Hebr 4,14-16

Predigt am 14.2.16 von Andreas Hansen über Hebr 4,14-16

Die Predigt ist in den Gottesdienst eingebettet

Weil wir nun aber einen großen Hohenpriester haben, der den ganzen Himmel bis hin zum Thron Gottes durchschritten hat – Jesus, den Sohn Gottes – wollen wir entschlossen an unserem Bekenntnis zu ihm festhalten. Jesus ist ja nicht ein Hoherpriester, der uns in unserer Schwachheit nicht verstehen könnte. Vielmehr war er – genau wie wir – Versuchungen aller Art ausgesetzt, allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass er ohne Sünde blieb. Wir wollen also voll Zuversicht vor den Thron unseres gnädigen Gottes treten, damit er uns sein Erbarmen schenkt und uns seine Gnade erfahren lässt und wir zur rechten Zeit die Hilfe bekommen, die wir brauchen.

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Zwei Wegkreuze sehen Sie auf unserem Textblatt. Das eine steht, ganz frisch restauriert, bei der Zieboldslinde auf der Höhe zwischen Kenzingen und Hecklingen. Das andere nennt man das faiste Herrgöttle. Wenn man zu Fuß von den Dörfern oberhalb Waldshuts in die Stadt geht, kommt man hier an den höchsten Punkt des Weges. Hier kann man die Last absetzen und verschnaufen.

Die beiden Wegkreuze sagen in ihrer Sprache das Gleiche wie die drei Verse aus dem Hebräerbrief: Lasst uns entschlossen am Bekenntnis zu Jesus festhalten. Er steht für uns bei Gott ein, ganz oben im Himmel. Zugleich ist er ganz unten, versteht uns in unserer Schwachheit. Er kennt das Leid und alles, was uns angreift. Mit Zuversicht wollen wir vor Gott treten und vertrauen, dass er uns hilft.

Wenn ich Abstand brauche, mich entspannen will oder in Ruhe nachdenken, radele ich ein Stück. Oft komme ich zur Zieboldslinde. Der Blick weit ins Land tut gut. Ich komme zu mir selbst, werde ruhig, manchmal wird mir etwas klar. An diesem Platz steht das hoch aufragende Kreuz – ein Bekenntnis zu Jesus. Ein Spruch auf dem Sockel mahnt den Wanderer die Sünde zu meiden. Nichts soll uns trennen von Gott. Dafür ist Jesus am Kreuz gestorben.

Am Waldshuter Kreuz kann man oben Sonne und Mond erkennen, unter dem Gekreuzigten die Jahreszahl 1699, noch darunter, leider nicht mehr auf dem Foto, drei Buchstaben A T M. Viele Menschen mussten den Weg über den Berg gehen, an diesem Kreuz vorbei, aus den Dörfern im Wald hinunter in die Stadt. Sie waren auf dem Weg zum Markt, schwer beladen. Oder auf dem Weg zum Vogt, zum Gericht oder zum Spital, belastet mit Sorgen und Leid. Sicher waren viele auch fröhlich auf dem Weg zu einem Fest, froh, den Alltag zu unterbrechen und in die Stadt zu kommen. A T M: man sagt, der Müller Adam Tröndle habe das Kreuz gestiftet zum Dank dafür, dass er hier oben einem Überfall entkam. Oder A T M heißt: ave tutor mundi, sei gegrüßt, Beschützer der Welt. Dazu passen Sonne und Mond. Tag und Nacht, immer ist er da.

Ave tutor mundi, beschütze uns, Jesus, bitte für uns, sei für uns da! Für die, denen die Arbeit über den Kopf wächst, die nachts aufwachen, weil sie an ungelöste Aufgaben denken müssen. Sei da für die, denen Unrecht geschieht, die streiten müssen, die mit Schuld nicht fertig werden. Ave tutor mundi, beschütze die Kinder, die mit ihrem Leben nicht zurechtkommen, und die Eltern, die sich um sie sorgen und nicht weiter wissen. Beschütze auch die Menschen, die vor den Bomben auf Aleppo davonlaufen, die Opfer im Spiel der Mächtigen. Wenn wir weiterdenken, wird die Last von Schuld und Leid in unserer Welt unerträglich. Wir tragen unsere Lasten zu Jesus am Kreuz. Wir stehen da und wissen, zu oft haben wir am Leid anderer vorbeigesehen. Wir bringen ihm unsere Schuld, Hilflosigkeit und Schwäche, unseren Mangel an Glaube und Liebe. Wir sehen den leidenden Jesus. Wir sehen ihn auch wie das faiste Herrgöttle uns entgegenkommen, als würde er sagen: „Kommt zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken. Ich bin bei euch alle Tage, Tag und Nacht.“

Die Christen des Hebräerbriefes sind in einer schwierigen Lage. Sie sind damals nur eine kleine Minderheit und erleben Druck und Anfeindung. Sie sind müde und frustriert. Die erste Begeisterung der jungen Gemeinde ist verflogen. Viele kommen nicht mehr in die Gottesdienste. Die Gewissheit ist brüchig geworden, der Glaube schwach. Da bekommen sie gesagt: Schaut auf Jesus! Lasst uns am Bekenntnis zu Jesus festhalten. Vertraut darauf, dass er uns hilft! Der Brief vergleicht Jesus mit dem Hohepriester. Einmal im Jahr geht der Hohepriester ins Innerste des Tempels. Da betet und opfert er für das Volk, damit alle Vergebung erfahren und neu anfangen. Jesus ist anders: er opfert er sich selbst. Er kommt nicht nur in das Innerste des Tempels, sondern bis in die Himmel, zu Gott. Er schafft ein für allemal Versöhnung. Nichts trennt uns von Gottes Liebe. Der Hohepriester ist weit weg von den Sorgen und Lasten der Menschen. Jesus ist anders: Er leidet mit uns. Er kennt unsere Versuchung, unsere Schwachheit. Jesus am Kreuz ist die Zusage, dass unser Leben vor Gott ist, versöhnt mit Gott, angenommen, geliebt.

Lasst uns am Bekenntnis zu Jesus festhalten. Vertraut darauf, dass er uns hilft! Vor vielen Jahren haben Christen Wegkreuze errichtet. Sie wollten für Bewahrung danken und ihren Glauben bekennen. Sie wollten Menschen einladen, Jesus zu vertrauen. Noch immer sind die Wegkreuze für viele wichtig. Andere finden die Darstellung des leidenden Jesus abschreckend. „Das mit dem Kreuz ist so negativ. In der Kirche wird immer nur von Schuld und Leid und Tod geredet.“ Das stimmt und genügt doch nicht. Am Kreuz ist Gott uns nah. In Jesus Christus ist er mitten in dieser Welt voll Leid und Schuld. Die Welt ist zerrissen von Gewalt und Hass. Das erträgt und erleidet er. Wir werden heute wohl keine Wegkreuze aufstellen. Aber unsere Welt braucht dringend Menschen die am Bekenntnis zu Jesus Christus festhalten und zeigen, dass sie auf Gott vertrauen. Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

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