14.11. Vorletzter Sonntag im Kirchenjahr
Andreas Hansen
Wir feiern unseren Hausgottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
347,1-4 Ach bleib mit deiner Gnade
Ach bleib mit deiner Gnade bei uns, Herr Jesu Christ, dass uns hinfort nicht schade des bösen Feindes List.
Ach bleib mit deinem Worte bei uns, Erlöser wert, dass uns sei hier und dorte dein Güt und Heil beschert.
Ach bleib mit deinem Glanze bei uns, du wertes Licht; dein Wahrheit uns umschanze, damit wir irren nicht.
Ach bleib mit deinem Segen bei uns, du reicher Herr; dein Gnad und alls Vermögen in uns reichlich vermehr.
Ps 50
Gott, Gott, der Herr, begann zu reden und rief die Welt – vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang.
Vom Zion her, dem schönsten Berg –
von dort erschien Gott in strahlendem
Glanz.
Unser Gott kommt und schweigt nicht.
Vor ihm her zieht verzehrendes Feuer
und um ihn tobt heftiger Gewittersturm.
Er ruft den Himmel hoch oben
und die Erde als Zeugen auf.
Er will über sein Volk Gericht halten.
Der Himmel verkündet seine Gerechtigkeit:
Gott selbst ist der Richter.
Bring Gott dein Dankgebet als Opfer dar!
Erfülle, was du dem Höchsten
versprochen hast!
Wenn du in Not bist, rufe nach mir!
Dann rette ich dich, und du wirst mich ehren.
Ehr sei dem Vater und dem Sohn
und dem Heiligen Geist
wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit
und in Ewigkeit. Amen
Gebet
Jesus, unser Bruder,
dass du uns zum Richter wirst,
ist uns ein fremder Gedanke geworden.
Dass du uns einmal prüfen wirst,
schürt in uns Unbehagen, Angst.
Wer wird vor dir bestehen können,
wenn unser Leben offen dasteht,
wenn du alles ans Licht bringst?
Wir werden uns selbst erkennen und sehen,
was wir versäumt und verschuldet haben.
Bleib mit deiner Gnade bei uns.
Bring uns zurecht.
Hilf uns, deinem Wort zu folgen.
Du kommst uns entgegen, du, unser Bruder,
du, unser Heiland und Herr. Amen
Lied 789.7
Bleib mit deiner Gnade bei uns, Herr Jesus Christ, ach bleib mit deiner Gnade bei uns, du treuer Gott
Predigt
Auf den Straßen liegt herabgefallenes Laub. Die fast schon kahlen Bäume machen wehmütig. Diese Zeit im Jahr erinnert an das Sterben. Und dazu der Tag heute an das Sterben im Krieg – Volkstrauertag.
Wenn mein Großvater von Zuhause sprach, meinte er ein anderes Land – heute sitzen gar nicht so weit davon die Flüchtlinge an der belarussischen Grenze. Mein Opa musste von dort fliehen. Wo er dann lebte, war er nie ganz zuhause. Der Krieg war für mich als Kind die Erzählung von der Flucht und von engen Verwandten, die ich nie kennengelernt habe.
Das Gefühl fremd zu sein hatten nicht nur die 12 Millionen Flüchtlinge, sondern auch die, die verdrängen mussten, was geschehen war, Opfer und Täter.
Alle, die wir so kühl Menschen mit Migrations-hintergrund nennen, werden das Gefühl nicht los fremd zu sein und auch so behandelt zu werden, nie ganz zuhause zu sein.
Wir haben das Bedürfnis nach einem Zuhause. Geborgenheit tut so wohl.
Aber wenn uns großes Unrecht oder Leid geschieht, wenn unser Leben infrage gestellt ist, dann bekommt die Geborgenheit einen Riss.
Im unserem Predigttext spricht Paulus von dem Gefühl nie ganz zuhause zu sein, von einem Fremdsein, das uns alle betrifft, und von der Sehnsucht.
2.Kor 5,1-10:
Wir wissen ja: Unser Zelt in dieser Welt wird abgebrochen werden. Dann erhalten wir von Gott ein neues Zuhause. Dieses Bauwerk ist nicht von Menschenhand gemacht und wird für immer im Himmel bleiben. Darum seufzen wir und sehnen uns danach, von dieser himmlischen Behausung gewissermaßen umhüllt zu werden. Wir werden nicht nackt dastehen, wenn wir einmal unser Zelt in dieser Welt verlassen müssen. Doch solange wir noch in dem alten Zelt leben, stöhnen wir wie unter einer schweren Last. Wir würden diese Hülle am liebsten gar nicht ausziehen, sondern die neue einfach darüber ziehen. So könnte das, was an uns vergänglich ist, im neuen Leben aufgehen. Auf jeden Fall hat Gott selbst uns darauf vorbereitet. Er hat uns als Vorschuss auf das ewige Leben seinen Geist gegeben. So sind wir in jeder Lage zuversichtlich. Wir sind uns zwar bewusst: Solange wir in unserem Körper wohnen, leben wir noch nicht beim Herrn. Unser Leben ist vom Glauben bestimmt, nicht vom Schauen dessen, was kommt. Trotzdem sind wir voller Zuversicht. Am liebsten würden wir unseren Körper verlassen und beim Herrn leben. Deswegen ist es für uns eine Ehrensache, ihm zu gefallen. Das gilt, ob wir schon zu Hause bei ihm sind oder noch hier in der Fremde leben. Denn wir alle müssen einmal vor dem Richterstuhl von Christus erscheinen.
Wir sind nie ganz zuhause.
Wir leben in der Fremde, schreibt Paulus.
Die Aussicht auf den Tod macht uns zu Fremden im eigenen Körper.
Der Blick auf das Gericht zeigt uns, wie sehr unsere Welt und wir selbst fern von Gott sind.
Dass wir sterben müssen und dass wir so viel schuldig bleiben, beides macht uns zu Fremden, beides entfremdet uns.
Das ist ein Schmerz.
Fremdsein tut weh.
Wir seufzen und klagen darüber.
Unser Zelt in dieser Welt wird abgebrochen werden. Es tut weh, dass wir älter werden, dass uns Krankheiten zusetzen und wir schwächer sind. Die Trauer um liebe Menschen tut uns weh.
Wir wissen es: Unser Zelt in dieser Welt wird abgebrochen werden. Und doch erschrecken wir tief darüber und können es kaum fassen.
Wir seufzen und klagen auch über das Elend der Welt und über uns selbst. Es ist entsetzlich, was dort in Belarus und Polen geschieht. Europa ist nicht bereit zuerst die Flüchtlinge in ihrem Leid zu sehen. Natürlich ist es ein Verbrechen, dass Lukaschenko mit dem Leid dieser Menschen spielt. Aber auch Europa, wir!, lassen sie dort an der Grenze erfrieren. So wollen wir nicht sein und so sind wir doch, verstrickt in Schuld, entfremdet von Gott.
Unsere Welt ist zerrissen von Gewalt und Unrecht.
Keine und keiner kann sagen: Damit habe ich nichts zu tun.
Und ebenfalls keine und keiner bleibt von Leid und Tod verschont.
Wir sind Fremde.
Aber das ist nicht das letzte Wort über uns.
Gott hat das erste und das letzte Wort über uns.
Er spricht es in Jesus Christus. Er sagt: „was auch geschieht, was du auch getan hast, du gehörst zu mir.“ Wir haben ein Haus, von Gott erbaut, nicht mit Händen gemacht. Wir haben ein Zuhause bei Gott. Auch Jesus spricht vom Haus des Vaters mit den vielen Wohnungen, wo er uns die Stätte bereitet. Wir sollen wohnen in Gottes Liebe und Erbarmen.
Jesus Christus ist Gottes Antwort auf die zerrissene Welt und auf unser Fremdsein.
Der Richter selbst tut alles dafür, dass wir bei Gott zuhause sind. Wir bleiben in seiner Liebe.
Wir leben in einer Spannung.
Noch leben wir hier in der Fremde.
Noch sehnen wir uns nach einer Welt ohne Fremdheit, dass wir ganz Gott entsprechen, dass unser Herz Ruhe findet in Gott.
Noch seufzen wir und erschrecken über den Tod.
Aber schon jetzt hat uns Gott als Vorschuss auf das ewige Leben seinen Geist gegeben. Schon jetzt wissen wir von dem Zuhause bei Gott und sind, wie Paulus schreibt, in jeder Lage zuversichtlich. Schon jetzt machen wir uns auf den Weg als Gottes Kinder.
In Spannung: Wir seufzen vor Sehnsucht.
Wir stöhnen noch wie unter einer schweren Last. Und wir sind doch zuversichtlich und kennen schon den Vorgeschmack des ewigen Lebens.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
Wir beten und singen dazu das Lied „Gib Frieden“.
Singen wir die erste Strophe:
EG 430,1 Gib Frieden, Herr, gib Frieden,
die Welt nimmt schlimmen Lauf.
Recht wird durch Macht entschieden,
wer lügt, liegt obenauf.
Das Unrecht geht im Schwange,
wer stark ist, der gewinnt.
Wir rufen: Herr, wie lange?
Hilf uns, die friedlos sind.
Du, unser Gott, wir bitten um deinen Frieden. Frieden und Gerechtigkeit sagst du uns zu. Sieh uns gnädig an, hilf uns selbst Frieden zu stiften. Wir bitten für die Opfer von Krieg und Deportation und für ihre Nachkommen. Lass sie Trost finden. Wir bitten für die Menschen, die heute vor Krieg und Gewalt fliehen müssen.
430,2 Gib Frieden, Herr, wir bitten!
Die Erde wartet sehr.
Es wird so viel gelitten,
die Furcht wächst mehr und mehr.
Die Horizonte grollen,
der Glaube spinnt sich ein.
Hilf, wenn wir weichen wollen,
und lass uns nicht allein.
Du, unser Gott, wir bitten um deinen Frieden. Wir bitten für die, die Verantwortung tragen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Gib ihnen Mut, Weisheit, Beharrlichkeit auf dem Weg der Versöhnung, beim Schutz von denen, die angegriffen werden.
Bewahre unser Volk und alle Völker vor Hass und Hetze, davor, dass wir in Andersdenkenden nur Feinde sehen, davor, dass wir die verachten, die anders sind als wir. Hilf uns zum Frieden!
430,3 Gib Frieden, Herr, wir bitten!
Du selbst bist, was uns fehlt.
Du hast für uns gelitten,
hast unsern Streit erwählt,
damit wir leben könnten,
in Ängsten und doch frei,
und jedem Freude gönnten,
wie feind er uns auch sei.
Du, unser Gott, wir bitten um deinen Frieden. Wir bitten für deine Kirche in allen Konfessionen und Ländern. Gib uns deinen Geist. Mach uns zum Werkzeug deines Friedens. Wir bitten auch für die Glaubenden anderer Religionen. Gib, dass wir einander auf Wegen des Friedens begegnen.
430,4 Gib Frieden, Herr, gib Frieden:
Denn trotzig und verzagt
hat sich das Herz geschieden
von dem, was Liebe sagt!
Gib Mut zum Händereichen,
zur Rede, die nicht lügt
und mach aus uns ein Zeichen
dafür, dass Friede siegt.
Für jede und jeden von uns bitten wir, für die Trauernden, für die, die immer noch unter den Folgen des Krieges leiden, für uns alle, die wir uns sehnen nach Geborgenheit, Gerechtigkeit und Frieden. Dir vertrauen wir uns an, du unser Gott.
Vaterunser
Lied 421 Verleih uns Frieden gnädiglich
Verleih uns Frieden gnädiglich,
Herr Gott, zu unsern Zeiten.
Es ist doch ja kein andrer nicht,
der für uns könnte streiten,
denn du, unser Gott, alleine.
Segen
Gott segne dich und er behüte dich.
Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir
und sei dir gnädig.
Gott hebe sein Angesicht über dich
und gebe dir Frieden. Amen