Hausgottesdienst für den 2.Advent

5.12.   2.Advent

Andreas Hansen

 

Wir feiern unseren Hausgottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

 

Lied 19

O komm, o komm, du Morgenstern,

lass uns dich schauen, unsern Herrn.

Vertreib das Dunkel unsrer Nacht

durch deines klaren Lichtes Pracht.

Freut euch, freut euch, der Herr ist nah.

Freut euch und singt Halleluja.

 

O komm, du Sohn aus Davids Stamm,

du Friedensbringer, Osterlamm.

Von Schuld und Knechtschaft mach uns frei und von des Bösen Tyrannei.

Freut euch, freut euch, der Herr ist nah.

Freut euch und singt Halleluja.

 

O komm, o Herr, bleib bis ans End,

bis dass uns nichts mehr von dir trennt,

bis dich, wie es dein Wort verheißt,

der Freien Lied ohn Ende preist.

Freut euch, freut euch, der Herr ist nah.

Freut euch und singt Halleluja.

 

 

Psalm 80

Hab ein offenes Ohr, Hirte Israels, der du Josef auf die Weide führst wie eine Herde.

Erscheine doch, wecke die Kraft, die du

besitzt, und komm uns zu Hilfe!

Gott, wende unser Schicksal wieder zum Guten! Lass dein Angesicht leuchten!

Dann ist uns schon geholfen.

Herr, Gott der himmlischen Heere:

Wie lange noch raucht dein Zorn

gegen das Volk, das zu dir betet?

Tränen sind das Brot,

das du ihnen zu essen gibst.

Voller Tränen sind die Krüge,

die du ihnen zu trinken reichst.

Du lässt uns zum Zankapfel werden,

um den sich unsere Nachbarn streiten.

Und unsere Feinde spotten darüber.

Gott der himmlischen Heere,

wende unser Schicksal wieder zum Guten!

Lass dein Angesicht leuchten!

Dann ist uns schon geholfen.

Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen

 

Gebet aus Antje Sabine Naegeli, Du hast mein Dunkel geteilt. Gebete an unerträglichen Tagen, S.14

Gott, mein Leben ist mir zur Last geworden,

die ich kaum noch zu tragen vermag.

Am Tage warte ich, dass es endlich Abend wird, und in den schlaflosen Nachtstunden

warte ich auf den Morgen.

Herr, du weißt, dass ich schon längst an den Grenzen meiner Belastbarkeit angekommen bin, dass meine Lebenskraft gebrochen ist.

Lange habe ich versucht,

mir deine Verheißungen vorzusprechen,

aber sie erreichen mich nicht mehr.

In unendliche Fernen gerückt bist du mir.

Ich kann nicht mehr in mir zurückrufen

die Zeiten, da dein Wort mir Hilfe, Freude und Trost war.

Und doch habe ich ein unermessliches Verlangen, dich neu zu erfahren

als den, der mich auffängt,

als den, der mich tröstet,

als den, der mich wieder atmen lässt,

als den, zu dem ich gehören darf.

Herr, mein Gott, warte nicht länger.

Ich kann nicht mehr.

Ich bitte dich: Komm!

 

„Gebete an unerträglichen Tagen“ ist der Untertitel des Buches, aus dem dieses Gebet genommen ist. In einer unerträglichen, düsteren Zeit lebte Friedrich Spee von Langenfeld. Der dreißigjährige Krieg plagte die Menschen. Die Pest entvölkerte ganze Orte. Die Spannung entlud sich auch in der Verfolgung von Hexen. Singen wir Friedrich Spees Adventslied:

 

Lied 7,1+4+5

O Heiland, reiß die Himmel auf,

herab, herab vom Himmel lauf,

reiß ab vom Himmel Tor und Tür,

reiß ab, wo Schloss und Riegel für.

 

Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt,   darauf sie all ihr Hoffnung stellt?

O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im Jammertal.

 

O klare Sonn, du schöner Stern,

dich wollten wir anschauen gern;

o Sonn, geh auf, ohn deinen Schein

in Finsternis wir alle sein.

 

Predigtgedanken

Eine Seuche, die uns bedroht, Hassausbrüche im Netz und auf der Straße, ungelöste Konflikte, wo man hinsieht – die Stimmung ist auch heute düster und für viele unerträglich. Wir wollten so gerne die Sonne sehen – „O Heiland, reiß die Himmel auf!“

Friedrich Spee klagt nicht nur, er setzt sich ein. Er ist einer der wenigen, die gegen den Hexenwahn kämpfen. Er wird dafür strafversetzt. Dann arbeitet er in der Seelsorge und Krankenpflege, infiziert sich an der Pest und stirbt mit 44 Jahren.

Sein Adventslied zitiert ein Klagelied der Bibel, unseren Predigttext: Jesaja 63,15-64,3

 

Schau doch vom Himmel herab, wo du in Heiligkeit und Pracht wohnst!    Wo sind deine brennende Liebe und deine Macht? Dein großes Mitgefühl und deine Barmherzigkeit –wir merken nichts davon.

Du bist doch unser Vater!

Abraham weiß nichts von uns und Israel kennt uns nicht. Du, Herr, bist unser Vater, »unser Befreier« – das ist von jeher dein Name.

Warum lässt du uns in die Irre gehen, sodass wir deinen Weg verlassen, Herr? Warum machst du unser Herz so hart, dass wir keine Ehrfurcht mehr vor dir haben? Wende dich uns wieder zu!

Wir sind doch deine Knechte, wir sind die Stämme, die für immer dir gehören.

Für kurze Zeit wurde dein heiliges Volk vertrieben, unsere Feinde traten dein Heiligtum mit Füßen.

Es geht uns, als wärst du nie unser Herrscher gewesen. Es ist, als wären wir nicht nach deinem Namen benannt.

Reiß doch den Himmel auf und komm herab, sodass die Berge vor dir beben!

Komm wie ein Feuer, das trockene Zweige in Brand setzt und Wasser zum Kochen bringt! 

Zeig deinen Feinden, wer du bist. Völker sollen vor dir zittern. Denn du vollbringst furchtbare Taten, die all unsere Erwartungen übertreffen. Komm doch herab, sodass die Berge vor dir beben!  Noch nie hat man so etwas vernommen,

noch nie hat jemand davon gehört.

Kein Auge hat jemals einen Gott wie dich gesehen: Du allein tust denen Gutes,

die auf dich hoffen.

 

Ein Klagelied aus tiefster Sehnsucht.

Ein Stoßseufzer: Reiß doch den Himmel auf!

Bittere Vorwürfe, Enttäuschung: Wo sind deine brennende Liebe und deine Macht? Dein großes Mitgefühl und deine Barm-herzigkeit – wir merken nichts davon.

Der Himmel ist wie verschlossen für die Kranken, die vergeblich um Atem ringen, für die Pfleger und Ärztinnen, die auf den Intensivstationen völlig am Rand ihrer Kraft weitermachen.

Der Himmel ist wie verschlossen für die, denen Hass und Aggression entgegenschlägt.

Wir kennen Gott doch, den liebevollen Vater, voll Mitgefühl und Erbarmen, unser Befreier, unser Heiland – aber dennoch ist der Himmel wie verschlossen.

Gott kann sich doch nicht selbst widersprechen!

Heftige Vorwürfe sogar dafür, dass wir Gottes Wege verlassen und unsere Herzen hart sind. „Wie kannst du es so weit kommen lassen, Gott! Wie kannst du uns laufen lassen am Abgrund der Katastrophe – sei es die Pandemie, der Klima-wandel oder die Kriegsdrohungen. Es ist, als wären wir nicht nach deinem Namen benannt.“

Gott hält sich zurück, als wären wir ihm fremd, aber so ist es doch nicht!

Wir sind doch seine Kinder! Wir wissen doch, wie Gott sein Volk gerettet und befreit hat!

Darum lassen wir ihn nicht los, auch wenn wir nicht weiter wissen und unsere Seele in dunkler Nacht ist. Darum hören wir nicht auf, ihm unser Leid zu klagen und auf seine Hilfe zu hoffen.

Wende dich uns wieder zu!

Reiß doch den Himmel auf und komm herab!

 

Es ist gut, dass solch ein Klagelied in der Bibel steht. Es ist gut für alle, die mit Leid und Schmerz und Schuld nicht fertig werden. Unsere Gebete an unerträglichen Tagen dürfen wir Gott zumuten. Nichts müssen wir verstecken.

Wir warten so sehr auf den Advent, das Kommen Gottes. Wir feiern Jahr für Jahr die Geburt Jesu, und doch scheint uns unsere Welt fern von Gott, als wäre er nicht da.

Immer noch, immer wieder, für viele Menschen heute ist der Himmel wie verschlossen.

Aber Gott antwortet auf das Klagelied.

Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet. (Jes 66,13) – so spricht Gott kurz nach unserem Predigtabschnitt.

Und Gott lässt sich in Jesus auf den Schmerz und die Klage der Welt ein.

Gott selbst seufzt und schreit

in Jesus am Kreuz.

Gott selbst hält die Ferne

und die Spannung aus.

Der Himmel bleibt nicht verschlossen.

Amen

 

Gebet

Nicht alle reden vom Erlöser.

Aber alle sehnen wir uns nach etwas Erlösendem, damit unser Leben sich zum Besseren wandle.

Bewahre uns davor, zu behaupten:

Es bleibt alles beim Alten!

 

Es gibt ein Übermaß an Unheil in der Welt.

Leid und Lüge, Bosheit und Gewalt toben sich aus.

Bewahre uns davor zu behaupten:

Es hat alles keinen Sinn!

 

Es sind nicht nur die anderen, die an deiner Nähe zweifeln, an deiner Macht und an deiner Gerechtigkeit.

Wir selbst ertappen uns immer wieder dabei.

Bewahre uns davor zu behaupten:

Wir sind die besseren Menschen.

 

Wir möchten glauben –

doch wir leben, als glaubten wir nicht.

Wir möchten lieben –

doch wir sorgen uns vor allem um uns selbst.

Wir möchten der Wahrheit dienen –

doch wir beugen uns hundertmal der Lüge.

Wir möchten die Gerechtigkeit voranbringen –  doch wir reden und tun viel Unrecht.

 

Ganz ohne Herablassung, o Herr,

bist du zu uns herabgekommen,

Mensch geworden zu unserem Besten,

zu unserer Erlösung.

Komm und kehre bei uns ein.

Komm, vertrauter, unbekannter Erlöser.

 

gemeinsam beten wir mit den Worten Jesu

Vaterunser

 

Lied 16,1-4

 

Die Nacht ist vorgedrungen,

der Tag ist nicht mehr fern!

So sei nun Lob gesungen

dem hellen Morgenstern!

Auch wer zur Nacht geweinet,

der stimme froh mit ein.

Der Morgenstern bescheinet

auch deine Angst und Pein.

 

Dem alle Engel dienen,

wird nun ein Kind und Knecht.

Gott selber ist erschienen

zur Sühne für sein Recht.

Wer schuldig ist auf Erden,

verhüll nicht mehr sein Haupt.

Er soll errettet werden,

wenn er dem Kinde glaubt.

 

Die Nacht ist schon im Schwinden,

macht euch zum Stalle auf!

Ihr sollt das Heil dort finden,

das aller Zeiten Lauf von Anfang an verkündet, seit eure Schuld geschah.

Nun hat sich euch verbündet,

den Gott selbst ausersah.

 

Noch manche Nacht wird fallen

auf Menschenleid und -schuld.

Doch wandert nun mit allen

der Stern der Gotteshuld.

Beglänzt von seinem Lichte,

hält euch kein Dunkel mehr,

von Gottes Angesichte

kam euch die Rettung her.

 

Segen

 

Gott segne dich und er behüte dich.  

Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.  

Gott hebe sein Angesicht über dich

und gebe dir Frieden. Amen