Gottesdienst 25.6.23, Predigt über Jona 3,9-4,12

EG 452 Er weckt mich alle Morgen
Votum
Gruß

Der Menschensohn ist gekommen,
zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
(Lk19,10)
Ehr sei dem Vater …

Jesus, Menschensohn, unser Bruder,
such uns,
wenn wir uns in Nichtigkeiten verlieren,
wenn wir uns verstecken vor unserer Verantwortung,
wenn wir fliehen aus der Realität.
Such uns in unserem schwachen Glauben,
in Selbstsucht und Gleichgültigkeit.
Finde uns
hinter unseren Fassaden,
in unseren Ängsten,
in unserer Schuld.
Bring uns zurück in deine tröstliche Nähe.
Führe uns in heilende Gemeinschaft
mit anderen Menschen und mit dir.
Begleite uns in neue Freiheit.
Du, unser Bruder und Herr, erbarme dich:
Kyrie

Gott spricht durch den Propheten Ezechiel (18,23): Ich habe gewiss keine Freude daran, wenn ein Frevler sterben muss. Ich freue mich aber, wenn er sein Verhalten ändert und am Leben bleibt.
Ehre sei Gott in der Höhe ..

179,1

Unsere Unruhe bringen wir zu Dir,
dass Du uns Ruhe gibst.
Den Eifer unserer Tage legen wir vor Dir ab,
dass Du uns Frieden schenkst.
Unser Versagen und unsere Schuld gestehen wir Dir, dass Du uns vergibst.
Erneuere uns, Gott, unser Vater,
befreie uns Jesus, unser Herr,
komm Heiliger Geist mit Deiner Kraft. Amen

Evangelium Lk 15,1-7
Jesus war ständig umgeben von Zolleinnehmern und anderen Leuten, die als Sünder galten; sie wollten ihn alle hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten waren darüber empört. »Dieser Mensch gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen!«, sagten sie.
Da erzählte ihnen Jesus folgendes Gleichnis: »Angenommen, einer von euch hat hundert Schafe, und eins davon geht ihm verloren. Lässt er da nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voller Freude auf seine Schultern und trägt es nach Hause. Dann ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: ›Freut euch mit mir! Ich habe das Schaf wiedergefunden, das mir verloren gegangen war.‹
Ich sage euch: Genauso wird im Himmel mehr Freude sein über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren.«

Wie ein Vater seinen Kindern voll Güte begegnet,
so begegnet der Herr denen, die ihm in Ehrfurcht dienen.
Halleluja!

Neue Lieder 82 Suchen und Fragen

Gibt es etwas, das Sie zornig macht?
Ein Kollege erzählte, dass er einmal einem Schüler eine runtergehauen hat. Er hat gesehen, wie der in voller Absicht einem anderen ins Gesicht spukte. Da ist ihm der Kragen geplatzt. Er ist dann sofort zu den Eltern des Schülers gegangen und hat berichtet, was er getan hat. Sie hatten Verständnis für seinen Zorn.
Himmelschreiendes Unrecht macht mich zornig. Putins brutaler Krieg, Trumps Lügen, Hass und Hetze im Netz. Das kann doch nicht sein, dass solche Leute immer weiter machen und so viel Schlimmes anrichten!
Sie kennen das Wort vom „gerechten Zorn“. Aber der Zorn ist auch fragwürdig. Wer zürnt, fühlt sich im Recht und setzt andere ins Unrecht – Rechthaberei und Anmaßung sind da nicht weit.
Unser Predigttext lenkt unseren Blick auf einen zornigen Mann. Jona, der widerspenstige Prophet, widersetzt sich und läuft vor Gott davon. Er erfüllt seinen Auftrag so knapp, wie es nur irgend geht,
und er schäumt schließlich vor Zorn über Gott.
So etwas steht in der Bibel!
Eine fast märchenhafte, eine offenbar erfundene Geschichte, und doch voll tiefsinniger Gedanken über Gott und die Welt. Die Autoren schreiben humorvoll und selbstironisch. Sie schreiben über die, die sich für besonders fromm halten. Es lohnt sich, die vier kleinen Kapitel einmal ganz zu lesen. Heute ist der Schluss unser Predigttext:
Jona ist schließlich doch nach Ninive gegangen und hat den drohenden Untergang angekündigt. Da sagen sie in der durch und durch bösen Stadt:
Wer weiß, vielleicht ändert Gott seinen Beschluss. Vielleicht tut ihm seine Drohung noch leid und er lässt ab von seinem glühenden Zorn. Dann müssen wir nicht untergehen!« Und Gott sah, was die Leute taten. Sie kehrten um von ihrem bösen Weg. Da tat es Gott leid, dass er sie vernichten wollte. Er beschloss, seine Drohung nicht wahr zu machen.
Jona ärgerte sich sehr darüber. Der Zorn packte ihn. Er betete zum Herrn und sagte: »Ach Herr, genau das habe ich mir schon gedacht, als ich noch zu Hause war. Deshalb wollte ich auch nach Tarsis fliehen. Ich wusste ja: Du bist reich an Gnade und Barmherzigkeit, unendlich geduldig und voller Güte. Du bist ein Gott, dem das Unheil leidtut. Jetzt ist es genug, Herr. Lass mich sterben! Denn ich will lieber tot sein als weiterleben.« Der Herr aber fragte: »Hast du recht, dass du so zornig bist?«

Höre ich richtig? Gott hat Erbarmen und darüber gerät Jona außer sich vor Zorn!
Jona kennt und er zitiert die Worte von der Barmherzigkeit, Gnade und Geduld Gottes. Oft klingen sie in der Bibel an. Jona kennt seine Bibel.
Aber er ist nicht einverstanden.
„Du bist mir ein komischer Vogel, Jona!“
„Ich hab es ja gleich gewusst, dass Gott so ist.
Aber das ist nicht gerecht, nicht bei Ninive.
Ninive, die Hauptstadt von Assur, ist für uns, was Russland heute für die Ukraine ist. Sie überfallen uns, vernichten unsere Städte und verschleppen unsere Leute. Die Hauptstadt des Bösen ist das!“
„Du meinst, sie tun nur so und kehren gar nicht um zu Gott?“
„Natürlich! Nach allem, was die angerichtet haben, gehören sie bestraft. Aber jetzt mimen sie ein wenig Reue und schon tut es Gott leid. Die lachen doch über Gott! Es ist ungerecht und außerdem stehe ich mit meiner Predigt da wie ein Idiot!“
„Du meinst, Gott soll nicht so barmherzig sein?“
„Nicht bei jedem! Es gibt schließlich Grenzen.“

Was meinen Sie zu Jona?
Hat er recht mit seinem Zorn?
Ist Gott zu großzügig?
Gibt es eine Grenze für die Barmherzigkeit?
Die großen Verbrecher sollen doch ihrer Strafe nicht entkommen – das geht doch nicht!
In der Geschichte sind die bösen Heiden tatsächlich frommer als der Gottesmann Jona.
Sie vertrauen und hoffen auf Gottes Gnade.
Es geschieht übrigens nicht zum ersten Mal, dass Jona Bibelworte kennt und richtig zitiert, aber er ist dagegen, und die ahnungslosen Heiden leben danach.
Was für eine Witzfigur ist dieser störrische Prophet, dieser ungläubige Gottesmann!
Kurz bevor die Assyrer tatsächlich einen Teil des Landes verwüstet haben, 722 vor Christus, hat es einen Jona gegeben. Jahrhunderte später entsteht das kleine Prophetenbuch.
Gott mutet seinen Frommen ganz schön viel zu. Große Schurken kommen ungeschoren davon und die Gerechten werden geplagt. Wir verstehen Gott nicht. Aber andrerseits sind die vermeintlich Frommen eben doch nicht so fromm, wie man an Jona sehen kann.
Eine schöne Anekdote gibt es über Karl Barth. Eine Frau spricht ihn nach einem Gottesdienst an, in dem er über das ewige Leben gepredigt hat. „Verehrter Herr Professor Barth, Sie als großer Theologe müssen es doch wissen: Werde ich im Jenseits meine Lieben wiedersehen?“ Darauf Karl Barth: „Ja, aber die anderen auch!“
Am liebsten würden wir uns den Himmel nach unseren Vorstellungen einrichten und vor allem entscheiden, wer Zugang hat – kurz gesagt: Am liebsten wären wir selbst Gott.

Die Geschichte geht noch weiter. Die Autoren haben eine zweite Version für den Schluss der Geschichte. Sie springen noch einmal zurück bis zu Jonas Drohpredigt in Ninive. Und dann:
Jona verließ die Stadt. Er suchte sich östlich der Stadt einen Platz und baute sich dort eine Hütte. Er setzte sich in ihren Schatten und wollte sehen, was mit der Stadt geschehen würde. Da ließ Gott, der Herr, eine Rizinus-Pflanze in die Höhe wachsen. Die wuchs über Jona empor und gab seinem Kopf Schatten. Jona sollte darüber seinen Ärger vergessen. Er freute sich sehr über den Rizinus. Am Morgen aber, bevor die Sonne aufging, schickte Gott einen Wurm. Der biss die Wurzeln durch, sodass der Rizinus verdorrte. Nachdem die Sonne aufgegangen war, schickte Gott einen heißen Ostwind. Die Sonne brannte Jona auf den Kopf, sodass er fast die Besinnung verlor. Da wünschte er sich den Tod und sagte: »Ich will lieber tot sein als weiterleben.« Gott aber fragte Jona: »Hast du recht, dass du so zornig bist, weil der Rizinus verdorrt ist?« Er antwortete: »Ja, ich habe recht, dass ich so zornig bin und mir den Tod wünsche!« Da sagte der Herr: »Die Rizinus-Pflanze tut dir leid. Doch du hast keine Mühe mit ihr gehabt und sie auch nicht großge-zogen. Sie wuchs über Nacht und verdarb über Nacht. Und jetzt frage ich dich: Sollte Ninive mir nicht leidtun – eine große Stadt mit mehr als 120.000 Menschen? Sie alle wissen nicht, was links und was rechts ist. Dazu kommen noch die vielen Tiere. Sollte es mir da nicht leidtun?«
Jona macht sich lächerlich. Wie früher das HB-Männchen in die Luft ging, so tobt er herum. Und weshalb? Weil die Pflanze eingeht, die ihm so schön Schatten gab. Jona will den Untergang von Ninive betrachten wie ein Katastrophen-Tourist. Gott vermasselt ihm dieses zynische Vergnügen. „Verstehst du jetzt endlich, Jona? Du kennst deine Bibel und deinen Katechismus, aber du glaubst nicht daran. Du weißt, Gott ist barmherzig, aber deine Feinde soll Gott bitteschön vernichten. Du weißt, Gott liebt seine Schöpfung, aber der Tod so vieler Geschöpfe lässt dich kalt.“
Wir lachen über Jona.
Machen wir es besser als er!
Gott meint es ernst. Er will das böse Ninive nicht bestrafen, sondern retten. Gott findet sich nicht ab mit dem Leid und der Gewalt in unserer Welt.
Gott lässt die Zerstörung der Schöpfung nicht kalt.
Gott sagt zu Ninive: „Kehrt um!“ und er meint das ernst.
Jesus sagt zu uns: „Gott ist nah. Kehrt um!
Glaubt an Gottes gutes Wort!“

Gott meint es ernst, dass er seine Schöpfung liebt und uns Menschen liebt. Nehmen wir Gott ernst!
Amen

EG 432 Gott gab uns Atem

Du liebst deine Geschöpfe, barmherziger Gott,
und du willst deine wunderbare Schöpfung bewahren.
Wir erkennen, wie bedrohlich der Klimawandel ist und wieviel Unheil schon jetzt dadurch entsteht.
Hilf uns umzukehren von rücksichtslosem Verhalten.
Hilf uns, gemeinsam und verantwortlich zu handeln.
Hilf uns umzukehren von Egoismus und Gleichgültigkeit.
Wir bitten für die Opfer von Überschwemmungen, Unwetter, Dürre und Waldbränden, für Menschen und Tiere, die betroffen sind.
Du hasst das Böse und willst doch keinen Menschen verlieren. Frieden und Versöhnung sind deine Gaben.
Wahrheit und Gerechtigkeit liebst du.
Wir bitten für die Menschen, die Opfer von Krieg werden.
Hilf uns umzukehren von Hass und Vergeltungssucht.
Wir bitten für die Menschen auf der Flucht, besonders für die Schwächsten unter ihnen, Kinder und Familien, Alte und Kranke. Wir bitten für die Flüchtlinge, die bei uns wohnen.
Wir bitten dich für unsere Partnergemeinde Sundhouse. Dort wurde gestern Pfarrer Jundt verabschiedet und es gibt keine Aussicht, dass die Stelle wieder besetzt wird.
Wir bitten für die Kinder unserer Gemeinde, die gestern getauft wurden und für ihre Familien.
Wir bitten für die Diakonie in unserer Kirche und für die vielen Menschen, die durch das Diakonische Werk Hilfe und Beistand erfahren.
Nimm dich unser aller an, bewahre uns, barmherziger Gott.

Vaterunser

EG 171 Bewahre uns, Gott

Segen