Perspektivenwechsel, Predigt zu Röm 7,14-25a

Predigt am 28.10.18 von Andreas Hansen über Röm7,14-25a

Vor der Predigt singen wir EG 341, 1-3, zwischendrinn und nach der Predigt weitere Strophen des Liedes

EG 341,1. Nun freut euch, lieben Christen gmein, Und laßt uns fröhlich springen, Daß wir getrost und all in ein Mit Lust und Liebe singen, Was Gott an uns gewendet hat Und seine süße Wundertat Gar teur hat ers erworben.

2. Dem Teufel ich gefangen lag, Im Tod war ich verloren, Mein Sünd mich quälet Nacht und Tag, Darin ich war geboren; Ich fiel auch immer tiefer drein, Es war kein Guts am Leben mein, Die Sünd hat mich besessen.

3. Mein guten Werk, die galten nicht, Es war mit ihn verdorben, Der frei Will hasset Gotts Gericht, er war zum Gut erstorben. Die Angst mich zu verzweifeln treib, Daß nichts denn Sterben bei mir bleib, Zur Höllen mußt ich sinken.

Freut euch! Lasst uns springen und tanzen! Lasst uns singen von dem, was Gott an uns gewendet hat! Aber dann erzählt Luthers Lied so drastisch von Teufel, Sünde und Hölle, dass ich stocke. Ist das nicht finsteres Mittelalter? Mensch, Martin, wer glaubt das heute noch?
Wir reden heute nicht vom Teufel, und doch sind verteufelt böse Mächte in der Welt, nicht wahr?
Die Hölle passt nicht zu unserer Weltsicht, aber die Angst vor dem Verderben treibt viele um.
„Ich fiel auch immer tiefer drein – die Sünd hat mich besessen.“ Wie auf einer steilen schiefen Ebene rutscht der Mensch weg von Gott. Das Böse in der Welt, das Verderben und auch die Angst ist leider nicht finsteres Mittelalter. Wir erfahren es um uns und in uns. Wir sind darin verstrickt. Und es ist ein Widerspruch gegen Gott. Wir haben immer nur uns selbst im Blick.
Paulus spürt diesen Widerspruch gegen Gott. Auch er spricht davon, dass die Sünde ihn zur Verzweiflung treibt, und auch er kann fröhlich über Gott jubeln: Gott sei Dank, der uns durch Jesus gerettet hat. Hören wir, wie Paulus schreibt: Das Gesetz ist durch Gottes Geist gegeben worden,  das wissen wir. Ich aber bin meiner eigenen Natur ausgeliefert; ich bin an die Sünde verkauft und ihr unterworfen. 
Ich verstehe selbst nicht, warum ich so handle, wie ich handle. Denn ich tue nicht das, was ich tun will; im Gegenteil, ich tue das, was ich verabscheue.
Wenn ich aber das, was ich tue, gar nicht tun will, dann gebe ich damit dem Gesetz recht und heiße es gut. Und das bedeutet: Der, der handelt, bin nicht mehr ich, sondern die Sünde, die in mir wohnt. Ich weiß ja, dass in mir, das heißt in meiner eigenen Natur, nichts Gutes wohnt. Obwohl es mir nicht am Wollen fehlt, bringe ich es nicht zustande, das Richtige zu tun. Ich tue nicht das Gute, das ich tun will, sondern das Böse, das ich nicht tun will. Wenn ich aber das, was ich tue, gar nicht tun will, dann handle nicht mehr ich selbst, sondern die Sünde, die in mir wohnt.
Ich stelle also folgende Gesetzmäßigkeit bei mir fest: So sehr ich das Richtige tun will – was bei mir zustande kommt, ist das Böse. Zwar stimme ich meiner innersten Überzeugung nach dem Gesetz Gottes mit Freude zu, doch in meinem Handeln sehe ich ein anderes Gesetz am Werk. Es steht im Kampf mit dem Gesetz, dem ich inner-lich zustimme, und macht mich zu seinem Gefangenen. Darum stehe ich nun unter dem Gesetz der Sünde, und mein Handeln wird von diesem Gesetz bestimmt.
Ich unglückseliger Mensch! Mein ganzes Dasein ist dem Tod verfallen. Wird mich denn niemand aus diesem elenden Zustand befreien? Doch! Und dafür danke ich Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. 
Röm 7,14-25 (Neue Genfer Übersetzung)

„Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur so selten dazu.“
Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es zum Lachen. Dass wir Gutes wollen und Böses tun.
Eigentlich sind die sozialen Medien super, nur leider verbreiten sie weltweit Unwahrheiten und stacheln zum Hass auf.
Eigentlich ist es toll, wenn unsere Wirtschaft wächst, nur nehmen wir damit so viel Unrecht und Schaden in Kauf.
Eigentlich wollen wir Frieden, aber wir verkaufen Waffen in Krisengebiete und an Unrechtsstaaten.
Eigentlich liebe ich die Menschen, die mir nahe stehen – und doch handele ich manchmal rücksichtslos und verletzend gegen sie.
Nicht einzelne Verfehlungen beschreibt Paulus. Was wir immer und immer wieder tun, was in uns wirkt und uns zutiefst treibt, das meint er mit Sünde.  Er schließt sich selbst und uns ein, wenn er sagt: die Sünde, der Widerspruch gegen Gott, ist geradezu ein Gesetz in uns, eine Macht die uns beherrscht: die Gier immer mehr zu haben, der Egoismus, die Angst zu kurz zu kommen und in allem ein tiefer Unglaube:
Wir wollen unser Leben selbst begründen.
Wir wollen Gott gar nicht in unserem Leben.
Und wir wollen uns gar nicht ändern, nicht das Gute tun, das wir doch erkennen.
Sünde ist nicht die Praline zu viel oder der lüsterne Blick auf nackte Haut.
Sünde ist der Riss zwischen uns und Gott. Paulus starrt auf sich selbst und ist wie gelähmt. „Ich komme nicht los von mir, von der Angst mich selbst zu verfehlen, von der Gier nach Erfolg und Anerkennung.“ Das gute Gesetz, die Gebote, die zum Leben führen sollen, ziehen ihn nur immer weiter herunter. Hilflos starrt er auf sich. Er spürt, wie es ihn von Gott weg treibt, wie gott-los er ist. „Mein ganzes Dasein ist dem Tod verfallen.“ Er verzweifelt, wenn er sich ansieht.

Singen wir weiter mit dem Lutherlied.
EG 341,4. Da jammert Gott in Ewigkeit Mein Elend übermaßen, Er dacht an sein Barmherzigkeit, Er wollt mir helfen lassen. Er wandt zu mir das Vaterherz, Es war bei ihm fürwahr kein Scherz, Er ließ sein Bestes kosten.

5. Er sprach zu seinem lieben Sohn: Die Zeit ist hie zurbarmen, Fahr hin, meins Herzens werte Kron, Und sei das Heil der Armen Und hilf ihm aus der Sünden Not, Erwürg für ihn den bittern Tod Und laß ihn mit dir leben.

6. Der Sohn dem Vater ghorsam ward, Er kam zu mir auf Erden Von einer Jungfrau rein und zart, Er sollt mein Bruder werden. Gar heimlich führt er sein Gewalt, Er ging in meiner armen Gstalt, Den Teufel wollt er fangen.

Eine neue Perspektive: „Da jammert Gott mein Elend“. Nicht mehr der Mensch starrt verzweifelt auf sein Unvermögen. Jetzt sieht Gott ihn an, Gott sei Dank. Gott wendet sich uns zu. „Er wandt zu mir das Vaterherz“ Gott sieht uns an wie ein lieber Vater sein Kind. Gott sieht uns, wie wir eigentlich sind im Blick seiner Liebe.
Gott sieht auch unsere Sünde, den Riss. Er sieht gestörte Beziehungen, verfehltes Leben, verlorenen Glauben, beschädigte Liebe. Aber er nimmt es nicht hin, dass wir von ihm weg treiben, dass wir gefangen sind in der Sünde.
Gott kommt selbst zu uns in Jesus Christus. Er selbst setzt sich dem Bösen, der Gewalt, dem Unrecht aus. So überwindet er die Macht der Sünde. So heilt er den Riss zwischen uns und Gott.
Wir schauen auf Jesus. Wir halten uns fest an ihm.
„Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur so selten dazu.“
Eigentlich will ich keinen Streit, aber dann fällt ein Stichwort und alles Böse, was ich erlitten und auch selbst getan habe, ist wieder da. Jesus hilf!
Eigentlich weiß ich, dass mein Energieverbrauch zu groß ist, aber was soll´s, das machen doch alle. Jesus hilf!
Das Böse, das Unrecht ist noch in der Welt. Wir leiden daran und wir sind verstrickt darin. Wie Paulus möchten wir schier verzweifeln, wenn wir uns ansehen, wenn wir die Welt ansehen.
Wir brauchen die neue Sicht, die neue Perspektive, die Jesus uns schenkt. Wir gehören zu ihm. Amen

EG 341,7. Er sprach zu mir: Halt dich an mich, Es soll dir jetzt gelingen; Ich geb mich selber ganz für dich, Da will ich für dich ringen; Denn ich bin dein und du bist mein, Und wo ich bleib, da sollst du sein, Uns soll der Feind nicht scheiden.

8. Vergießen wird er mir mein Blut, Dazu mein Leben rauben, Das leid ich alles dir zu gut, Das halt mit festem Glauben, Den Tod verschlingt das Leben mein, Mein Unschuld trägt die Sünde dein, Da bist Du selig worden.

9. Gen Himmel zu dem Vater mein Fahr ich von diesem Leben, Da will ich sein der Meister dein, Den Geist will ich dir geben, Der dich in Trübnis trösten soll Und lernen mich erkennen wohl Und in der Wahrheit leiten.