Aschenputtels richtiges Kleid – Predigt über Kol 3,12-17

Predigt am 24.4.16 von Andreas Hansen über Kolosser 3,12-17

Sonntag Kantate

Kolosser 3,12-17

So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.

Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar. Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.

Wer ist bloß das Mädchen in dem schönen Kleid? Den ganzen Abend tanzt der Königsohn nur mit ihr. Er findet nicht heraus, wer sie ist. Er begleitet sie nach Haus, aber sie entwischt ihm, entwischt ihm wieder. Beim dritten Mal verliert sie den Schuh. Jetzt kann er sie suchen. Aschenputtel, das Mädchen mit dem grauen Kittel im Staub hinterm Ofen? – das kann doch nicht sein! Die Stiefschwestern zwängen eine nach der anderen ihren Fuß in den goldenen Schuh, aber „Ruckediguh, Blut ist im Schuh“ – gurren die Täubchen und verraten die falsche Braut. Aschenputtel passt der Schuh wie angegossen.  Sie ist die Richtige. Natürlich muss das herauskommen. Das Märchen geht gut aus. Es ist der neidischen Stiefmutter nicht gelungen, Aschenputtel hässlich zu machen. Bei dem Bäumchen am Grab ihrer Mutter bekommt sie immer schönere Kleider. Aschenputtel wird geliebt und darum ist sie schön. Die Liebe macht aus ihr eine Schönheit.

Wir sind schön, liebe Gemeinde. Jede und jeder von uns und wir gemeinsam: wir sind schön. „So zieht nun an als die Auserwählten Gottes,     als die Heiligen und Geliebten …“ Hören Sie, wie schön wir sind?

Gott sieht uns an als etwas Besonderes. Wir sind seine Auserwählten, wie man eine Braut, einen Bräutigam auserwählt. Wir gehören zu seinem heiligen Volk, das ihm so sehr am Herzen liegt. Eltern sehen ihre Kinder oder Großeltern ihre Enkel liebevoll an. Manchmal schwärmen sie fast zu sehr von ihnen und erträumen und erhoffen für sie eine Zukunft. So und noch viel mehr sieht Gott uns liebevoll an. Gott sieht uns an und darum sind wir schön. Wir haben ein Ansehen. Wir sind die Auserwählten Gottes, die Heiligen und Geliebten.

Aschenputtels Schönheit wird geweckt, entdeckt, herbeigeliebt. So kommt sie zu sich selbst. Wir haben in der Taufe Jesus angezogen. Gott sieht uns in dem schönen Kleid.Sein Blick verändert uns. Wir werden, was wir im Blick seiner Liebe schon sind. „Wenn du mich ansiehst, werde ich schön.“

„So zieht nun an … herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.“   Puh! Wer soll denn das schaffen? Da hören wir Erwartungen, die uns überfordern.

Das wird oft Brautpaaren vorgelesen. Aber in den Mühen des Alltags verlieren wir so oft die Geduld und die Freundlichkeit, sind leicht beleidigt, verletzend, nachtragend. Eigentlich schreibt der Apostel an die Gemeinde, aber Streit, Rechthaberei, Rücksichtslosigkeit gibt´s doch überall, auch in der Kirche. Bitte hören Sie nicht den hohen Anspruch, dem wir so oft nicht gerecht werden!   Bitte hören Sie vielmehr die Zusage, was Christus mit uns vorhat, wozu wir bestimmt sind!   Obwohl wir ihm so wenig entsprechen,   nimmt Christus uns an. Wir  sind dazu bestimmt und begabt, dass wir wertschätzend miteinander umgehen. Wenn mir jemand zutraut, dass ich meine Sache gut mache, und das auch zeigt, das hilft enorm. Und umgekehrt: wenn jemand nur darauf wartet, dass ich Fehler mache, bin ich wie blockiert. „herzliches Erbarmen“ heißt: keine und keiner muss perfekt sein; ich ertrage, dass der andere meinen Erwartungen nicht entspricht; ich sage, was mich stört, ohne den anderen klein zu machen. Gott sieht uns liebevoll an und erwartet Gutes. So lernen wir, uns selbst und andere anzusehen. Wir haben die Verheißung und das Ziel, dass wir zu seinem schönen Kleid passen werden. Wir werden Christus ähnlich!

Der Kolosserbrief denkt von Ostern her. Schon jetzt sind wir geprägt durch die Auferstehung Jesu Christi. Heute ist der 4. Sonntag nach Ostern: Kantate! Singt! Singt, denn der Tod ist besiegt! Wir singen vom Sieg Gottes über alle Todesmacht. In jedem Gottesdienst setzen wir den Osterjubel fort. Wunderbar groß ist die Liebe Gottes, so singen die Kinder im Kindergarten und in der Schule. Wir singen auch beim Tod eines Menschen von unserer Hoffnung: Jesus lebt, mit ihm auch ich. Kurz vor unserem Textabschnitt heißt es „euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.“ Es ist verborgen. Es ist nicht zu sehen, dass wir schon jetzt zu dem auferstandenen Christus gehören. Im Gottesdienst feiern wir das Leben. Vieles greift uns an, Krankheit und Unglück, die Not der Welt, die Menschen, die in Ostafrika hungern, und die Menschen, die in untauglichen Booten über das Mittelmeer fahren.  Das ganze Elend und die dunkle Seite unseres Lebens verdrängen wir nicht. Aber allem, was uns traurig und ratlos macht, dem, was uns bedrängt, halten wir das Leben Christi entgegen.

Drei Abende langt tanzt Aschenputtel mit dem Königsohn. Im Tanz lacht sie gelöst und fröhlich. Ihre düstere, staubige Ecke hinterm Ofen ist weit weg. Eigentlich ist im Tanz schon entschieden, dass keine andere seine Braut sein kann. So lasst uns singen, liebe Gemeinde, und meinetwegen auch tanzen: „mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen.“    Wer singt, betet doppelt. Wir singen schon mehr, als wir von uns aus sagen können. Wir leihen uns die Lieder derer, die vor uns glaubten, und wir singen mit denen, die mit uns glauben.  Wer für Gott singt, dankbar im Herzen, ist ganz ihm zugewandt, nah bei Gott und auch bei sich selbst.

Auch das können wir nicht selbst herbeiführen.    Es wird uns geschenkt wie Aschenputtel ihr Kleid. Aber es kann uns widerfahren. Gottes Geist öffnet uns Herz und Mund.

Dann wird leicht, was uns in den Staub drückt. Dann erahnen wir singend und hörend, jubelnd und tanzend die Schönheit,mit der Gott uns umgibt.

Der Friede Christi regiere in euren, in unseren Herzen. Amen