Freundlichkeit und Menschenliebe, Titus 3,4-7

Predigt am 24.12.17 von Andreas Hansen über Titus 3,4-7

Predigt im Gottesdienst zur Christvesper

Wie kommt Gott zu uns? Wie erfahren wir das Wunder? In gleißendem Licht und lautem Jubel, dass wir erschrecken wie die Hirten? Oder still, geheimnisvoll, wie „ein Ros aus einer Wurzel zart“ entspringt?
Ein Mann erfuhr, dass Gott zu ihm kommen wollte. „Zu mir?“ schrie er. „In mein Haus?“ Er rannte durch alle Zimmer, er lief die Treppen auf und ab, kletterte zum Dachboden hinauf, stieg in den Keller hinunter. Er sah sein Haus mit anderen Augen. „Unmöglich“ schrie er. „In diesem Sauhaufen kann man niemanden empfangen. Alles verdreckt. Alles voller Gerümpel. Kein Platz zum Ausruhen. Keine Luft zum Atmen.“ Er riss Fenster und Türen auf. „Brüder! Freunde!“ rief er. „Helft mir aufräumen – irgendeiner! Bitte schnell! Es ist dringend.“
Er begann sein Haus zu kehren. Durch dicke Staubwolken sah er, dass ihm einer zu Hilfe gekommen war. Sie schleppten das Gerümpel vor´s Haus, schlugen es klein und verbrannten es. Sie schrubbten Treppen und Böden. Viele Kübel Wasser brauchten sie um die Fenster zu putzen. Und immer noch klebte der Dreck an allen Ecken und Enden. „Das schaffen wir nie!“ schnaufte der Mann. „Das schaffen wir!“ sagte der andere. Sie plagten sich den ganzen Tag.
Als es Abend geworden war, gingen sie in die Küche und deckten den Tisch. „So“ sagte der Mann, „jetzt kann er kommen, mein Besuch. Jetzt kann Gott kommen. Wo er nur bleibt?“ „Aber ich bin ja da“ sagte der andere und setzte sich an den Tisch. „Komm und iss mit mir!“

Gott ist schon da. Das  ist wunderbar! Lange bevor wir unser Haus und unser Leben aufgeräumt haben, ist Gott bei uns. Gott ist bei uns, so wie wir sind. Im Brief an Titus finden wir ein Loblied darüber:  Gott kommt als Freund zu uns.

Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig – nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unseren Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unserer Hoffnung.      

Gottes Freundlichkeit und Menschenliebe kommt. In einem kleinen, verletzlichen Kind kommt Gott zu uns. Er teilt unsere Bedürftigkeit. Er ist selbst angewiesen auf Freundlichkeit und bedürftig nach Liebe. Jesus lebt und fühlt wie wir. Er erlebt wie wir die dunkle Seite, Ablehnung und Hass. Er fragt wie wir: „Warum ist das Böse in der Welt? Warum gibt es so großes Leid?“ Und er bittet: „Dein Reich komme! Bewahre uns, Gott, vor dem Bösen, vor der Versuchung!“
Weihnachten macht uns dünnhäutig, verletzlich. Die dunkle Seite sehen wir heute umso deutlicher. Die Sehnsucht ist umso größer nach „Frieden auf Erden und unter den Menschen, die Gott liebt“. Krieg, Unrecht, Menschenverachtung herrschen  in vielen Ländern. Streit und Bosheit erleben wir auch ganz nah bei uns. Zu uns, so, wie wir sind, kommt Gott in Jesus.
Jesus wendet sich allen Menschen zu, denen, die Hass und Ablehnung erfahren, und auch denen, die verstrickt sind in Schuld und Böses. Jesus nimmt sie an wie ein Freund, die Geplagten und die, die auf falsche Wege geraten sind.
Gott ist der große Menschenfreund. Er wird nicht mehr von uns weggehen. Das Böse behält nicht das letzte Wort. Das letzte Wort über die Welt und uns hat Gott in seiner Freundlichkeit und Liebe. Durch seine Gnade werden wir gerecht.
Wir sind aufgenommen in den Kreis seiner Freunde. Gott ist unser Freund, nicht weil wir gute oder bessere Menschen wären, sondern weil er gut zu uns ist, barmherzig.
„Freuet euch mit hellem Schalle, dass er uns so hoch geacht´, sich mit uns befreundt gemacht.“(EG 34) Freude über Freude, Christus wehret allem Leide, Wonne über Wonne, Christus ist die Gnadensonne.
Gott macht sich mit uns befreundt.
Die Sonne geht auf. Über der Welt scheint sein Licht. Über unserem Leben scheint die Gnadensonne.

Das Erscheinen Jesu und der Grund unseres Glaubens gehören zusammen. Gottes Kommen hat ein weltgeschichtliches Datum, die Geburt Jesu. Und wir haben ein Datum in unserer Lebensgeschichte, an dem uns zugesagt wurde: „Zu dir ist Jesus gekommen.“ In der Taufe wird uns das zugesprochen.   Für uns, für mich ist Gott Mensch geworden. Zu uns, zu mir kommt Gott wie ein Freund. Gott schaut mich an und kennt meinen Namen.
In diesem Kind schaut Gott mich an. Gott ruft mich bei meinem Namen. Freundlich und liebevoll sieht er mich an. Ich gehöre zu diesem Kind: egal, was vorher war, egal, was andere von mir denken, egal, wie unzufrieden ich mit mir selbst bin.
Nun darf ich mich selbst und andere ansehen,    wie ich angesehen bin: freundlich, liebevoll.
Ein Lied des Glaubens schreibt der Autor des Titusbriefes. Seine Begeisterung über die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes ist so groß, dass er seinen Satz immer weiter ausdehnt und erst nach vier Versen einen Punkt machen kann. Der Hauptsatz in diesem Ungetüm von Satz heißt:     „Er machte uns selig. Er hat uns gerettet.“ Gott kommt wie ein Freund.
Er schreckt nicht zurück vor dem Gerümpel in unserem Haus, vor unseren Altlasten, all dem, was wir achtlos und lieblos getan haben.
Jesus macht uns heil, damit unser Leben Leben sein kann, egal, was ist, gleichgültig, was vorher war. Jesus kommt zu uns wie ein Freund. Wir stehen an seiner Krippe und staunen: „Mein“ will Jesus werden, mein Freund, unser Freund. Er ist bei uns. Wie schön ist das!

Amen