Alle Beiträge von Andreas Hansen

Pfarrer in Kenzingen seit Mai 2012, vorher als Pfarrer in Waldshut (1997-2012) und Riegel (1990-1997), verheiratet, drei erwachsene Kinder, Jahrgang 1960

Gottesdienst am Sonntag 23.4. mit einem Bild von Bärbel Bähr aus dem Zyklus Wasserwelten, Predigt über Joh 4,3-15

Orgelvorspiel: Peter Planyavsky (*1946) Toccatina

455 Morgenlicht leuchtet
Votum
Gruß
Begrüßung: Wie schön, dass wir hier zusammen feiern
im Licht des Morgens. Wir feiern in österlicher Freude.
Und wir freuen uns die diesjährige Kunstausstellung mit Werken von Frau Bähr zu eröffnen.
Heute ist der Sonntag vom Guten Hirten.
Wir beten gemeinsam Psalm 23

Der HERR ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Ehr sei dem Vater

Hüter des Lebens,
du siehst uns,
du siehst, wie wir Mühe haben
in einer Zeit,
in der alles möglichst schnell gehen muss,
in einer Gesellschaft,
die gnadenlos über Menschen urteilt,
in einer Welt,
deren Probleme uns überfordern.
Du weißt, wie leicht wir uns verirren
in trübe Gedanken,
in leeres Gerede,
in achtloses Tun.
Suche uns,
wenn wir nicht wissen,
wohin wir gehören.
Finde uns,
wenn wir uns verkriechen.
Du, unser Hirte,
rufe uns in deine tröstliche Nähe.
Amen

274,1-3

Assoziationen zum Bild von Bärbel Bähr aus dem Zyklus „Wasserwelten“:

Ganz nah gehe ich heran zum Bild,
als wollte ich eintauchen in das Blau,
ich taste über die Oberfläche
rissig, narbig, faltig,
wie Haut, wie Rinde, Leder, Haar

„das Bild wächst mir entgegen“
ich webe mich in die Risse hinein
ich ahne tiefere Schichten
unter der Oberfläche
von vielen Lasuren geborgen
noch zu spüren in Narben, Falten

ich stehe am Teich
halte mich fest am Stamm der Birke
Wind streicht über das Wasser
spielt mit den Blättern
es ist still, nur der Wind, Vögel, Insekten
gelebtes Leben hat mich gezeichnet,
geprägt, Spuren hinterlassen

ich steige hinab in den Brunnen

Orgel Edvard Grieg, Abend im Hochgebirge op.68,4 (aus „Lyrische Stücke“)

Sigrid: Sören Kierkegaard schreibt über das Beten:

Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde,
da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen.

Zuletzt wurde ich ganz still.
Ich wurde, was womöglich ein größerer Gegensatz
zum Reden ist, ich wurde ein Hörer.
Ich meinte erst, Beten sei Reden.
Ich lernte aber, dass Beten nicht nur Schweigen ist,
sondern Hören.

So ist es: Beten heißt nicht, sich selbst reden hören, beten heißt, still werden und still sein und warten,
bis der Betende Gott hört.

Neue Lieder 130 Du siehst mich

„Gib mir etwas zu trinken!“
Da sitzt dieser Fremde am Brunnen und spricht sie an. Was für eine Situation – sie allein mit einem fremden Mann, noch dazu offenbar ein Jude! „Du bist ein Jude und ich eine Samariterin. Wie kannst du mich um etwas zu trinken bitten?“
Sie ist irritiert, dass der Fremde sie anspricht.
Absichtlich kommt sie doch gerade zur heißesten Zeit an den Brunnen. Sie will niemanden treffen.
Andere kommen am Abend hierher um eine Weile zu bleiben, das Neuste zu erfahren, anzubandeln.
Sie hat genug davon. Die abschätzigen Blicke, das verletzende Gerede erträgt sie nicht mehr.
Um diese Zeit ist sie allein hier.
Aber nun ist der Fremde da.
Weiß er nicht, dass er eine Frau nicht einfach ansprechen kann? Und außerdem verachten die Juden die Samariter – sie schaut hinüber zu ihrem heiligen Berg, dem Garizim – ein Jude hütet sich aus dem Krug eines Samariters zu trinken.
Wer ist dieser Fremde, der sie so vertraulich anspricht? „Wie kannst du mich um etwas zu trinken bitten?“
»Wenn du wüsstest, was für ein Geschenk Gott den Menschen macht und wer dich hier bittet: ›Gib mir etwas zu trinken‹! – dann würdest du ihn bitten, und er würde dir lebendiges Wasser geben!«
»Herr, du hast nichts, um Wasser zu schöpfen, und der Brunnen ist tief. Woher hast du denn dieses lebendige Wasser? Bist du etwa mehr als unser Stammvater Jakob? Er hat uns diesen Brunnen hinterlassen. Er selbst hat daraus getrunken, ebenso seine Söhne und sein Vieh.«

Sie wundert sich immer mehr über ihn.
Warum spricht er so?
Wie kann er ihr Quellwasser geben?
Geht es darum überhaupt? Hat er gesehen, wie erschöpft und traurig sie daherkommt?
Sie kommt Tag für Tag hierher, schöpft aus dem alten Brunnen, sie schaut hinunter in die Tiefe und hinauf zum Berg, und sie fragt sich „wie geht es weiter mit mir?“ Es kommt ihr so vor, als ob der Fremde das alles weiß. Lebendiges Wasser, eine neue Quelle, neues Leben, das Alte hinter sich lassen – danach sehnt sie sich.
Jesus antwortet: »Wer von diesem Wasser hier trinkt, wird wieder Durst bekommen.
Aber wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird nie wieder Durst haben.
Denn das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle werden: Ihr Wasser fließt und fließt – bis ins ewige Leben.«
Wieder ist sie erstaunt und zugleich berührt.
Ewiges Leben, wahres Leben – sie hat oft das Gefühl am Leben vorbei zu gehen, nicht sie selbst zu sein, von den anderen verkannt, sich selbst ein Rätsel. Ihr wahres Leben finden, die Quelle in ihr selbst, ankommen bei sich, nicht wieder und wieder vergeblich sich abmühen.
„Herr, gib mir dieses Wasser!”

Ich vertiefe mich in das Bild aus den „Wasser-welten“ wie in ein Gespräch über mich selbst am Brunnen. Fremd und nah zugleich ist, was da zu mir spricht. Da sind Verletzungen, Lebenslinien, Gewachsenes und rätselhafte Tiefe.
Wahres, ewiges Leben – was heißt das?
Vieles im Leben bleibt fraglich und unklar.
Wir entscheiden und fragen uns zugleich, ob wir richtig entschieden haben. „Soll ich diese oder eine andere Ausbildung beginnen? Wohin geht mein Weg? Hat unsere Beziehung eine Zukunft?“ Im Hintergrund steht die Sorge, sich selbst zu verpassen, zu wenig vom Leben zu haben.
Vieles bleibt unfertig, bruchstückhaft, mittelmäßig. Wir müssen uns abfinden mit unseren Grenzen, mit Misserfolgen und Enttäuschungen.
Die Narben und Risse unseres Lebens bleiben, sie schmerzen zuweilen.
Wir müssen Abschiede verkraften, Spannungen, ungelöste Fragen, Leid ertragen.
Was heißt wahres, ewiges Leben?
Heißt es, alles Fragwürdige und Schwache, alles Leid und alle Grenzen sind überwunden?
Nein, all das, was uns angreift und Mühe bereitet, bleibt ein Teil von uns.
Ist das wahre Leben später irgendwann? „Wenn ich endlich erwachsen bin.“ „Wenn ich mein Karriereziel erreicht habe.“ „Wenn ich mein Haus abgezahlt habe.“ „Wenn ich in Rente gehe.“
oder gar: „Wenn ich gestorben bin.“?
Wir kennen manche Weisen uns zu vertrösten oder zu betäuben. Wir kennen das Gefühl, noch gar nicht wirklich zu leben.
Wir fürchten das Leben zu versäumen.

Jesus kennt den Durst nach Leben, die Sehnsucht nach dem wahren, echten, erfüllten, befreiten, glücklichen, eben „ewigen“ Leben.
Er macht der Frau am Brunnen ein ungeheures Versprechen: wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird nie wieder Durst haben. Denn das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle werden: Ihr Wasser fließt und fließt – bis ins ewige Leben.
Und sie lässt sich jetzt darauf ein: Herr, gib mir dieses Wasser! Sie vertraut sich ihm an.

Ich schaue das Bild an, sehe es als Bild meines Gesprächs mit Jesus am Brunnen.
Jesus ist da, wie die Birke, bei der ich Halt finde, wie das tiefe schöne Blau, wie das wehende Haar.
Er ist da in den Rissen und Brüchen, in dem, was noch immer schmerzt wie eine Narbe, in dem, womit ich nicht fertig werde, was mich plagt, was mir ein Rätsel bleibt.
Jesus ist da in neuem Leben nach Krieg und Verwüstung.
Jesus ist da, wo wir leiden und wo wir hoffen.
Er sieht mich. Er sieht uns.
Es ist nicht auf einmal alles gut und heil,
aber es ist alles in seiner Hand.
Ich bin nicht befreit von aller Last und allem Leid, aber ich vertraue mich ihm an.
Das Wasser, das ich dir geben werde, wird in dir zu einer Quelle werden: Ihr Wasser fließt und fließt – bis ins ewige Leben.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

Neue Lieder 190 Schenke mir, Gott, ein hörendes Herz

Sei du unser guter Hirte, Gott, Quelle des Lebens,
Kraft zum neuen Beginn.
Wir bitten dich für Menschen,
die blockiert sind von Enttäuschungen und Ängsten,
die nicht hinwegkommen über schmerzhafte Erfahrungen,
die es schwer haben auf andere zuzugehen.
Hilf uns, ehrlich und wertschätzend miteinander umzugehen.
Sei du unser guter Hirte, Gott, Quelle des Lebens,
Kraft zum neuen Beginn.

Wir bitten um neue friedliche Wege im Sudan,
in Israel und den besetzten Gebieten.
Steh denen bei, die von Krieg und Gewalt getroffen sind,
in der Ukraine, in Syrien, im Jemen.
Hilf den Flüchtlingen, den verletzten und verstörten Menschen.
Stärke und stütze alle, die sich für Frieden einsetzen
und den Opfern der Kriege beistehen.
Sei du unser guter Hirte, Gott, Quelle des Lebens,
Kraft zum neuen Beginn.

Wir bitten für Menschen, die uns nahe stehen, für unsere Konfis, für die Abiturienten in der Prüfung, für die, die sich in Schulen und Kindergärten einsetzen.
Wir bitten für unsere Kranken, für die Trauernden, für die Menschen, die in unseren Heimen leben und für die, die sich um sie kümmern.
Sei du unser guter Hirte, Gott, Quelle des Lebens,
Kraft zum neuen Beginn.

Wir bitten für unsere katholischen Geschwister, für alle, die sich für ihre Kirche einsetzen aber auch an ihr leiden.
Wir bitten auch für unsere Gemeinde und unsere Kirche.
Hilf uns, wahrhaftig und mutig mit Schuld umzugehen und denen beizustehen, denen Unrecht geschehen ist.
Sei du unser guter Hirte, Gott, Quelle des Lebens,
Kraft zum neuen Beginn.

Vaterunser

564,1+2

Segen

Gottesdienst am Ostersonntag 9.4.23, Predigt über 1.Kor 15,1-11

(Entzünden der Osterkerze)
Christus ist auferstanden
Er ist wahrhaftig auferstanden.
Er ist das Licht der Welt.
Wer ihm nachfolgt, wird nicht wandeln in der Finsternis.
Er ist das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet.

EG 100
Votum
Gruß

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König!

Ehr sei dem Vater

Jesus, du lebst. Nun ist alles in einem neuen Licht.
Jesus, du lebst. Unser Leben ist voll Hoffnung.
Du lebst. Wir stimmen ein in dein Lob.
Überwinde das Dunkel in der Welt und in uns.
Herr, erbarme dich.

Kyrie

Der Tod ist verschlungen vom Sieg. Gott sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus.

Ehre sei Gott in der Höhe
99

Lebendiger Gott, du hast durch die Auferstehung deines Sohnes dem Tod die Macht genommen und lässt heute in aller Welt das Heil verkünden: Nimm Kleinglauben und Zweifel von uns und lass uns einstimmen in den Lobpreis all derer, die bezeugen, dass Christus von den Toten auferstanden ist und für uns lebt in Ewigkeit.
Amen

Evangelium Mk 16,1-8:
Als der Sabbat vorbei war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter von Jakobus, und Salome wohlrie-chende Öle. Sie wollten die Totensalbung vornehmen. Ganz früh am ersten Wochentag kamen sie zum Grab. Die Sonne ging gerade auf. Unterwegs fragten sie sich: »Wer kann uns den Stein vom Grabeingang wegrollen?«
Doch als sie zum Grab aufblickten, sahen sie, dass der große, schwere Stein schon weggerollt war.
Sie gingen in die Grabkammer hinein. Dort sahen sie einen jungen Mann. Er saß auf der rechten Seite und trug ein weißes Gewand. Die Frauen erschraken sehr.
Aber er sagte zu ihnen: »Ihr braucht nicht zu erschrecken! Ihr sucht Jesus aus Nazaret, der gekreuzigt wurde.
Gott hat ihn von den Toten auferweckt, er ist nicht hier. Seht: Hier ist die Stelle, wo sie ihn hingelegt hatten. Macht euch auf! Sagt seinen Jüngern, besonders Petrus: Jesus geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.«
Da flohen die Frauen aus dem Grab und liefen davon. Sie zitterten vor Angst und sagten niemandem etwas, so sehr fürchteten sie sich.

Dies ist der Tag, den der Herr macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein. Halleluja!

Halleluja

Credo 023

111,1-3+13

Paulus schreibt im 1. Korintherbrief 15 (Luther): Ich erinnere euch aber, Brüder und Schwestern, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr’s so festhaltet, wie ich es euch verkündigt habe; es sei denn, dass ihr’s umsonst geglaubt hättet.
Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas (Petrus), danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.

Er ist gesehen worden. Er ist gesehen worden.
Glaubt es nur, ihr Korinther und ihr Kenzinger!
Er ist gesehen worden.
Paulus zählt glaubwürdige Zeugen auf.
Viele glauben es dennoch nicht.
Denken Sie nach: wer sind Ihre Zeugen?
Ihre Eltern und Großeltern, Paten, jemand,
zu dem Sie in den Kindergottesdienst gingen,
eine Lehrerin, der Pfarrer, der Sie konfirmiert hat? Andere, denen Sie glauben konnten? Jemand der getrost gestorben ist? Zeuginnen und Zeugen aus der Bibel, in Filmen und Büchern? Die Reihe ist lang: Menschen, die glauben und uns Glauben vermitteln konnten.
Aber es gibt auch viele, die nicht glauben und die uns ebenfalls beeinflussen. So war es schon von Anfang an. „einige aber zweifelten“, obwohl sie ihn sehen, so berichtet Matthäus (28,17).

Heute vor 78 Jahren, am 9. April 45 ist ein großer Zeuge gestorben: Dietrich Bonhoeffer. Zusammen mit anderen Leuten des Widerstands wird er vier Wochen vor Kriegsende auf Befehl Hitlers umgebracht. Seine letzten bekannten Worte, als er zur Hinrichtung geholt wird, sind ein Gruß. Er bittet einen englischen Mitgefangen an seinen Freund Bischof Bell auszurichten: „Das ist das Ende, für mich der Anfang des Lebens.“
Wie kann jemand kurz vor seiner Hinrichtung so ruhig und stark sein? Bonhoeffer steht für mich in der Reihe der glaubwürdigen Zeuginnen und Zeugen. Er verzweifelt zuweilen als Gefangener, fühlt sich „unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig“. Dennoch schreibt er auch: „Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag“.
„Das ist das Ende, für mich der Anfang des Lebens.“ So möchte ich glauben. Um solch einen Glauben bitte ich. Und ich weiß doch: Auch tief gläubige Menschen können verzweifeln und sich vom Glauben abwenden. Es ist Gnade, Geschenk. Wir können nicht selbst schaffen, dass wir glauben oder gar zu Zeuginnen und Zeugen werden.

Das Ende Jesu ist der Anfang des Lebens.
Das bekennen Christen seit Ostern.
Aber am Anfang erschrecken die Frauen, als sie das leere Grab finden. Sie verstehen nicht. Einige halten, was sie sehen, für einen Geist. Thomas will erst Jesu Wunden befühlen, bis er es glaubt.
Es will uns nicht in den Kopf.
Tot ist tot. Wie kann es anders sein?
Jesus kehrt nicht zurück in sein altes Leben.
Es ist nicht so, als wäre sein Tod nur ein böser Traum und jetzt ist alles wie vorher.
Tot ist tot.
Täglich haben wir vor Augen, was an Leid und Schrecken in der Welt ist. Immer wieder müssen wir selbst Abschiede verkraften. So zerbrechlich ist das Leben – wir erschrecken tief, wenn uns das bewusst wird, wenn ein Unglück geschieht, wenn eine schlimme Diagnose uns betrifft, in der Zeit der Pandemie. Niemandem bleibt der Tod erspart und doch blenden wir dieses Wissen so oft aus.
Jesus stirbt, wie jeder Mensch sterben muss.
Er ist ein Mensch wie wir und ist doch einmalig in seinem Glauben, eins mit Gott.

Doch dann wird das Ende zum Anfang.
Er ist auferweckt. Auferstehung ist unser Wort für etwas ganz und gar Neues, ein neues Leben, eine neue Wirklichkeit, eine neue Dimension.
Es ist nicht unvernünftig mit Neuem zu rechnen.
Unser Verstehen von Leben muss einen Sprung machen, wie wissenschaftliche Forschung manchmal mit einer neuen Erkenntnis eine neue Sicht bekommt.
Gott schafft neue Wirklichkeit, neues Leben.
Seine Jüngerinnen und Jünger sehen Jesus.
Jesus lebt.
Ein neues Verstehen erschließt sich für sie.
Ihre Erkenntnis ist mit einem Sprung viel weiter.
Machtvoll, unwiderstehlich ist das Neue.
Im Licht von Ostern sieht alles anders aus.
Das Ende kann ein Anfang sein.

Ich erinnere euch, Brüder und Schwestern, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, durch das ihr auch selig werdet.
Die Angst sitzt tief. Gewalt und Krieg erschrecken uns. Unfassbar sind Abschied und Tod.
Aber Leid und Tod behalten nicht das letzte Wort.
Das ist die Mitte unseres Glaubens.
Jesus ist für uns gestorben. Er geht uns voraus.
Er erschließt uns neues Leben.
So werden wir „Protestleute gegen den Tod“.
Wir sind Glieder in einer Kette, die einander die Botschaft vom Sieg des Lebens weitergeben.
Der Heilige Geist wirkt durch uns. Er benutzt unser Erzählen, dass er Glauben weckt.
Darum betont Paulus die Übereinstimmung mit der Schrift und die lange Reihe der Zeugen der Auferstehung. Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe.
Seine Selbstbeschimpfung ist durchaus ernst gemeint und gut begründet. Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.

Allein der Gnade Gottes verdanken wir,
dass der Glaube sich uns erschließt.
Der Gekreuzigte bleibt nicht im Tod.
Gott hält zu ihm.
Gottes Macht reicht weiter als die Macht des Todes. Gottes Licht ist stärker als die Finsternis. Gottes Kraft überwindet das Böse.
Wir erinnern uns gegenseitig daran: Der Tod hat seine Macht verloren. Das Leben siegt.
„Christus ist auferstanden!
Er ist wahrhaftig auferstanden!“
Durch Gottes Gnade glauben wir an Christus.
Wir hoffen über unsere engen Grenzen hinaus.
Der Tod behält nicht das letzte Wort.
Amen

117

Jesus, du lebst; wir feiern deine Auferstehung und danken dir. Hab Dank, dass wir zu dir gehören.
Hab Dank für die Hoffnung, die du uns schenkst.
Jesus, du lebst; der Tod behält nicht das letzte Wort.
Wir bitten dich für alle, die in Krieg und Not bestehen müssen, die verletzt oder bedroht sind, die flüchten müssen, die Eltern, Kinder, Angehörige verloren haben.
Für sie alle, für die Menschen in der Ukraine und in Russland, in Syrien, im Jemen, in Israel und Palästina, bitten wir um Hoffnung und Frieden, um Heilung und Versöhnung.
Hilf uns, Frieden zu stiften.
Mach uns bereit einander beizustehen.
Wir bitten dich für Menschen in Krankheit und Leid,
für die, um die wir uns Sorgen machen,
für die Menschen, die einen kranken Angehörigen pflegen und betreuen, für die Sterbenden und für die Trauernden. Lass sie alle, uns alle, auf dich sehen, Jesus.
Wir bitten für deine Kirche, für unsere Freunde in der katholischen Gemeinde und jenseits des Rheins.
Jesus, du lebst; erfülle uns alle mit österlicher Freude.

Vaterunser

108
Segen

Gottesdienst an Karfreitag, Predigt über Kolosser 1,12-20

91,1+2+5 Herr stärke mich, dein Leiden zu bedenken
Votum, Gruß
Gebet mit Psalm 22
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.

Ich schreie zu dir, Gott, aus zerstörten Städten und Flüchtlingslagern. Was ich gesehen habe, ist nicht zu ertragen. Was Menschen einander antun, ist unvorstellbar.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.

Ich schreie zu dir, Gott, aus Ländern, in denen nichts mehr funktioniert, in denen Gewalt und Willkür herrschen. Ich habe Angst um meine Kinder. Ich sehe keine Zukunft.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.

Ich schreie zu dir aus meiner inneren Not, aus
Krankheit, Verzweiflung, Trauer und Angst.
Aber du, Herr, sei nicht ferne;
meine Stärke, eile, mir zu helfen.

75,1 Ehre sei dir Christe

Du, unser Bruder und Herr,
da stehen wir unter deinem Kreuz:
Wie fern Gott sein kann!
Finsternis zieht über das Erdreich.
Und du am Stamm, in dem alle Angst der Welt dröhnt.
Wer bist du? Weit weg ist der Tisch, das Brot, der Wein. Weit weg sind die Fischernetze am See, die wogenden Ähren am Sabbat, der Sturm auf dem Wasser und die Ruhe danach.
Wer bist du? Der Mensch, wie ihn Gott gewollt hat.
Der Mensch, in dessen Leib sich Nägel aus Hass und Spott bohren.
Zu dir, in dieser Stunde am Kreuz sagt Gott ja:
„Ja, mit dir bin ich. Dein Kreuz ist mein Kreuz.
Ein für alle Mal. Nichts trennt dich von mir.“
Da stehen wir unter deinem Kreuz und staunen,
wie nahe Gott uns ist. Nichts trennt uns mehr von ihm.
Wir beten in der Stille.

So sehr hat Gott die Welt geliebt,
dass er seinen eingeborenen Sohn gab,
damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Amen

85,1 O Haupt voll Blut und Wunden

Lesung Joh 19,16-30
Da überantwortete Pilatus ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde. Sie nahmen ihn aber, und er trug selber das Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte.
Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der Juden König. Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateini-scher und griechischer Sprache. Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreibe nicht: Der Juden König, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der Juden König. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.
Die Soldaten aber, da sie Jesus gekreuzigt hatten, nahmen seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch den Rock. Der aber war ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück.
Da sprachen sie untereinander: Lasst uns den nicht zerteilen, sondern darum losen, wem er gehören soll.
So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt: »Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen.«
Das taten die Soldaten.
Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena. Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet. Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und legten ihn um einen Ysop und hielten ihm den an den Mund.
Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht. Und neigte das Haupt und verschied.

Neue Lieder 164 In einer fernen Zeit

Es ist vollbracht. Das Ziel ist erreicht.
Die ganze schreckliche Geschichte hat ein Ziel.
Jesus ist dort, wo es am schlimmsten ist.
Heute ist Jesus bei den geschundenen und fast schon ausgelöschten Menschen im Krieg, auf der Flucht, in Katastrophen, bei den vor Hunger sterbenden Kindern, auf der Krebsstation.
Die Finsternis tobt sich aus, aber ihre Macht ist schon gebrochen. Alles wird gut.
Alles wird gut, weil Jesus mitten hinein geht an die schlimmsten Orte, in das tiefste Dunkel, und weil mit ihm Gott selbst, das Leid und den Schrecken der Welt erträgt und überwindet.
Wenn irgendetwas den Namen Zeitenwende verdient, dann ist es das, was am Kreuz und an Ostern geschieht. Das Böse hat schon immer die Welt verdüstert, aber jetzt ist da Licht und Leben.
Unser Predigttext ist ein Danklied, ein Lob Christi.

Kol 1,12-20

Dankt dem Vater mit Freude! Er hat euch fähig gemacht, Anteil zu haben am Erbe der Heiligen, die im Licht leben. Er hat uns vor der Macht der Finsternis gerettet und der Herrschaft seines geliebten Sohnes unterstellt. Der schenkt uns die Erlösung, die Vergebung unserer Sünden.

Christus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes,
der zuerst Geborene:
Vor allem Geschaffenen war er da.
Denn durch ihn wurde alles geschaffen,
im Himmel und auf der Erde.
Das Sichtbare und das Unsichtbare –
ob Throne oder Herrschaftsbereiche,
ob Mächte oder Gewalten –
alles wurde durch ihn geschaffen
und alles hat in ihm sein Ziel.
Er ist vor allem da,
und in ihm hat alles Bestand.
Und er ist das Haupt des Leibes – der Gemeinde.
Er ist der Anfang:
der erste der Toten, der neu geboren wurde.
In jeder Hinsicht sollte er der Erste sein.
Denn so hatte es Gott beschlossen:
Mit seiner ganzen Fülle wollte er
in ihm gegenwärtig sein.
Und er wollte,
dass alles durch ihn Versöhnung erfährt.
In ihm sollte alles zum Ziel kommen.
Denn er hat Frieden gestiftet
durch das Blut, das er am Kreuz vergossen hat.
Ja, durch ihn wurde alles versöhnt –
auf der Erde wie im Himmel.

Ein Hymnus heute an Karfreitag, geht das?
Der Hymnus wird eher leise gesungen, zögernd, denn die Finsternis ist noch nicht vorbei, die Mächte und Gewalten toben noch – die Welt ist für viele so „trostlos“, dass sie „um den Verstand bringt und in die Verzweiflung treibt“ (Henning Luther, Die Lügen der Tröster)
Der Hymnus kann nicht aus vollem Hals gegrölt werden, wie manche gern wieder Nationalhymnen singen, Augen geradeaus, Hand auf´s Herz.

Die Menschen in Kolossae, im Westen der heutigen Türkei, haben Angst vor den Mächten und Gewalten. Sie haben Erdbeben erlebt, politischen Druck und Verfolgung. „Was kommt da noch auf uns zu?“ In ihrer Angst wollen sie die Mächte besänftigen, die bösen Kräfte bannen. Sie meiden bestimmte Speisen. Sie beten zu Engeln. Sie achten auf den Stand des Mondes.
Der Brief sagt ihnen etwas Wunderbares:
Ihr braucht überhaupt keine Angst zu haben.
Ihr braucht die Mächte dieser Welt nicht zu fürchten. Ihr seid frei.
Seht auf Jesus Christus.
Alles ist in Christus.
Schon am Urbeginn der Schöpfung wirkt die Liebe des Vaters, die wir in Christus erkennen. Alles ist in Christus. Alles wurde durch ihn geschaffen und
alles hat in ihm sein Ziel. Er ist vor allem da, und in ihm hat alles Bestand. Mit seiner ganzen Fülle wollte Gott in ihm gegenwärtig sein.
Wir entdecken Gottes Spur in jedem Geschöpf, im Leben selbst, in der wunderbaren Ordnung der Natur, in allem Gerechten und Schönen, in allem Liebevollen. Aber das ist gebrochen.
Denn da ist auch die hässliche Spur von Leid und Gier und Bosheit, von Gewalt und Tod – es geht wie ein Riss durch die gute Schöpfung.
Gott erträgt und durchleidet und überwindet diesen Riss. In Jesus tut er das am eigenen Leib.
Gott will das Leben und überlässt die Schöpfung nicht sich selbst. Gott liebt seine Schöpfung.
Es ist die gleiche Liebe,
die die Welt so wunderbar erschaffen hat.
Es ist die gleiche Liebe,
die die entstellte, zerrissene Welt heilt.
Gott wollte, dass alles durch ihn Versöhnung erfährt. In ihm sollte alles zum Ziel kommen.
Wir erkennen die Liebe in Jesus Christus
und wir bekommen sie durch ihn geschenkt.
Keine Macht der Welt, nicht einmal der Tod,
kann letztlich der Liebe Gottes widerstehen.

Wir stehen vor dem Kreuz Jesu.
Wir sehen das unermessliche Leid in unserer Welt, Unrecht und Gewalt.
Ein Unschuldiger wird festgenagelt.
Was zählt schon ein Leben, damals oder heute?
Für römische Geschichtsschreiber damals war der Tod Jesu allenfalls eine Randnotiz.
Für uns entscheidet sich am Kreuz Jesu unser Leben und die Welt. Ja, durch ihn wurde alles versöhnt – auf der Erde wie im Himmel.
Wir sehen auf das Kreuz von Ostern her.
Jesus am Kreuz verändert die Welt.
Neues Leben beginnt am Ostermorgen.
„Mitten im Tod, der uns von allen Seiten umgibt, feiern wir, was verheißen ist durch den lebendigen Christus.“ (Vancouver 1984)
Der Tod, das Leid, das Unrecht und die Schuld behalten nicht das letzte Wort. Sie sind besiegt. Gott erträgt und erleidet die ganze Härte der Welt, um sie zu versöhnen. Die Feindschaft der Welt gegen Gott ist überwunden, die Verletzung geheilt.
Eine neue Schöpfung beginnt.
Amen

Lied 85,6+8+9

Wir beten und stimmen ein in das Kyrie.
178.9

Jesus Christus,
du hast dich in diesem Mahl mit uns verbunden.
Stärke unseren Glauben,
präge unser Wollen, Denken und Tun,
begleite uns auf unserem Weg.

178.9

Du bist bei uns,
was auch geschieht.
Du bist bei Menschen in Leid und Verzweiflung.
Hilf ihnen.

178.9

Wir denken an die Not der Menschen in Krieg,
in Verfolgung, in Unterdrückung.
Steh ihnen bei.

178.9

Wir denken an die Opfer von Unrecht und Gewalt.
Sei bei ihnen.

178.9

Wir denken an Menschen, die uns nahe stehe
und um die wir uns sorgen.
Gib ihnen Zuversicht und Hoffnung.

178.9

Dir vertrauen wir uns an. Amen

Vaterunser

98 Korn, das in die Erde
Segen

Predigt über Joh 12,12-19 und Gottesdienst an Palmsonntag 2.4.23

Neue Lieder 217 Wir gehn hinauf nach Jerusalem
Votum
Gruß

Jesus Christus, der in göttlicher Gestalt war,
hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein,
sondern entäußerte sich selbst
und nahm Knechtsgestalt an,
ward den Menschen gleich
und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.
Er erniedrigte sich selbst
und ward gehorsam bis zum Tode,
ja zum Tode am Kreuz.
Darum hat ihn auch Gott erhöht
und hat ihm den Namen gegeben,
der über alle Namen ist,
dass in dem Namen Jesu
sich beugen sollen aller derer Knie,
die im Himmel und auf Erden
und unter der Erde sind,
und alle Zungen bekennen sollen,
dass Jesus Christus der Herr ist,
zur Ehre Gottes, des Vaters.

Ehr sei dem Vater

Jesus Christus, unser Herr,
wir wollen so gerne Ansehen genießen
und sind beleidigt und verletzt,
wenn uns jemand keine Wertschätzung erzeigt,
du aber lässt dich verspotten und erniedrigen.
Wir bewundern und fürchten die Mächtigen,
du aber verzichtest auf alle Macht
und stirbst hilflos leidend am Kreuz.
Deine Liebe für die Feinde ist uns fremd.
Dein Tod am Kreuz erschreckt uns.
Dem Leid weichen wir eher aus.
Hilf uns so zu sein,
wie es der Gemeinschaft mit dir entspricht,
demütig, gewaltlos, liebevoll.
Erbarme dich über uns.
Kyrie

Lasst uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.

79,1

Ein Glaubensbekenntnis aus der Evangelischen
Kirche von Kurhessen-Waldeck

Wir glauben an den einen Gott,
der Himmel und Erde geschaffen hat
und uns Menschen zu seinem Bild.
Er hat Israel erwählt, ihm die Gebote gegeben
und seinen Bund aufgerichtet zum Segen für alle Völker.
Wir glauben an Jesus von Nazareth,
den Nachkommen Davids, den Sohn der Maria,
den Christus Gottes.
Mit ihm kam Gottes Liebe zu allen Menschen,
heilsam, tröstlich und herausfordernd.
Er wurde gekreuzigt unter Pontius Pilatus,
aber Gott hat ihn auferweckt nach seiner Verheißung, uns zur Rettung und zum Heil.
Wir glauben an den Heiligen Geist,
der in Worten und Zeichen an uns wirkt.
Er führt uns zusammen aus allen Völkern,
befreit von Schuld und Sünde, berufen zum Leben in Gerechtigkeit und Frieden.
Mit der ganzen Schöpfung hoffen wir
auf das Kommen des Reiches Gottes. Amen

Neue Lieder 90 Wir strecken uns nach dir

Joh 12,12-19:

Am nächsten Tag hörte die große Menge, die sich zum Fest in der Stadt aufhielt: Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem. Da nahmen sie Palmzweige und liefen ihm entgegen. Sie riefen: »Hosianna! Gesegnet sei, wer im Namen des Herrn kommt! Er ist der König Israels!« Jesus fand einen jungen Esel und setzte sich darauf. So steht es auch in der Heiligen Schrift: »Fürchte dich nicht, Tochter Zion! Dein König kommt! Er sitzt auf dem Jungen einer Eselin.« Die Jünger von Jesus verstanden das zunächst nicht. Aber als Jesus in seiner Herrlichkeit sichtbar war, erinnerten sie sich daran. Da wurde ihnen bewusst, dass sich diese Stelle in der Heiligen Schrift auf ihn bezog. Denn genau so hatten ihn die Leute empfangen.
Die vielen Leute, die dabei gewesen waren, bezeugten: »Er hat den Lazarus aus dem Grab gerufen und ihn von den Toten auferweckt!« Deshalb kam ihm ja auch die Volksmenge entgegen. Sie alle hatten gehört, dass er dieses Zeichen getan hatte. Aber die Pharisäer sagten zueinander: »Da merkt ihr, dass ihr nichts machen könnt. Alle Welt läuft ihm nach!«

Was bist du für ein König, Jesus?
Ich gehe in der Schar der Festpilger. Ich spüre ihre Begeisterung: „Endlich einer, der uns helfen kann. Habt ihr gehört, was er getan hat, wie er gesprochen hat? Gott schickt uns den Messias.“
Sie laufen dir entgegen, als wärst du ein Star.
Ich renne mit.
Sie jubeln und schreien.
„Hosianna! Hosianna!“ Ich rufe mit.
Bist du das, ein Star?
„Der König von Israel! Bravo! Der König!“
Es ist schön, dir zuzujubeln, zu applaudieren, Zweige zu schwenken.
Einen glänzenden, siegreichen König will ich, einen, zu dem ich aufschauen kann.
„Hosianna! Hilf uns doch! Mach unsere Welt zu einem besseren Ort! Endlich Frieden. Nicht die täglichen Nachrichten von Drohnenangriffen, Schlachten, Hundert Millionen Flüchtlingen.
Hosianna! Mach ein Ende mit der Not. Hilf doch, der geplagten, zerrissenen Welt! Sei doch unser König!“
Du schweigst. Du siehst mich an.
Was bist du für ein König?
Einen Esel findest du. Einen Esel?
Bauern reiten auf Eseln, aber Könige?
Du reitest durch die Menge.
Sie jubeln dir zu.
Schweigend reitest du weiter.
Ich stehe bei deinen Freunden,
den Jüngerinnen und Jüngern.
Sie verstehen, was die Menschen von dir wollen. Aber sie verstehen dich nicht. Wir schauen zu dir.
„Was hast du vor? Willst du König sein?
Siehst du nicht die Gefahr?“
Die jubelnde, von der Begeisterung berauschte Menge kommt langsam voran.
Sie drängen durch das Tor und durch die Gassen.

Nicht alle sind begeistert. Misstrauisch beobachten römische Soldaten das Geschehen. „Was geht hier vor? Was rufen die? Wer ist das da auf dem Esel?“
Bewohner Jerusalems verschwinden in ihren Häusern. Sie wollen keine Unruhe und keinen Ärger in ihrer Stadt.
Ich sehe die Pharisäer und die Priester. Sie ärgern sich über das Treiben. Es macht ihnen auch Angst: „Gefährlich ist er. Er wiegelt das Volk auf. Seht, wie sie alle ihm nachrennen! Hört, wie sie ihm zujubeln! Lange lassen die Römer sich das nicht gefallen. Wir müssen ihn loswerden.“
Du siehst sie auch und weißt, was sie vorhaben.
Schweigend reitest du auf dem Esel in die Stadt.
Jubel umgibt dich, aber die Spannung wird größer.
Du weißt, was auf dich zukommt.
Bald ist es soweit – der schwere Weg.
Sie werden dich alleinlassen. Auch deine Freunde. Sie werden dich ohne Grund anklagen. Die Römer werden dich verurteilen, foltern und töten.
Sie setzen dir eine Krone aus Dornen auf. „König“, sagen sie, spucken dich an und schlagen dich.

Muss ein König nicht Macht haben? Braucht er nicht Reichtum und Diener wie König Charles?
Muss er nicht Abstand wahren, erhaben sein? Du bist immer mitten unter den Leuten und weichst niemandem aus. Du gehst auf Behinderte und Kranke zu. Du setzt dich mit zweifelhaften Leuten an einen Tisch. Du nimmst Kinder ernst. Frauen gehören zu deinen Jüngern. Du reichst deinen Freunden das Brot und den Wein. Einmal wäscht du ihnen sogar die Füße. Deine Macht kommt von Gott und du nutzt sie nur für andere. Du hast keinen Palast und keine Diener.
Und doch bist du König und so sehr eins mit Gott, dass sie dich Sohn Gottes nennen.
König, ja, Kyrie, mein Herr.
Die Menge jubelt dir zu. „Hosianna!“
Sie haben recht: Du bist König.
Ich möchte bei ihnen sein und bei dir.

– Melodie 428

Komm in unsre stolze Welt,
Herr, mit deiner Liebe Werben.
Überwinde Macht und Geld,
lass die Völker nicht verderben.
Wende Hass und Feindessinn
auf den Weg des Friedens hin.

Komm, Jesus, Herr, Kyrie eleison.
Erneuere unsere Welt. Überwinde den Hass.
Wer kann das, wenn nicht du?
Dem Unrecht der Welt, der Gewalt, dem Hass hast du dich ausgesetzt.
Du reitest weiter, König auf dem Esel,
auch wenn dein Weg dich zum Tod führt.
Wie einen Verbrecher werden sie dich kreuzigen.

Komm in unser dunkles Herz,
Herr, mit deines Lichtes Fülle;
dass nicht Neid, Angst, Not und Schmerz
deine Wahrheit uns verhülle,
die auch noch in tiefer Nacht
Menschenleben herrlich macht.

Der Text von Hans von Lehndorff, 1968 geschrieben. Von Lehndorff ist Arzt und Dichter, geprägt vom Widerstand gegen die Nazidiktatur. Er leitet im Krieg ein Lazarett in Königsberg und erlebt monatelangen Beschuss der Stadt, Mord, Plünderungen, Brandstiftungen, Vergewaltigun-gen. Ähnlich muss es letztes Jahr in Mariupol und Butscha gewesen sein. Von Lehndorff versorgt Verwundete, Kranke und Gebärende in Kranken-häusern, Bunkern und Kellern. Eine Gelegenheit zur Flucht aus der Stadt nimmt er nicht wahr. Er schreibt in sein Tagebuch: „Ich bin so ausgelöscht, daß ich nicht einmal mehr beten kann“, „Das ist der Mensch ohne Gott, die Fratze des Menschen“.

Jesus, du setzt dich den Menschen aus, die nur noch eine Fratze ihrer selbst sind. Du kommst in unsre stolze Welt. Gewaltlos, demütig kommst du zu Menschen „ohne Gott“, in eine gottlosen Welt. Deine Liebe führt dich.
Du kommst mit deines Lichtes Fülle. Das Dunkel von Angst und Not und Schmerz bleibt nicht.
Der Tod behält nicht das letzte Wort.
Es stimmt, was in der Schrift von dir steht.
Deine Jünger verstehen endlich, wenn deine Herrlichkeit sichtbar ist, wenn sie sehen:
Du lebst, du bist auferstanden.
Komm, Jesus, Hosianna, unser König!
Wir machen uns auf, dir entgegen.
Amen

428 Komm in unsre stolze Welt

Komm in unsere Welt, Jesus,
verwandele sie, verwandele uns
mit deiner Liebe Werben,
mit deiner Zuwendung zu den Menschen,
die gefangen sind in ihrer Not, ihrer Schuld.
Komm, Jesus, mach uns frei
und bereit dir zu folgen.
Wie du wollen wir keinen Menschen klein machen und demütigen und verletzen. Hilf, dass wir einander gerecht werden, dass wir niemanden verachten und ausgrenzen.
Gib uns deinen Geist,
dass wir freundlich aufeinander zugehen,
unsere Ungeduld und unseren Ärger bezwingen,
nicht anderen heimzahlen, was sie uns antun.
Wir bitten für die Menschen, die schon jetzt unter dem Klimawandel leiden, die immer weniger Wasser haben, von Waldbränden betroffen sind, unter Stürmen und Unwetter leiden.
Wir bitten für die Menschen im Erdbebengebiet in Syrien und in der Türkei.
Wir bitten für alle, die von Krieg und Gewalt getroffen sind.
Dir befehlen wir unsere Lieben, wenn sie große Schritte und schwere Wege vor sich haben, unsere Freunde, Geschwister, Kinder und Enkel, Eltern und Großeltern.
Wir beten für die Gemeinde in Sundhouse – sie werden bald wieder ohne Pfarrerin oder Pfarrer sein und wissen nicht, wie es weitergeht.
Segne unsere katholischen Geschwister und auch die Gläubigen anderer Religionen.
Lass sie, lass uns alle die heilende, stärkende, befreiende Kraft des Glaubens spüren.
Sei bei uns, Jesus, wenn wir in deinem Namen und mit deinen Worten beten:
Vaterunser

Neue Lieder 170 Kreuz, auf das ich schaue
Segen

Predigt über Hebr 5,7-9, gehalten von Pfr. Ewald Förschler am 26.3.23

Lesung aus dem Hebräerbrief im 5. Kapitel die Verse 7-9: Christus hat in den Tagen seines irdischen Lebens Bitten und Flehen mit lautem Schreien und mit Tränen vor den gebracht, der ihn aus dem Tod erretten konnte; und er ist erhört worden, weil er Gott in Ehren hielt. So hat er, obwohl er der Sohn war, doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt. Und da er vollendet war, ist er für alle, die ich gehorsam sind, der Urheber der ewigen Seligkeit geworden. AMEN
—-
Liebe Gemeinde,
als ich diese Woche in der Breisgau S-Bahn von Freiburg nach Bahlingen unterwegs war, hörte ich, wie sich zwei Jungs unterhielten. Sie sprachen über Fußball. Dann redeten sie über die Schule. Einer von ihnen sagte, er brauche, um versetzt zu werden, in der nächsten Deutscharbeit mindestens eine Drei. Thema sei das Buch „Geschichten aus dem Wienerwald“. Ich merkte dem jungen Mann an, dass ihm das ordentlich Druck machte und ich konnte es ihm echt nachfühlen, weil ich das von meiner Schulzeit kenne.
Was uns von Jesus heute berichtet wurde, können wir auch nachempfinden. Wir haben in der Lesung gehört, dass er in den Tagen seines irdischen Lebens laut schreiend und weinend betete, Gott möge ihm den Tod ersparen. Wir können uns in Jesus geradezu hineinversetzen und auch wenn wir unser Leid und unsere Angst vor dem Tod nicht laut hinausschreien, so bitten wir doch Gott darum, er möge uns beistehen. So gibt es in der Welt ein Mitfühlen mit dem anderen. Und wir können uns mit Jesus und Jesus kann es mit uns, weil wir mit ihm und er mit uns im Menschsein verbunden sind.
In der Zeit seines irdischen Lebens. Ja, Jesus hat gelebt. Nur kommt das oft zu kurz. Angesprochen auf die Frage, was Jesus für uns getan hat, antworten bestimmte Kreise: Jesus ist für uns gestorben. Dabei greift das zu kurz. Denn Jesus hat auch für uns gelebt. Und deshalb macht es Sinn zu sehen, wie er als Mensch gelebt hat, wo und wie er aufgewachsen ist, was er gesagt und getan hat und wie das dann gekommen ist mit seinem viel zu frühen Tod. Denn es muss sonderbar anmuten, dass selbst im Glaubensbekenntnis das Leben Jesu zu kurz kommt.
Dort haben wir vorhin bekannt: empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gekreuzigt, gestorben, begraben, hinabgestiegen, auferstanden. Es könnte der Eindruck entstehen, als wäre Jesus nur auf die Welt gekommen, um zu sterben. Der Gedanke greift allerdings zu kurz. Es lohnt sich, ja es ist geradezu notwendig, sich in die Zeit zu versetzen, in der Jesus gelebt hat.
Die Frage „Warum musste Jesus sterben?“ führt uns erst einmal in sein irdisches Leben hinein. Wie war dieser Jesus als Mensch? Ihm konnte der Kragen platzen und er konnte mit Kindern spielen und sie liebkosen. Er verkündigte und lebte eine radikale Liebe, die den Feind miteinschließt. Sein Herz schlug für die Armen. Ihnen sagte er: Ihr seid das Licht der Welt. Ihr seid das Salz der Erde. Er heilte und vergab und gab so Menschen eine neue Lebensperspektive. Im 7 Quellenland bei Kapernaum am See Genezareth sprach er vom Kommen des Reiches Gottes. Wenn wir Jesus mehr und mehr verstehen und kennenlernen, stellt sich die Frage dann eben so: Warum musste dieser Mensch als Verbrecher draußen vor den Toren Jerusalems am Kreuz verrecken? Wie kann das sein? Diese Frage zuzulassen, ernst zu nehmen und in ihrer Tiefe zu erfassen, wurden die Jesusgläubigen durch die Auferweckung Jesu ermutigt. Jetzt wussten sie: wenn dieser Mensch Jesus so sinnlos gestorben ist, dann muss das eine tiefe Bedeutung haben. Und so finden wir im Neuen Testament viele Antworten auf diese Frage. Und eine dieser Antworten gibt uns heute der Hebräerbrief. Jesus wird dort der wahre Hohepriester genannt. Das ist ein Affront gegenüber dem amtierenden Hohepriester im Tempel. Der Hohepriester ist nämlich der Einzige, der das Allerheiligste im Tempel betreten darf. Dort steht die Bundeslade mit den Gesetztafeln, die Mose am Sinai empfangen hat. Auf der Bundeslade stehen sich zwei abgebildete Engel gegenüber. Sie bewachen die Bundeslade. Über ihnen wohnt Gott. Er ist dort gegenwärtig mit seiner Herrlichkeit. Der Hohepriester kommt mit den Sünden des Volkes in dieses Allerheiligste, opfert Gott, damit er sich über das Volk und – jetzt kommt´s! – auch über ihn selbst erbarme. Wenn jetzt Jesus der wahre Hohepriester ist, dann verändert sich was.
Wir müssen uns das jetzt so vorstellen. Während Jesus draußen vor den Toren Jerusalems am Kreuz leidet und stirbt, wird im Tempel vom Hohepriester Kaiphas Gottesdienst gefeiert. Der Hohepriester geht ins Allerheiligste, bringt Gott Opfer dar und bitten ihn um Vergebung für die Sünden des Volkes und seiner eigenen. Der Hebräerbrief fragt uns jetzt: Wo steht ihr? Feiert ihr mit der Masse im Tempel oder seid ihr bei Jesus unter dem Kreuz draußen vor der Stadt auf unreinem Gelände? Welchen Gottesdienstraum wählt ihr: den irdischen oder den himmlischen? Denn parallel zum Gottesdienst im Tempel lief ein himmlischer Gottesdienst ab und der, der vor der Stadt stirbt, der ist der wahre Hohenpriester. Er vereinigt in sich alle Opfer und ist das einzige Opfer. Er bringt sich selber dar. Will sagen: im Tempel in Jerusalem gab es viele Opfer und viele Priester. Aber im Himmel gibt es nur ein Opfer und einen Hohepriester. Und der ist Jesus und nur er wird dort willkommen geheißen.

Mit lautem Schreien, mit Verzweiflung, mit Bitten und Flehen ist Jesus diesen Weg gegangen, auch da hinein, wo das Leben Aua macht. Und er hat was gelernt dabei. Er hatte sich entschieden, diesen Weg der radikalen Liebe zu gehen und ganz ins zutiefst Menschliche hinabzusteigen. Dass er dafür mit seinem Leben bezahlen würde, hatte er nicht auf der Rechnung. Doch er entschied sich, den Weg zu vollenden. Er blieb sich treu. Das lernte er. Sich treu bleiben. Denn, liebe Gemeinde! Jesus ermutigt uns, auf dieses leise, feine Gefühl zu achten, das einen sagt: So machst du es richtig! Du bist auf deinem Weg. Geh weiter! Verstehen wir jetzt, warum Jesus sagt: Ich bin der Weg?
Als ich, in Bahlingen angekommen, aus der S-Bahn ausstieg und die zwei Jungen vor mir laufen sah, ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Ich habe den Jungen verstanden, weil ich das Gleiche erlebt habe. Genauso ist es mit Jesus. Er hat alles schon erlebt, was mir passiert ist und passieren wird, damit er ganz bei mir sein, bei mir stehn, mir beistehn und mich so verstehen kann. Damit ich nicht allein verzweifelt sein muss. Und mit der Kraft seiner Gegenwart den nächsten Schritt gehen kann.
Und ich merkte, als ich durch Bahlingen ging: Ich habe meinen Platz gefunden. Bei IHM draußen…
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. AMEN

Predigt Jes 54,7-10 und Gottesdienst am Sonntag 19.3.23, Lätare

Lied 616
Votum
Gruß

Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth!
Meine Seele verlangt und sehnt sich
nach den Vorhöfen des Herrn;
mein Leib und Seele freuen sich
in dem lebendigen Gott.
Der Vogel hat ein Haus gefunden
und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen –
deine Altäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott.
Wohl denen, die in deinem Hause wohnen;
die loben dich immerdar.
Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten
und von Herzen dir nachwandeln!
Wenn sie durchs dürre Tal ziehen,
wird es ihnen zum Quellgrund,
und Frühregen hüllt es in Segen.
Sie gehen von einer Kraft zur andern
und schauen den wahren Gott in Zion.
Herr, Gott Zebaoth, höre mein Gebet;
vernimm es, Gott Jakobs!
Gott, unser Schild, schaue doch;
sieh an das Antlitz deines Gesalbten!
Denn ein Tag in deinen Vorhöfen
ist besser als sonst tausend.
Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause
als wohnen in den Zelten der Frevler.
Denn Gott der Herr ist Sonne und Schild;
der Herr gibt Gnade und Ehre.
Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.
Herr Zebaoth, wohl dem Menschen,
der sich auf dich verlässt!

Ehr sei dem Vater

Wie lange brauchen wir, bis wir erkennen:
Du, Gott, bist unsere Stärke?
Wie lange brauchen wir, bis wir uns dir anvertrauen?
Wie lange wollen wir unser Leben selbst erfinden und rechtfertigen?
Lieb sind mir deine Wohnungen, Gott.
Kostbar sind dieser Ort und diese Zeit,
wenn wir uns zu dir wenden,
wenn wir hören: Du wartest schon auf uns.
Längst schon willst du uns begegnen.
Mach uns bereit für dich. Erbarme dich.

Kyrie

Freut euch der Gnade unseres Herrn, denn Gott hat uns bestimmt, das Heil zu erlangen durch Jesus Christus, der für uns gestorben ist, damit wir zugleich mit ihm leben.
Amen (1 Thess 5,9+10)

Neue Lieder 180 Meine Hoffnung und meine Freude

Freuen sollen sich in dir, o Gott, alle,
die dir angehören.
Sättige uns mit dem Brot des Lebens,
dass wir aus der Kraft deines Sohnes leben
und einander in Liebe begegnen.
Durch ihn, unseren Herrn, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen

Lesung: Joh 12,20-26

Es befanden sich auch einige Griechen unter denen, die zum Fest nach Jerusalem gekommen waren, um Gott anzubeten. Die gingen zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und baten ihn: »Herr, wir wollen Jesus sehen!« Philippus ging zu Andreas und sagte es ihm. Dann gingen die beiden zu Jesus und berichteten es ihm. Da sagte Jesus zu ihnen: »Die Stunde ist gekommen! Jetzt wird der Menschensohn in seiner Herrlichkeit sichtbar. Amen, amen, das sage ich euch: Das Weizenkorn muss in die Erde fallen und sterben, sonst bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Wem sein Leben über alles geht, der verliert es. Aber wer sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben. Wer mir dient, muss mir auf meinem Weg folgen. Denn wo ich bin, wird auch mein Diener sein. Wer mir dient, wird beim Vater Anerkennung finden.«

Dank sei dir Gott für das Wort des Lebens.
Amen, Amen, Amen

98 Korn, das in die Erde

Das Weizenkorn Jesus stirbt, und bringt doch Leben und Hoffnung und Frucht.
Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab,
wälzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.
Jesus ist tot, wie sollte er noch fliehn?
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

Wir beten noch immer für den Frieden.
Sind wir denn verrückt – es herrscht doch Krieg?
Die Welt funktioniert nach der Logik des Krieges.
Wir können nicht tatenlos und schweigend zusehen, wie Russland seine Nachbarn und Geschwister umbringt. Und wir können nicht erwarten, dass die Ukrainer sich nicht wehren.
Es stimmt, dass Waffen entscheiden,
und es ist doch falsch.
Es muss sein und es muss doch aufhören.
Die Logik des Krieges ist nicht alternativlos.
„Es gibt in der Geschichte immer Alternativen“, meinte Michael Gorbatschow, den sie heute in Russland verachten, der die friedliche Wende 1989 möglich machte.
Es wird Frieden geben.
Darum beten wir und darauf hoffen wir.
Über Gottes Frieden brach die Welt den Stab,
wälzte ihren Felsen vor des Friedens Grab.

Mitten in der Zeit des Krieges hoffen wir,
dass Frieden wächst.
Wir haben nach der Wende von 1989 auf eine Zeit des Friedens gehofft. „Allerdings war es irrig zu glauben, er halte von allein und ohne unser Zutun.
… Frieden ist niemals ein verlässlicher Zustand, sondern stets nur eine Hoffnung, die man tapfer und immer neu verteidigen muss.“ So schreibt die ZEIT-Redakteurin Evelyn Finger. Dazu gehört auch die Bereitschaft, dem Unrecht und der Gewalt entgegenzutreten.
Es wird Frieden geben.
Gott schließt einen Bund des Friedens.
Ausgerechnet Jerusalem ist der Ort des Friedensbundes. Wir hören unseren Predigttext beim Propheten Jesaja (Jes 54,7-10):

Für eine kleine Weile habe ich dich verlassen.
Aber mein Erbarmen mit dir ist so groß,
dass ich dich wieder heimhole.
Als mein Zorn aufwallte wie eine Flut,
habe ich mein Angesicht eine Weile vor dir verborgen. Aber meine Liebe hört niemals auf, darum habe ich Erbarmen mit dir.
Das sagt der Herr, dein Befreier.
Ich verhalte mich wie zur Zeit Noahs. Damals habe ich geschworen: Die Flut, die über Noah gekommen ist, soll die Erde nicht noch einmal überschwemmen. Jetzt schwöre ich: Ich werde nicht mehr zornig auf dich sein und dir nie mehr drohen.
Berge können von der Stelle weichen und Hügel ins Wanken geraten. Aber meine Liebe weicht nicht von dir und mein Friedensbund wankt nicht. Das sagt der Herr, dein Erbarmer.

Gott spricht zu Jerusalem wie zu einer Frau.
Gott war enttäuscht. Die Beziehung war zerrüttet. Er hat die Frau verlassen und kehrt nun zurück.
Geht es um Frieden?
Ja, um Gottes großen Frieden für seine Stadt,
für sein Volk, für seine Menschen.
Frieden ist, wenn alle leben können, jede und jeder ein Auskommen und ein Zuhause hat, keine und keiner leiden muss. Gottes großer Frieden ist sehr viel mehr als das Schweigen der Waffen, aber natürlich auch das.
Die gestörte, zerrüttete Beziehung zu Gott wird wieder heil, weil Gott sie heilt. Gottes Friedens-bund ist heilsam und gut für alle.
Israel versteht seine Geschichte als Geschichte mit Gott, als Liebesgeschichte.
Natürlich stellen wir uns Beziehungen nicht so vor, dass die Frau ganz auf das Wohlwollen des Mannes angewiesen ist. Natürlich, hoffentlich, begegnen wir einander auf Augenhöhe. Aber das alte patriarchale Bild passt zur Liebe Gottes zu Jerusalem, zu uns Menschen. Wir sind auf Gottes Wohlwollen angewiesen, und Gott nennt sich selbst der Herr, dein Befreier, der Herr, dein Erbarmer.
„Es gibt in der Geschichte immer Alternativen.“ Es gibt eine Alternative, weil Gott, unser Befreier im Spiel ist. Es gibt eine Alternative zu Krieg und Gewalt, weil die Beziehung zu Gott neue Wege möglich macht. meine Liebe weicht nicht von dir und mein Friedensbund wankt nicht.
Damals, zur Zeit von Jesaja, ist keine Alternative in Sicht: Israel ist besiegt, der Tempel zerstört, große Teile des Volkes sind nach Babylon verbannt, traumatisierte, verletzte, entwurzelte Menschen wie viele Flüchtlinge in unseren Tagen. Sie sehen keine Chance, je aus dieser trostlosen Lage zu kommen. Und sie fragen sich: „Hat Gott uns verlassen?” Unser Predigtabschnitt ist ein Teil der Antwort darauf: eine kleine Weile habe ich dich verlassen, aber …. eine Weile habe ich mein Angesicht vor dir verborgen, aber … Die Situation ist verzweifelt schlimm, das wird nicht beschönigt. Dann folgt das große Aber. Die Beziehung zu Gott wird heil sein.
Der Friede Gottes wird umfassend sein.
Im Rückblick wird euch das gegenwärtige Elend wie eine kleine Weile, eine Episode erscheinen. meine Liebe weicht nicht von dir und mein Friedensbund wankt nicht.
Ist das wahr? Ist das nicht verrückt mitten im Krieg auf Frieden zu hoffen? Mitten in der Katastrophe auf Heilung? Mitten in der vom Tod gezeichneten Welt auf Leben? Vertrösten wir die Verzweifelten nicht? Machen wir uns nicht etwas vor?
Wir beten noch immer für den Frieden.
Wir hoffen auf eine Zeit, in der Russen und Ukrainer und alle in Frieden miteinander leben, ohne Angst voreinander, ohne Unterdrückung.
Noch sehen wir nicht, wie der Krieg enden kann.
Noch haben wir keine Alternative als den Angegriffenen beizustehen.
Aber es gibt eine neue Chance – sie wird kommen, weil Gott unser Befreier ist,
weil Gott Erbarmen mit uns hat.
Gott bringt sich ins Spiel. Wir glauben, das tut Gott in Jesus Christus. Er setzt sich selbst dem Leid und dem Unrecht aus, wie das Weizenkorn, das in die Erde fällt und stirbt. Und etwas Neues beginnt, Leben, Hoffnung, Frieden. Amen

Neue Lieder 217 Wir gehen hinauf nach Jerusalem

Wir hoffen auf deinen Bund des Friedens, Gott.
Wir hoffen, dass du unser Befreier, unser Erbarmer bist, dass möglich wird, was wir jetzt noch nicht erkennen.
Wir hoffen auf Frieden und vertrauen auf dein Wort.
Sei bei uns „in leidender Liebe Zeiten“, sein bei den Menschen in Krieg und Not.
Wir bitten um Frieden und Gerechtigkeit für Ukrainer und Russen, für die Menschen in Syrien, im Jemen, im Iran.
Wir bitten für die vielen geplagten, verfolgten, verletzten Menschen, für die Flüchtlinge.
Hilf uns, gerecht und gut mit denen umzugehen, die in Not zu uns kommen. Hilf uns in Europa zu einer gerechten Flüchtlingspolitik.
Wir bitten dich für die, um die wir uns sorgen, unsere Kranken, Menschen, die Pflege brauche, und die, die sie erbringen, Menschen in Trauer und Einsamkeit.
Wir bitten für unsere Kinder und Jugendlichen, für unseren und alle Kindergärten.
Wir bitten für unsere Gemeinde und für deine Kirche in allen Konfessionen und Ländern.
Wir beten in der Stille ..

Vaterunser

Neue Lieder 23, 1+6-8 Du bist der Atem der Ewigkeit

Segen

Gottesdienst am 5.3.23 und Predigt Mk 12,1-12

450,1-3 Morgenglanz der Ewigkeit
Votum
Gruß

Psalm 25 = W 908 (W= Wo wir dich loben, wachsen neue Lieder)
Nach dir, Herr, verlangt mich.
Mein Gott, ich hoffe auf dich;
lass mich nicht zuschanden werden,
dass meine Feinde nicht frohlocken über mich.
Denn keiner wird zuschanden, der auf dich harret;
aber zuschanden werden die leichtfertigen Verächter.
Herr, zeige mir deine Wege
und lehre mich deine Steige!
Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich!
Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich.
Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte,
die von Ewigkeit her gewesen sind.
Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend
und meiner Übertretungen,
gedenke aber meiner nach deiner Barmherzigkeit,
Herr, um deiner Güte willen!
Der Herr ist gut und gerecht;
darum weist er Sündern den Weg.
Er leitet die Elenden recht
und lehrt die Elenden seinen Weg.
Ehr sei dem Vater

Barmherziger Gott, wir leben alle von deiner Vergebung
und von deiner Großherzigkeit.
Aber wie kleinlich halten wir anderen oft vor,
was sie alles falsch gemacht haben!
Wie lange tragen wir ihnen Schuld nach
und sind nicht bereit, ihnen eine neue Chance zu geben.
Unser Urteil ist oft hart und endgültig
und unser Verhalten unversöhnlich.
Gott, befreie uns von der Sucht,
einander alles aufzurechnen!
Durch Nachsicht und Entgegenkommen
verlieren wir nicht das Gesicht.
Versöhnung ist wichtiger als Recht behalten.
Hilf uns, barmherzig miteinander umzugehen!
Erbarme dich über uns.

Kyrie

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind.

Wir danken dir, Herr Jesu Christ.
179,1

Römer 5,1-8 (Neue Genfer Übersetzung)

Nachdem wir nun aufgrund des Glaubens für gerecht erklärt worden sind, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Durch ihn haben wir freien Zugang zu der Gnade bekommen, die jetzt die Grundlage unseres Lebens ist, und im Glauben nehmen wir das auch in Anspruch. Darüber hinaus haben wir eine Hoffnung, die uns mit Freude und Stolz erfüllt: Wir werden einmal an Gottes Herrlichkeit teilhaben.
Doch nicht nur darüber freuen wir uns; wir freuen uns auch über die Nöte, die wir jetzt durchmachen. Denn wir wissen, dass Not uns lehrt durchzuhalten, und wer gelernt hat durchzuhalten, ist bewährt, und bewährt zu sein festigt die Hoffnung.
Und in unserer Hoffnung werden wir nicht enttäuscht. Denn Gott hat uns den Heiligen Geist gegeben und hat unser Herz durch ihn mit der Gewissheit erfüllt, dass er uns liebt.
Christus starb ja für uns zu einer Zeit, als wir noch ohnmächtig der Sünde ausgeliefert waren; er starb für Menschen, die Gott den Rücken gekehrt hatten.
Gott beweist uns seine Liebe dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren.

Amen

Credo

W 170 Kreuz, auf das ich schaue

Gott beweist uns seine Liebe dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren.
Denn Gott hat uns den Heiligen Geist gegeben und hat unser Herz durch ihn mit der Gewissheit erfüllt, dass er uns liebt. Wir haben Frieden mit Gott. „Statt der Angst und Mühe ist nun Hoffnungszeit.“
So haben wir gehört und gesungen: Unsere Zeit eine Hoffnungszeit – ist das wahr? Es geschieht so vieles, was der Hoffnung widerspricht.
Ach, könnte unsere Zeit doch einfach normal sein, ohne Krieg und Krisen und Katastrophen!
Aber der Wunsch nach der vermeintlich normalen Zeit ist unrealistisch. Konflikte und Umbrüche sind normal. Hoffnung haben wir nicht, weil alles so schön ruhig ist, sondern Hoffnungszeit ist mitten in den Krisen, trotz aller Spannungen.
Jesus ist mitten in den Konflikten seiner Zeit.
Er kommt nach Jerusalem und es gibt Streit.
Viele jubeln ihm zu und halten ihn für den Retter. Die führenden Leute in Jerusalem machen ihm Vorwürfe und wollen ihn loswerden: „Wie kommst du dazu, Unruhe im Tempel zu stiften? Wer gibt dir das Recht so aufzutreten?“ Markus berichtet:

Jesus begann, ihnen Gleichnisse zu erzählen: »Ein Mann legte einen Weinberg an. Er baute eine Mauer darum, hob eine Grube als Kelter aus und errichtete einen Wachturm. Dann verpachtete er ihn und ging auf Reisen.

Die Schriftgelehrten und Priester verstehen sofort.
Jesus redet von Gottes Liebe zu seinem Volk. Der Weinberg ist Gottes Herzenssache – so hat schon Jesaja erzählt. Gott tut alles für seinen geliebten Weinberg, sein Volk. Er scheut keine Kosten und keine Mühe. Nun übergibt er ihn den Pächtern und wartet auf den Ertrag. Wer sind diese Pächter?

Als es an der Zeit war, schickte der Besitzer einen Knecht zu den Pächtern. Der sollte bei ihnen seinen Anteil vom Ertrag des Weinbergs abholen. Aber sie packten den Knecht, verprügelten ihn und jagten ihn mit leeren Händen davon. Daraufhin schickte der Besitzer noch einen Knecht. Dem schlugen sie den Kopf blutig und beschimpften ihn. Der Besitzer schickte noch einen weiteren Knecht. Den töteten sie sogar. Er schickte noch viele andere. Die einen verprügelten sie, die anderen töteten sie.

Entsetzlich, wie die Geschichte Jesu weitergeht.
Eine lange Reihe von Gewalt, Missachtung und immer weiteren Verbrechen bis zum Mord.
Die Welt ist zerrissen von Gewalt. Es ist entsetz-lich, was Menschen einander antun. Gewalt in Ehen und Beziehungen, Missbrauch und Gewalt gegen Kinder, Gewalt aus rassistischen Motiven, Krieg, Folter, Unterdrückung. Jesus erzählt keine übertriebene Horrorgeschichte – so ist die Welt.
Jesus erzählt davon, zu was wir aus Habgier fähig sind. Erstaunlich ist nur die Geduld des Weinbergbesitzers. Er wartet und hofft auf einen Neuan-fang, obwohl schon so viel Unheil geschehen ist. Das ist immer noch Gottes Liebesgeschichte mit seinem Volk und mit uns.
Die Pächter sind auch wir.
Gott vertraut uns Menschen an, Gott vertraut uns seine Schöpfung an, damit wir sie bewahren.
Was wir einander antun, verletzt Gott.
Es ist Hoffnungszeit, weil Gott so unendlich geduldig ist, weil er auf uns wartet, dass wir umkehren zu ihm.

Da blieb nur noch einer übrig: sein geliebter Sohn. Ihn schickte er als Letzten. Er sagte sich: ›Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben.‹ Aber die Pächter sagten zueinander: ›Er ist der Erbe. Kommt, wir töten ihn, dann gehört sein Erbe uns.‹ Sie packten ihn, töteten ihn und warfen seine Leiche hinaus vor den Weinberg.

Mit dem geliebten Sohn identifiziert sich der Wein-bergbesitzer. Gott setzt sich selbst dem Unrecht und der Gewalt aus.
Seine Geduld und Hingabe kennt keine Grenzen. Er macht sich selbst zum Opfer.
Jesus spricht von seinem eigenen Tod.
Er spricht mit den Mitgliedern des Hohen Rates, die ihn wenige Tage später den Römern ausliefern werden. Sie nehmen sich das Recht ihn zu verurteilen. Sie wollen sich aneignen, was Gott allein gehört.
Sie wenden sich gegen Gott selbst.
Der Vorwurf ist hart.
Ich meine, wir alle sind die Pächter.
Keiner von uns ist frei von Gier und Selbstsucht. Wir alle brauchen die große Geduld und das Erbarmen Gottes, weil wir ihn verletzen und uns gegen ihn wenden.

Was wird der Weinbergbesitzer jetzt tun?
Er wird selbst kommen, die Pächter töten
und den Weinberg anderen anvertrauen.

Eine lange antijüdische Auslegungstradition hat hier herausgelesen: Gott wendet sich ab von seinem Volk. Israel wird enterbt und wir sind die anderen, denen Gott nun sein Erbe anvertraut.
Wir Christen haben den Juden über Jahrhunderte Gewalt und Unrecht angetan. Am Mord an den Juden tragen wir Christen Mit-Schuld. Die falsche Auslegung der Schrift wurde dazu benutzt.
Aber Gott liebt seinen Weinberg nach wie vor.
Jesus redet von Gottes Liebe zu seinem Volk und er redet von sich selbst. Und nun deutet er seinen Tod als Neuanfang, wenn er sagt:
Ihr kennt doch die Stelle in der Heiligen Schrift: ›Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Grundstein geworden. Der Herr hat ihn dazu gemacht. Es ist ein Wunder in unseren Augen.‹«
(Ps 118,22f)
Jesus selbst ist der zerbrochene Stein, der verworfen wird. Die Liebe Gottes geht immer weiter. Gott lässt sich selbst Gewalt und Unrecht antun. Jesus leidet und stirbt am Kreuz. Aber das Kreuz wird zum Zeichen der Hoffnungszeit.
Eine neue Zeit beginnt. Jesus lebt.

Die führenden Priester, Schriftgelehrten und Ratsältesten hätten Jesus am liebsten verhaften lassen. Noch wagen sie nicht, was sie wenig später doch tun. Sie fürchteten sich vor der Menge. Sie hatten verstanden, dass er in dem Gleichnis von ihnen gesprochen hatte. Sie ließen ihn in Ruhe und gingen weg.
Amen

W 164 In einer fernen Zeit

Erhebet eure Herzen
Lasset uns Dank sagen dem Herren, unserm Gott

Ja, es ist recht, dir zu danken. Es ist gut, dich zu preisen, heiliger Gott. So sehr liebst du die Welt, deine Geschöpfe, dass du zu uns kommst in Jesus Christus, deinem Sohn.
Er ist dein Ebenbild und schenkt uns deine Liebe.
Er trägt alle Schuld und überwindet Hass und Feindschaft.
Er geht durch Leid und Tod und gibt unserer Hoffnung einen neuen Grund.
Darum preisen wir dich mit allen Menschen, die dich suchen, mit denen, die uns vorausgegangen sind,
mit der ganzen Schöpfung, und bekennen:
Heilig, heilig

Einsetzung

So tun wir, was Jesus uns aufgetragen hat, und bitten dich, unser Gott: Erfülle uns mit deinem Geist. Lass uns verbunden sein als deine Gemeinde zum gemeinsamen Dienst an den Menschen und an deiner Welt.
Dir sei Ehre in Ewigkeit.

Vaterunser

Sooft wir von diesem Brot essen und aus dem Kelch trinken, verkünden wir den Tod und die Auferstehung unseres Herrn, bis er kommen wird in Herrlichkeit.

Agnus Dei

Austeilung

Mit deiner Liebe und Gemeinschaft beschenkst du uns, Jesus, unser Herr. Dein Licht macht uns licht,
du, unser Gott.
Du übersiehst keinen, keinen Verbitterten, keinen Enttäuschten, keinen, der sich wertlos fühlt. Deine Liebe geht an keinem vorbei, an keinem Schuldigen, keinem Geplagten, keinem in Not.
Hilf uns, hinzusehen, andere wahrzunehmen, auf sie einzugehen. Behüte uns davor, achtlos an Menschen vorbeizugehen und andere zu verurteilen.
Wir bitten dich für die, die missachtet und gemobbt werden. Wir bitten für die, die sich nichts zutrauen und immer mehr an den Rand geraten.
Wir bitten für die von Krieg und Gewalt geplagten Menschen in der Ukraine, im Jemen. Wir bitten für die unterdrückten Menschen im Iran, in Russland.
Stärke die, die sich einsetzen für Gerechtigkeit, Politiker, Juristen, Journalisten.
Wir bitten für deine Kirche und für unsere Gemeinde, für unsere katholischen Mitchristen und die Freunde in Sundhouse. Amen

581
Segen

Hiob 2, Gottesdienst und Predigt am 26.2.23

Lied 155
Votum
Gruß
Die Passionszeit hat begonnen.
Wir denken an die schweren Wege,
die Menschen gehen müssen,
an das Leid der Welt und auch an das, was uns plagt.
Wir schauen auf Jesu Leidensweg, auf Jesus am Kreuz.
Mit vielem, was geschieht, werden wir einfach nicht fertig.
So geht es auch der Beterin, dem Beter von Psalm 77.

Psalm 77
Mit lauter Stimme rufe ich zu Gott, ja, ich schreie zu ihm!
Mit lauter Stimme rufe ich, damit er mir ein offenes Ohr schenkt.
In meiner Not suche ich den Herrn;
nachts strecke ich im Gebet meine Hände zu ihm aus
und lasse sie nicht sinken.
Doch im tiefsten Herzen finde ich keinen Trost.
Denke ich an Gott, dann seufze ich.
Grüble ich über alles nach, so verlässt mich der Mut.
Du lässt mich die ganze Nacht keinen Schlaf finden.
Ich bin so aufgewühlt, dass mir die Worte fehlen.
So denke ich nach über vergangene Zeiten,
über Jahre, die schon ewig lange zurückliegen.
Ich erinnere mich an mein Saitenspiel in der Nacht.
Tief in meinem Herzen sinne ich nach,
ich versuche eine Antwort auf meine Fragen zu finden:
Wird der Herr für immer verstoßen?
Will er uns in Zukunft keine Gnade mehr erweisen?
Ist es denn mit seiner Güte für immer und ewig vorbei?
Finden seine Zusagen keine Erfüllung mehr in künftigen Generationen?
Hat Gott denn vergessen, barmherzig und gnädig zu sein?
Hat er uns im Zorn sein Erbarmen entzogen?
Ja, das ist es, was mich so sehr quält:
dass der Höchste nicht mehr so eingreift wie früher.
Doch ich will mir die Taten des Herrn in Erinnerung rufen.
Ja, ich will an deine Wunder aus längst vergangener Zeit denken.
Ich sinne über all dein Wirken nach,
dein Handeln erfüllt meine Gedanken.
Ehr sei dem Vater

Wir denken an die Menschen, die seit einem Jahr im Krieg leben, die um Angehörige trauern, die verletzt sind an Leib und Seele, die ihr Zuhause verloren haben,
die in ständiger Angst leben, die geflohen sind,
die vor sich nur weitere Gewalt und weiteres Leid sehen.
Wir beten und stimmen ein in den Kyrieruf
178.9

Wir denken an die vielen Opfer der Erdbeben in der Türkei und in Syrien, die unfassbare Not, Schrecken, Angst und Sorgen.
Kyrie eleison
178.9

In meiner Not suche ich den Herrn;
Doch im tiefsten Herzen finde ich keinen Trost.
178.9

Denke ich an Gott, dann seufze ich.
Grüble ich über alles nach, so verlässt mich der Mut.
178.9

Ist es denn mit seiner Güte für immer und ewig vorbei? Hat Gott denn vergessen, barmherzig
und gnädig zu sein?
178.9

Ich glaube; hilf meinem Unglauben! (Mk 9,23)
Ein Mensch bittet Jesus um Hilfe für sein krankes Kind.
Dann schreit er Jesus diesen Satz entgegen.
Ich glaube; hilf meinem Unglauben!
Wie können wir glauben, Gott?

In einer schrecklichen Zeit hat Dietrich Bonhoeffer für seine Freunde und für sich ein Glaubensbekenntnis geschrieben. Beten wir das gemeinsam:

Ich glaube,
dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten,
Gutes entstehen lassen kann und will.
Dafür braucht er Menschen,
die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.

Ich glaube,
dass Gott uns in jeder Notlage
soviel Widerstandskraft geben will,
wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im voraus,
damit wir uns nicht auf uns selbst,
sondern allein auf ihn verlassen.
In solchem Glauben müsste alle Angst
vor der Zukunft überwunden sein.

Ich glaube,
dass auch unsere Fehler und Irrtümer
nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden,
als mit unseren vermeintlichen Guttaten.

Ich glaube,
dass Gott kein zeitloses Fatum ist,
sondern dass er auf aufrichtige Gebete
und verantwortliche Taten wartet und antwortet.
Amen

347

Eine Hiobsbotschaft nach der anderen für Idlib im Nordwesten Syriens: nach langem Bürgerkrieg ist hier der letzte größere Rückzugsort der Opposition und ein Fluchtort für viele. Entsprechend heftig sind die Angriffe. Nun haben die Erdbeben vieles vernichtet. Assad lässt kaum Hilfe zu. Es ist zum Verzweifeln, unfassbares Leid.
Warum trifft es manche so hart?
Warum müssen unschuldige Menschen leiden?
Hiob ist so einer. Er steht für die Menschen, die ohne Schuld großes Leid trifft.
Reich, gesegnet und fromm soll er gewesen sein.
Das Hiobbuch erzählt, wie einer im himmlischen Hofstaat, Satan, eine Wette mit Gott schließt. „Hiob ist doch nicht umsonst so fromm. Es lohnt sich doch für ihn. Nimm ihm seinen Reichtum und seine Kinder, dann wird er dich verfluchen, Gott.“ Darauf lässt Gott sich ein. Das Unheil kommt. Ein Bote nach dem anderen bringt Hiob schreckliche Nachrichten. Aber Hiob bleibt bei seinem Glauben.
Unser Predigttext ist das zweite Kapitel:

Danach kamen die himmlischen Wesen wieder zusammen und traten vor den Thron des Herrn. Auch der Satan war unter ihnen und trat vor den Thron des Herrn. Da fragte der Herr den Satan: »Woher kommst du?« Der Satan antwortete dem Herrn: »Ich habe die Erde durchstreift, ich war mal hier und mal dort.« Der Herr fragte den Satan weiter: »Hast du auch meinen Knecht Hiob beob-achtet? Es gibt auf der Erde keinen Menschen wie ihn! Er ist fromm und führt ein vorbildliches Leben. Er begegnet Gott mit Ehrfurcht und hält sich von allem Bösen fern. Noch immer hält er sich frei von Schuld. Du hast mich umsonst überredet, ihn ins Unglück zu stürzen.« Doch der Satan antwortete dem Herrn: »Haut für Haut! Ein Mensch gibt alles her, wenn er nur die eigene Haut retten kann. Aber strecke doch einmal die Hand aus, greife seinen Körper und seine Gesundheit an! Dann wird er dir ins Gesicht fluchen!« Da sagte der Herr zum Satan: »Gut! Ich gebe ihn in deine Gewalt. Doch sein Leben musst du ihm lassen!«
Danach verließ der Satan den Herrn und sorgte dafür, dass Hiob krank wurde: Geschwüre brachen aus und bedeckten ihn von Kopf bis Fuß. Da nahm er eine Tonscherbe, um sich zu kratzen. Er saß auf dem Boden mitten im Dreck.
Seine Frau sagte zu ihm: »Willst du dich noch immer frei von Schuld halten? Verfluche endlich Gott, sodass du stirbst!« Da antwortete er ihr: »Dummes Gerede! Wenn wir das Gute von Gott bekommen, sollten wir da nicht auch das Böse annehmen?« Bei allem ließ Hiob sich nichts zuschulden kommen. Kein böses Wort kam ihm über die Lippen.
Drei Freunde Hiobs hörten von all dem Unglück, das ihn so schlimm getroffen hatte. Sie kamen zu ihm – jeder aus seinem Heimatort: Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach, Zofar aus Naama. Sie hatten miteinander verabredet, Hiob zu besuchen. Sie wollten ihm ihr Mitgefühl zeigen und ihn trösten. Schon von Weitem sahen sie ihn, aber sie erkannten ihn nicht wieder. Da brachen sie in lautes Wehklagen aus. Jeder von ihnen zerriss sein Gewand und streute sich Staub auf den Kopf. Dann setzten sie sich zu ihm auf die Erde. Sieben Tage und sieben Nächte saßen sie da und sprachen kein einziges Wort. Denn sie sahen, wie heftig sein Schmerz war.

Warum müssen manche Menschen ohne Schuld unsäglich leiden? Warum lässt Gott das zu?
Wir müssen nicht bis Idlib gehen um Beispiele zu finden, Krankheit, Unglück und Not kennen wir zur Genüge auch in unserem Kreis. Nach Hiobsbot-schaften ist das Leben nicht mehr wie vorher. Dann fragen sich die Menschen: Warum geschieht das mir? Womit habe ich das verdient?
Wir haben keine Antwort.
Die Suche nach Schuld führt nicht weiter, auch wenn wir manches tun können, damit z.B. ein Erdbeben nicht so verheerende Folgen hat.
Mit dem Mythos von Satan habe ich Schwierig-keiten: Ich kann mir Gott nicht als Haupt eines himmlischen Hofes vorstellen. Und auch mit dem Satan, der im Auftrag Gottes Böses anzettelt, kann ich wenig anfangen.
Gott spielt nicht mit unserem Leid.
Gott schließt keine Wetten mit Satan ab.
Aber ja: es gibt das Böse.
Es gibt Unglück und Böses, das wie eine unheilvolle Macht über Menschen hereinbricht.
Und Gott lässt es geschehen.
Das verstehen wir nicht. Hat Gott denn vergessen, barmherzig und gnädig zu sein?, haben wir mit Psalm 77 gebetet.
Gott ist keine Versicherungsagentur. Gott ist kein Garant, dass uns nichts Böses treffen kann.
Und Gott ist nicht käuflich.
Wir können nicht sagen: „Ich habe so viel Gutes getan, jetzt steht es mir zu, dass du mich vor Unheil beschützt.“ Wir bekommen nicht Segen oder Unglück nach unserem Verdienst.
Ein Schlüsselwort in der Geschichte ist „umsonst“. Der Satan meinte zunächst: Meinst du, dass Hiob sich umsonst an Gott hält? „Umsonst“: ohne berechnenden Hintergedanken, dass es sich lohnen muss fromm zu sein. Der Satan kann sich nur vorstellen, dass der Mensch berechnend handelt und bei allem auf den Lohn schaut.
Aber er hat nicht Recht.
Jetzt entgegnet Gott: Du hast mich umsonst überredet, ihn ins Unglück zu stürzen. Es hat nicht funktioniert, wie der Satan meinte. Glaube ist kein Geschäft. Die Beziehung zwischen Gott und uns ist kein Handel, kein „do ut des“ – ich geb dir was, damit du mich belohnst.
Glaube ist: Vertrauen, trotz allem, was wir nicht verstehen, Vertrauen.
Hiob widerspricht seiner Frau: Wenn wir das Gute von Gott bekommen, sollten wir da nicht auch das Böse annehmen? Er weigert sich Gott zu verfluchen, sich loszusagen von Gott.
Hiob wird nicht einfach klaglos leiden, ganz und gar nicht. Er wird Gott anschreien und ihn in schonungsloser Heftigkeit anklagen.
Aber er bleibt bei Gott.
Gott bleibt für ihn sein Gegenüber.
In manchen Situationen suchen wir verzweifelt Antwort, sind erdrückt und überfordert von dem, was geschieht, fragen „warum muss das so sein?“ Hiob betet weiter, er klagt und fragt, aber er betet weiter. Er hält sich trotz allem an Gott fest.
Hiob flieht von Gott zu Gott. Von Gott, den er nicht versteht und den er bitter anklagt, zu Gott, der dennoch seine Hoffnung ist.
Hiobs Freunde beeindrucken mich. Sie brechen in Wehklagen aus. Sie zeigen alle Zeichen von Trauer und Entsetzen. Und dann schweigen sie.
Sie suchen nicht nach Erklärungen.
Sie wollen nicht vertrösten. Ihr Trost besteht darin, dass sie da sind und ertragen, wie es Hiob geht. Denn sie sahen, wie heftig sein Schmerz war.
Sie behaupten nicht zu verstehen, sie achten seinen Schmerz.
Hätten sie doch nur weiter geschwiegen!
Später, als Hiob klagt und zetert, bedrängen sie ihn doch mit fragwürdigem Trost und Erklärungen.
Auf euren ganzen Trost kann ich verzichten. (Hi 16,2), wird Hiob ihnen entgegnen.
Hiobs Lage ist trostlos. Notfallseelsorger wissen, dass man in manchen Situationen am besten nur da ist und schweigt. Auf keinen Fall dürfen wir über das Leiden schnell hinwegreden.
Hiobs Geschichte bringt die Trostlosigkeit zur Sprache, die bedrängenden Klagen und Fragen.
Aber die Geschichte von der Wette mit Satan ist für mich keine Erklärung. Wir haben keine Erklä-rung. Aber Gott spielt nicht mit unserem Leid.
Es ist Gott ernst, wenn wir leiden.
Es trifft Gott, wenn Unrecht geschieht.
Gott leidet mit uns.
Wir erfahren das durch den Leidensweg Jesu und durch das Kreuz: Auch Jesus klagt und schreit Warum hast du mich verlassen?
Mit ihm stellt Gott sich an die Seite der Opfer.
Gott ist bei denen, die leiden, und verlässt sie nicht.
Amen

382 Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr

Manchmal stehen wir mit leeren Händen da.
Hilf, dass wir bleiben vor dir, Gott, auch wenn wir nur klagen können und nicht weiter wissen.
Wir erschrecken über das Leid, das Menschen trifft.
Vor dir denken wir an die,
deren Schicksal uns betroffen macht.
Wir bitten für die Menschen im Erdbebengebiet
in Syrien und in der Türkei.
Wir bitten für die Opfer von Krieg und Gewalt in der Ukraine und nicht nur dort
Wir bitten für Menschen, die von Unglück und Krankheit getroffen sind.
Hilf uns, für die da zu sein, um die wir uns sorgen,
ohne Vorwürfe, ohne falschen Trost.
Gib uns Geduld und Aufmerksamkeit für sie.
Wir wollen das Leid der Welt nicht verdrängen
und nicht schweigen, wenn Unrecht geschieht.
Gib uns dafür Mut und Kraft.
Bewahre uns, wenn wir selbst der Verzweiflung nahe sind. Bewahre uns, Gott.

Vaterunser

Gottesdienst am 19.2.23, Predigt 1.Kor 13

EG 352,1+2 Alles ist an Gottes Segen
Votum
Gruß
Psalm 31 = 911,1
Herr, auf dich traue ich,
lass mich nimmermehr zuschanden werden,
errette mich durch deine Gerechtigkeit!
Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends!
Sei mir ein starker Fels und eine Burg,
dass du mir helfest!
Denn du bist mein Fels und meine Burg,
und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen.
Du wollest mich aus dem Netze ziehen,
das sie mir heimlich stellten;
denn du bist meine Stärke.
In deine Hände befehle ich meinen Geist;
du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott.
Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte,
dass du mein Elend ansiehst und kennst die Not meiner Seele
und übergibst mich nicht in die Hände des Feindes;
du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Errette mich von der Hand meiner Feinde
und von denen, die mich verfolgen.
Lass leuchten dein Antlitz über deinem Knecht;
hilf mir durch deine Güte!

Ehr sei dem Vater …

Sei uns ein starker Fels, eine Burg, eine Hilfe.
Auf dich hoffen wir, du, unser Gott. Zu dir kommen wir.
Du kennst die Not, die so viele Menschen trifft,
und siehst, wie ratlos wir sind.
Wir wissen nicht, wie der Krieg enden kann.
Wir sehen kaum Möglichkeiten für die Menschen im Erdbebengebiet und immer wieder in Katastrophenfällen.
Du siehst das Unglück, das Unrecht und unser Fragen.
Sei ihnen, um die wir uns sorgen, und sei uns selbst ein starker Fels und eine Burg.
Erbarme dich.
Kyrie

Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.(2.Tim 1,7)
Ehre sei Gott in der Höhe …
179,1 Allein Gott in der Höh sei Ehr

Im Leiden und Sterben Jesu nimmst du, Gott,
Teil am Leid der Welt.
Du stellst dich auf die Seite der Opfer.
Mit Jesus hungern und dürsten wir nach Gerechtigkeit.
Du, Gott, bist unsere Hoffnung.
Amen

Jesus sagt: Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem,
und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.
(Lk 18,31)
Das Lied dieser Woche, Neue Lieder 217, entspricht diesen Worten Jesu. Schauen wir miteinander auf den Text von Karl- Ludwig Voss nach einem schwedischen Lied:
Wir gehn hinauf nach Jerusalem
in leidender Liebe Zeiten
und sehen, wie einer für alle stirbt,
um uns einen Platz zu bereiten.

Wir gehn hinauf nach Jerusalem.
Wer will bei dem Herren bleiben
und kosten von einem so bittern Kelch?
Die Angst soll uns nicht von ihm treiben.

Wir gehn hinauf nach Jerusalem,
das Opfer der Welt zu sehen,
zu spüren, wie unsere Not vergeht,
und unter dem Kreuze zu stehen.

Wir gehn hinauf nach Jerusalem,
zur Stätte der ewgen Klarheit.
Wo Leiden und Ohnmacht in unsrer Welt,
da finden wir Christus in Wahrheit.

NL 217
Predigttext 1.Kor 13:
Stellt euch vor:
Ich kann die Sprachen der Menschen sprechen und sogar die Sprachen der Engel. Wenn ich keine Liebe habe, bin ich wie ein dröhnender Gong oder ein schepperndes Becken. Oder stellt euch vor: Ich kann reden wie ein Prophet, kenne alle Geheimnisse und habe jede Erkenntnis. Oder sogar: Ich besitze den stärksten Glauben –sodass ich Berge versetzen kann. Wenn ich keine Liebe habe, bin ich nichts.
Stellt euch vor: Ich verteile meinen gesamten Besitz. Oder ich bin sogar bereit, mich bei lebendigem Leib verbrennen zu lassen. Wenn ich keine Liebe habe, nützt mir das gar nichts.
Die Liebe ist geduldig. Gütig ist sie, die Liebe. Die Liebe ereifert sich nicht. Sie prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Sie ist nicht unverschämt. Sie sucht nicht den eigenen Vorteil. Sie ist nicht reizbar und trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht, wenn ein Unrecht geschieht. Sie freut sich aber, wenn die Wahrheit siegt. Sie erträgt alles. Sie glaubt alles. Sie hofft alles. Sie hält allem stand.
Die Liebe hört niemals auf. Prophetische Eingebungen werden aufhören. Das Reden in unbekannten Sprachen wird verstummen. Die Erkenntnis wird an ihr Ende kommen. Denn was wir erkennen, sind nur Bruchstücke, und was wir als Propheten sagen, sind nur Bruchstücke. Wenn aber das Vollkommene kommt, vergehen die Bruchstücke.
Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind. Ich urteilte wie ein Kind und dachte wie ein Kind. Als ich ein Mann geworden war, legte ich alles Kindliche ab. Denn jetzt sehen wir nur ein rätselhaftes Spiegelbild. Aber dann sehen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich nur Bruchstücke. Aber dann werde ich vollständig erkennen, so wie Gott mich schon jetzt vollständig kennt. Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung, Liebe –diese drei. Doch am größten von ihnen ist die Liebe.

Dazu ein Gedicht von Eugen Roth:
„Ein Mensch von gründlicher Natur,
macht bei sich selber Inventur,
und viele höchste Lebensgüter
sind nurmehr alte Ladenhüter.
Doch, ganz vergessen unterm Staube,
ist noch ein Restchen alter Glaube,
verschollen im Geschäftsgetriebe
hielt sich auch noch ein Quäntchen Liebe,
und unter wüstem Kram verschloffen
entdeckt er noch ein Stückchen Hoffen.
Der Mensch, verschmerzend seine Pleite,
bringt die drei Dinge still beiseite.“

„Ach, ihr Korinther!“ Paulus seufzt. Bei seiner Inventur der Gemeinde kommt nicht viel Gutes zum Vorschein. Sie streiten, ja sie sprechen einander den Glauben ab. In der Weltstadt Korinth prallen die Gegensätze aufeinander. Dort sind sie von völlig unterschiedlichen Kulturen und Religionen geprägt. Gebildete Griechen, denen die Freiheit über alles geht, sitzen neben Juden, die die Gebote der Thora halten. Zur Gemeinde gehören reiche Leute aus der Oberstadt, aber auch Sklaven aus dem Hafenviertel. Kann man so große Verschiedenheiten aushalten?
Die Gemeinde droht zu zerbrechen. Paulus schreibt an die, die sich wegen besonderer geistlicher Begabung für die wahren Christen halten: „Ihr strebt nach den größeren Gaben? Dann will ich euch einen Weg zeigen, der weit besser ist.“ Und es folgt das berühmte Hohelied der Liebe. Paulus zielt genau auf die Christen in Korinth. Sie geben damit an, dass sie so innig beten, dass sie dabei in Ekstase geraten, in einen Höhenflug des Gefühls. Paulus antwortet: Mein schönstes Gebet, mit Menschen- und mit Engelszungen gesprochen – es klingt schrill und abscheulich, wenn ich die Liebe nicht habe.
Sie sind stolz auf ihren Glauben und ihre Erkenntnis. Paulus meint: Trotzdem bin ich nichts, wenn ich die Liebe nicht habe.
Auch denen, die mit ihren Spenden und ihrer Opferbereitschaft prahlen, antwortet er: Das nützt nichts, wenn ich die Liebe nicht habe.

Aber wer würde denn von sich behaupten:
„Ich habe die Liebe.“? Nur ein Quäntchen Liebe findet Eugen Roth.
„Ich habe die Liebe.“ – wie meint Paulus das?
Er sieht eben nicht zuerst auf sich selbst.
Er blickt weg von sich auf Christus, auf Gott.
Er sieht auf den, der uns liebt.
Seine Liebe habe ich.
Ich bin ein geliebter Mensch.
Ich habe die Liebe heißt: die Liebe hat mich.
Das ist ein Wechsel der Perspektive. Weg von der ganz und gar unchristlichen Rechthaberei und Selbstbezogenheit. Wir sollen gerne unterschiedlich sein, z.B. evangelische und katholische Christen, aber gemeinsam schauen wir auf den, der uns liebt. Ohne seine Liebe sind wir nichts. Wir sehen uns selbst und genauso die anderen als von Gott geliebte Menschen. Gott liebt uns, auch wenn wir bei uns nur ein Restchen Glaube und ein Quäntchen Liebe finden.
Paulus schreibt von der wunderbaren Liebe Gottes. Wir erkennen sie in Jesus Christus.
Er ist der Mensch, der völlig Gott entspricht.
Die Liebe ist geduldig. Ja, so ist Gottes Liebe. Gütig ist sie, die Liebe. Sie sucht nicht den eigenen Vorteil. Sie ist nicht reizbar und trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht, wenn ein Unrecht geschieht. Sie freut sich aber, wenn die Wahrheit siegt. Sie erträgt alles. Sie glaubt alles. Sie hofft alles. Sie hält allem stand.
Wer könnte das von sich behaupten?
Und doch ist das ein Ziel. Zum Ebenbild Gottes sind wir geschaffen. In Ehe und Familie gelingt uns ein Quäntchen Liebe, oft viel zu wenig.
Im Beruf versuchen wir, geduldig und wertschätzend miteinander umzugehen. Unsere Feinde zu lieben, wie Jesus für seine Peiniger um Vergebung bittet – wer kann das? In Zeiten des Krieges noch immer auf Versöhnung zu setzen – wie geht das? Wir kommen schnell an unsere Grenze. Aber wo Menschen für andere da sind,
ohne an ihren Vorteil zu denken, wo wir einan-der ertragen mit allen Konflikten, mit allem, was Mühe macht, wo wir trotzdem zueinander halten, da berühren sich Himmel und Erde.
Wir haben die Liebe – die Liebe hat uns.
Wir kennen unsere Schwäche und unser Unvermögen und versuchen doch der Liebe nachzuleben, zu antworten auf Gott, der uns liebt.
Unsere Erkenntnis der Liebe wächst, wie ein Kind, das reifer wird. jetzt sehen wir nur ein rätselhaftes Spiegelbild. Damals gab es nur Spiegel aus poliertem Metall, z.B. Kupfer. Darin erkennt man nur schemenhafte Umrisse.
Aber wie schön und ergreifend: Gott spiegelt sich in den Scherben und Brüchen der menschlichen Existenz. Jetzt erkenne ich nur Bruchstücke. Aber dann werde ich vollständig erkennen, so wie Gott mich schon jetzt vollständig kennt. Wir werden sehen, was uns noch verborgen ist, wie Himmel und Erde sich berühren.

Ich versuche eine neue Version von Eugen Roths Gedicht:
Ein Christ von gründlicher Natur
hält bei sich selber Inventur
und findet viele dunkle Flecken,
viel lieber wollt er die verstecken.
Da ist nur wenig Glauben, Hoffen.
Der Christ ist über sich betroffen.
Bei ihm ist nicht viel Liebe dran,
so schaut der Christ auf jenen Mann,
von dem er seinen Namen hat,
sieht seine große Liebestat.
Der Christ ist nun trotz seiner Pleite
erfüllt von einer großen Freude.

Wir schauen auf Jesus.
Seine Liebe erträgt alles und hält allem stand.
Seine Liebe hat uns und lässt uns nicht los.
Amen

W 93 Wo Menschen sich vergessen

Deine Liebe ist langmütig, geduldig, Gott
Hilf uns, dass wir liebevoll und geduldig mit unseren Mitmenschen umgehen.
Deine Liebe spielt sich nicht auf, Gott.
Bewahre uns davor, um jeden Preis Recht haben zu wollen. Mach uns aufmerksam für andere.
Deine Liebe verletzt nicht die Scham. Lass uns in guter, nie in verletzender Weise mit den Gefühlen anderer umgehen.
Deine Liebe ist nicht auf den eigenen Vorteil aus.
Bewahre uns vor Selbstsucht.
Steh denen bei, die sich für andere einsetzen, die für Kranke da sind, die den Flüchtlingen helfen, hier bei uns und in anderen Ländern.
Deine Liebe rechnet das Böse nicht vor. Hilf uns, ohne Angst und ohne Groll denen zu begegnen, die uns Leid zugefügt haben, hilf uns zu vergeben.
Deine Liebe hofft alles und hält allem Stand.
Steh uns bei, gib uns Kraft, wenn wir von Trauer und Leid betroffen sind. Was auch geschieht, im Leben und im Tod: wir bleiben in deiner Liebe.
Wir bitten dich für die Menschen in den Erdbeben-gebieten, für Menschen, die in Not sind, für diejenigen, die ihnen beistehen.
Wir bitten für die Opfer von Krieg und Unrecht.
Lass sie alle, lass uns alle, deine Liebe erfahren.
Bewahre uns, Gott.
Vaterunser

EG 170 Komm, Herr, segne uns
Segen

Gottesdienst am 12.2., Predigt Jesaja 55,6-13

„wie geht es weiter?“ – wir sind zusammen im Vertrauen:
Gott kennt uns. In seinem Wort finden wir Antwort und Halt.

Fast ein Jahr dauert der Krieg in der Ukraine nun schon.
Überall im Land sind die Folgen zu spüren. So viele Opfer, so viel Leid und Zerstörung – wie soll das weitergehen?

Ein Mensch, der Schlimmes erlebt, einen großen Konflikt, belastet von Vorwürfen und Selbstvorwürfen. Er fragt sich: wie kann ich jetzt weitergehen?

Junge Leute demonstrieren für konsequente Schritte und Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe. Sie fragen voll Sorge: Was kommt auf uns zu, wenn wir einfach so weitermachen?

An glücklichen und an traurigen Kreuzungspunkten unseres Lebens: Am Ende der Schulzeit vor der Entscheidung für einen Beruf. Wenn wir uns für einen Menschen entscheiden. In Abschied, Trennung, Trauer: Wohin geht mein Weg? Wie geht es weiter?

Die Erde bebt und Tausende Menschen sterben, sind verletzt, sind obdachlos. Grenzenlose Verwüstung – wie kann es dort weitergehen?

Wir bringen unsere Fragen vor Gott und beten mit Versen aus Psalm 119, dem großen Lob des Wortes Gottes, 959.2

Herr, dein Wort bleibt ewiglich,
so weit der Himmel reicht;
deine Wahrheit währet für und für.
Du hast die Erde fest gegründet,
und sie bleibt stehen.
Nach deinen Ordnungen bestehen sie bis heute;
denn es muss dir alles dienen.
Wenn dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre,
so wäre ich vergangen in meinem Elend.
Dein Wort ist meinem Munde
süßer als Honig.
Dein Wort macht mich klug;
darum hasse ich alle falschen Wege.
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte
und ein Licht auf meinem Wege.
Erhalte mich nach deinem Wort, dass ich lebe,
und lass mich nicht zuschanden werden
in meiner Hoffnung.

Wie geht es weiter? Vieles im Neuen Testament ist Antwort auf die Verunsicherung der frühen Gemeinden in Anfeindung von außen und Konflikten im Innern. So auch der 1. Petrusbrief. Wir hören aus dem Schlussteil des Briefes:
Für euch alle gilt: Euer Umgang miteinander soll von Demut geprägt sein. Denn Gott stellt sich den Hochmütigen entgegen, aber den Bedürftigen schenkt er seine Gnade. Beugt euch also demütig unter Gottes starke Hand. Dann wird er euch groß machen, wenn die Zeit dafür gekommen ist.
Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.
Bewahrt einen klaren Kopf, seid wachsam! Euer Feind, der Teufel, streift wie ein brüllender Löwe umher. Er sucht jemanden, den er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand, indem ihr am Glauben festhaltet! Ihr wisst, dass eure Brüder und Schwestern in dieser Welt die gleichen Leiden ertragen müssen. Gott hat euch in seiner großen Gnade dazu berufen, an seiner ewigen Herrlichkeit teilzuhaben. In der Gemeinschaft mit Christus habt ihr Teil daran. Nur für eine kurze Zeit müsst ihr leiden. Dann wird er euch wieder aufrichten und stärken, euch Kraft verleihen und euch Halt geben. Ihm gehört die Macht für immer und ewig.
Amen.

Jes 55,6-13

Sucht den Herrn, jetzt ist er zu finden!
Ruft zu ihm, jetzt ist er nahe!
Der Frevler soll seinen Lebensweg ändern!
Wer Böses im Sinn hat, soll seine Pläne ändern und zum Herrn, unserem Gott zurückkehren!
Der wird Erbarmen mit ihm haben und ihm reichlich Vergebung schenken.
So lautet der Ausspruch des Herrn: Meine Pläne sind anders als eure Pläne und meine Wege anders als eure Wege. Wie weit entfernt ist doch der Himmel von der Erde! So fern sind meine Wege von euren Wegen und meine Pläne von euren Plänen.
Regen oder Schnee fällt vom Himmel und kehrt nicht dahin zurück, ohne die Erde zu befeuchten. So lässt er die Pflanzen keimen und wachsen.
Er versorgt den Sämann mit Samen und die Menschen mit Brot. So ist es auch mit dem Wort, das von mir ausgeht: Es kehrt nicht wirkungslos zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will. Was ich ihm aufgetragen habe, gelingt ihm.
Voll Freude werdet ihr aus Babylon fortziehen und wohlbehalten nach Hause gebracht werden.
Berge und Hügel brechen in Jubel aus, wenn sie euch sehen. Die Bäume in der Steppe klatschen in die Hände. Statt Dornsträuchern wachsen dort Zypressen und statt Brennnesseln Myrtenbüsche.
Das alles geschieht zur Ehre des Herrn.
Er setzt ein unvergängliches Zeichen,
das niemals ausgelöscht wird.

Am vergangenen Montag feierten Juden das Fest Tu biSchwat: Sie essen die köstlichen Früchte des gelobten Landes: Trauben, Oliven, Datteln, Feigen, Orangen – Fasten ist verboten. Sie fahren hinaus ins Grüne. Und: sie pflanzen Bäume – jetzt ist die beste Zeit dafür in Israel.
Es heißt: Wenn du gerade einen jungen Baum in der Hand hast und man zu dir sagt: Da kommt der Messias!, dann pflanze zuerst den Baum und geh ihm erst dann entgegen!
Sie feiern den Schöpfer, und indem sie einen Baum pflanzen, wirken sie mit an der Schöpfung.
So wie wir: Am 25. März pflanzen wir im Kirchen-bezirk wieder Bäume – Bäume gegen den Klimawandel.
Oder Bäume für den Frieden: In den von Israel besetzten Gebieten pflanzen sie auch dort Bäume, wo israelische Siedler Olivenbäume ausreißen.
Wer Bäume pflanzt, braucht Geduld.
Bäume für den Frieden. Bäume als Inbegriff des Lebens. Hoffnungsbäume. Bäume als Zeichen für Gottes Wirken in seiner Schöpfung, und in uns:
Wer auf Gottes Wort hört, der gleicht einem Baum, der am Wasser gepflanzt ist. Seine Blätter verwelken nicht.
Gottes Wort wirkt und schafft Leben, auch dort, wo alles verwüstet und verdorrt war. Statt Dornsträu-chern wachsen dort Zypressen und statt Brennnesseln Myrtenbüsche. Immergrüne Pflanzen – ein unvergängliches Zeichen.

Bilder der Verwüstung erreichen uns und bedrängen uns gerade sehr. Nach vielen Jahren Bürgerkrieg und Terror nun auch noch das Erdbeben in Syrien. Natürlich wollen wir wissen, was in Syrien und in der Türkei geschieht, in der Ukraine und in anderen Kriegs- und Katastro-phenregionen. Aber manchmal, wenn ich die Bilder sehe, schäme ich mich fast dafür sie anzusehen – ist es nicht obszön, solches Elend filmen? Die Betroffenen fragen: „Wie können wir retten und wie selbst überleben? Wie kann es nach der Verwüstung weitergehen?“ Und auch: „Warum, Gott? Wie kannst du das zulassen? Wie kann ich dir noch vertrauen?“
Auch wenn wir nur die Nachrichten sehen und hören, und das meiste ja weit weg von uns geschieht, sind wir erschrocken und überfordert von dem, was wir hören – es macht uns traurig und es macht Angst. Manche sagen auch: Ich will die Nachrichten gar nicht mehr hören.
Wir sehnen uns nach weniger Krisen, nach normalen Zeiten, nach Ruhe. Aber gab es das je: „normale Zeiten“?

Jesaja schreibt an Menschen, die viel Elend erlebt und gesehen haben, zuerst Krieg, Verwüstung und Vertreibung, aber auch nach der Rückkehr ins Land große wirtschaftliche Not, Trümmer und Ruinen überall, das Land ist ausgelaugt, es gibt Missernten und Hunger und schon droht ein neuer kriegerischer Konflikt. Das alles zehrt an den Menschen, macht Aufbaupläne zunichte und nimmt ihnen die Kraft. Sie fühlen sich wie verdorrtes Land, wie Wüste, in der nur Dornen wachsen.
„Wie lange noch dauert die Durststrecke? Wie kann es weitergehen? Wo bleibt das, was Gott verheißen hat?“

Jesaja sagt: „Ihr meint wohl, Gott hat euch vergessen. Gott kümmert sich gar nicht um euch. Aber das stimmt nicht!“ (vgl Jes 40,27)
Sucht den Herrn, jetzt ist er zu finden!
Ruft zu ihm, jetzt ist er nahe!
Gott ist nah, auch wenn wir uns alleingelassen fühlen. Gott will sich finden lassen. Gott will erkannt werden. Gott wartet auf unser Gebet, darauf, dass wir ihn suchen und zu ihm rufen.
Das klingt wie ein Widerspruch dazu, dass Gott doch so anders ist, so viel höher als unser Denken und Verstehen. Meine Pläne sind anders als eure Pläne und meine Wege anders als eure Wege. Wie weit entfernt ist doch der Himmel von der Erde! So fern sind meine Wege von euren Wegen und meine Pläne von euren Plänen.
Manchmal möchten wir Gott rütteln und schreien: „Sag uns doch, was das soll? Warum der Krieg? Warum das Erdbeben? Wir verstehen nicht!“
Und doch ist Gott nah und wartet nur darauf, dass wir ihn suchen und nach ihm fragen.
Sucht den Herrn, jetzt ist er zu finden!
Ruft zu ihm, jetzt ist er nahe!
Ebenso sagt es Jesus und zeigt es mit seinem Leben. Jesus sagt: Kehrt um zu Gott! Gottes Reich ist nah. Ich bin bei euch alle Tage. Was uns plagt, geht Gott zu Herzen. Und doch bittet auch Jesus vergeblich: Lass doch diesen Kelch an mir vorübergehen! Und auch Jesus schreit: Warum?

„Wie geht es weiter?“ Die Frage bekommt einen anderen Klang, wenn wir sie an Gott richten:
„Wie gehst du weiter mit uns, mit mir? Was hast du mit mir vor, Gott? Was soll ich tun, was sollen wir tun?“ Das Leben wird nicht mit einem Male klar und leicht. Die Fragen sind nicht erledigt. Aber wir bekommen eine andere, weitere Sicht. Gott geht mit durch die Wüsten. Gott sieht neues Leben für uns.
Wie ist Gott uns nah?
Jesaja meint: In seinem Wort.
In seinem Wort ist Gott uns nah.
Gott wirkt durch sein Wort.
Sein Wort kann Leben schaffen.
Sein Wort kann trösten und aufrichten.
Gottes Wort kommt und wirkt, wie der Regen vom Himmel fällt und das Land fruchtbar macht.
Wo nur Dornen und dürres Gestrüpp war, wachsen Getreide, Früchte und Bäume.
Gottes Wort wirkt. Es bleibt nicht ohne Antwort.
Aber es braucht Geduld, geduldiges Hören,
dass es wie Regen in die Erde sickert, dass wir es aufnehmen, wie Bäume mit ihren Wurzel den Regen, dass wir wachsen in lebendiger Hoffnung.
Nur Worte? Nicht mehr?
Ja, Worte.
Du hast Worte des ewigen Lebens, sagt Petrus einmal zu Jesus. Gott sagt uns Worte, die Leben wecken, Worte, die aus Wüsten Gärten machen.
Amen

Wie geht es weiter, du, unser Gott? Wir bitten dich für die vom Erdbeben betroffenen Menschen in Syrien und der Türkei, für diejenigen, die Angehörige verloren haben, für die Verletzten, die Obdachlosen, die Helfer. Dringend warten sie alle auf eine Perspektive, wie es nach diesem Unglück weitergehen kann.
Wir sehen eine neue Welle von Angriffen in der Ukraine und wir sehen kein Ende von Krieg und Gewalt. So sehr warten die Menschen dort, die Millionen Geflüchteten, wir alle auf Frieden. Bewahre sie, bewahre uns alle vor Krieg und Gewalt und Unrecht. Gebiete den „Frevlern“ Einhalt, leite sie zu Umkehr.
Wir bitten um Weisheit und Kraft für die Entscheider in der großen Politik und in unseren Kommunen, die mit vielen Problemen zurechtkommen müssen und oft mit ihren Aufgaben überfordert sind.
Wir bitten dich für alle, die vor großen Entscheidungen und in schwierigen Lebenslagen sind, die geplagt sind von Unsicherheit und Angst, die sich um einen geliebten Menschen sorgen. Sag ihnen Worte, die weiterhelfen, die trösten und Mut zum Neuanfang geben.
Hilf deiner Kirche und unserer Gemeinde, dass wir uns leiten lassen von deinem guten Wort. Lass uns den Herausforderungen zuversichtlich begegnen. Segne die Zusammenarbeit unter den Gemeinden und in der Ökumene. Dein Wort ist wie Licht – lass uns weitergehen in deinem Licht, du, Gott des Lebens.

Vaterunser