Johannes 12,20-26

Predigt am 15.3.2015 von Andreas Hansen über Johannes 12,20-26

Zum Sonntag Lätare - die Predigt wird ebenfalls am 14.3. in Sundhouse im Elsaß gehalten

Joh 12,20-26 Unter denen, die zum Fest nach Jerusalem hinaufgezogen waren, um anzubeten, befanden sich auch einige Griechen. Sie wandten sich an Philippus, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und baten ihn: »Herr, wir möchten Jesus sehen.« Philippus ging zu Andreas und teilte ihm das mit, worauf Andreas und Philippus zusammen zu Jesus gingen, um es ihm zu sagen. Jesus gab ihnen zur Antwort: »Die Zeit ist gekommen, da der Menschensohn in seiner Herrlichkeit offenbart wird. Ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Wem sein eigenes Leben über alles geht, der verliert es. Wer aber in dieser Welt sein Leben loslässt, der wird es für das ewige Leben in Sicherheit bringen. Wenn jemand mir dienen will, muss er mir nachfolgen. Und da, wo ich bin, wird auch mein Diener sein. Wer mir dient, den wird der Vater ehren.«

lehre mich die anderen rechnungen / ich verschenke und / werde reich / ich halte nichts fest und / erhalte in fülle / weil ich schwach bin / weil ich die andere backe hinhalte / trifft mich keiner / weil ich ja sage / weil ich mitleide / weil ich mich mitfreue / gewinne ich das Leben –ein Gedicht von Ernst Eggimann

Berechnend zu sein ist nicht Jesu Sache. Er spannt die Menschen nicht für seine Zwecke ein. Er sucht nicht seinen Vorteil. Er schenkt – rückhaltlos. Seine Gaben, seine Kraft, sein Leben gibt er hin. Und so wird das Leben erfüllt, reich, glücklich. Das will er ja: Dass unser Leben glückt. „Ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“ Weizen. Ein Weizenkorn zeigt uns den Weg Jesu und weist hin auf das Geheimnis des Glaubens.

(Nehmen Sie sich aus dem Schälchen ein Weizenkorn oder ein paar Körner!)

In diesen Körnern steckt Kraft. Sie werden gemahlen und zu Brot gebacken und geben uns Kraft. Oder sie werden ausgesät. Sie fallen in die dunkle Erde. Feuchtigkeit und Wärme lassen sie keimen. Dann stirbt das Korn. Es bringt einen Halm, eine Ähre hervor und vergeht dabei. Es gibt seine ganze Kraft in das neue Leben. Viele Körner wachsen daraus. Bleibt es verschlossen, so ist es unfruchtbar. Ein Leben für sich selbst bleibt unerfüllt. Es muss aufgehen, sich hingeben, damit das neue Leben werden kann. Geheimnis des Glaubens: Im Tod ist das Leben. Leuchtend grüne Halme bringt der Weizen hervor. Davon erzählt Jesus. Das Leben wird schön, erfüllt, sinnvoll, fruchtbar. Dieses wahre Leben wünschen wir uns. Johannes schreibt von ewigem Leben. Schon jetzt ist es zu spüren, das wahre Leben. Schon jetzt kann das Leben sein wie aufgehender Weizen, schön und erfüllt.

„lehre mich die anderen rechnungen ich verschenke und werde reich ich halte nichts fest und erhalte in fülle“ Lebendig und schön wie aufgehender Weizen sind Menschen, die anders rechnen. Ihr Gewinn ist, was sie geben und schenken können. Sie halten nichts fest und sind doch reich. Es ist schön, wenn Menschen von einem liebevollen Leben erzählen können, wenn ein Mensch seine Arbeit mit ganzem Herzen macht und mit Hingabe für andere da ist. Es ist schön, wenn einer die Schwäche anderer erträgt, mitleidet, sich mitfreut, Gemeinschaft schenkt. Es ist schön, wenn jemand Zeit opfert und sich dann freut, wenn ein alter, verwirrter Mensch ein wenig Anregung hat. Es ist schön, wenn Hausmeisterarbeit, Pflege, Buchhaltung und all die unscheinbaren Dienste verlässlich und aufmerksam geschehen. Es ist schön, wenn Menschen für andere Zeit und Geld und Lebenskraft verschenken – oft wird ihre Gabe von kaum jemandem bemerkt. Klein und unscheinbar ist so ein Korn. Klein und unscheinbar wie ein Weizenkorn kommt uns das Leben vieler Menschen vor. Und doch: was darin liebevoll geschieht oder geschah, das ist die Schönheit und der Reichtum dieses Lebens. So rechnet Jesus.

„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt“: das Korn muss sterben, sich hingeben, damit es Frucht bringt. Jesus spricht von seinem Tod. Er ist das Weizenkorn. Aus seinem Tod wird neues Leben.

„Da sind Leute, die wollen dich sehen, Jesus.“ „Was wollen sie sehen, Philippus? Einen Star?“ „Ich glaube, sie meinen es ernst. Von weit her sind sie gekommen, um hier im Tempel zu beten. Da haben sie gehört, was alle von dir erzählen.“ „Ich weiß. Etwas von Gott wollen sie sehen, ein wenig von Gottes Herrlichkeit, ein Zeichen für seine Macht, was zum Festhalten. Aber ihr wisst doch: niemand hat Gott je gesehen. Jetzt kommt meine Stunde. Jetzt zeigt Gott seine Herrlichkeit. Aber zu sehen ist nur: ein Korn, das in die Erde fällt und stirbt. Nur so bringt es Frucht.“

So erzählt Jesus von seinem Tod am Kreuz und zugleich schon von neuem Leben, von Ostern. Wir sind in der Mitte der Passionszeit. Der Sonntag trägt seinen Namen Lätare nach Jesaja 66,10: „Freut euch mit Jerusalem!“ Das kommende Heil ist im Blick. Ostern ist im Blick, obwohl so viele Kreuze in der Welt sind. Mitten in so viel Leid sehen wir auf den leidenden und sterbenden Jesus und erkennen Gottes Liebe. Wir sehen auf Jesus am Kreuz und glauben, dass er lebt. Leid und Tod werden überwunden sein.

Die Kirchen der Welt schrieben 1984 in Vancouver ein Bekenntnis: „Mitten in Hunger und Krieg feiern wir, was verheißen ist: Fülle und Frieden. Mitten in Drangsal und Tyrannei feiern wir, was verheißen ist: Hilfe und Freiheit. Mitten in Zweifel und Verzweiflung feiern wir, was verheißen ist: Glauben und Hoffnung. Mitten in Furcht und Verrat feiern wir, was verheißen ist: Freude und Treue. Mitten in Hass und Tod feiern wir, was verheißen ist: Liebe und Leben. Mitten in Sünde und Hinfälligkeit feiern wir, was verheißen ist: Rettung und Neubeginn. Mitten im Tod, der uns von allen Seiten umgibt, feiern wir, was verheißen ist durch den lebendigen Christus.“ Amen