Mk 2,18-22 Ich sage Ja

Predigt am 20.1.19 von Andreas Hansen über Mk 2,18-22

Sing-Gottesdienst mit dem neuen Anhang zum Gesangbuch: Wo wir dich loben, wachsen neue Lieder - während der werden zweimal Verse aus dem Lied 158, ich sage Ja, gesungen und danach das ganze Lied, Evangelium des Sonntags ist das Weinwunder zu Kana, Joh 2

Jesus feiert gerne. Große steinerne Krüge sind auf einmal voll Wein, viel mehr als die Gäste trinken können, viel feiner, als das Paar es sich leisten könnte.
Freude im Überfluss, wenn Jesus mit uns feiert. Hochzeit, hohe, schöne, glückliche Zeit mit ihm. Reich und verschwenderisch teilt er aus und schenkt ein Wunder, das einfach nur schön ist und zum Feiern einlädt.
Jesus setzt sich mit Menschen an einen Tisch und schenkt ihnen Gemeinschaft und Vergebung. An seinem Tisch schenkt er die Hoffnung, dass unser Leben heil wird und zu Gott führt.
Auch wenn Jesus den Himmel beschreibt, spricht er von einem großen Fest, einem Hochzeitsmahl.
Seine Gegner ärgern sich über Jesus. Sie beschimpfen ihn als Fresser und Weinsäufer. Ein Lehrer muss doch würdig, ernst und zurückhaltend sein. Die Zeiten sind hart. Viele leiden Not in Israel. Aber Jesus feiert?
Und wie kann Jesus ausgerechnet mit denen essen und feiern, die vom System der römischen Unterdrückung profitieren? „Er isst mit den Zöllnern und Sündern!“ Tatsächlich begibt sich Jesus in schlechte Gesellschaft. Er isst mit Gaunern und Huren. Er hat keine Berührungsangst. Jesus kann ohne Vorbehalte auf andere zugehen, getragen von Vertrauen. Er nimmt Menschen an – und gibt ihnen die Chance umzukehren, neu anzufangen. In der Begegnung mit Jesus erfahren Menschen, wie nahe Gott ihnen ist.  Sie erleben: Gott nimmt mich an. Wunderbar ist das, befreiend. Nun können sie neu anfangen, wie der Zöllner Zachäus, wie viele, die Jesus geheilt hat. Jesus richtet Menschen auf. Er freut sich über sie. Er feiert mit ihnen.

Lied 158,1 (Ich sage Ja)

Seine Gegner ärgern sich über die Freiheit, die Jesus sich herausnimmt. Sie streiten mit ihm. Unser Predigttext für heute steht im Markusevangelium in einer ganzen Reihe von Streitgesprächen. Ich lese die ersten Verse:

Weil die Jünger des Johannes und die Pharisäer regelmäßig fasteten, kamen einige Leute zu Jesus und sagten: »Die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer fasten; warum fasten dann deine Jünger nicht?«
Jesus gab ihnen zur Antwort: »Können etwa bei einer Hochzeit die Gäste fasten, während der Bräutigam noch bei ihnen ist? Solange sie den Bräutigam bei sich haben, können sie doch nicht fasten!
Es kommt allerdings eine Zeit, wo ihnen der Bräutigam entrissen sein wird; dann werden sie fasten.  (Mk 2,18-20)

Fasten hat seine Zeit. Fasten heißt: Innehalten, Still sein, Verzicht auf alles, was mich ablenkt, zu Gott kommen, sich ausrichten wie ein Kompass. Jesus kannte und übte solche besonderen Zeiten, Zeiten des Gebets und des Fastens. Wir wissen heute in der evangelischen Kirche, wie gut so eine besondere Zeit sein kann – wir haben aber keine Vorschriften für bestimmte Zeiten und Weisen des Fastens. Üblich war damals das Fasten in Trauerzeiten. Fasten hat seine Zeit. So sagt Jesus. Er wird dem Leid und dem Schmerz nicht aus dem Weg gehen, wenn es soweit ist. Er wird auf alle Möglichkeiten, auf alle Freude verzichten und den Weg des Kreuzes gehen bis zum Ende. Aber jetzt ist eine andere Zeit, nicht die Zeit zum Fasten. Jetzt ist Freudenzeit, Zeit der Gnade, Tag des Heils, Zeit hochzeitlicher Freude: Gott ist nahe. „Der Bräutigam ist da“, sagt Jesus. Ausgelassenheit, Verliebtheit, Lust liegt in der Luft, ein festlicher Glanz über allem, Lachen und Gesang und Freude.
Schon im Alten Testament ist die Hochzeit ein Bild für Gottes Nähe. Juden begrüßen den Sabbat wie eine Braut, denn sie feiern Gottes Nähe.  Die Trauerzeit wird am Sabbat unterbrochen. Beichte und Klage werden verschoben. Auch nach christlichem Brauch wird das Fasten sonntags unterbrochen. Jeden Sonntag feiern wir Jesu Auferstehung, den Sieg über Tod und Leid, Ostern. Gott will unser Leben – ist das nicht ein Grund, dass wir uns freuen und feiern? Jetzt, in der Weihnachtszeit, die ja noch andauert, feiern wir, dass Gott in Jesus zu uns kommt. Er wird ein Mensch. Er nimmt unser Menschsein an. So sehr liebt Gott diese Welt und uns. „Ich sage ja zu dem, der mich erschuf.“ Ich bejahe den, der zu mir und zu allen seinen Geschöpfen ja sagt.
Dazu gehört dann auch, dass wir nein sagen zu allem, was der Schöpfung schadet. Es ist stark, dass Schülerinnen und Schüler für die Schöpfung demonstrieren. (Demonstration gegen den Klimawandel in Freiburg mit über 3500 Jugendlichen) Gott sagt ja zu unserem Leben und nein zu allem, was Leben vernichtet.

158, 1+2

Gleich nach dem Wort Jesu von dem Bräutigam, der nicht fastet, sondern feiert, hat der Evangelist Markus zwei andere Jesusworte überliefert: Niemand flickt ein altes Kleid mit einem neuen Stück Stoff, sonst reißt das neue Stück wieder aus, und der Riss im alten Stoff wird noch größer. Auch füllt niemand jungen Wein in alte Schläuche.   Er gärt ja noch und würde die Schläuche zum Platzen bringen, und der Wein samt den Schläuchen wäre verloren. Nein, jungen Wein füllt man in neue Schläuche (Mk 2,21+22)

Ich hänge an meinen alten Klamotten, und ich laufe am liebsten in den Schuhen, die schon ein wenig ausgelatscht sind. Wir hängen an dem, was immer schon so war, was wir gewohnt sind. Und auch in unseren Einstellungen und unserem Verhalten bewegen wir uns am liebsten in gewohnten Bahnen. Auch an schlechten Gewohnheiten halten wir fest, kaum bereit uns zu verändern. Immer wieder am gleichen Punkt geraten wir in Streit oder sind wir eingeschnappt. Immer wieder bleiben wir an den Verletzungen und Enttäuschungen unseres Lebens hängen. Wirklich neu beginnen und einem anderen wirklich eine neue Chance geben – das fällt uns unendlich schwer.
Jesus spricht viel von Umkehr. Er weiß, wie sehr wir im Alten verhaftet sind, wie unbeweglich und oft unfrei. Er weiß, wie uns Schuld lähmt. Manchen beschäftigt ein Leben lang, was ihm angetan wurde oder worin er selbst versagt hat. Die Vergangenheit kann wie ein Schatten über dem Leben liegen.
Das ist ja so schön bei den demonstrierenden Jugendlichen, dass sie sich Veränderung und Neuwerden wirklich vorstellen und zutrauen.
Jesus hilft Menschen, die versagt haben oder die verletzt sind. Er zeigt dem Zöllner Zachäus, wie rissig und fadenscheinig sein Lebensgewand ist. Jesus gibt ihm die Kraft umzukehren, neu zu beginnen, Nein zu sagen zum dem, was unrecht ist, Ja zu sagen zu seinen Mitmenschen und zu Gott.
Wir sehen uns selbst, unsere Gesellschaft, unsere Welt oft viel zu eng, eingesperrt in Zwängen, ohne die Möglichkeit etwas zu gestalten oder zu verändern. Jesus hat einen weiten unverstellten Blick. Für ihn sind Menschen nicht einfach festgelegt. Er hat Gottes Reich als Ziel. Darum kann er nicht einfach resignieren vor Unrecht und Gewalt in der Welt. Darum sieht er immer neue Möglichkeiten und treibt die Hoffnung weiter.
„Ich sage Ja zu Gottes gutem Geist, zum Weg der Liebe, den er uns verheißt, zu wagen Frieden und Gerechtigkeit in einer Welt voll Hunger, Angst und Leid.“ (Text von Lied 158,3)

Jesus lädt uns ein zu seinem Fest.
Wir nehmen Brot und Wein und wir feiern sein Ja zu uns.

Amen.