Predigt am 19.2.17 von Andreas Hansen über Mk4,26-29
Vor der Predigt singen wir EG 586, es ist ein Wort ergangen
Was ist das für ein Wort, von dem wir gesungen haben? Ein Wort, das der Welt Verlangen stillt. Ein Wort, das alle glücklich macht. Ein starkes Wort. „Künd auf der ganzen Erde, dass Gott ihr Herre sei, dass sie auch Gottes werde und andrer Herren frei.“ Dies Wort spricht frei von falschen Herren. Wie klingt das für Menschen in Ländern ohne Presse- und Meinungsfreiheit? Ein freies Wort wenn die Mächtigen Lügen, Fake-News verbreiten.
Evangelium heißt das Wort, frohe Botschaft. Jesus sagt dazu: „Gottes Reich kommt.“ Sein Wort lässt die Augen glänzen. „Wann kommt es endlich, Gottes Reich?“ Unfreiheit, Armut und Not plagen viele Menschen in Israel. Zur Zeit des Evangelisten Markus ist das Land dazu noch von Krieg verwüstet. Aber Gottes Reich kommt. Gott regiert.
Hören wir den Predigttext, Mk 4,26-29:
Und Jesus sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.
Jetzt sieht man bei uns viele frisch gepflügte Äcker. In großen Brocken liegt die braune Erde. Der Boden ist noch kalt. Dennoch wird gesät. Es dauert Monate, aber von selbst – automatä heißt es auf Griechisch – automatisch wächst der Weizen.
Weizen ist Luxus in der schweren Zeit. Die meisten können sich nur Gerstenbrote leisten. Wunderschön ist ein reifes, wogendes Weizenfeld. Das sehen die Zuhörer vor sich, wenn Jesus von Gottes Reich erzählt. Sie wissen wie man sät, wie die Pflanzen sprießen, wachsen und reifen. Sie sehen das herrliche Weizenfeld, wo vorher die kahle Erde war. So wunderbar ist Gottes Reich.
Letzten Sonntag haben wir mit den Konfirmanden über den Himmel nachgedacht. Der Himmel ist ein anderes Wort für das Reich Gottes – was sehen Sie da vor sich?
Glückliche, freie Menschen Hand in Hand?
Menschen, die Krieg, Bosheit und Not hinter sich gelassen haben?
Ein Fest: Tanzende, lachende Menschen?
Noch mehr Bilder fallen uns ein – vielleicht auch keine Bilder, sondern einfach das Gegenteil von dem, was uns bedrängt und Angst macht.
„Das Gottesreich ist wie wenn einer sät, und dann wächst die Saat von allein, der Halm, die Ähre, dann die volle Frucht, reif zur Ernte.“
Damals und heute erfährt Jesus Widerspruch: „Jesus, das sind schöne Bilder, zu schön, um wahr zu sein! Was hat das denn mit uns zu tun? Du träumst. Erzähl uns nichts vom Reich Gottes oder vom Himmel! Wir leben hier und jetzt. Das ist schwierig genug.“
Die Saat wird gesät und dann wächst der Weizen von allein. Dazu meint ein Landwirt: „Meinst du, dann kann ich mich auf die faule Haut legen? Du hast ja keine Ahnung. Vierzehn-Stunden-Tage sind bei mir die Regel. Auch am Sonntag steh ich um halb sechs im Stall. Bei den Marktpreisen kommt kaum etwas rum. Dazu die ganzen Vorschriften, die wir einhalten müssen. Trotzdem möchte ich nichts anderes machen als meinen Beruf. Ich bin draußen und sehe, wie alles wächst. Ich erlebe meine Tiere. Das brauche ich.“
Die Saat wird gesät und dann kommt: die Beamten-pension. Dazu meint ein Lehrer: „Ich hab schon manchmal gedacht, es wird mir zu viel. Da sind die Schüler, die zuhause nur Chaos erleben, die völlig unkontrolliert am Computer sitzen – was die da alles sehen! Da sind die unerzogenen Kinder, denen die Eltern einfach keine Grenze setzen. Noch dazu die Eltern selbst. Aber trotzdem wollte und will ich diesen Beruf. Es ist einfach wunderbar, die Kinder zu erleben, wie sie sich entwickeln.“
Ich könnte noch von der Polizistin erzählen, vom Hausmeister, der Unternehmerin, dem Arzt und dem Altenpfleger, ebenso von Schülern, Studenten, Künstlern, Technikern, Politikern, Wissenschaftlern, nicht zu vergessen alle Eltern und Großeltern, dazu die, die alt sind und auf ihr Leben zurückschauen. Ich müsste von allen erzählen, die sich in ihrem Beruf, ihrem Ehrenamt, ihren Familien mit ganzem Herzen einbringen – das sind eigentlich: wir alle. Jede und jeder von uns kann sein Leben, seine Herausforderungen und Freuden mit dem Gleichnis Jesu verknüpfen.
Jesus erzählt und er will uns die Augen öffnen. Unser Leben wird durchsichtig für Gottes Reich.
Da entdecken wir, was uns trotz aller Mühen glücklich macht, was wir lieben und liebevoll tun, auch wenn uns manches zu viel wird. Wir sehen, was hier und da Gemeinschaft und Frieden und Hoffnung wachsen lässt.
Gott legt gute Samen in uns.
Wir machen uns nichts vor. Wir leben nicht in einer heilen Welt. Wir erleben Ärger im Beruf. Unrecht geschieht und wir müssen es hilflos ertragen. Wir streiten und tun sogar denen weh, die wir eigentlich lieb haben. Die Welt ist überschattet von Konflikten, von Gewalt, Unterdrückung und Not.
Aber mitten in dem, was uns bedrängt, lässt Gott Gutes wachsen. Wie Weizen geht es auf: Jemand hat Verständnis für mich. Ich erfahre unerwartet Freundlichkeit. Ich kann mit Humor auf einen Fehler reagieren. Ich bewundere das, wenn ich höre, wie großartig Menschen handeln können: In Aleppo, wo nur noch Chaos herrschte und keine Klinik mehr arbeiten konnte, gab es immer noch Leute, die sich der Gefahr aussetzten, um Verletz-ten zu helfen. Ich bewundere auch die Diplomaten, Politiker, Aktivisten, die nicht aufhören, um Frieden zu ringen, die Friedensstifter, die nicht aufgeben.
Gott sät gute Samen aus.
Und dann heißt es warten. Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Aber es wächst. Ganz bestimmt wird wachsen, was Gott sät.
Jesus widerspricht uns, wenn wir die Zukunft nur in düsteren Farben malen.
Da kommt in mein Leben Gutes von Gott, wie Samen ausgesät, unscheinbar klein vielleicht, aber es wird wachsen; Gott wird mein Leben vollenden.
Manchmal höre ich von schweren Lebenswegen. Da hat jemand Leid und Unrecht ertragen müssen. Oder da gibt es in einer Familie, in einem Leben eine belastende Schuld. Aber auch für dieses Leben gilt: Gott wird Gutes ernten. Gott macht unser Leben gut. Auch wer jetzt mit leeren Händen dasteht, bei dem wird Gott Gutes ernten.
Und auch für unsere Welt mit ihren ungelösten Konflikten, mit all der Lüge, Gemeinheit und Gier, auch für unsere Welt gilt das Gleichnis. Gottes Reich kommt. Gott regiert. Gott sät Gutes aus.
Christen aus aller Welt schrieben 1984 in Vancouver das Bekenntnis: „Mitten in Hunger und Krieg feiern wir, was verheißen ist: Fülle und Frieden.
Mitten in Drangsal und Tyrannei feiern wir, was verheißen ist: Hilfe und Freiheit.
Mitten in Zweifel und Verzweiflung feiern wir, was verheißen ist: Glauben und Hoffnung.
Mitten in Sünde und Hinfälligkeit feiern wir, was verheißen ist: Rettung und Neubeginn.
Mitten im Tod, der uns von allen Seiten umgibt, feiern wir, was verheißen ist durch den lebendigen Christus.“
Dies Vertrauen will Jesus in uns wecken. Er spricht von Gottes Reich. Er malt uns vor Augen, wie es wächst und reift. Wir feiern schon jetzt, worauf wir warten und hoffen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen