So oft wollen wir einander nicht verstehen!
Da halten Israelis und Palästinenser einander Gewalttaten vor: Ihr habt angefangen, schreien sie beide, und so bringt das Unrecht immer neues Unrecht hervor.
Da machen wir einander Vorwürfe und brechen einen Streit vom Zaun. Das geschieht immer wieder an der gleichen Stelle und wieder platzen die alten Wunden auf und stinken schon. Wir wissen, es führt zu nichts, und tun es doch.
Ich hoffe auf ein Pfingstwunder, auf viele Pfingsterlebnisse, auf Verständigung und Wahrhaftigkeit, auf Versöhnung trotz allem, auf gerechten Ausgleich für die Opfer. Ich hoffe, dass der Geist Christi unsere Welt verwandelt und erneuert.
Und ich glaube, wir Christen haben einen besonderen Auftrag von unserem Herrn und in seinem Geist, uns für Verständigung einzusetzen.
Pfingsten ist ein Fest des Verstehens. Der Glaube will verstehen. Wir rechnen damit, dass die Wirklichkeit sehr viel komplexer ist als unser Denken und unsere Vernunft. Wir hoffen, dass Gott, der uns das Leben schenkte, seine Schöpfung, diese Welt liebt und sie niemals loslässt. Gottes Geist wirkt in uns und manchmal springt ein kleines Fünkchen Erkenntnis über und macht uns staunen: Was für eine schöne Welt trotz allem Übel! Was für ein wunderbares Leben trotz allem Leid! Was für eine große Liebe Gottes zu seiner Schöpfung und zu uns, seinen Geschöpfen!

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen