Freunde – Predigt über 2.Kor 1,3+4

Predigt am 26.3.17 von Andreas Hansen über 2.Kor 1,3+4

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.“

Roberto ist neun Jahre alt und schreibt: „Einen Freund wie meinen muss man haben. Ich hab ihn schon im Kindergarten gekannt. Er ist auch neun Jahre alt und friert immerfort. Er trägt zwei Pullover mit langen Ärmeln, aber er ist sehr stark. Er war der erste, der im Kindergarten mit mir spielte. Er hat langes, schwarzes Haar und ist sehr groß. Er wird immer mein Freund sein.“
So ein allerbester Freund oder eine liebste Freundin ist etwas Wunderbares. Waren oder sind Sie auch so stolz und froh über einen Freund wie Roberto?
„Einen Freund wie meinen muss man haben.“ Und „Er wird immer mein Freund sein.“ Nicht nur für Kinder sind Freunde so wichtig. Es tut einfach gut, wenn da Menschen sind, die mich mögen, die gerne mit mir zusammen sind und für mich Zeit haben, mit mir spielen und lachen, vielleicht auch mit mir weinen und zu mir halten, mich verstehen und kennen.
Freunde sind nicht selbstverständlich, so wie die Verwandten, die eben zu einem gehören. Freunde müssen sich finden. Sie müssen Freundschaft schließen – es muss ja nicht gleich so feierlich zugehen wie bei Winnetou und Old Shatterhand, aber irgendwie braucht Freundschaft einen Anfang. Eine oder einer muss den Mut haben, auf den anderen zuzugehen, sein Interesse, seine Sympathie zeigen – und dann muss der oder die andere sich auch noch darauf einlassen.
Das ist schon in der Grundschule ganz schön schwierig: „Magst du mit mir spielen?“ „Nee, ich hab was vor. Ich hab Sport, Musikschule, eine andere Verabredung. Ich hab keine Lust.“
Freunde sind etwas Besonderes, und nicht jeder hat das Glück Freunde zu finden. Je älter wir werden, desto schwerer fällt es den meisten, neue Freunde zu finden, oder desto vorsichtiger sind wir wohl auch mit dem Wort Freund.
„Einen Freund wie meinen muss man haben.“ Die Begeisterung des kleinen Roberto bringen wir Alten nicht mehr auf. Wahrscheinlich haben wir viele Freunde einfach aus den Augen verloren. Wir selbst und unsere Interessen haben sich verändert. Wir haben keine Zeit gehabt. Oder wir sind weggezogen.
Manche mussten auch die Erfahrung machen, dass vermeintlich gute Freunde uns enttäuscht und verärgert haben, dass Neid, Unehrlichkeit, Rücksichtslosigkeit uns entzweiten. Das ist schlimm, wenn der, dem ich vertraue, mir weh tut. Und es ist auch schlimm, wenn ich selbst den anderen verletzt und die Freundschaft zerstört habe. So werden wir misstrauischer und wagen viel weniger Freundschaft: „Passt die wirklich zu mir? Kann ich dem vertrauen? Will ich mich auf den einlassen? Bin ich der oder dem gut genug?“ Manche Leute meinen: Echte Freunde findet man sowieso fast nicht. Also bleibt man lieber für sich und wird nicht enttäuscht. Mir scheint: Diese Haltung nimmt zu. Wir leben immer vereinzelter. Ich finde das schade, wenn Leute so denken und reden, dass sie gar keine Freunde mehr wollen, egal, wie alt sie sind.
Ich glaube der kleine Roberto hat Recht mit seiner Begeisterung und Hingabe. „Einen Freund wie meinen muss man haben.“ Natürlich können wir uns keinen Freund herbeizaubern. Aber es ist so wichtig Menschen zu finden, die uns nahe sind, für die wir uns begeistern und denen wir vertrauen.

Für uns Christen verbietet sich eine Haltung des Misstrauens, der Resignation und der Selbstgenügsamkeit.
Warum?
Weil Gemeinschaft und die Offenheit für andere ein Grundzug unseres Glaubens ist. Wir sind zur Freundschaft berufen. Wir brauchen die anderen. Wir haben die Gabe, einander Freundin und Freund zu sein.

Paulus schreibt am Anfang seines Briefes: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.“
Paulus schreibt an seine Freunde. Er hat bei ihnen gelebt, aber nun ist er schon eine Weile weggezogen. Er hat Probleme mit diesen Freunden, Streit, Gerede, üble Angriffe gegen ihn selbst. Aber er hängt an ihnen und fühlt sich ihnen immer noch eng verbunden – das gibt es. So schreibt Paulus gleich zu Beginn seines Briefes von Trübsal, ein Wort, für das wir Stress, Verletzung, Ärger und Angst sagen können, das wörtlich Enge bedeutet, das Herz wird einem eng, eine Last drückt einen nieder. Seine Freunde werden verstehen, was Paulus meint. Und nun braucht Paulus Trost. Er braucht seine Freunde.

Das Besondere dieses Briefanfangs: Paulus nennt Gott den „Gott allen Trostes“.
Der Gott allen Trostes, das ist Gott, unser Freund. Der Gott allen Trostes ist der beste Freund.
„Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“ Mit dieser Frage beginnt der Heidelberger Katechismus. Die Antwort: Gott ist mein Freund. Durch Jesus ist er zu mir gekommen und hat mir sein Wort gegeben. Ich gehöre zu Jesus Christus. Niemals lässt er mich allein.
Der Gott allen Trostes geht weiter als alle Freunde. Das Kreuz ist das Zeichen, dass er mit mir und für mich durch alles hindurch geht, sogar bis in den Tod. Er tröstet in aller Trübsal.
Nun ist Gott natürlich ganz anders als wir. Unvergleichlich anders. Oft verstehen wir Gott nicht. Dann ist er fremd. Aber er will bei uns sein. Er kommt uns nah in Jesus.
Freunde sind wie ein Fenster zum Himmel.
Gott legt die himmlische Gabe in uns, dass wir Freunde sein können. Und durch die Erfahrung der Freundschaft ahnen wir etwas vom Himmel und erkennen wir ihn, den Gott allen Trostes.

Wir sind zur Freundschaft begabt. Gott schenkt uns seine Freundschaft. Nun können wir anderen Freundin und Freund sein. Wir sind zur Freundschaft begabt, denn wir haben selbst den allerbesten Freund. Wir dürfen und sollen Freundschaft wagen, gerade in einer Zeit, in der die Menschen vereinzeln. Wir können und sollen trösten mit dem Trost, mit dem wir selbst getröstet werden von Gott.
Christliche Gemeinde zeichnet sich dadurch aus, wie sie auf die zugeht und mit denen umgeht, die in allerlei Trübsal sind, mit den Menschen, die Trost und Hilfe suchen.
Eine Gesellschaft, die für sich christliche Werte behauptet, zeichnet sich dadurch aus, wie sie den Schwachen hilft.
Der Gott allen Trostes ist des Menschen Freund.    Quer durch das alte und neue Testament bietet Gott dem Menschen seine Freundschaft an. Er vertraut uns und wünscht sich nichts lieber als unser Vertrauen.
Der kleine Roberto meint: „Einen Freund wie meinen muss man haben. Er wird immer mein Freund sein.“ Recht hat er. Amen