Hausgottesdienst zum 27.6. – 1. Mose 50,15-21

Wir feiern unseren Hausgottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

 

Psalm 42

Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser,

so schreit meine Seele, Gott, zu dir.

Meine Seele dürstet nach Gott,

nach dem lebendigen Gott.

Wann werde ich dahin kommen,

dass ich Gottes Angesicht schaue?

Meine Tränen sind meine Speise

Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt:

Wo ist nun dein Gott?

Daran will ich denken

und ausschütten mein Herz bei mir selbst:

wie ich einherzog in großer Schar,

mit ihnen zu wallen zum Hause Gottes

mit Frohlocken und Danken

in der Schar derer, die da feiern.

Was betrübst du dich, meine Seele,

und bist so unruhig in mir?

Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,

dass er mir hilft mit seinem Angesicht.

Ehr sei dem Vater und dem Sohn

und dem Heiligen Geist

wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit

und in Ewigkeit. Amen

 

Es gibt so viel Schuld, Schuld, die wir kennen,

Schuld, die wir verdrängen, Schuld, die uns verzweifeln lässt, weil sie uns trennt von anderen Menschen und von dir.

Gott, sieh hinter unsere Masken, die wir tragen.

Hilf uns, ehrlich zu sein mit uns selbst, miteinander.

Mach uns bereit

Versöhnung zu schenken und anzunehmen. Amen

 

Neue Lieder 59:  Im Dunkel unsrer Nacht entzünde das Feuer, das nie mehr verlischt, niemals mehr verlischt. Im Dunkel unsrer Nacht entzünde das Feuer, das nie mehr verlischt, niemals mehr verlischt.

 

Predigtgedanken: Ein Flugzeug wird zur Landung gezwungen, ein junger Mann mit seiner Freundin aus dem Flugzeug gezerrt – später sieht man Protassewitsch mit zerschlagenem Gesicht.

Er gesteht seine „Schuld“ ein und er, der Kritiker, lobt den Diktator. Was tun Menschen einander an – es tut einem weh, wenn man sich das nur vorstellt. Unerträglich.

Die Opfer von Missbrauch und Gewalt vergessen nicht, was sie erlitten haben. Viele sind unfähig normal zu leben. Unerträglich – und doch müssen sie mit dieser Erfahrung weiterleben. Unerträgliche Geschichten, schwere Schuld, das kommt in den besten Familien vor. Wir hören das Ende einer solchen Geschichte. (Es lohnt sich die ganze Geschichte von Josef und seinen Brüdern einmal zu lesen: ab 1. Mose 37)

 

1.Mose 50, 15-21:

Als Josefs Brüder begriffen, dass ihr Vater tot war, bekamen sie Angst. Sie dachten: „Hoffentlich ist Josef uns gegenüber nicht nachtragend. Sonst wird er uns all das Böse heimzahlen, das wir ihm angetan haben.“ Darum ließen sie ihm mitteilen: „Dein Vater hat uns vor seinem Tod aufgetragen, dir zu sagen: Vergib deinen Brüdern das Unrecht und ihre Schuld. Ja, sie haben dir Böses angetan.

Nun vergib ihnen dieses Unrecht. Sie dienen doch dem Gott deines Vaters!“ Als Josef das hörte, fing er an zu weinen. Da gingen seine Brüder zu ihm hin, warfen sich vor ihm nieder und sagten: „Wir sind deine Knechte.“ Aber Josef sagte zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Bin ich etwa Gott? Ihr hattet Böses für mich geplant. Aber Gott hat es zum Guten gewendet. Er wollte tun, was heute Wirklichkeit wird: ein großes Volk am Leben erhalten. Deshalb fürchtet euch nicht! Ich werde für euch und für eure Kinder sorgen.“

 

Er fühlt es, als wäre es heute, wie er nackt im Brunnen hockt und um sein Leben zittert.

Der Hass und die Häme in ihren Gesichtern.

Sie wollen ihn umbringen, dann verkaufen sie ihn, seine eigenen Brüder! Ob der Vater die Wahrheit je erfahren hat? Das kann er nicht vergessen.

Und jetzt lassen sie ihm sagen, was der Vater vor seinem Tod noch gesagt haben soll. Ach was!  Sie getrauen sich nur nicht, es selbst zu sagen!

Ach, trage doch das Verbrechen deiner Brüder und ihre Verfehlung – Böses haben sie dir ja angetan. Nach all den Jahren haben auch sie diesen Moment nie vergessen. Sie haben keine Ruhe. Die Schuld plagt sie und jetzt auch die Furcht. Josef hat ja Macht – sie sind in seiner Hand. Trage doch das Verbrechen deiner Brüder

– er musste es ja tragen, all die Jahre – er war und blieb das Opfer ihres Verbrechens.

Josef weint über sein Leben unter dieser Last. Unerträgliches geschieht und muss doch getragen werden. Er hat das Beste daraus gemacht und staunt selbst, wie sein Leben geworden ist, wie gut es ihm nach allem heute geht. Aber das Böse in seinem Leben bleibt – es geht mit ihm. Josef weint.

Dann kommen sie selbst, knien vor ihm: Wir sind deine Knechte. Immerhin können sie ihre Untat eingestehen, das Verbrechen ein Verbrechen nennen, das Böse böse. Was sie getan haben, lässt sich  nicht mehr ungeschehen machen. Er muss damit leben. Er muss es tatsächlich tragen. Und er kann sehen und sagen: Ihr hattet Böses für mich geplant. Aber Gott hat es zum Guten gewendet.

 

Viele Opfer von Verbrechen und Bösem tragen schwer an dem, was ihnen angetan wurde, zB Opfer von Gewalt und Missbrauch. Gerade, wenn sie die Täter kennen und weiter mit ihnen leben. Es ist wohl zu viel verlangt, dass sie vergeben. Obwohl alle an der Stelle „vergeben“ übersetzen, es steht „tragen, ertragen“ da – trage doch das Verbrechen deiner Brüder – eine ungeheure Zumutung der Brüder für Josef. Aber das Verbrechen lässt sich nicht gut machen. Die Last bleibt und muss getragen werden. Vielleicht, längst nicht immer, gelingt Versöhnung, wenn das Verbrechen beim Namen genannt ist, wenn Reue zu spüren ist, wenn das Opfer die Kraft hat weiter zu leben.

 

Josef ist bereit zur Versöhnung. Gott hat sein schweres Leben zum Guten gewendet. Seine schlimmen Erfahrungen bleiben ein Teil von ihm. Aber er kann jetzt sogar seine Brüder trösten.

Er kann die Schuld und das Leid tragen.

Er muss den Brüdern nicht heimzahlen, was sie ihm angetan haben. Die Scham weicht. Die alten Narben können ruhen. Der Schmerz und die Verbitterung werden beherrschbar. Alle können aufatmen. Gott hat es zum Guten gewendet.

Gebe Gott, dass für die Opfer gut wird, was an Bösem geschehen ist, dass sie Kraft bekommen, dass sie sich selbst getragen wissen von Gott.

Amen

 

Lied 432 Gott gab uns Atem

Gott gab uns Atem, damit wir leben.

Er gab uns Augen, dass wir uns sehn.

I: Gott hat uns diese Erde gegeben,

dass wir auf ihr die Zeit bestehn. :I

 

Gott gab uns Ohren, damit wir hören,

Er gab uns Worte, dass wir verstehn.

I: Gott will nicht diese Erde zerstören,

Er schuf sie gut, er schuf sie schön. :I

 

Gott gab uns Hände, damit wir handeln,

Er gab uns Füße, dass wir fest stehn.

I: Gott will mit uns die Erde verwandeln,

Wir können neu ins Leben gehn. :I

 

Gebet

Du trägst uns, Gott.

Manche Menschen müssen so viel Böses ertragen. Steh ihnen bei!

Manchen Menschen leiden an dem, was ihnen angetan wurde. Sie schämen sich. Sie erleben immer wieder die Angst, den Schmerz, die Erniedrigung. Hilf ihnen!

Wir bitten dich für Familien, die mit alter Schuld und ungelösten Konflikten nicht fertig werden.

Es ist so schwer auszusprechen, was an Bösem geschehen ist, was verletzend war. Vorwürfe und Schuldzuweisungen blockieren uns. Hilf, dass wir ehrlich und gut miteinander umgehen können, uns versöhnen können, die alten Narben heilen. Hilf, die Last unserer Geschichten zu tragen, nicht bitter und nachtragend zu sein, Frieden zu finden.

Wir bitten für die großen ungelösten Konflikte in der Welt und für die vielen Menschen, die Opfer von Gewalt, Unrecht, Unterdrückung und Missbrauch werden. Schenke ihnen Kraft zu tragen und zu überwinden, was sie bedrängt.

Wir bitten für die alten Menschen, die mit manchen Konflikten in ihrem Leben nicht fertig geworden sind und noch immer darunter leiden.

Wir bitten für die, die durch die lange Coronazeit erschöpft, überfordert und mutlos geworden sind.

Wir bitten für alle, die uns besonders am Herzen liegen, um die wir uns sorgen.

Nimm dich unser aller gnädig an, Gott.

Trage uns mit unseren Lasten, mit unserem Unvermögen.

Behüte uns.

 

Vaterunser

 

Lied 170

Komm, Herr, segne uns, dass wir uns nicht trennen, sondern überall uns zu dir bekennen. Nie sind wir allein, stets sind wir die Deinen. Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.

 

Keiner kann allein Segen sich bewahren.

Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen. Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen, schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.

 

Frieden gabst du schon, Frieden muss noch werden, wie du ihn versprichst uns zum Wohl auf Erden. Hilf, dass wir ihn tun, wo wir ihn erspähen – die mit Tränen säen, werden in ihm ruhn.

 

Komm, Herr, segne uns, dass wir uns nicht trennen, sondern überall uns zu dir bekennen. Nie sind wir allein, stets sind wir die Deinen. Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.

 

Segen

 

Gott segne dich und er behüte dich.  

Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.  

Gott hebe sein Angesicht über dich

und gebe dir Frieden. Amen