Ist das echt? Predigt über Römer 5,1-5

Predigt am 5.6.16 von Andreas Hansen über Römer 5,1-5

Konfirmationsjubiläum

Römer 5,1-5 (Neue Genfer Übersetzung)

Nachdem wir nun aufgrund des Glaubens für gerecht erklärt worden sind, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Durch ihn haben wir freien Zugang zu der Gnade bekommen, die jetzt die Grundlage unseres Lebens ist, und im Glauben nehmen wir das auch in Anspruch. Darüber hinaus haben wir eine Hoffnung, die uns mit Freude und Stolz erfüllt: Wir werden einmal an Gottes Herrlichkeit teilhaben. Doch nicht nur darüber freuen wir uns; wir freuen uns auch über die Nöte, die wir jetzt durchmachen. Denn wir wissen, dass Not uns lehrt durchzuhalten, und wer gelernt hat durchzuhalten, ist bewährt, und bewährt zu sein festigt   die Hoffnung. Und in unserer Hoffnung werden wir nicht enttäuscht. Denn Gott hat uns den Heiligen Geist gegeben und hat unser Herz durch ihn mit der Gewissheit erfüllt, dass er uns liebt.

Römer 5,1-5 (Luther)

Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus; durch ihn haben wir auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben wird. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herren Jesus Christus.

Am Anfang seiner Briefe wünscht Paulus seinen Gemeinden Gnade und Frieden. Und so lautet unser Kanzelgruß. Im heutigen Predigtabschnitt sagt Paulus mehr als einen Wunsch, eine Zusage: Wir haben Frieden. Wir stehen in der Gnade.

Und dann folgen noch weitere große Worte in den wenigen Versen: Glaube, Hoffnung, Herrlichkeit, Liebe – es kann einem ganz schwindlig werden. Aber stimmt das? Haben die großen Worte eine Bedeutung oder sind sie nur so daher gesagt, leer, Fassade? Ist es wirklich? Ist es echt?

Ist das echt? „echt“ war ein Modewort, als ich Konfirmand und Jugendlicher war. Alles war nicht nur gut, sondern echt gut, echt schön oder echt übel, usw. Unseren Eltern und Lehrern ging das damals echt auf die Nerven. Aber vielleicht war es mehr als eine Mode. Vielleicht haben wir uns auch gewehrt gegen das, was nicht echt war. Gerade Jugendliche wünschen so sehr, dass ihr Leben und alles echt ist. An der Echtheit der Erwachsenen zweifeln sie grundsätzlich.

Pfarrer Ziegler hat Sie damals in den 60er Jahren wohl so begeistert, weil Sie ihm abnehmen konnten, was er über den Glauben sagte – er war echt, authentisch, glaubhaft.

Echt – Paulus nennt es bewährt, Bewährung. Man kann sein Wort auch mit „Echtheit“ wiedergeben. Das ist wie ein Gütesiegel. Dieser Glaube ist geprüft und hält Stand. Er ist echt.

Vieles in der Welt ist nicht echt, sondern falsch und verlogen. Josef Blatter und die Herren von der Fifa sprachen vom edlen Wettstreit und Völkerverständigung durch das Spiel mit dem Ball. In Wahrheit ging es ihnen um Macht und Geld. Wie ein Kartenhaus stürzen die Lügen ein.

Was ist echt? Wem kann man glauben?

Seit Augustus rühmte man die Pax Romana, den römischen Frieden. Kultur und Wirtschaft blühten. Rom wandelte sich von einer Stadt aus Ziegeln zu einer Stadt aus Marmor. Viele freuten sich über Sicherheit und Wohlstand – da nahm man sogar in Kauf, dass Augustus sich zum Kaiser machte, ein Vorbild für manchen, der heute gerne Sultan oder Zar wäre. Aber der Friede war nicht echt. In den Provinzen litten die ausgebeuteten Völker. An den Grenzen herrschte Krieg. Für die vielen Sklaven und für manche Minderheiten war Friede nichts als eine große Lüge. Wenn sie das Wort hörten, dachten sie an Staatspropaganda.

Eine winzige, verfolgte und verspottete Minderheit sind damals die Christen. Gemeinsam mit den Juden hatte Kaiser Claudius sie aus Rom verjagt. Nach seinem Tod kehren sie zurück. Sie wissen, was Paulus mit Bedrängnis meint. Er hat wie sie Gewalt und Not und Verfolgung erlitten. Zwei Jahre nach Claudius´ Tod, im Jahr 56 schreibt Paulus an die Christen in Rom. Er kennt sie nicht persönlich.  Aber Paulus will nach Rom kommen. Sein Brief soll den Besuch vorbereiten. Die Gemeinde in Rom soll wissen, woran sie mit ihm sind.

„Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus.“ – Frieden? Ist das echt? Das muss ein anderer Friede sein.

Wir erinnern heute an Ihre Konfirmation. Sie hören Ihre Konfirmandensprüche und werden gesegnet. Wir alle bleiben in gewissem Sinne Konfirmanden, Menschen, die Bestätigung, Festigung, Stärkung brauchen. Firm ist stark. Wir schauen auf unseren Lebensweg und fragen uns, ob wir uns bewähren, ob wir echt sind oder uns selbst und anderen etwas vormachen. Wir bleiben Konfirmanden, Menschen, die noch  auf dem Weg sind, unfertig, im Werden.

Ob wir Stand halten, wenn es darauf ankommt, wenn unser Glaube sich bewähren muss, wissen wir nicht. Wir brauchen immer wieder andere, die uns segnen, die uns Gutes von Gott zusagen. Wunderbar ist das, was Paulus den Christen von Rom und uns zusagt: Wir sind gerecht geworden durch den Glauben an Jesus Christus. Wir haben Frieden mit Gott. Wir stehen in der Gnade.

Vor unserer Konfirmation wurden wir getauft.     Gott hat Ja zu uns gesagt. Du bist mir recht. Du bist mein Kind. Du gehörst zu mir. Niemals lasse ich dich los. Da sind wir gerecht geworden. Bevor wir irgendetwas getan haben, hat Gott uns seine Gemeinschaft geschenkt. Er hat uns zur Gemeinschaft mit ihm befähigt – in dieser Weise sind wir gerecht Darauf ist Verlass. Das ist so unantastbar und echt wie die Würde eines jeden Menschen. Darum haben wir Frieden. Darum stehen wir in der Gnade wie in einem Raum, der uns umgibt.

Wir rühmen uns, übersetzt Luther, wir sind stolz und froh, schreibt die Neue Genfer Übersetzung.

Wir sind stolz darauf, Christen zu sein.

Keineswegs müssen wir uns mit unserem Glauben verstecken, auch wenn wir Konfirmanden sind, unfertig, auf dem Weg.

In einer friedlosen Welt haben wir Frieden.

Obwohl wir Sünder sind, Menschen, die Gott widersprechen, spricht er uns gerecht durch Jesus Christus.

In einer erbarmungslos harten Welt stehen wir in der Gnade.

Viele meinen, wir Christen machen uns etwas vor. Wir sind genauso friedlos und erbarmungslos wie alle anderen. Vielleicht ist der Friede überhaupt nur eine Illusion. Wir aber zeigen auf die Friedensbringer, auf die Barmherzigen und vor allem auf den einen, unseren Herrn. Viele meinen, wir flüchten in einen inneren Frieden, eine geistige Wirklichkeit, die letztlich niemandem hilft. Wir aber zeigen auf Jesus Christus, der wirklich und echt gelitten hat und gestorben ist und der auferstanden ist. Wir rühmen uns, wir sind stolz auf die Hoffnung durch Jesus Christus. Wir sind schon jetzt Menschen der Hoffnung.

Paulus schreibt mit Blick auf die bedrängten und verfolgten Christen. Wir haben Frieden mit Gott. Wir stehen in der Gnade. So kann er schreiben.

Wir hoffen gemeinsam mit Menschen, die trotz Krankheit, Schwäche und Leid getrost sind. Wir hoffen gemeinsam mit Menschen, die Niederlagen und Brüche erlebt, Unrecht erfahren haben und selbst schuldig wurden, und die neu anfangen. Wir hoffen mit den armenischen Christen, mit Christen im Irak und in Syrien. Wir hoffen gemeinsam mit Christen und Menschen aller Religionen, die sich um Frieden und Verständigung und Gerechtigkeit bemühen.

Wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, denn uns wächst Kraft zu – Geduld ist diese Kraft, unter der Last zu bleiben, sich dagegen zu stemmen. So erfahren wir die Echtheit des Glaubens. So wächst die Gewissheit, dass wir Gottes geliebte Kinder sind, was auch geschieht. Amen