Ewigkeitssonntag Predigt über Jesaja 65,17-25

Predigt am 25.11.18 von Andreas Hansen über Jes 65,17-25

Jesaja 65,17-25:

Siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich erschaffe Jerusalem zur Wonne und sein Volk zur Freude, und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht.
Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen. Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen. Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des Herrn, und ihre Nachkommen sind bei ihnen.
Und es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.
Wolf und Lamm sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Man wird weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der Herr.

„Das kann nicht sein!“ denkt sie. Sie kann kaum hören, was die Ärztin zu ihrer Diagnose erklärt. Innerlich schreit sie: „Mach, dass das nicht wahr ist!“    Wochen braucht sie, bis sie sagen kann: „Das bin ich, die diese Krankheit hat. Gib mir Kraft für diesen Weg!“
Es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.
Gott hört. Wir beten und mit uns geschieht etwas. Gott antwortet, aber wir merken es erst später.
Unser Leben ist nicht einfach so in die Welt geworfen. Es ist bedeutungsvoll und kostbar. Trotz allem, was wir nicht verstehen: Unser   Leben ist von Gott gewollt und bejaht.

Fünfzig Jahren nach Krieg und Verbannung sind die Israeliten in ihre Heimat zurückgekehrt. Ein armseliger, enttäuschender Neuanfang ist das. Das Land ist verwüstet. Jerusalem und der Tempel liegen in Trümmern. So haben sie sich das nicht vorgestellt, als sie noch in der Fremde waren und sich nach Hause sehnten. Gott sagt: Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe.
Kann aus diesem Trümmerhaufen jemals wieder etwas werden? Werden wir uns je wieder freuen können? Noch sehen wir nur, was früher war und was wir vermissen. Wird es irgendwann so sein, wie du sagst, dass man des Vorigen nicht mehr gedenken und es nicht mehr zu Herzen nehmen wird? Kann es sein, dass man nicht mehr die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens hören wird?
Noch drückt uns böser Tage schwere Last. Noch bedrängt uns die Erfahrung des Abschieds. Unsere Trauer braucht Zeit. Eine Kleinigkeit genügt und der Schmerz ist wieder da. Was uns verbunden hat, der geliebte Mensch, bleibt ein Teil von uns. Der Schmerz gehört zu uns. Wird er in den Hintergrund rücken, vergessen sein?

Die hebräische Sprache hat ein Verb, das nur mit Gott als Subjekt verwendet wird: erschaffen, bara. Nur Gott kann Neues erschaffen und einen neuen Anfang geben. Wenn der Schöpfer spricht, weicht das Chaos zurück. Gott kennt den Grund von allem, was ist, das Geheimnis der Welt.
Ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, … freuet euch über das, was ich schaffe.
Mitten in den Ruinen verheißt Gott das Neue. ER  widerspricht der Gewalt und dem Leid und dem Tod. Gott erschafft, was wir uns noch gar nicht vorstellen können.
Wir denken traurig an die, die wir verloren haben. Aber wir leben von Ostern her. Das Leben bekommt eine neue Dimension. 
Jesus sagt: „Ich lebe, ihr sollt auch leben.“ Der Tod behält nicht das letzte Wort.
Ein neuer Himmel und eine neue Erde?
Gott stellt unser kleines Leben in den großen Kreis der Schöpfung. Ich bin und wir sind von Gott gewollt.   Jede und jeder hat Anteil am Sinn und am Ziel der ganzen Schöpfung. Der Kosmos, Himmel und Erde und das Leben jedes einzelnen Menschen sind von der gleichen Liebe Gottes getragen.
Gott freut sich über seine Schöpfung. Gott freut sich über uns. Darum macht er das Leid vergessen. Darum segnet er und schafft neu.

Wir möchten sagen: Jesaja, sieh doch, was auf der Welt geschieht! Menschen, die jeden Halt verloren haben. Junge Menschen, die unheilbar krank sind. Kinder, die so viel Schlimmes erfahren haben, dass sie niemandem vertrauen können. Tausende Frauen, deren Partner sie schlagen. Über 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Iran und Saudi Arabien heizen den Krieg im Jemen an – Millionen hungern und leiden, und die Welt wendet sich ab. Es ist unfassbar, was Menschen leiden und was Menschen einander antun.
Gott will das nicht. ER steht auf der Seite des Lebens. ER wird dem Leid ein Ende setzen.  Jedes Leben soll sich entfalten, jeder Mensch soll alt und lebenssatt sterben.
Sie werden Häuser bauen und darin wohnen und Weinberge pflanzen und deren Früchte essen.  Sie werden nicht bauen, damit ein anderer wohnt, sie werden nicht pflanzen, damit ein anderer isst.
Die große Hoffnung in kleiner Münze: Das Leben funktioniert. Sie wohnen sicher. Sie haben ihr Auskommen. Die Arbeit ist nicht vergeblich, nicht umsonst.
Für viele Menschen wäre das schon traumhaft schön. Viele werden es nie erreichen, weil der Frieden in weiter Ferne ist, die Konflikte und die Not dagegen übermächtig nah.
Und doch: Es ist kein Traum. Gott will Frieden.  ER wird neu erschaffen, was wir kaum zu hoffen wagen. Jedes Leben soll sein Ziel erreichen. Die ganze Schöpfung soll Frieden haben.

Es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.
Es ist ein mühsamer Weg für sie. Die Krankheit nimmt ihr mehr und mehr von ihrem Leben. Oft kann sie nicht mehr beten. Doch die Antwort: „Du bist bei mir. Ich falle. Du bleibst bei mir.“

Es sind mühsame, kraftzehrende Wege:
Reden, wo Streit und Verletzungen sind.
Anknüpfen, wo alles zerrissen ist.
Aufbauen, wo Ruinen stehen.
Heilen und trösten.
Wir müssen uns wehren gegen den Hass und die Gewalt. Wir sollen uns nicht gleichgültig abwenden vom Leid unserer Mitmenschen. Wir dürfen nicht resignieren.
Gott verspricht: Es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.
Wir bauen und pflanzen.
Die Arbeit ist nicht umsonst.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen