Predigt am 27.5.18 von Andreas Hansen über Eph 1,3-14
im Gottesdienst wird das Bild Auferstehung von Alfred Manessier (1948 ) gezeigt
„ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Irgendwann hat das jemand zu uns gesagt, zu Ihnen und zu mir, und uns Wasser über den Kopf gegossen. Wir sind getauft im Namen des dreieinigen Gottes – unser Name ist zusammen mit Vater, Sohn und Heiliger Geist genannt – wir sind verbunden mit Gott.
Ich weiß, wann ich getauft wurde, denn meine Mutter hatte an dem Tag Geburtstag und es war damals der erste Adventssonntag. Aber natürlich weiß ich das nur, weil man es mir erzählt hat. Ich war viel zu klein, um mich zu erinnern. Den meisten von Ihnen wird es ähnlich gehen, aber wir wissen doch, dass wir getauft wurden. Also: Ich gehöre zur Gemeinde. Ich gehöre zu Jesus Christus. Jesus steht an meiner Seite, was auch geschieht.
Der Predigttext für diesen Sonntag ist ein Lied für Getaufte. Er lobt Gott über alles. Gott hat uns so wunderbar viel Gutes geschenkt. Lassen Sie uns das Loblied gemeinsam im Wechsel sprechen:
Ein Loblied im Epheserbrief (1,3-14), übersetzt von Klaus Berger und Christiane Nord
Lobend wollen wir uns zu Gott wenden. Er ist der Vater unseres Herrn Jesus Christus.
Er hat sich uns zugewandt mit allem Segen vom hohen Himmel her, indem er Jesus sandte.
Denn er hat uns zu seinem Eigentum gemacht gemeinsam mit Christus von Anbeginn der Welt.
Heilig sollten wir sein und ohne Makel vor seinem Angesicht. Voll Liebe wollte er immer schon, dass wir seine Kinder werden.
Das ist sein erklärter Wille. Denn er will, dass wir seine herrliche Gnade loben, die er uns geschenkt hat in seinem Sohn, den er liebt.
Durch seinen Sohn sind wir befreit. Er war bereit, durch seinen grausamen Tod für uns die Freiheit zu erkaufen. So wurden unsere Verfehlungen vergeben.
Denn reich ist die Gnade, die Gott über uns ausgeschüttet hat. Voll Weisheit und Klugheit hat er uns wissen lassen seinen geheimen Willen.
Das hat er beschlossen und bestimmt um seines Sohnes willen. So hat er festgelegt, was sein wird, wenn alle Zeit abgelaufen ist.
Und alles sollte mit Christus ein Haupt und seinen Sinn bekommen, alles im Himmel und alles auf Erden.
Zusammen mit Christus wurden auch wir zu Erben eingesetzt. Denn dazu hat er uns von Anfang an bestimmt. Und was er will, das tut er auch.
Er will, dass die Menschen im Blick auf uns, die wir schon lange auf den Messias hofften, seine Herrlichkeit lobpreisen.
Auch ihr seid dem Messias verbunden. Weil ihr zu ihm gehört, habt ihr die Botschaft vernommen, die Halt gibt, das Evangelium, das euch rettet.
Weil ihr zu ihm gehört, seid ihr gläubig geworden und habt den heiligen Geist empfangen.
Durch ihn sollt ihr wohlbehalten sein, bis Gott seine Verheißungen wahr macht.
Der Heilige Geist ist ein Pfand für unser künftiges Erbe.
Durch dieses Pfand sind wir freigekauft und werden Gottes Eigentum, so dass die Menschen mit Blick auf uns seine Herrlichkeit lobpreisen. Amen
Es kann einem schwindlig werden, nicht wahr, bei dieser Fülle. Lesen Sie noch einmal in Ruhe – ich halte meinen Mund.
Stellen Sie sich vor: Das alles ist im griechischen Urtext ein einziger Satz, ein Satzungetüm. Das Herz ist voll und der Mund fließt über. Wir sind überfordert, der Fülle von Gedanken zu folgen.
Das Lied umspannt die ganze Welt, Himmel und Erde, Ursprung und Ziel, alles. Es ist wie eine große Bewegung, ein Strom, eine Kraft. Sie geht aus von Gott von Anbeginn der Welt. Und sie führt zu Gott, zum Lob seiner Herrlichkeit. Jesus Christus war schon immer da. Es ist dieselbe Liebe, in der Gott ja sagt zu seiner Schöpfung, Leben schenkt und alles ins Sein ruft. Und es ist dieselbe Liebe, die in Jesus Mensch wurde, zu uns kommt und uns erlöst. Von der Schöpfung bis zum Ziel strömt alles aus der Liebe, die wir in Jesus Christus erkennen.
Alles sollte mit Christus ein Haupt und seinen Sinn bekommen, alles im Himmel und auf Erden, alles wird zusammengefasst in Christus.
Einen weiten Kreis umspannt das Loblied, viel weiter als wir überhaupt denken können. Und zugleich beschreibt es, dass wir in diese große Bewegung eingefügt sind durch Jesus Christus. Wir sind erwählt und erlöst. Wir werden erben, teilhaben an Gottes Herrlichkeit und wir haben als Unterpfand schon jetzt den Heiligen Geist. Das alles geschieht in Christus. In ihm berühren sich Himmel und Erde. Er verbindet uns mit Gott.
Ist das nicht viel zu großartig beschrieben? Verliert das Lied die Wirklichkeit aus dem Blick? Alles erfüllt und getragen von Gottes Liebe. Wir sehen von Ostern her, in Christus gleichsam eine neue Dimension von Wirklichkeit. Leben ist nicht vergeblich, sondern sinnvoll und hoffnungsvoll, denn hinter allem steht Gottes Ja. Das Licht von Ostern vertreibt alles Dunkel. Durch Jesus Christus sind wir in das warme, helle Osterlicht getaucht. Wir sind getauft. Wir gehören zu ihm.
Alles sollte mit Christus ein Haupt und seinen Sinn bekommen, alles im Himmel und auf Erden, alles wird zusammengefasst in Christus.
Unsere Welt fällt auseinander in Gegensätze, die unüberbrückbar scheinen. Da leben Menschen in Gaza und sagen: es ist ein Gefängnis, in das uns der Staat Israel sperrt – seit 70 Jahren herrscht Unrecht über uns. Darum drängen sie verzweifelt gegen die Grenze an und nehmen sogar Tote und Verletzte in Kauf. Auf der anderen Seite Israel: Immer wieder werden wir aus Gaza beschossen. Terroristen kommen von dort in unser Land. Sie wollen uns vernichten – wir müssen uns wehren. Unrecht gegen Unrecht – wird das je eine Lösung finden? Finden wir einen Ausweg aus unseren unseligen Konflikten? Man könnte verzweifeln über die Unversöhnlichkeit.
Unsere Welt fällt auseinander, weil Egoismus regiert. Der neue Nationalismus, das „Wir-zuerst“, der rücksichtslose Verbrauch von Ressourcen – immer toben sich egoistische, habgierige, macht-hungrige Interessen aus. In unserem Umfeld ganz nah sind wir nicht besser: Wie viele Familien sind heillos zerstritten, weil es etwas zu erben gab. Man könnte verzweifeln über die Rücksichtslosigkeit. Jeder sieht nur auf seinen Vorteil. Vor dem, was wir anrichten verschließen wir die Augen.
Viele verzweifeln wirklichund sagen: „Die Welt ist schlecht. Man kann nichts machen. Alles ist sinnlos.“
Nein! In Gottes Namen Nein! Diese Welt, Gottes Welt, fällt nicht einfach in den Abgrund. Unser Leben, uns von Gott geschenkt, ist nicht sinnlos.
In Konflikten, in Scheitern und Schmerz, in unserem Versagen und unserer Schuld, in Krankheit, Unglück, Tod, in allem ist dennoch Gottes Liebe der Grund dieser Welt und dieses Lebens, sind wir durch Christus von Anbeginn der Welt in Gottes Liebe.
Alles sollte mit Christus ein Haupt und seinen Sinn bekommen, alles im Himmel und auf Erden, alles wird zusammengefasst in Christus.
Für mich zeigt das Osterbild von Manessier etwas von der größeren Kraft Christi, in die alles hineingezogen wird. Gott ist größer als meine Vorurteile, viel größer als mein enger Horizont, größer als meine und unser aller Schuld, größer auch als die Mächte des Bösen und des Todes.
Die Christen damals in Ephesus standen eher am Rand der Gesellschaft. Aber ihnen sagt Paulus: wir sind von Gott erwählt, jede und jeder etwas ganz Besonderes für ihn, geliebt, so wie wir jedes unserer Kinder lieben, Kinder Gottes. Und: Wir sind erlöst. Wir haben sehr nötig, dass Gott sich gnädig zu uns wendet. Das geschieht: Gott nimmt uns an. Gott heilt die zerrissene Welt. Das meinen wir, wenn wir im Glaubensbekenntnis sagen „Jesus sitzt zur Rechten Gottes, von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten.“ Ein gnädiges Gericht erhoffen wir durch ihn. Einen weiten Bogen zieht das Loblied. Es mag uns schwindlig werden dabei. Wir entsprechen doch so überhaupt nicht diesen hohen Begriffen. Das ist sozusagen nicht unsere Welt. Wir sind schwach im Glauben. Wie sollen wir tatsächlich in diesem Licht Gottes bestehen? Da sagt das Lied zu uns, zu den Getauften: Wir werden Gottes Herrlichkeit erben. So zu erben ist eine feine Sache. Gott bindet sich an uns. Gott hat zu seinen Erben gemacht.
Manchmal spüren wir jetzt schon etwas von der Kraft, die uns zuwächst, von Glauben, Liebe und Hoffnung. Der Heilige Geist ist uns in der Taufe versprochen. Gott hilft unserem schwachen Glauben auf.
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. Halleluja. Amen