Mt 3,13-17

Predigt am 11.1.15 von Andreas Hansen über Mt3,13-17

1.Sonntag nach Epiphanias

Die Gnade unseres Herr Jesus Christus und die Liebe Gottes, des Vaters, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen

Epiphanias heißt diese Zeit, liebe Gemeinde. An Epiphanias, am 6.Januar feiert die orthodoxe Christenheit die Geburt Jesu, sein Erscheinen. Christus, das Licht der Welt, erscheint. Christus, das Heil der Welt, kommt. Christus kommt zu den vielen, die seit dem 7.Januar schockiert und traurig sind. Gewalt und Terror in Paris, so nahe bei uns. Unser Herr ist bei den Christen im Irak und in Syrien, die Weihnachten im Flüchtlingslager erlebt haben. Er sitzt im vollgestopften Frachtraum eines führerlos im Mittelmeer treibenden Schiffs. Er fragt nicht, ob Muslime, Jesiden oder Christen neben ihm sitzen. Er ist bei denen, die verletzt und verängstigt sind. Er ist bei den Bedrückten, die kaum noch Mut haben, im Flur des Arbeitsamtes, in der Intensivstation des Krankenhauses, in der Psychiatrie und im Gefängnis. Er ist auch hier bei uns. Das Licht von Weihnachten strahlt. Er teilt die Lasten, die wir tragen. Geknickte, gebeugte Menschen sind seine Sache, ebenso auch die Fröhlichen und Starken. Gottes Sohn erscheint.

Er sagt uns zu: „Ich bin bei euch alle Tage.“ – die letzten Worte Jesu am Schluss des Evangeliums. Jesus beauftragt seine Jünger, allen Menschen von ihm zu erzählen, sie zu taufen und zu lehren. Dann verspricht er: „Ich bin bei euch alle Tage.“ Die ersten Worte Jesu im Matthäusevangelium hören wir heute. Jesus selbst wird von Johannes getauft.

Mt 3,13-17: Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir? Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: „Lass es jetzt geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.“ Da ließ er’s geschehen. Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.

Johannes staunt. Da steht Jesus inmitten der Leute, die zu ihm kommen. In Scharen kommen sie an den Jordan. Sie haben Sehnsucht nach einer neuen Zeit. Sie hoffen, Gott schenkt einen Neuanfang. Darum wollen sie getauft werden, ein Zeichen voll Hoffnung. Johannes aber fährt die Leute an: „Kehrt um! Tut Buße! Übt selbst Gerechtigkeit! Macht Ernst mit eurem Glauben! Ein radikaler Neubeginn ist nötig.“ Sie hören, wie Johannes mit brutaler Härte seine Zeitgenossen kritisiert. Sie lassen sich seine Bußpredigt gefallen. Zerknirschte Sünder stehen vor Johannes – und unter ihnen nun Jesus. Das kann doch nicht sein. Das passt doch nicht! Jesu erstes Wort: „Lass es jetzt geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.“ Johannes staunt. Jesus fährt nicht mit einem Machtwort drein. Jesus fegt nicht einfach alles Unrecht beiseite, reiner Tisch, Platz für das Neue. Jesus empfängt wie all diese Menschen, die von Gott eigentlich keine Ahnung haben, das Zeichen der Umkehr zu Gott. Jesus steht bei den Sündern, den Menschen, die Gott widersprechen, die nicht recht wissen, wonach sie sich sehnen und morgen schon wieder im alten Trott weiter-machen. „Jesus, da passt du doch nicht hin! Was hast du bei diesen gottlosen Leuten verloren?“ Aber gerade da will Jesus sein. Gerade so erfüllt er die Gerechtigkeit. Er wird noch oft anecken, weil er sich auf solche Typen einlässt. Er wird Gottes Gerechtigkeit fordern und wird doch zu schuldigen, schlechten Menschen gehen. Er wird am Ende wie ein Verbrecher sterben. Jesus erfüllt alle Gerechtigkeit. So kommt Gott. Johannes staunt über diese Erniedrigung. Jesus bei den Sündern.

Und noch viel mehr muss Johannes staunen. Der Himmel öffnet sich. Göttlicher Glanz geht auf über der düsteren Welt. Wie an Weihnachten lässt Gott sich in die Karten schauen und zeigt seine Liebe. Siehe! Schaut nur wie wunderbar! Künstler haben versucht, diesen geheimnisvollen Moment zu beschreiben: Gottes Geist kommt zu Jesus, wie eine Taube, wie ein Licht. Gott wendet sich ganz zu Jesus hin, in seiner Stimme, in seinen Worten. „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Der geliebte Sohn zeigt Gottes Liebe. In dieser Beziehung – Vater, Sohn und Geist – ist eine Bewegung zu uns hin. Auch für uns öffnet sich der Himmel.

Hören wir den Text eines Liedes von Martin Luther zu diesem Evangelium, die erste Strophe von Lied 202 und anschließend eine Choralbe-arbeitung dazu, von Michael Praetorius um 1600 komponiert. Christ, unser Herr, zum Jordan kam nach seines Vaters Willen, von Sankt Johann die Taufe nahm, sein Werk und Amt zu erfüllen. Da wollt er stiften uns ein Bad, zu waschen uns von Sünden, ersäufen auch den bittern Tod durch sein selbst Blut und Wunden, es galt ein neues Leben.

Orgel

Es gilt ein neues Leben für uns. Leben der Getauften. Wir sind mit Jesus verbunden: Jesus, das geliebte Kind unter dem offenen Himmel, und andrerseits Jesus ganz unten, der die Gerechtigkeit erfüllt. Das sind auch für unseren Glauben gleichsam zwei Seiten. „Beten und Tun des Gerechten“ – so beschrieb Bonhoeffer in schwerer Zeit unser Christsein. Beten, Vertrauen und andrerseits Gerechtigkeit wagen, sich der Zeit stellen. Wir sind Gottes geliebte Kinder – der Liebe des Vaters gewiss wie Kinder, ein Urvertrauen, das uns trägt. Und wir sind andrerseits gerufen, Jesus zu folgen, seine Gerechtigkeit zu wagen, zu tun, was er uns lehrt.

Liebe Gemeinde, was in den vergangenen Tagen in Paris geschehen ist, hat uns erschüttert und lässt uns nicht los. Wie können wir unsere Gesellschaft schützen, die Freiheit bewahren, Gewalt und Fanatismus abwehren? Was müssen wir tun, dass wir nicht selbst der Logik der Gewalt folgen und dass wir nicht selbst die Freiheit verletzen? Wie können wir dem Hass wehren, die friedlichen Muslime bei uns unterstützen und den Hasspredigern keinen Raum lassen? Was tun wir heute als Christen in der Nachfolge Jesu? Wie folgen wir seinem Wort und tun das Gerechte? Die Fragen bedrängen uns. Wir sind infrage gestellt. Wir müssen fragen. Was haben wir versäumt? Was ist gerecht zu tun? Zugleich öffnet uns unser Glaube auch jetzt einen weiten Raum: Wir sind Gottes geliebte Kinder. Was auch geschieht, wir sind seiner Liebe sicher. Er hat uns zugesagt, dass wir seine Kinder sind, wie er Jesus seinen geliebten Sohn nennt. Wer wir sind, ist uns zugesagt, unsere Identität als Christen. Das ist das Urvertrauen, das uns trägt.

Eine Geschichte zum Schluss: Fröhlich stapft ein Zweijähriger den Bach entlang, ganz allein. Das Wasser rauscht. Der Graben ist tief, kein Geländer davor. Er schaut hinab, dann springt er weiter. Ein Erwachsener sieht das Kind: „Hallo, wer bist du denn?“ „Ich bin der Schatz.“ „Das ist lieb, aber so heißt du doch nicht.“ Da kommt völlig außer Atem die Mutter gerannt. „Gott sei Dank! Da bist du ja, mein Schatz!“ Der Kleine strahlt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

EG 202,1+3+4