Hausgottesdienst Reminszere

Zünden Sie eine Kerze an und schaffen Sie, evtl. durch das Hören eines Musikstücks, einen Rahmen, der zur Besinnung einlädt.

Begrüßung: Herzlich willkommen zum Gottesdienst am Sonntag Reminszere.
„Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit“, an diesen Vers aus Psalm 25 stammt der lat. Name dieses Sonntages.
Wir haben allen Grund, unseren Gott so zu bitten.
Mitten in einer Zeit voller Ängste und berechtigter Sorgen erinnert uns der Wochenspruch (Röm. 5,8) daran, dass Gott sich uns voller Liebe zugewandt hat und es noch tut: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“

Lied: Dona nobis pacem (EG 435)

Gebet: Herr Jesus Christus, deinem Frieden vertrauen
wir uns heute morgen an. Unsere Ängste, unsere Sorgen um uns
und andere nimm du von uns. Tröste und heile unsere geplagten Seelen, erbarme dich über dieser geschundenen Welt.
Erbarme dich mit deiner Liebe und wende dich uns zu. Amen.

Predigttext: Matthäus 26, 36-46
Jesus kam nun mit seinen Jüngern an eine Stelle am Ölberg, die Getsemane genannt wird. Dort sagte er zu ihnen: »Setzt euch hier und wartet! Ich gehe noch ein Stück weiter, um zu beten.« Petrus jedoch und die beiden Söhne des Zebedäus nahm er mit. Traurigkeit und Angst wollten ihn überwältigen, und er sagte zu ihnen: »Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir!« Er selbst ging noch ein paar Schritte weiter, warf sich zu Boden, mit dem Gesicht zur Erde, und betete: »Mein Vater, wenn es möglich ist, lass diesen bitteren Kelch an mir vorübergehen!
Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.«
Als er zu den Jüngern zurückkam, schliefen sie. Da sagte er zu Petrus: »Ihr konntet also nicht einmal eine einzige Stunde mit mir wach bleiben? Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet! Der Geist ist willig, aber die menschliche Natur ist schwach.«
Jesus ging ein zweites Mal weg und betete: »Mein Vater, wenn es nicht anders sein kann und ich diesen Kelch trinken muss, dann soll dein Wille  geschehen.« Als er zurückkam, waren sie wieder eingeschlafen; sie konnten die Augen vor Müdigkeit nicht offen halten. Er ließ sie schlafen, ging wieder weg und betete ein drittes Mal dasselbe Gebet. Dann kehrte er zu den Jüngern zurück und sagte: »Wollt ihr noch länger schlafen und euch ausruhen? Seht, die Stunde ist da, in der der Menschensohn in die Hände der Sünder gegeben wird. Steht auf, lasst uns gehen! Der, der mich verrät, ist da.«

Impuls: Liebe Mitfeiernde, vor Jahren besuchten wir den Garten Gethsemane. Touristen in Israel wie viele andere auch. Und wie so viele auch immer wieder in Gedanken und im Gedenken versunken. Die alten Olivenbäume, die wir heute sehen, sind nicht die von damals und doch ist die Gartenszene nicht viel anders, als es sich unsere Phantasie immer ausgemalt hat. Jesus in Gethsemane, das innere Auge kann ihn sich unschwer vorstellen,  zusammengekrümmt unter einem der knorrigen, mehrfach Hundertjährigen.
Im Garten Gethsemane kommt alles auf engem Raum zusammen. So
menschlich wie in diesem Moment der Angst, in diesem Moment der
Verzweiflung, ist Jesus seit dem Stall nicht mehr. Gerade in diesem Moment der zutiefst menschlichen Not sind ihm die nächsten, die treuesten Menschen nicht wirklich nahe, schaffen es nicht, wach zu bleiben, können die schweren Stunden nicht mit ihm teilen. In diesem Moment der Angst dringt kein tröstendes Wort an sein Ohr, bleiben seine Fragen unbeantwortet im Raum.
Alte knorrige Olivenbäume in blassem Grün. Es ist Abend, oder ist es
schon Nacht? Hier stellt Jesus, der Mensch ohne Sünde, die Fragen –
und Gott antwortet nicht. Hier nimmt sich Jesus so weit zurück, wie nur möglich. „Nicht wie ich will, sondern wie du willst!“ Und vertraut sich ganz der Obhut Gottes an. Hier schränkt Jesus seine eigene Urteilsfähigkeit ein. „Mein Vater, ist‘s möglich …“. Und begibt sich in Gottes Arme.  Er weicht nicht aus und übernimmt die Verantwortung, auch für das, was er nicht verschuldet hat.
Die Menschen um Jesus fallen  in den Schlaf. Als sie aufwachen, stellen sie fest, dass sie Jesus allein gelassen haben, keine Spur mehr vom gemeinsamen „durch dick und dünn gehen“.
Wir schauen uns suchend um, vielleicht ein wenig peinlich berührt. So erwartbar, so klar. Jesus liegt mehr, als dass er kniet. Wir sehen die Jünger, sie ähneln uns doch sehr. Menschen, die gerne möchten und doch immer wieder mit ihren guten Vorsätzen auf der Strecke bleiben. Menschen, die sich danach sehnen, mit – je nach religiöser Geschmacksrichtung – ihrem Vorbild Jesus oder mit ihrem Erlöser und Herrn durch „durch dick und dünn zu gehen“.
Um dann doch vom Schlaf überfallen, überwältigt zu werden. Von der Erschöpfung nach zwei ewig langen Corona-Jahren gebeutelt, kaum fähig, noch Begeisterung für eine ungewiss scheinende Zukunft zu entwickeln. Von einer Abfolge von Krisen – die keine Ende zu nehmen scheinen – ernüchtert und manchmal jetzt schon froh, den eigenen Lebensstandard irgendwie noch halten zu können. Und jetzt die nächste Zumutung.
„Mein Vater, ist‘s nicht möglich, dass dieser Kelch vorübergehe, ohne
dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille!“ Gerade noch hatte Jesus
mit den Seinen das Mahl gefeiert. Hatte ihnen den Wein als Kelch des Heils gereicht. Jetzt betet er, dass der Kelch an ihm vorübergehen möge. Noch beim gemeinsamen Mahl stellt er seinen GefährtInnen das kommende Reich Gottes vor Augen:
„Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich aufs Neue davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.“ „Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.“ Jesus versichert sich gegen alle menschliche Schwachheit und Versuchung seiner Gottessohnschaft: Abba, mein Vater! Kann er vorhersehen, was ihn erwarten wird? „Siehe, er ist da, der mich verrät“– lässt darauf schließen. Kann er sich frei entscheiden?
Könnte er auch gegen Gottes Willen handeln? Eine offene Frage, die im Raum hängen bleibt. Wie auch die Frage, warum Jesus gerade so betet: „Lass diesen Kelch an mir vorübergehen“? Das Gebet hallt im Garten nach.
Wir wenden uns um zu Jesus im Garten Gethsemane. Sein Bild verschwimmt zunehmend vor unseren Augen. Mag sein, dass sie feucht geworden sind. In Gethsemane wird eine Entscheidung getroffen, die Jesu Leben verändert, aber auch das Leben der Menschen für alle Zeiten. Staunend stehen wir und sind erfüllt vom Brot, vom Wein. Jesus im Herzen, den Gottesgeist – gerne auch die Geistkraft – unserer Seele nahe, die nach Trost und Tröstung lechzt. Ganz unvermittelt wird uns klar und unabweisbar steht es vor unseren Augen: Wir stehen an seiner Seite, wir können mit ihm am Gottesreich bauen, in die kristallklare Realität dieser für alle schweren Tage hinein. Wir müssten vielleicht einen
Schritt nur gehen, jede wohl einen anderen, jeder den seinen.
Wir wenden uns ein letztes Mal, zum Gehen. In uns hallt das Schmerzensgebet noch nach. „Vater, ist’s nicht möglich…“. Und wir wissen: Wir sind gemeint. Amen.

Lied: Komm in unsre stolze Welt (EG 428,1-3)

Fürbittgebet

Du Gott des Friedens, es ist Krieg in der Ukraine. Von Russland angegriffen.
Es ist Krieg in Europa. Der Frieden wurde mutwillig und absichtsvoll zerstört.
Wir sind entsetzt und fassungslos. Ohnmacht, Angst und Wut sind in uns.
Wir suchen Deine Nähe in diesem Augenblick.
Wir klagen Dir das Leid aller,
über die Gewalt und Tod gekommen sind … [ Stille]
Sieh die Angst der Menschen in der Ukraine,
sieh unsere Angst … [ Stille]
Lass Du uns nicht los – uns und alle,
die jetzt ratlos und ohnmächtig sind … [ Stille]
Höre uns! Sei uns nahe in der Not!
Sprich Du selbst in uns, wo uns die Worte fehlen.

Vaterunser

Lied: Wenn das Brot, das wir teilen
Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht,
und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt,
dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,
dann wohnt er schon in unserer Welt.
Ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht,
|:in der Liebe, die alles umfängt.:|
Wenn das Leid jedes Armen uns Christus zeigt,
und die Not, die lindern, zur Freude wird, dann hat …

Segen
Gott segnet dich und behütet dich.
Gott lässt sein Angesicht leuchten über dir und ist dir gnädig zugewandt.
Gott hebt sein Angesicht über dich und schenkt dir Frieden. Amen.

[Halten Sie noch einen Augenblick inne und löschen Sie dann die Kerze.]

Eine gesegnete Woche wünscht Ihnen Pfarrer Uwe Röskamp, Malterdingen